Recht und Steuern

F3 Nr. 1

F 3 Nr. 1
§§ 631 Abs. 1, 640, 641 Abs. 1 BGB, § 194 BauGB - Werkvertrag über Erstellung eines Grundstückswert-Gutachtens. Verpflichtung zur Abnahme bei „Abnahmefähigkeit und Abnahmereife”. Inhalt der gutachterlichen Tätigkeit, Anforderungen an das Gutachten
1. Ob eine Schiedspartei Verbraucherin ist und ob die Schiedsvereinbarung den Anforderungen des § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO entspricht, kann offen bleiben, wenn die Partei das Schiedsverfahren selbst gewünscht hat und eine Rüge gem. § 1031 Abs. 6 ZPO nicht erfolgt ist.
2. Ein Sachverständigenvertrag ist i.d.R ein Werkvertrag i.S.d. § 631 Abs. 1 BGB.
Wenn der Besteller die Abnahme grundlos und endgültig verweigert, kann der Sachverständige auch ohne Abnahme sofort auf Zahlung seiner Vergütung klagen. Die Weigerung ist grundlos, wenn eine Verpflichtung zur Abnahme besteht. Diese besteht bei Abnahmefähigkeit und Abnahmereife des Werks.
3. Inhalt der gutachterlichen Tätigkeit ist es, Tatsachen festzustellen, eine begründete Darstellung von Erfahrungssätzen zu liefern und Schlussfolgerungen tatsächlicher Art zum Zwecke der tatsächlichen Beurteilung eines Geschehensablaufs zu ziehen oder eine Sache in Form eines objektiven, unparteiischen und allgemein gültigen Urteils zu bewerten. Bei der Untersuchung des Gegenstandes der Begutachtung geht es stets um die Feststellung konkreter Befundtatsachen, d.h. solche Sachverhalte in Bezug auf den zu begutachtenden Gegenstand, die der Sachverständige aufgrund seiner Sachkunde durch eigene Wahrnehmung bei Untersuchungen oder Überprüfungen feststellt. Diese muss er nachvollziehbar begründen. Seine Ausführungen müssen so gehalten sein, dass sie eine richterliche Prüfung auf ihre wissenschaftliche Fundierung, Logik und Schlussfolgerung zulassen. Objektiv wertlos ist ein Wertermittlungsgutachten nur, wenn es jeder nachvollziehbaren Begründung insbesondere zur Wahl des Wertermittlungsverfahrens, zu den herausgezogenen Wertermittlungsgrundlagen und zu den sonstigen für die Wertermittlung maßgeblichen Gesichtspunkten entbehrt.
4. Die Ermittlung von Verkehrswerten ist eine Schätzung, weil der Verkehrswert nach allgemeiner Meinung keine exakt ermittelbare mathematische Größe ist.
Eine Schätzung ist erst dann rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt; bei diesem ist dem Sachverständigen ein Beurteilungs- und Bewertungsspielraum zuzubilligen.
5. Bei der Immobilienbewertung gilt das sog. Stichtagsprinzip.
Hamburger Schiedsgericht gemäß Sondervereinbarung
Beschluss vom 29.10.2007 - RKS F 3 Nr. 1
Aus dem Sachverhalt:
Die Schiedsklägerin und die Schiedsbeklagte schlossen am 12./13. Januar 2006 einen "Sachverständigenvertrag". Darin vereinbarten sie, dass die Schiedsklägerin zum Wertermittlungsstichtag 5. November 2005 ein Wertgutachten über ein Grundstück in S. errichten sollte und die Schiedsbeklagte als Gegenleistung eine Vergütung entrichtet, welche sich nach der Honorartafel zu § 34 Abs. 1 HOAI bemisst. In dem Sachverständigenvertrag vereinbarten die Parteien, dass Meinungsverschiedenheiten aus dem Vertrag oder aus Anlass des Vertrages durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Das Schiedsgericht besteht aus einem vom dem Präses der Handelskammer Hamburg zu benennenden Volljuristen.
Auf dem zu begutachtenden Grundstück führt die X-AG eine Tankstelle. Die Schiedsbeklagte hatte mit der X-AG einen Pachtvertrag am 24. März/15. Juni 1994 bis zum 30. Juni 2024 abgeschlossen sowie für den gleichen Zeitraum eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eintragen lassen. Die jährliche Pacht betrug im Jahr 1994 umgerechnet 35 % des Bodenwertes. Die Nettopacht für das Grundstück lag zum Stichtag der Wertermittlung bei 80.000,00 p.a. zuzüglich Umsatzsteuer. Der Pachtvertrag verlängert sich nach dem Jahr 2024 um jeweils 5 Jahre, es sei denn, eine Partei kündigt den Vertrag mit einer Frist von 24 Monaten zu einem früheren Zeitpunkt. Die X-AG hat überdies die Möglichkeit, den Vertrag vorzeitig mit einer Frist von 24 Monaten zum 31. Dezember 2009, 31. Dezember 2014 und 31. Dezember 2019 entschädigungsfrei zu kündigen.
Die Schiedsklägerin ermittelte den Bodenwert als Summe aus dem Bodenwert im unbelasteten Zustand, abgezinst über die unterstellte Restlaufzeit des Pachtvertrages und aus dem Rentenbarwert der zukünftigen Pachtzahlungen zuzüglich eventueller Werterhöhungen und/oder Wertminderungen in Folge einzelner Bestimmungen des Pachtvertrages. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, dass in Anlehnung an das vom Arbeitskreis "Bewertung" der Gesellschaft für Immobilien wirtschaftlicher Forschung zur Ermittlung des Bodenwerts für ein mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück entwickelt worden ist. In ihrem Wertgutachten nahm die Schiedsklägerin zur Wertermittlung eine vorzeitige Kündigung der X-AG zum 31. Dezember 2014 an. Dabei wies die Schiedsklägerin darauf hin, dass die Stadt S. Planungsansätze diskutiere, wonach der Durchgangsverkehr der Stadt S. nahezu vollständig aus der Stadt verdrängt werden solle und mit der X-AG seit ca. 1973 ein Pachtverhältnis bestehe. Den Wert des Grundstücks legte die Schiedsklägerin infolgedessen auf rund 740.000 Euro fest. Wertermittlungsstichtag war der 5. November 2005.
Nach Fertigstellung des Wertgutachtens am 24. Februar 2006 übersandte die Schiedsklägerin am selben Tag der Schiedsbeklagten eine Rechnung in Höhe von 1.836,20 Euro mit Zahlungsfrist bis zum 6. März 2006. Auch nach einer erneuten Zahlungsaufforderung der Schiedsklägerin vom 12. April 2006 mit Frist bis zum 20. April 2006 blieb eine Zahlung der Schiedsbeklagten aus. Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 erklärte die Schiedsbeklagte, das erstellte Gutachten sei für sie nicht brauchbar und verlangte Korrektur im Hinblick auf den Ansatz der Dauer des Pachtvertrages. Eine solche lehnte die Schiedsklägerin mit Erwiderungsschreiben vom 22. Mai 2006 ab.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2006 befürwortete die Schiedsbeklagte eine Klärung des Rechtstreits vor einem Schiedsgericht. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 benannte der Präses der Handelskammer Hamburg Herrn Dr. B. auf Antrag der Schiedsklägerin als Einzelschiedsrichter.
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 reichte die Schiedsklägerin am 11. Dezember 2006 beim Schiedsgericht Schiedsklage gerichtet auf Zahlung der Sachverständigenvergütung ein.
Die Schiedsklägerin machte geltend, sie habe das Gutachten vom 24. Februar 2006 ordnungsgemäß erstellt und damit die geschuldete Leistung erbracht. Das Gutachten sei insbesondere nicht deshalb fehlerhaft, weil sie für die weitere Laufzeit des Pachtvertrages mit der X-AG den 31. Dezember 2014 angesetzt habe. Zum Wertermittlungsstichtag habe sie davon ausgehen müssen, dass die X-AG von ihrer vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch mache und den Vertrag nicht bis zum 31. Juni 2024 erfülle. Indessen sei nicht davon auszugehen gewesen, dass die X-AG den Vertrag schon zum 31. Dezember 2009 kündige. Kriterien für die Zugrundelegung der Vertragsdauer bis zum 31. Dezember 2014 seien zum einen, dass der Vertrag mit der X-AG bereits seit 1979 bestehe, die Stadt S. Planungsansätze zur künftigen Verkehrsführung diskutiere, aber gleichzeitig die allgemeine schlechte wirtschaftliche Situation der Städte, Kommunen und Länder zum Wertermittlungsstichtag gegen die Umsetzung der Planungsansätze spreche und auch ein vorsichtig agierender Marktteilnehmer diese Dauer ansetzen würde.
Die Schiedsklägerin beantragte,
die Schiedsbeklagte zu verurteilen, 1.836,20 nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit dem 6. März 2006 an die Antragsstellerin zu zahlen.
Die Schiedsbeklagte beantragte,
den Antrag der Klägerin abzuweisen.
Die Schiedsbeklagte behauptete, dass das von der Schiedsklägerin gefertigte Gutachten fehlerhaft und daher wertlos für sie sei, da es von einer nicht korrekt ermittelten Laufzeit des Pachtvertrages ausgehe. Die X-AG könne nämlich erstmals entschädigungsfrei zum 31. Dezember 2009 kündigen. Aufgrund eines Pachtzinses in Höhe von ca. 30 % des Bodenwertes von 261.000,-- Euro sei davon auszugehen, dass die X-AG an dem Vertrag über das Jahr 2009 hinaus nicht festhahalte. Dies würde ein vorsichtig handelnder Kaufmann ebenso sehen und nur eine Festlaufzeit bis zum 31. Dezember 2009 ansetzen. Schließlich habe die X-AG im Jahr 2007 auch zum 31. Dezember 2009 gekündigt.
Die Schiedsbeklagte hat am 16. Mai 2007 die Rechnung der Schiedsklägerin (Nr. 3106/06) vollständig überwiesen. Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 hat die Schiedsklägerin das Verfahren für erledigt erklärt. Die Schiedsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2007 erklärt, dass die Erklärung im Schriftsatz vom 31. Oktober 2007, sie werde das Verfahren mit einer entsprechenden Entscheidung des Schiedsgerichts für erledigt erklären, als unbedingt zu verstehen sei.
Aus den Gründen:
In Folge der beiderseitigen Erledigungserklärung ist die Beendigung des schiedsrichterlichen Verfahrens gem. § 1056 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch Beschluss des Schiedsgerichts festzustellen.
Die Kosten sind vorliegend unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes gem. § 91 a ZPO der Schiedsbeklagten aufzuerlegen. Denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand war die Schiedsklage zulässig und begründet.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91a ZPO. Die Parteien haben in ihrer Schiedsvereinbarung eine ergänzende Anwendung der ZPO vereinbart, insbesondere die Geltung der §§ 91 ff. ZPO für die Kostenverteilung festgelegt.
Die Schiedsklage war zulässig. Die Schiedsklägerin hat den Anforderungen des § 1046 Abs. 1 S. 1 ZPO entsprechend am 7. Dezember 2006 ordnungsgemäß Schiedsklage erhoben.
Das Schiedsgericht ist zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Die Parteien haben in Nr. 8 des Sachverständigenvertrages vom 12./13. Januar 2006 eine Schiedsvereinbarung für alle Meinungsverschiedenheiten aus dem Vertrag oder aus Anlass des Vertrages getroffen.
1. Es kann offen bleiben, ob die Schiedsbeklagte Verbraucherin ist und ob die Schiedsvereinbarung den Anforderungen des § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO entspricht, da die Schiedsbeklagte das Schiedsverfahren selbst gewünscht hat und eine Rüge gem. § 1031 Abs. 6 ZPO nicht erfolgt ist.
2. Die Schiedsklage war auch begründet. Ein Anspruch auf Zahlung von 1.836,20 ergibt sich aus dem Sachverständigenvertrag gem. § 631 Abs. 1 BGB.
Bei dem zwischen den Parteien am 12./13. Januar 2006 abgeschlossenen Sachverständigenvertrag handelt es sich um einen Werkvertrag i.S.d. § 631 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 1967, 719, 720; Palandt/Sprau, BGB, 66. Auflage 2007, Einf v § 631 Rn. 24).
Die Vergütung für die Erstattung des Gutachtens ist auch fällig gem. § 641 Abs. 1 S. 1, 3 BGB. Der Werkunternehmer kann in dem Fall, dass der Besteller die Abnahme grundlos und endgültig verweigert, auch ohne Abnahme sofort auf Zahlung seiner Vergütung klagen (BGH NJW 1968, 1873; BGH NJW-RR 1996, 883, 884, BGH NJW 1996, 1280, 1281; Palandt/Sprau, BGB, 66. Auflage 2007, § 641 Rn. 5; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2003, § 641 Rn. 6; Henkel, MDR 2003, 913, 914).
Vorliegend weigerte sich die Schiedsbeklagte ausdrücklich, das erstellte Gutachten abzunehmen. Sie teilte der Schiedsklägerin in ihrem ersten Schreiben vom 9. Mai 2006 mit, dass das Gutachten in dieser Form für sie wertlos und nicht zu verwenden sei und sie eine Korrektur wünsche.
Diese Weigerung war auch grundlos, da eine Verpflichtung zur Abnahme bestand. Eine Verpflichtung zur Abnahme besteht bei Abnahmefähigkeit und Abnahmereife des Werks (Palandt/Sprau, BGB, 66. Auflage 2007, § 640 Rn. 8; MuKo/Busche, BGB, 4. Auflage 2005, § 640 Rn. 26). Das vorliegende Gutachten erfüllt diese Voraussetzungen. Das Gutachten ist nämlich vertragsgemäß und mangelfrei erstellt worden.
3. Inhalt der gutachterlichen Tätigkeit ist es, Tatsachen festzustellen, eine begründete Darstellung von Erfahrungssätzen zu liefern und Schlussfolgerungen tatsächlicher Art zum Zwecke der tatsächlichen Beurteilung eines Geschehensablaufs zu ziehen oder eine Sache in Form eines objektiven, unparteiischen und allgemein gültigen Urteils zu bewerten (Landmann/Rohmer/ Bleutge, Gewerbeordnung, 48. Ergl. 2006, § 36 Rn. 13). Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Ermittlung von Verkehrswerten letztlich stets um eine Schätzung handelt und der Verkehrswert nach allgemeiner Meinung keine exakt ermittelbare mathematische Größe ist (vgl. Kleiber/Simon, Marktwertermittlung, 6. Aufl. 2004, WertV, Rn. 95 u. 97 m.w.N.).
Bei der Untersuchung des Gegenstandes der Begutachtung geht es stets um die Feststellung konkreter Befundtatsachen. Das sind solche Sachverhalte in Bezug auf den zu begutachtenden Gegenstand, die der Sachverständige aufgrund seiner Sachkunde durch eigene Wahrnehmung bei Untersuchungen oder Überprüfungen feststellt (BGH NJW 1963, 40). Der Sachverständige ist verpflichtet, die von ihm festgestellten Befundtatsachen nachvollziehbar zu begründen. Die Ausführungen eines Sachverständigen müssen so gehalten sein, dass sie eine richterliche Prüfung auf ihre wissenschaftliche Fundierung, Logik und Schlussfolgerung zulassen (KG NJW-RR 1988, 1031, 1032). Objektiv wertlos ist indessen ein Wertermittlungsgutachten dann, wenn es jeder nachvollziehbaren Begründung insbesondere zur Wahl des Wertermittlungsverfahrens, zu den herausgezogenen Wertermittlungsgrundlagen und zu den sonstigen für die Wertermittlung maßgeblichen Gesichtspunkten entbehrt (VG Augsburg, NJW 1983, 301).
Das vorliegende Gutachten erfüllt diese Anforderungen an ein Wertermittlungsgutachten. Die Schiedsbeklagte hat die Wahl des Wertermittlungsverfahrens wie auch die zur Wertermittlung maßgeblich herangezogenen Gesichtspunkte plausibel begründet. Insbesondere stellt es keinen Mangel des Gutachtens dar, dass die Schiedsklägerin in dem Wertgutachten die Annahme zugrundelegt, dass die X-AG ihren Pachtvertrag zum 31. Dezember 2014 aufkündigen wird.
4. Dabei ist nicht zu verkennen, dass gerade dieser Gesichtspunkt des Zeitpunkts der Kündigung einer der wichtigsten Parameter bei der von der Schiedsbeklagten vorgenommenen Wertermittlungsmethode darstellt und gleichzeitig ein erhebliches prognostisches Element besaß. Eine Schätzung erweist sich aber erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt (Kleiber/Simon, Marktwertermittlung, 6. Aufl. 2004, WertV, Rn. 117). Die Schiedsbeklagte hat diesen Schätzungsrahmen, bei dem ihr ein Beurteilungs- und Bewertungsspielraum (vgl. VG Augsburg, NJW 1983, 301, 302) zuzubilligen ist, bei der Entscheidung über den Ansatz des Zeitpunkts der Kündigung des Pachtvertrages nicht verlassen.
Die X-AG hat nach dem Pachtvertrag, der bis zum 30. Juni 2024 läuft und sich ohne vorzeitige Kündigung um jeweils 5 Jahre verlängert, das Recht, diesen Vertrag mit einer Frist von 24 Monaten zum 31.12.2009, 31.12.2014 und 31.12.2019 vorzeitig zu kündigen. Mithin bestand eine grundsätzliche Möglichkeit zur Kündigung zum Jahresende 2014.
Das Gutachten verweist ferner darauf, dass das Pachtverhältnis mit der X-AG bereits seit ca. 1973 läuft und deshalb nicht anzunehmen sei, dass die X-AG den ersten Termin zur vorzeitigen Kündigung nutzen wird. Dieser Gesichtspunkt ist sicherlich nicht zwingend, kann aber durchaus als vertretbares Argument angesehen werden, selbst wenn die X-AG in der Vergangenheit eine bestimmte Summe für den Fall einer vorzeitigen Kündigung als Entschädigung zu zahlen hatte.
Das Gutachten geht überdies davon aus, dass die X-AG den Pachtvertrag auch nicht bis zum 30.06.2024 erfüllen wird, da die Stadt S. Planungsansätze diskutiert, wonach der Durchgangsverkehr der Stadt S. nahezu vollständig aus der Stadt verdrängt werden soll. Gerade in der W-Straße (in der sich das zu begutachtende Grundstück befindet) soll sich der größte Nutzen des neuen Verkehrskonzepts ergeben, was entsprechende Folgen für die Wirtschaftlichkeit der Tankstelle nach sich ziehen wird. Gleichzeitig führt sie aus, dass nicht mit einer kurzfristigen Umsetzung des Konzepts aufgrund der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Situation der Städte und Kommunen zu rechnen sei (Wertgutachten, S. 16). Diese Einschätzung erscheint ebenfalls plausibel und geeignet, die Annahme der Schiedsklägerin zu stützen.
Es stand der Schiedsklägerin auch frei, den Umstand, dass der Pachtzins ca. 30 % des Bodenwertes p.a. beträgt, nicht dahingehend zu würdigen, dass von einer Kündigung zum ersten möglichen Zeitpunkt auszugehen ist, zumal die X-AG auch 1994 bereits eine Pacht von 35 % des Bodenwertes akzeptiert hatte.
5. Auch der Umstand, dass der Tankstellen-Pachtvertrag im Jahr 2007 schließlich gekündigt worden ist, führt nicht zu einem Mangel des Gutachtens. Dieser Umstand muss nämlich außer Betracht bleiben. Bei der Immobilienbewertung gilt das sogenannte Stichtagsprinzip (vgl. § 194 BauGB). Es kommt mithin auch bei der Beurteilung eines Sachverständigengutachtens auf die Sicht ex ante zum Zeitpunkt des Wertermittlungsstichtags an. Von Seiten der X-AG gab es zu diesem Stichtag indes keine konkrete Stellungnahme, aufgrund derer man auf eine Kündigung hätte schließen müssen.
Ob dem Auftraggeber des Gutachtens das Ergebnis schließlich gefällt oder nicht, spielt für die Frage der Vertragsgemäßheit des Gutachtens keine Rolle. Denn der Gutachter ist stets verpflichtet, seine Sachverständigenaufgaben unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen (vgl. § 36 Abs. 1 GewO).
Da die Kosten betragsmäßig noch nicht feststehen, bleibt die Entscheidung über die Höhe der Kosten gem. § 1057 Abs. 2 Satz 3 ZPO einem gesonderten späteren Schiedsspruch vorbehalten. .