Recht und Steuern

M4 Nr.13

M4 Nr.13
§§ 254, 558, 852 Abs. 2 BGB; §§ 510, 556, 559 Abs. 2 HGB; NYPE-Charterparty Zeitchartervertrag. Fehlerhafte Stauung seitens des Charterers, mangelnde Aufsicht durch den Kapitän. Mitwirkendes Verschulden. Verjährung und Verwirkung des Schadensersatzanspruchs
Gegenstand eines Zeitchartervertrages ist nicht die bloße Gebrauchs­über­lassung des Schiffes, sondern die Durchführung von Reisen unter der technisch-nautischen Leitung des Reeders. Im Vordergrund steht die Transportleistung durch die Schiffsbesatzung, die in einer Rechtsbeziehung ausschließlich zum Reeder steht. Das Recht des Charterers, den Bestimmungsort der Reise vorzugeben, gibt dem Zeitchartervertrag keinen mietvertraglichen Charakter. Die kurze Verjährung gemäß § 558 BGB gilt daher nicht.
Für die Verwirkung eines Anspruchs reicht ein bloßer Zeitablauf nach Ende dies­bezüg­licher Verhandlungen (im Sinne von § 852 Abs. 2 BGB analog) nicht aus; grundsätzlich muss der Abbruch der Verhandlungen durch ein klares und eindeutiges Verhalten des Anspruchsberechtigten zum Ausdruck gekommen sein.
Auch wenn die Charterparty die Pflicht, die Güter zu laden, zu stauen, zu trimmen und zu löschen, auf den Charterer überträgt, bleibt der Kapitän - auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung - berechtigt und verpflichtet, für die Reisetüchtigkeit als Form der Seetüchtigkeit des Schiffes zu sorgen und insbesondere die Stauung zu überwachen. Für Schäden am Schiff infolge einer Reiseuntüchtigkeit, die durch unsachgemäße Stauung verursacht wurde, ist der Kapitän verantwortlich. Die unsachgemäße Stauung durch die vom Charterer eingesetzten Stauer kann aber mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 BGB begründen.
Schiedsgericht gemäß der Schiedsgerichtsordnung der German Maritime Arbitration Association
Schiedsspruch vom 18. 1. 2000; Transportrecht 2000 S. 416 = RKS M 4 Nr. 13
Aus dem Sachverhalt:
Mit Charterparty vom 7.11.1995 charterte der Beklagte das MS „K” des klagenden Reeders für einen Zeitraum von 6 - 8 Monaten „at charterer–s option”. Der Chartervertrag auf der Grundlage der NYPE-Standard­form enthält u.a. folgende Regelungen:
„Lines 16/17: Charterers to have liberty to sublet the vessel for all or any part of the time covered by this Charter, but charterers remaining responsible for the fulfil­ment of this Charter Party.
Lines 45/46: Charterers are to provide necessary dunnage, lashing, stanchions and shifting boards, also any extra fittings requisite for a special trade or unusual cargo, but owners to allow them the use of any dunnage and shifting parts already on board the vessel.”
Im Januar 1996 beorderte der Charterer das Schiff auf eine Reise nach Südamerika. In den Ladehäfen St. Petersburg und Riga wurden 1.463 Bündel Stahlplatten mit einem Gesamtgewicht von 9.925 mt geladen. Die Bündel wurden in den Luken über die gesamte Breite gestaut und mit Holzkeilen gesichert. An den Seiten wurde Stauholz eingebracht. Zwischen zwei Lagen wurden jeweils Holzplanken gegen das seitliche Verrutschen gelegt. Die Lagen wurden quer zueinander gestaut. Die oberen Lagen wurden mit Stahldrähten gesichert. Die Stauung erfolgte nach einem Stauplan, den die von dem Charterer bzw. seinem Subcharterer beauftragten Stauer ausgearbeitet hatten. Der Stauplan war mit der Schiffs­führung abgestimmt worden. Das verwendete Stauholz sowie sämtliches andere Staumaterial war im Auftrag des Charterers und des Subcharterers von der Stauerei beschafft worden. Die gesamte Beladung erfolgte auf Anweisung und unter der direkten Aufsicht des von dem Subcharterer beauftragten Supercargos S. Während der Überfahrt nach Südamerika geriet das Schiff in schweres Wetter. Durch das Schlingern und Rollen verrutschte die Ladung nach Backbord und beschädigte die Seitenschotts.
Im Survey Report heißt es: „The lashing of the cargo was done at origin by means of steel cables of 1”0, too few as per surveyors opinion, tensioned with tumbuckles. The steel plates were chocked with some wooden wedges, not enough in the opinion of the surveyor, and the plates were shored with timber logs which were of very brittle wood, and proved insufficient in both quantity and resistance ..... photographs showing the wood literally ground to small pieces. In the storm the chocking wedges were displaced and, thus, the lashing of the steel plate bundles became loose, and as the dunnage was made of brittle, poor quality wood, when the heavy rolling and pitching began the steelplates had room to develop high accelerations which caused the lashing ropes to be cut by the plates, which in turn smashed against the hold walls producing the known damages. The chocking wedges and the dunning wood proved to be of bad resistance and by far too brittle, therefore it can be deducted that the dunnage was one of the causes of the damages to the ship.”
Der Reeder verlangt Schadens­ersatz aus positiver Vertrags­verletzung, insbesondere der Pflicht aus Klausel 8 der Charterparty: „charterers are to load, stow, trim, lash the cargo ... to provide necessary dunnage, lashing, stanchions and ... also any extra fittings requisited for a special trade or unusual cargo...” Der beklagte Charterer habe zugelassen, dass die Schiffs­besatzung durch seinen Subcharterer zur Ladungs­sicherung eingesetzt worden sei. Dies sei dem Charterer zwar durch Klausel 70 ausdrücklich erlaubt worden, führe aber dazu, dass die Crew insoweit nicht mehr Erfüllungsgehilfe des Reeders, sondern des Charterers sei.
Auch der beklagte Charterer beruft sich auf Klausel 8: Danach ist der Kapitän für die Beladung und Stauung insoweit verantwortlich, als hiervon die See­tüchtig­keit des Schiffs berührt wird („responsibility as far as seaworthiness is concerned”). Im übrigen beruft er sich auf Verjährung und Verwirkung.
Aus den Gründen:
Die Klage ist nur zu einem Drittel dem Grunde nach gerechtfertigt. Sie ist nicht schon wegen Verjährung gem. § 558 BGB abzuweisen. Für dessen Anwendbarkeit auf die Zeitcharter kommt es auf deren Rechtsnatur an. Die systematische Einordnung des Zeitchartervertrages ist umstritten. Da es sich im Gegensatz zur Bareboatcharter nicht um die bloße Überlassung des Schiffs handelt, sondern Vertragsgegenstand die Durchführung von Reisen unter der technisch-nautischen Leitung des Eigentümers ist, handelt es sich nach der älteren herrschenden Meinung nicht um eine Schiffsmiete, sondern um einen Frachtvertrag (Zschoche VersR 1994, 389ff), und zwar um einen gemischten Vertrag, bei dem in aller Regel die frachtrechtlichen Elemente überwiegen. In den Anwendungsbereich des § 558 BGB fallen nur gemischte Verträge mit überwiegend mietvertraglichem Charakter (Staudinger/Emmerich 1995, § 558 BGB Rd-Nr. 5).
In der neuen Rechtsprechung und Literatur wird die Rechtsnatur der Zeitcharter unterschiedlich bewertet. Nach Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht 1992, 3. Aufl. § 556 B 3,d,e überwiegen bei der Zeitcharter mit Employment-Klausel die typischen Elemente des Raumfrachtvertrages; im selben Kommentar wird demgegenüber die analoge Anwendung des § 558 BGB bei der Zeitcharter jedenfalls bejaht, soweit die Schäden vom Zeitcharterer zu vertreten sind (aaO. vor § 901 B 2, ähnlich OLG Düsseldorf Transport­recht 1992, 415 ff). Bei Puttfarken (Seehandelsrecht 1997 Rd-Nr. 365) heißt es apodiktisch, „niemals wird bei der Zeitcharter der Charterer zum Ausrüster und damit zum Reeder”. Das Schiedsgericht ist mit Zschoche (VersR 1994, 389 ff.) der Auffassung, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht überzeugt. Es findet sich kein Wort der Auseinandersetzung mit der zugrundeliegenden Rechtsfrage, keine Rechtfertigung der von der h.M. abweichenden Auffassung. Es wird nicht einmal erwähnt, dass mit der Entscheidung von einer in Praxis und Wissenschaft überwiegend akzeptierten Auffassung abgewichen wird. Dies wirft die Frage auf, ob das OLG die rechtliche Problematik überhaupt gesehen hat.
Nach Ansicht des Schiedsgerichts steht die rechtliche Qualifizierung der Zeitcharter in einem engen Verhältnis zu § 510 HGB. Das Schiedsgericht schließt sich den überzeugenden Begründungen des BGH (BGHZ 22,197 = NJW 1957, 825 ff.) sowie des Bundesfinanzhofs (Hansa 1957, 2138) an. Beim Zeitchartervertrag steht die Transport­leistung im Vordergrund, die durch die Schiffsbesatzung erfolgt, die ausschließlich in einer Rechts­beziehung zum Reeder steht. Das bloße Recht des Charterers, den Bestimmungsort der Reise vorzugeben, steht demgegenüber im Hintergrund. Dieses Weisungsrecht gibt dem Zeit­charter­vertrag keine mietvertragliche Natur. Es liegt gerade keine Gebrauchsüberlassung des Schiffes an den Zeitcharterer vor. Die einzelnen Bestimmungen der Charterparty geben keine Anhaltspunkte dafür, dass der beklagte Charterer in der Befugnis zur Übertragung der Schiffsführung an die Stelle des Reeders getreten ist, im Gegenteil heißt es in Klausel 26: „Nothing herein stated is to be construed as a demise of the vessel to the time charterers. The owners to remain responsible for the navigation of the vessel, acts of pilots, tugboats and lines men, all of whom shall be deemed to have been employed by the owners.”
Wenn der Charterer mit dem Kapitän unzufrieden ist, kann er seinen Willen nicht unmittelbar dem Kapitän gegenüber durchsetzen, sondern nur über den Reeder (Klausel 9). Das Recht, das Schiff zu beschäftigen, insbesondere auch das Fahrtziel zu bestimmen, schließt nicht die Navigation ein. Hier steht der Kapitän kraft der ihm vom Schiffseigentümer übertragenen Schiffsführung an dessen Stelle.
Das Schiedsgericht ist mit BGHZ 22, 197 ff. der Auffassung, dass § 510 HGB auch nicht entsprechend anzuwenden ist. In der Entscheidung wurde zutreffend auf die Entstehungs­geschichte der Vorschrift hingewiesen. Es wurde als Prinzip des § 510 HGB angesehen, dass derjenige, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Seefahrt für seine Rechnung verwende, nur dann als Reeder zu betrachten sei, wenn er dasselbe führe und dessen Führung einem unter seinen Befehlen stehenden Kapitän überlasse; es komme darauf an, ob der Kapitän unter den Befehlen des Ausrüsters stehe und als dessen Vertreter anzusehen oder ob er dem Eigentümer untergeordnet und dessen Vertreter sei. Der Bundesfinanzhof (Hansa 1957, 2138) weist zutreffend darauf hin, dass die Zeitcharter dem Mietvertrag fremde Bestandteile enthält. Dies gilt insbesondere für die Gestellung der Schiffs­mann­schaft, die dem Vercharterer obliegt. Da bei der Zeitcharter frachtrechtliche Elemente stark überwiegen, ist für eine Anwendung des § 510 HGB kein Raum. Daraus folgt gleichzeitig, dass § 558 BGB weder direkt noch analog auf die Zeitcharter anwendbar ist, weil eine Gebrauchsüberlassung des Schiffs nicht vorliegt, also das für einen Mietvertrag maßgebliche Tatbestandsmerkmal fehlt.
Selbst wenn das Schiedsgericht Prüßmann/Rabe (aaO. vor § 901 B 2) folgt, wäre § 558 BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - beide Parteien für den eingetretenen Schaden verantwortlich sind. Im übrigen kann der Rechtsgedanke des § 558 BGB, einer schnellen Abwicklung derartiger Ansprüche Rechnung zu tragen, hier nicht maßgeblich sein, da die Verteilung der Verantwortlichkeit zwischen Reeder und Charterer, wie der vorliegende Fall zeigt, durchaus nicht klar abgegrenzt ist.
Die Ansprüche des Reeders sind nicht verwirkt. Die vom beklagten Charterer zitierte BGH-Entscheidung (NJW 1993, 2178) ist nicht einschlägig. Der Charterer müsste im einzelnen darlegen und beweisen, dass auf seiner Seite ein Vertrauens­tatbestand dahin begründet wurde, dass der Anspruch nicht weiter verfolgt werde. Einen solchen Vertrauenstatbestand hat der Reeder nicht geschaffen. Der bloße Zeitablauf reicht hierfür nicht aus. Aus dem Schreiben des Charterers geht hervor, dass er eine Spezifizierung des Anspruchs erwarte, weil „es dann leichter sei, die Meinungsverschiedenheiten, sollten sie weiter bestehen, zu überbrücken”. In dieser Korrespondenz ist die Eröffnung von Verhandlungen i.S.v. § 852 Abs. 2 BGB zu sehen. Der Begriff der Verhandlung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weit auszulegen (BGH NJW 1983, 2075). Soweit ein Abbruch der Verhandlungen durch ein „Ein­schlafen­lassen” erfolgt, reicht der bloße Zeit­ablauf nicht aus, um zur Verwirkung der Ansprüche zu kommen (BGH NJW-RR 1990, 664f), vielmehr muss grund­sätzlich der Abbruch durch ein klares und eindeutiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden (BGH NJW-RR 1991, 796). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Das Urteil vom 9.3.1999 (Lloyds Law Reports [1999] Vol. I p. 848 ff.) ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. In jenem Fall, in dem der Reeder obsiegte, hatte der Charterer nicht nur das „normale” Sichern der Ladung übernommen, sondern auch die Verpflichtung, so zu laden und zu sichern, dass die Seetüchtigkeit des Schiffs gewährleistet war. Der Hinweis in den fraglichen Klauseln des Chartervertrages auf „the master–s satisfaction” begründete keine Verpflichtung zum Einschreiten. Auf Seite 851 aaO. heißt es u.a.: „A right to intervene does not normally carry with it a liability for failure to do so, let alone relieve the actor from his liability”.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Unstreitig sind die Güter nicht richtig gestaut und gesichert worden. Nach Ansicht des Schiedsgerichts war das Schiff zum Zeitpunkt des Schadensfalles anfänglich reiseuntüchtig. Die Stauung war so, dass die Ladung bei dem Sturm, den das Schiff und die Ladung zur fraglichen Jahreszeit normaler­weise hätten aushalten müssen, verrutschte, das Schiff beschädigte, zu einer Schieflage des Schiffes führte und somit die Reise nicht mehr sicher fortgesetzt werden konnte. Es ist anerkannt, dass ein Schiff reiseuntüchtig ist, wenn es - ohne dass ein Mangel des Schiffs­körpers oder seiner Einrichtung vorliegt - nicht in der Lage ist, den gewöhnlichen Gefahren der See zu widerstehen. Der Grund für die Reise­untüchtigkeit des Schiffes kann auch in Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der Beladung des Schiffes liegen, wenn dadurch eine Gefährdung des ganzen Schiffes und damit auch der Ladung bewirkt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Sollte das Schiff infolge der fehlerhaften Stauung reiseuntüchtig gewesen sein, wäre der Reeder hier nach seiner Ansicht für die daraus entstehenden Folgen nicht haftbar, weil er die fehlerhafte Stauung bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt bis zum Antritt der Reise nicht habe entdecken können, § 559 Abs. 2 HGB. Die Beweislast liegt insoweit bei dem Reeder. Daran ändert nichts, dass er gegen den bekl. Charterer Schadensersatzansprüche geltend macht. Denn der Reeder hatte die Verantwortung dafür übernommen, dass bei der Ladungssicherung die Seetüchtigkeit des Schiffes gewährleistet ist. Der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast ist der Reeder nicht nachgekommen. Er hat vorgetragen, wesentliche Ursache der Schadensentstehung sei die unzureichende Qualität des verwendeten Staumaterials gewesen, insbesondere sei das Stauholz zu weich und brüchig gewesen, dies habe der Kapitän vor Antritt der Reise nicht erkennen können. Dieser Vortrag ist unsubstantiiert. Lt. Gutachten waren Stauholz und Staukeile minderwertig. Dies muss den für den Reeder tätigen Besatzungs­mitgliedern bei Übernahme der Güter in St. Petersburg und Riga erkennbar gewesen sein. Nach dem Vortrag des Reeders lag die schwere Ladung relativ zum Mittelpunkt des Schiffes hin. Dadurch wurden die Bewegungen des Schiffes im Seegang relativ steif, es entstand eine sehr kurze Rollperiode. Bei hoher Steifigkeit sind die Beschleunigungskräfte bei den Roll- und Stampfbewegungen des Schiffes sehr hoch. Infolge der unzureichenden Lashings um die einzelnen Stahlbündel sind einzelne Stahlplatten verrutscht. Die Stahlplatten drückten das zu schwache Stauholz und die Staukeile aus ihrer ursprünglichen Position, wodurch in den Stau insgesamt eine Loose kam. Es hätte für die Besatzung erkennbar sein müssen, dass die hier durchgeführte Ladungssicherung mangelhaft war. Das Schiedsgericht geht daher davon aus, dass dem Reeder bei Reiseantritt die See- und Reiseuntüchtigkeit des Schiffs bekannt war.
Die Erkennbarkeit der anfänglichen Reiseuntüchtigkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass die Parteien sehr eng bei der Beladung des Schiffes zusammengearbeitet haben. Der vorläufige Ladeplan wurde vom Schiff erstellt und mit der Stauerei abgestimmt. Der Stauplan und die genaue Verteilung der Ladung sowie deren Sicherung sind zwischen den Parteien diskutiert und einvernehmlich festgelegt worden. Die Überwachung des Sicherungsprozesses, also der Beladung des Schiffes insgesamt, wurde durch den ersten Offizier durchgeführt. Das Schiff stellte außerdem die „able seamen” L. und A. zur Verfügung, um im Auftrage des Reeders neben dem ersten Offizier die Kontrolle der Ladungssicherung durchzuführen. Die gesamte Beladung erfolgte auf Anweisung des Supercargos S., der vom Subcharterer beauftragt worden war. Daneben wurden die vom Charterer in den Ladehäfen beauftragten Stauereien tätig. Das Schiedsgericht ist auf Grund des beiderseitigen Parteienvortrages überzeugt, dass sich sowohl die Schiffsbesatzung als auch die Vertreter des Charterers in Bezug auf die sichere Stauung geirrt haben. Sie hätten erkennen müssen, dass die hier praktizierte Ladungssicherung eine konkrete Gefährdung von Besatzung, Schiff und Ladung bedeuten würde, die sich dann später auch tatsächlich realisiert hat.
Die entscheidende Frage dieses Rechtsstreits ist, wie die Verantwortlichkeit zwischen den Parteien im Hinblick auf die Verpflichtung des Kapitäns zur „supervision and responsibility, as far as seaworthiness is concerned” zu verteilen ist. In dem Charter­vertrag ist die Verpflichtung, die Güter zu laden, zu stauen, zu trimmen und zu löschen, auf den Charterer übertragen worden, allerdings „under the supervision and responsibility, as far as seaworthiness is concerned, of the captain”. Diese Regelung besagt: Der Charterer war verpflichtet, die Güter zu laden, zu stauen, zu trimmen und zu entlöschen. Der Kapitän hat daneben aber auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung das Recht und die Pflicht, für die Reisetüchtigkeit als Form der Seetüchtigkeit seines Schiffes zu sorgen. Durch die Aufnahme der entsprechenden Worte in den Chartervertrag war diese Verpflichtung lediglich betont und verstärkt. Für Schäden am Schiff infolge einer Reiseuntüchtigkeit, die auf schlechte Stauung zurückzuführen ist, bleibt der Kapitän also verantwortlich. Die Überwachung der Stauung war also im vorliegenden Fall nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht des Reeders.
Diese Verpflichtung des Kapitäns bedeutet aber nicht, dass die unsachgemäße Stauung durch die vom Charterer eingesetzten Stauer sowie den Supercargo ohne Sanktion bleibt. Deren fehlerhaftes Verhalten ist erst die Voraussetzung dafür, dass gegenüber der Schiffsbesatzung der Vorwurf mangelnder Beaufsichtigung erhoben werden kann (Transportrecht 1987, 268f.). Dies gebietet es, in analoger Anwendung des § 254 BGB den Anspruch des Reeders zu mindern. In welchem Verhältnis die entstandenen Schäden auf die Parteien zu verteilen sind, hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab.
Unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 254 BGB ist das Verschulden zwischen den Parteien auf der Basis von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Reeders zu verteilen mit der Folge, dass er von dem geltend gemachten Schaden nur 1/3 beanspruchen kann. Das Schiedsgericht hat sich bei dieser Schuld­verteilung von dem Gedanken leiten lassen, dass die Verantwortlichkeit für die See- und Reisetüchtigkeit des Schiffes (und deren Verletzung) höher zu bewerten ist als der von einer Stauerei begangene Staufehler, selbst wenn dabei ein Supercargo mitgewirkt hat. Wie oben dargestellt wurde, haben Besatzungsmitglieder sehr intensiv an der Vorbereitung und Durchführung der Ladungs­sicherung mitgewirkt. Wie sich insbesondere aus den Kommentaren von Wilford, Coghlin, Kimball, Timecharters 1995 (S. 305ff.) und von Cooke u.a., Voyage Charters 1993 (S. 267f.) ergibt, liegt die Verantwortlichkeit dann in erster Linie beim Reeder, wenn dessen Kapitän oder ein anderer Vertreter sich selbst und unmittelbar mit der Stauung der Ladung befasst und die Ladung nach deren Anordnung und Billigung gesichert wird. Der Kapitän und der Ladungsoffizier wissen auf Grund ihrer Kenntnis vom Schiff, wie sich dieses bei einer Ladung Stahl im Seegang verhält und welche Kräfte auf die zu sichernde Ladung wirken. Hätte sich der Charterer bei der Stauung und Ladungssicherung nicht durch einen Supercargo vertreten lassen, spräche vieles dafür, die Verschuldensquote des Reeders noch höher anzusetzen oder sie gar gegen 100% gehen zu lassen. Das Schiedsgericht gewichtet das beiderseitige Verschulden 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Reeders.