Recht und Steuern

M4 Nr. 17

M4 Nr. 17
Klauseln 8 und 43 New York Product Exchange InterclubAgreement (NYPE-ICA) 1996; § 278 BGB - Zeitcharter: Haftung des Charterers fürSeeuntüchtigkeit infolge fehlerhafter Stauung auf Anweisung desLadungsoffiziers, in Anwesenheit und mit Billigung des Kapitäns. Kapitän undLadungsoffizier als Erfüllungsgehilfen des Charterers
Nach Klausel 8aNYPE-ICA 1996 haftet der Charterer für Schäden infolge Seeuntüchtigkeit desSchiffes, die auf fehlerhafte Beladung, Stauung, Befestigung, Entladung odersonstige Behandlung der Ladung zurückzuführen sind.
Dies gilt auch,soweit die fehlerhafte Stauung auf Anweisung des Ladungsoffiziers, inAnwesenheit und mit Billigung des Kapitäns erfolgt ist.
Nach Klausel 43NYPE-ICA 1996 handeln Personen der Schiffsbesatzung, die bei zum Pflichtenkreisdes Charterers gehörenden Tätigkeiten mitwirken, als dessen Erfüllungsgehilfen.Dies gilt auch für den Ladungsoffizier.
Schiedsgericht der German Maritime Arbitration Association(GMAA)
Schiedsspruch vom 31.1.2005; Transportrecht 2005 S. 320 =RKS M 4 Nr. 17
Aus dem Sachverhalt:
Die Kl. zu 1) hatte mit dem auf der Basis der NYPE 1946geschlossenen Zeitchartervertrag vom 5.10.2000 MS „BBC Texas” an die Bekl.verchartert. Die Bekl. hatte am 21.11.2001 mit der Fa. H. AS auf der Basis derHydro-Charter einen Reisefrachtvertrag über die Beförderung von „minimum up to5.200 metric tons in charterer–s option Carbon Anode Blocks about 2.100 kiloscargo to be loaded in max. 3 tiers” vonAadalstangen/Norwegen nach Burnside, Louisiana/USA, abgeschlossen. Nach dem am4.12.2001 ausgestellten Konnossement wurden 2.387 Prebaked Anode Blocks inAadalstangen geladen. DieBekl., der es nach Klausel 8 des Zeitchartervertrages oblag, „to load, lash,tally, secure, stow and trim... the cargo at their expense under thesupervision of the captain”, hatte zuvor einen Stauplan angefertigt. Währenddes Beladens der Paletten wurde die Beladung dahin geändert, daß von deninsgesamt 2.387 Paketen jeweils 355 Pakete im Zwischendeck auf den vorderlichenPontons 1 bis 3 und auf den achterlichen Pontons 10 bis 12 gestaut wurden.Dadurch war das Gewicht der auf diesen Pontons gestauten Ladung zu hoch. Nachdem für den Reisebefrachter angefertigten Memo von H.P.Partner vom 4.1.2002,welches Bestandteil der von der Kl. vorgelegten Anlage ist, verbogen sich diesePontons des Zwischendecks während ihrer Beladung um 10 bis 15 cm. Wie es zu derÄnderung der Beladung kam, ist zwischen den Parteien streitig.
Während der Reise von Vlissingen zu dem ersten Hafen in denUSA, Fort Lauderdale, stellte die Schiffsbesatzung am 17./18.12.2001, wie indem Schiffstagebuch vermerkt worden ist, fest, daß die Pontons Nr. 11 und 12des Zwischendecks kollabiert waren und die Ladung aus dem Zwischendeck auf dieim unteren Laderaum befindliche Ladung gestürzt war. Dies wurde im Einzelnen imAuftrag des Vereins Hanseatischer Transportversicherer e.V., Bremen, nach derAnkunft des Schiffes in Burnside, Louisiana, am 5. und 6.1.2002 festgestellt.
Der Transportversicherer des konnossementsmäßigen Empfängersregulierte den Transportschaden und machte gegenüber der Kl. zu 1)Schadensersatz in Höhe von insgesamt US$ 118.864,41 geltend. Die Kl. zu 1)einigte sich mit dem Transportversicherer auf einen Schadensersatzbetrag von US$ 90.000, der von ihr bezahlt wurde.Die Kl. zu 2) zahlte diesen Betrag, der 74.269,68 Euro entsprach, abzüglich derFranchise von 2.556,46 Euro = 71.713,22an die Kl. zu 1). Diesen Betrag macht die Kl. zu 2) aus abgetretenem Rechtgeltend,
während die Kl. zu 1) die Franchise in Höhe von 2.556,46Euro geltend macht.
Die Parteien gehen davon aus, daß das Schiff durch dieBeladung des Zwischendecks bei Antritt der Reise seeuntüchtig war. DieKlägerinnen meinen, hierfür sei die Bekl. verantwortlich, weil sich die Haftungfür Ladungsschäden nach dem Interclub Agreement (ICA) regele, dessen Geltung inder bei Abschluß des Zeitchartervertrages geltenden Fassung in Klausel 50 desZeitchartervertrages vereinbart wordensei. Sie weist auf (8a) des ICA hin,wonach Ladungsschäden, die auf der Seeuntüchtigkeit eines Schiffes beruhen, zu100% vom Reeder zu tragen sind „save where the owner proves that theunseaworthiness was caused by the loading, stowage, lashing, discharge or otherhandling of the cargo, in which case the claim shall be apportioned undersub-clause (b)”, d.h. zu 100 % vom Charterer. Deshalb sei auch unbeachtlich,auf wen die Änderung der ursprünglich vorgesehenen Beladung des Schiffeszurückgehe. Selbst wenn der Kapitän oder der Ladungsoffizier die Anweisung zurStauplanänderung gegeben hätten, wäre die Bekl. hierfür verantwortlich, da diePersonen der Schiffsbesatzung gemäß Klausel 43 des ZeitchartervertragesErfüllungsgehilfen der Bekl. seien.
Die Bekl. meint demgegenüber, nach dem Memo der Fa.H.P.Partner sei nicht nur dem Ladungsoffizier des Schiffes, sondern auch demKapitän die Änderung der Beladung bekannt gewesen, deshalb habe es bereitswährend der Beladung auch mit Rücksicht darauf, daß sich die Pontons verbogenhätten, offensichtlich Gespräche zwischen den Stauern, dem Ladungsoffiziersowie dem Kapitän gegeben. Spätestens in diesem Zeitpunkt hätte der Kapitänbemerken müssen, daß etwas mit der Stauung nicht stimmte, und dementsprechendGegenmaßnahmen ergreifen müssen. Nach den Ausführungen der SachverständigenB.J.Newcombe & Co Inc. habe der Kapitän deshalb nicht eingegriffen, weil eraus Gründen der Stabilität des Schiffes die schließlich gewählte Stauungbevorzugte. Für die Stabilität des Schiffes sei allein der Kapitän und damitder Kl. zu 1) - d.h. die Reederei - zuständig gewesen. Nach OLG Hamburg (Transportrecht 1987 S. 285„Südwind”) habe der Kapitän, der nach Klausel 8 des Zeitchartervertrages dieBeladung des Schiffes und die Stauung der Ladungsgüter habe überwachen müssen,nicht zulassen dürfen, daß die Seetüchtigkeit durch die mangelhafte Stauung derLadung beeinträchtigt wurde. Deshalb habe die Kl. zu 1) als Reeder für den ausder mangelnden Seetüchtigkeit des Schiffes entstandenen Schaden einzustehen.
Aus den Gründen:
Für die Verteilung der Ladungsschäden bleibt der zwischenden Parteien geschlossene Zeitchartervertrag maßgebend. In dessen Klausel 50wurde vereinbart:
„All claimsin respect of the cargo to be settled in accordance with the New York ProduceExchange (NYPE) Interclub Agreement as per latest amendment”.
Damit stimmt die maschinenschriftlich in denZeitchartervertrag aufgenommene Klausel sinngemäß mit Klausel 26 der NYPE 1993überein. Maßgebend dafür, ob die Bekl. den Kl. den an den Transportversichererdes konnossementsmäßigen Empfängers gezahlten Schadensersatzbetrag erstattenmuß, ist daher die in (8 a) des ICA enthaltene, seit 1.9.1996 vorgeseheneRegelung über die Verteilung von Ladungsschäden unter einem Zeitchartervertragauf der Basis einer NYPE, bei dem Klausel 8 nicht durch den Zusatz „andresponsibility” ergänzt worden ist. Daran ändert auch nichts, daß in Klausel 90des Zeitchartervertrages die Hague-Visby-Rules „as enacted in the country ofshipment” , also Norwegen, vereinbart waren. Dies bestimmt (2) (5) des ICA.Folglich kommt es auch nicht auf die vom OLG Hamburg in seiner„Südwind”-Entscheidung vertretene Auffassung an, wonach nach schwedischemRecht, welches der Entscheidung zugrundelag, wie auch nach deutschem Recht(vgl. hierzu Rabe, Transportrecht1987 S. 285; ders., Seehandelsrecht4. Aufl. § 606 Rd-Nr. 22), der Reeder die Verantwortung für die Stauung undLadung trage, wenn diese gemäß Klausel 8 der Zeitcharter under the supervision of the Captain zu erfolgen habe. Dieseseinerzeit vom OLG Hamburg zu entscheidende Frage ist nämlich durch (8) (a) desICA neu geregelt worden. Während das ICA 1984 in (2) vorsah, daß sämtlicheSchadensersatzansprüche von Ladungsinteressenten, soweit sie auf die Seeuntüchtigkeitdes Schiffes zurückzuführen seien, in vollem Umfang vom Reeder getragen werdenmüßten, macht das seit dem 1.9.1996 geltende ICA insoweit eine Ausnahme, daßderartige Schäden in vollem Umfang vom Charterer zu tragen seien, wenn dieSeeuntüchtigkeit „was caused by the loading, stowage, lashing, discharge orother handling of the cargo”.
Demnach haftet die Bekl. als Charterer des Schiffes, hat aber diese Haftung mit dem Einwandverneint, die endgültige Stauung sei auf Anweisung des Schiffsführers, d.h. desKapitäns, geschehen. Damit habe der Kapitän im Rahmen der ihm obliegendenBeaufsichtigung des Schiffes gehandelt. Für den hieraus resultierenden Schadenkönne sie als Charterer auch unter Berücksichtigung des Regelung des ICA nichthaften. Dieser Einwand stimmt aber nicht mit den Unterlagen überein, auf diesich die Bekl. beruft.
In demMarine Cargo Damage Report von Brian J. Newcombe & Co Inc., dessenSachverständiger im Auftrag der Ladungsversicherer den Schaden nach Ankunft desSchiffes in Burnside besichtigte, heißt es „from the loading report issued byH.P.Partner it appears that the original intention was to load all the carbonblocks in the lower hold, but the report states –vessel changed plan–, but itis not clear whether this means that the captain indicated he wished part ofthe cargo was to be loaded into tween deck, or whether it merely refers to the fact that the captain wished loadingto commence in the forepart of the vessel–s lower hold... We only speculatethat the captain–s consideration may have been governed by concerns abouttrim.”
In diesem Bericht wird auf den Bericht von H.P.Partner Bezuggenommen; für den Fall, daß der Kapitän tatsächlich die Anweisung gegeben habe,die Ladung anders als vorgesehen zu stauen, d.h. wie geschehen im Zwischendeck,wird vermutet, der Kapitän könne die Anweisung mit Rücksicht auf den Trimm desSchiffes gegeben haben. In dem Memo von H.P.Partner vom 4.1.2002 wird zunächstunter der Überschrift „Tween Deck - forepart” berichtet „Here the captain wastaking over control according the securing. He was walking side by side with the stevedores, and pointed out allgaps to be secured. This was carried out by the stevedores and captain acceptedthe lashing. Securing of each level with slings, was also here carried out bythe vessel–s crew.”
Weiterunten heißt es in diesem Memo: „During loading on tween decks, the pontongswere bending down 10 - 15 cm when cargo was stacked. Therefore it was problemsto reverse with forklift because pontongs were not equal high. It was alsoproblems to stack the top level package, because pontongs was bending.Whenloading was commenced, plan from vessel was 3 packages high on tank top. Halfway on tank top, vessel changed plan and we had to start in forepart of hold. Therethen we lost ca. 6 m midships. This space was meant for forklift, to startdischarging. Still we lost a lot of tonnage on tank top, and had to put rest ontween deck. The stevedores discussed this matter with officer, becausestevedores meant too much cargo tweendeck. Officer are responsible for the vessel, and after his demand, wecontinued loading.”
Danach hat der Kapitän zwar durchaus die Sicherung währendder Beladung auf der vorderlichen Seite des Zwischendecks beaufsichtigt undnamentlich Zwischenräume zwischen den Paletten beanstandet, so daß die Ladunginsoweit von den Stauern gesichert und das Laschen dieser Paletten vom Kapitängebilligt wurde. Die Änderung der Beladung im Unterraum erfolgte nach diesemBericht, um für das Löschen der Ladung für die Gabelstapler Raum von ungefähr 6m zu gewinnen. Dies wird auch aus dem vorgelegten Stauplan ersichtlich. DieÄnderung der Beladung mit der Folge, daß insgesamt 710 Packstücke auf demZwischendeck gestaut wurden, besprachen die Stauer mit dem Ladungsoffizier,weil sie, wie der Schadensverlauf zeigte, völlig zu Recht der Auffassung waren,es würde zu viel Ladung auf dem Zwischendeck gestaut werden. Entgegen den vonden Stauern vorgetragenen Einwänden entschied jedoch der Ladungsoffizier, daßes bei der Änderung der Beladung verbliebe, so daß die Beladung des Zwischendecksin den zwischen den Parteien unstreitigen Form vorgenommen wurde. Entgegen derBehauptung des Bekl. besagen also die Anlagen nicht, daß der Kapitän dieAnweisung zur Änderung der Beladung gegeben hat.
Das Memo von H.P.Partner vom 4.1.2002 könnte auch dafürsprechen, daß die Bekl. bzw. der Reisebefrachter angeregt hatte, im Unterraumdes Schiffes einen Freiraum zu lassen, der das Löschen der dort gestautenLadung durch Gabelstapler erleichterte.
Nachdem der Bekl. eingeräumt hat, sein Vortrag beruhe aufden dem Schiedsgericht vorliegenden Unterlagen, ist unstreitig, daß derLadungsoffizier gegenüber den für die Bekl. tätigen Stauern geäußerten Bedenkenauf der Änderung der ursprünglich vorgesehenen Beladung bestand. Wenn es in demMemo vom 4.1.2002 heißt, der Ladungsoffizier sei für das Schiff verantwortlichgewesen und dementsprechend in dem Bericht von Brian J.N.&Co.Inc. unterBezugnahme auf dieses Memo die Feststellung getroffen wurde „vessel changedplan”, dann war aus der Sicht des Reisebefrachters durchaus verständlich, wenndies in dem Sinne gemeint war, für die Änderung der Beladung sei „das Schiff”,d.h. der Reeder verantwortlich. Eine derartige rechtliche Beurteilung wurdejedoch ohne Berücksichtigung von Klausel 43 letzter Absatz getroffen, in demfür die zuvor erwähnten Arbeiten bestimmt wurde:
„Allworks/labour mentioned in above clause done by the crew to be performed as charterer–s servants.”
Bei den vor dieser Bestimmung erwähnten Arbeiten handelt essich um Arbeiten, die auf Grund von Klausel 8 des Zeitchartervertrages zu demPflichtenkreis des Charterers gehörten, in dessen Rahmen die Personen derSchiffsbesatzung als Erfüllungsgehilfen des Charterers Assistenz leistensollten. Dies lässt jedoch nicht den Schluß zu, daß hinsichtlich einer Änderungder Beladung gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Beladung die Personen derSchiffsbesatzung, also namentlich der Ladungsoffizier, nicht alsErfüllungsgehilfe des Charterers anzusehen seien. Die Klausel besagtjedenfalls, daß die Personen der Schiffsbesatzung für alle im Zusammenhang mitder dem Charterer obliegenden Beladung und dem ihm obliegenden Löschen derLadung dessen Erfüllungsgehilfen waren. Wenn also der Ladungsoffizier währenddes Beladens die Anweisung gab, in Abänderung der ursprünglich vorgesehenenBeladung das Zwischendeck mit einem zu hohen Gewicht zu beladen, dann handelteer im Rahmen des Pflichtenkreises, innerhalb dessen er für die Bekl. tätigwerden sollte. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn unterstellt wird, daßer insoweit vorsätzlich von dervorgesehenen Beladung abwich, ohne daß ihn die Bekl. oder derenErfüllungsgehilfe, der Reisebefrachter, ermächtigt hatte. Allein entscheidendist, daß der Ladungsoffizier diese gegebenenfalls vorsätzliche Handlung ininnerem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben vornahm, die ihm die Bekl. alsCharterer zugewiesen hatte (vgl. Palandt/Heinrichs§ 278 Rd-Nr. 20 mit eingehenden Hinweisen, insbesondere auf dieRechtsprechung des BGH). Wenn sich die Bekl. in Klausel 43 desZeitchartervertrages damit einverstanden erklärte, daß die Personen derSchiffsbesatzung ihre Erfüllungsgehilfen seien, so brachte sie zum Ausdruck,daß sie sich auf die Person derSchiffsbesatzung verließ. Handelte der Ladungsoffizier fehlerhaft mit derFolge, daß dies zur Seeuntüchtigkeitdes Schiffes führte, so hat dementsprechend die Bekl. hierfür einzustehen.Ausdrücklich besagt dies (8 b) ICA.
Daß der Ladungsoffizier in diesem Falle fehlerhaft handelte,lässt nicht den Schluß zu, dieser sei nicht ausreichend qualifiziert gewesen. ImÜbrigen hat die Bekl. die mangelnde Qualifikation erst nach Abschluß dermündlichen Verhandlung behauptet, in der das Schiedsgericht das Verhalten desLadungsoffiziers eingehend erörtert hatte. Die Rüge ist daher nach § 296a ZPOals verspätet zurückzuweisen.
Das Ergebnis mag zwar insoweit unbefriedigend sein, als derLadungsoffizier die Tragfähigkeit der Pontons kannte und auch bemerkt hatte,daß diese sich durch die übermäßige Belastung durchbogen. Für eine derartige,vom Ladungsoffizier angeordnete Beladung war also das Schiff seeuntüchtig. Dieskönnte dafür sprechen, der Kl. zu 1) den dadurch entstandenen Schadenanzulasten.
Angesichts der eindeutigen Regelung von (8 c) ICA ist diesjedoch auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach § 242 BGB nichtmöglich. Zwar wäre in der bis 1.9.1996 geltenden Fassung des ICA in einemderartigen Fall der Schaden in vollem Umfang zu Lasten des Reeders gegangen.Ohne im Einzelnen auf die Hintergründe der ab 1.9.1996 eingeführten Änderungder Haftungsverteilung einzugehen, kann festgestellt werden, daß diese Änderungeine bewußte Entscheidung der P&I Clubs war, die Seeuntüchtigkeit demCharterer jedenfalls dann anzulasten, wenn sie u.a. auf der Beladung des Schiffesberuhte.
Zu Recht hat Wöhrn (DasInterclub-NewYork Produce Agreement und die Praxis, Transportrecht 1992 S. 161)zunächst auf S. 162 (linke Spalte, vorletzter Absatz) auf die Zielrichtung desICA hingewiesen: „Vermeidung von zeitaufwändigen und kostenträchtigenRechtsstreitigkeiten/Schiedsgerichtsverfahren mit dem Ziel, eine schnelle undfaire Methode der Lösung von Verantwortlichkeiten zu finden”. Gleichfallsberechtigt ist jedoch die von ihm auf S. 164 getroffene Feststellung, dieskönne im Einzelfall zu einem durchaus nicht gerechtfertigten Ergebnis führen;dies demonstriert er an der im Jahre 1992 geltenden hälftigenHaftungsverteilung zwischen Reeder und Charterer für Schäden am Container undan der im Container befindlichen Ladung, verursacht durch einen falschenStauplatz. In einem derartigen Fall legt der Charterer die Stauplätze an Bordfest, lange bevor das Schiff überhaupt eine Möglichkeit erthält, in die Stauungeinzugreifen und Vorschläge zu machen. Dem Schiff werde zwar beim Einlaufen inden Hafen die Gewichtsverteilung aufgegeben, die daraufhin anhand einesbordseitigen Ladungscomputers durchkalkuliert werde. Lediglich im Fallegravierender Abweichungen, wie z.B. mangelnde Anfangsstabilität oder gewichtsmäßige Überladungen, sei derCharterer geneigt, bestimmte Modifikationen zuzulassen und im äußersten FallContainer auszuschließen. Eine Änderung der Stauung werde daher in der Regelnur widerwillig akzeptiert. Es erscheine daher durchaus nicht gerechtfertigt,wenn das ICA eine hälftige Teilung der Haftung zwischen Reeder und Charterervorsehe.
Auch hieran wird deutlich, daß es bei der Regelung derHaftungsverteilung zwischen Reeder und Charterer im ICA darum geht, für dietägliche Praxis der Schadensabwicklung klare und eindeutige Regeln zur Verfügungzu stellen, mögen diese auch im Einzelfall ggf. zu einem unbefriedigendenErgebnis führen. Es würde daher dem Sinn der Haftungsregelung im ICA widersprechen, wenn dessenHaftungsregelung deutschem Recht unterliegt, jedes auf Grund dieser Regel gefundene Ergebnis unter dem Gesichtspunktvon Treu und Glauben zu überprüfen,. Dies mag allenfalls in einem Fallgerechtfertigt sein, in dem die Haftungsverteilung in eklatanter Weise diesemGrundsatz widerspricht. In dem von diesem Schiedsgericht zu entscheidenden Fallkann dies jedoch nicht gesagt weren.
Siehe hierzu die kritische Anmerkungvon Rolf Herber in Transportrecht 2005 S. 323.