B5 Nr. 25
B5 Nr. 25
§§ 91, 1053, 1057 ZPO, § 67 BRAGO/36 RVG i.V.m.§ 23 BRAGO/RVG-VV 1000, 1003 - Vergleichsgebühr bei Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, bei Zwischenvergleich mit Schiedsgutachter-Vereinbarung
Die Vergleichsgebühr bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut beläuft sich auf 15/10 statt 10/10 einer vollen Gebühr; die höhere Gebühr für außergerichtliche Vergleiche gilt (zwecks Entlastung der staatlichen Gerichte) auch für schiedsgerichtliche Vergleiche.
Die Vergleichsgebühr entsteht auch für einen Zwischenvergleich mit einer Schiedsgutachter-Vereinbarung, durch die eine Beweisaufnahme entfällt.
Ein solcher Zwischenvergleich liegt vor, wenn lt. dem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut die Zahlungspflicht des Beklagten von der Feststellung eines Schiedsgutachters abhängt, daß bestimmte, vom Beklagten gerügte Baumängel beseitigt sind, anderenfalls die Forderung erst nach Mängelbeseitigung gemäß Berechnung des Schiedsgutachters fällig werden sollte; in einem Schluß-Schiedsspruch ist dann festzustellen, ob und inwieweit die Bedingung eingetreten ist oder als eingetreten gilt, und der Beklagte ggf. entsprechend zur Zahlung zu verurteilen.
Schiedsgericht gemäß Schiedsordnung Bau (SO Bau) der Arbeitsgemeinschaft Baurecht im Deutschen Anwaltsverein
Schiedsspruch vom 24.9.2004 - RKS B 5 Nr. 25
Aus dem Sachverhalt:
Streitig waren Restwerklohnansprüche der Schiedsklägerin aus einem Bauvertrag vom 11.7.2000 mit einer GbR, deren Rechtsnachfolger der jetzige Schiedsbeklagte ist. Der Bauvertrag und die dazu geschlossene Schiedsvereinbarung enthalten die Schiedsklausel gem. Schiedsordnung Bau (SO Bau) der Arbeitsgemeinschaft Baurecht im Deutschen Anwaltsverein.
Gemäß Teil-Schiedsspruch (mit vereinbartem Wortlaut) vom 5.7.2004 belaufen sich die bei Abnahmereife und mangelfreier Herstellung fälligen Restwerklohnansprüche aus dem Bauvertrag im Ergebnis auf 7.918,27 Euro. In der Verhandlung vom 5.7.2004 hatte der Bekl. mündlich und unbelegt Mängel behauptet. In dem Teil-Schiedsspruch vom 5.7.2004 haben die Parteien geregelt, wie dieser Mängelstreit erledigt werden soll. Insbesondere sollte der Bekl. bis Ende Juli 2004 eine Vorgabe von Punkten für eine Abnahme betreffend eventuelle Mängelfragen erstellen und die Abnahme durch den Ingenieur J. als Schiedsgutachter in einem gemeinsamen Ortstermin der Schiedsparteien mit dem Schiedsgutachter spätestens Dienstag, 10.8.2004 10 Uhr erfolgen.
Tatsächlich hat der Bekl. weder dem Schiedsgutachter eine Mängelliste übermittelt noch ihn sonst mit der Wahrnehmung des vorgesehenen Abnahmetermins beauftragt.
Für den Fall, daß keine Mängel mehr vorhanden sind, haben die Parteien in dem Teil-Schiedsspruch die Zahlung der Restsumme von 7.918,27 Euro nebst Zinsen bis 31.8.2004 geregelt. Für den Fall, daß sich Mängel herausstellen, war geregelt, daß die Restforderung erst nach Mängelbeseitigung nach Berechnung des Schiedsgutachters fällig werden sollte.
SchG Bau 24.9.2004 B 5 Nr. 25 S. 2
Laut Teil-Schiedsspruch trägt der Bekl. die im Schiedsverfahren bis dahin entstandenen schiedsgerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
Die Kl. trägt vor:
Da der Bekl. eine Mängelliste weder in der Frist des Teil-Schiedsspruchs bis Ende Juli 2004 noch danach vorgelegt habe und sich auch nicht wegen des vorgesehenen Abnahmetermins an den Schiedsgutachter gewandt habe, sei nunmehr von der mängelfreien Herstellung auszugehen und die weitere Forderung fällig. Im übrigen sei ihr nicht bekannt, daß der Bekl. sie am vereinbarten Abnahmetermin am 10.8. erwartet hätte. Sie beantragt, den Bekl. zu verurteilen, u.a. an die Kl. 7.918,27 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Der Bekl. beantragt, die mündliche Verhandlung zwecks eines neuen Abnahmetermins nach Gesundung des Bekl. zu vertagen, hilfsweise Klagabweisung. Er trägt vor: Die Abnahme hätte am vorgesehenen Termin, 10.8.2004., auch ohne vorherige Vorlage einer Mängelliste durchgeführt werden müssen. Ggf. hätten die Mängel im Abnahmetermin mündlich vorgetragen werden können. Persönlich könne er an der mündlichen Schiedsverhandlung wegen kurzfristiger Erkrankung nicht teilnehmen.
Aus den Gründen:
Die (Schieds-)Klägerin kann von dem (Schieds-)Beklagten die eingeklagte Restsumme von 7.918,27 Euro nebst Zinsen verlangen. Die von dem Bekl. in der Verhandlung vom 5.7.2004 behaupteten Mängel hat er auch weder in der ihm im Vergleichswege eingeräumten Frist bis Ende Juli 2004 noch danach substantiiert. Sowohl nach den Verfahrensregelungen des Teil-Schiedsspruchs als auch nach allgemeinen Grundsätzen ist daher von der mängelfreien abnahmereifen Herstellung auszugehen; im übrigen ist nach Ingebrauchnahme und Wohnnutzung des Gebäudes auf mängelfreie Abnahme zu schließen.
Entgegen dem Bekl. sind die Verfahrensregelungen des Teil-Schiedsspruchs unmißverständlich, erstens in Bezug auf die vom Bekl. zu erstellende Mängelliste, zweitens in Bezug auf die dafür gesetzte Frist und drittens in Bezug auf die erst danach und ausschließlich vom Schiedsgutachter vorzunehmende Abnahme. Daß der Schiedsgutachter nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur nach Auftrag und Information durch den Bekl. hätte tätig werden können, versteht sich im Übrigen von selbst und wird auch bestätigt durch die ebenfalls eindeutige Regelung betr. die Schiedsrichter-Honorarschuld des Bekl. gem. Ziff. 10 des Teil-Schiedsspruchs.
In Anbetracht der vorbezeichneten Umstände ist der Vertagungsantrag des Bekl. abzulehnen und kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob und inwieweit er nach seiner Behauptung - unbelegt - kurzfristig am Tag der mündlichen Verhandlung erkrankt war. Daß er während der vorherigen Fristen an der Konkretisierung und Substantiierung eines Mangels und an der Einschaltung des Schiedsgutachters gehindert gewesen wäre oder unzureichende Gelegenheit zum Gehör gehabt habe, behauptet er selbst nicht.
Die Kostenentscheidung folgt gem. § 1057 i.V.m. § 91 dem Schiedsklage-Erfolg und erstreckt sich neben dem verauslagten Schiedsrichterhonorar auf die außergerichtlichen Kosten (§ 1057 i.V.m. § 91 ZPO).
SchG Bau 24.9.2004 B 5 Nr. 25 S. 3
Die zu erstattenden Anwaltskosten der Kl. umfassen auch die Vergleichsgebühr, die i.S.v.Ziffer 9 des Teil-Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut entstanden ist, weil es sich dabei um einen Vergleich gem. § 1053 ZPO handelt. Die Vergleichsgebühr richtet sich nach § 67 i.V.m. § 23 BRAGO; letztere ist für den vor Juli 2004 begonenen Schiedsprozeß hier noch anzuwenden. Die Vergleichsgebühr orientiert sich an dem vollen Streitwert einschließlich des
Zwischenvergleichs betr. die Schiedsgutachter-Vereinbarung (vgl. LAG Düsseldorf 18.5.2000 - 7 Ta 161/100 MDR 2000, 976; KG 19.4.1985 - 1 W 5706/84 JurBüro 1985, 1499; 16.1.1979 - 1 W 4643/78 MDR 1979, 592; OLG Düsseldorf 5.4.1979 - 2 W 14/79 WRP 1979, 555; entgegen OLG Stuttgart 14.12.1983 - 8 W 521/83 JurBüro 1984, 550). Durch letztere ist im Übrigen eine gerichtliche Beweisaufnahme entfallen und Beweisgebühr erspart worden. Die Vergleichsgebühr bemißt sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO auf 15/10 einer Gebühr und nicht im Hinblick auf das anhängige (schieds)gerichtliche Verfahren auf nur 10/10 gem. S. 2 der genannten Vorschrift. Unter den dort abgegrenzten „gerichtlichen Verfahren“ werden nur Verfahren vor staatlichen Gerichten und nicht vor Schiedsgerichten verstanden (Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert BRAGO 15. Aufl. § 67 Rd-Nr. 12; Hansens BRAGO 8. Aufl. § 67 Rd-Nr. 7). Diese Auslegung rechtfertigt sich aus dem Zweck, die staatlichen Gerichte durch den anwaltlichen Gebührenanreiz für alle außerhalb geschlossenen Vergleiche zu entlasten (und dabei möglicherweise auch schiedsgerichtliche Verfahren zu fördern).
In dem zu erstattenden Schiedsrichtervorschuß bzw. -honorar ist keine Vergleichsgebühr für den Teil-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut enthalten (entgegen § 18 Abs. 2 Bstb. b SOBau und entgegen BGH 14.7.1988 III ZR 3/88 BGHR BRAGO § 23 Abs. 1 S. 1 Mitwirkung 1). Der (Einzel-)Schiedsrichter sieht gem. seiner Praxis von deren Ansatz ab, um seinerseits Vergleiche zu fördern, durch die sich Verfahren zügiger erledigen lassen und mehr Rechtsfrieden geschaffen werden kann.