Recht und Steuern

E1C Nr.19

E1C Nr. 19
Klausel „L/Cgegen Präsentation der Dokumente”: Zahlungsanspruch Zug um Zug, keine Rüge der Dokumente nach Auslieferung der Ware ohne das Konnossement
Ist „Zahlung: L/C gegen Präsentation der Dokumente” vereinbart, so hat der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die gemäß dem Kaufvertrag zu präsentierenden Dokumente. Jedoch kann sich der Käufer auf das Fehlen von Dokumenten, die vertragsgemäß zupräsentieren waren, nicht mehr berufen, nachdem die Ware ohne Vorlage des Konnossements an ihn oder an seinen Nachkäufer ausgeliefert wurde. Der Käufer hat keinen Anspruch auf andere als die im Rahmen des Akkreditivs ursprünglich angedienten Dokumente; mit Annahme der Ware hat er diese in der vorgelegten Form akzeptiert. Das Verhalten seines Nachkäufers muss sich der Käufer zurechnen lassen.
Auch Mängel der Ware können dann nicht mehr gerügt werden. Im Abladegeschäft ist zudem eine Mängelrüge verwirkt, wenn der Käufer oder sein Nachkäufer (Erfüllungsgehilfe) die Ware vom Kai des Bestimmungshafens entfernt hat, bevor ein Reklamationsanspruch formuliert, Art und Umfang der Mängel präzisiert und ordnungsmäßige Siegelmuster gezogen sind.
Der Verkäufer hat Zug um Zug die Dokumente, so wie sie präsentiert wurden, dem Käufer zu übergeben.
Schiedsgerichtdes Deutschen Kaffee-Verbandes e.V.
Schiedsspruch vom 27.1.2000, RKS E 1 c Nr. 19
Aus demSachverhalt:
Verkauft waren 500 t Brazilian Arabica Rio / Minas Coffee; Preis: 1.760 US$ per ton C & F Tripoli, Abladegewicht. Verschiffung: Januar/Februar 1999....
Zahlung: L/Cgegen Präsentation der Dokumente, u.a. eines Gewichts- und Qualitätszertifikates der SGS do Brasil, eines ordnungsgemäßen Satzes shipped-on-board-Konnossemente und einer Verschiffungserklärung.
Am 30.3. wies die Bank des Käufers den Verkäufer darauf hin, dass das Gewichtszertifikat, das Qualitätszertifikat und das Telex des Repräsentanten der Transportgesellschaft aus Tripoli fehlten und daher die lt. Akkreditivbedingungen erforderlichen Dokumente nicht vollständig waren. Aus dem Fax des Käufers vom 28.4. ergibt sich, dass dieser die Dokumente derzeit immer noch nicht in Händen hatte, aber weiterhin Andienung erwartete.
Anschließend verhandelten die Parteien über vom Käufer behauptete Mängel und einen von ihm geforderten Preisnachlass. Schließlich beauftragte der Verkäufer die ACE Audit Control & Expertise in Genf, Arbitragemuster in Tripoli zu ziehen, um die Qualität zu prüfen und ggf. eine Qualitätsarbitrage durchzuführen. Im Rahmen der Probenziehung am 1.7. stellte sich heraus, dass die Staatshandelsorganisation N., die Endabnehmerin des Käufers, den Kaffee eigenmächtig - ohne Dokumente -an sich genommen, die verplombten Container geöffnet und in ihrem Warenhaus eingelagert hatte. In dem Schiedsgericht nicht bekannter Weise hatte die Schifffahrtsgesellschaft die Ware ausgeliefert, ohne dass die Originale der Konnossemente vorgelegt worden waren. Eine repräsentative Probenziehung durch die ACE war nicht möglich wegen unsachgemäßer Stapelung und der Weigerung der N. Das Schiedsgericht verurteilte den Käufer zur Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die gegen das Akkreditiv angedienten Dokumente.
Aus denGründen:
Der Käufer hätte die angedienten Dokumente aufnehmen müssen. Er ist gemäß § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet, die Ware abzunehmen und den Kaufpreis zu zahlen. Er kann sich weder auf die ordnungsmäßige Zurückweisung der Dokumente berufen noch Erfüllung wegen etwaiger Qualitätsmängel der Ware verweigern. Es kann dahingestellt bleiben, dass weder eine qualifizierte Rüge der Dokumente, kein Fall von Betrug oder grober Fahrlässigkeit gemäß Art 7 (d) ECC vorgelegen hat, noch das Zertifikat aus Le Havre keine Aussagekraft für den vorliegenden Fall hat. Denn der Käufer hat die Ware in Kenntnis der Dokumente, so wie sie gegen das Akkreditiv vorgelegt wurden, angenommen. Dabei ist es unerheblich, dass die Einlagerung durch die Nachkäuferin des Käufers erfolgte. Der Käufer hat die Ware an diese durchliefern lassen und muss sich deren Verhalten zurechnen lassen.
Der Verkäufer hat dagegen Zug um Zug die Dokumente, so wie sie vorgelegt wurden, dem Käufer zu übergeben. Grundsätzlich bricht unerlaubtes Handeln Eigentum nicht, so dass die Konnossemente weiterhin das Eigentum der Ware verbriefen, da sie nicht entwertet wurden, als die Ware eingelagert wurde.
Grundlage des Klagantrags ist der aus dem Kontrakt resultierende Kaufpreisanspruch. Der Käufer muss sich zurechnen lassen, dass sich seine Endabnehmerin der Ware bedient hat. Sie hat diese direkt nach Libyen verschiffen lassen, und die Handlungen der Endabnehmerin fallen in seinen Verantwortungskreis. Er kann entsprechend dem Verbot des widersprüchlichen Handelns „venire contra factum proprium” nach Treu und Glauben nicht die Ware annehmen und gleichzeitig die Dokumente zurückweisen und die Zahlung verweigern.
Darüber hinaus lag in den Äußerungen des Käufers keine qualifizierte Rüge; denn eine solche setzt voraus, dass daraus Art und Umfang der Mängel für den Verkäufer genau zu entnehmen sind. Eine pauschale Zurückweisung reicht nicht aus. Das Zertifikat aus Le Havre hat schon deshalb keinen Beweiswert, weil daraus nicht zu entnehmen ist, dass es die vorliegende Partie betrifft. Darüber hinaus gibt ein Mangel, so denn einer vorliegt, nach den Bedingungen des ECC nur das Recht,eine Vergütung zu fordern. Im Abladegeschäft ist eine Mängelrüge zudem verwirkt, wenn der Käufer oder sein Erfüllungsgehilfe die Ware bei Beanstandungvon der Ablieferungsstelle (Kai des Bestimmungshafens) bewegt, bevor ein Reklamationsanspruch formuliert und ordnungsgemäß Siegelmuster gezogen sind.
Art. 12 ECC lässt zwar unter bestimmten Voraussetzungen „on-carriage” zu. In jedem Fall muss aber die Ware bezahlt sein, was hier nicht zutrifft. Ein Recht auf Wandlung (Rücktritt vom Vertrag) auf Grund von Qualitätsmängeln bestünde nur, wenn auf Antrag des Käufers eine Qualitätsarbitrage mit Berufung auf Art. 7 (d)ECC durchgeführt worden wäre und das Arbitrage-Board den Verdacht auf grobe Fahrlässigkeit oder Betrug bejaht hätte.
Der Anspruchsteht dem Verkäufer auch in voller Höhe Zug um Zug gegen die angedienten Dokumente zu. Der Käufer hat keinen Anspruch auf andere als die im Rahmendes Akkreditivs ursprünglich angedienten Dokumente. Mit Annahme der Ware hat er diese in der vorgelegten Form akzeptiert.
Das Schiedsgericht weist darauf hin, dass es im Rahmen der „principle arbitration”grundsätzlich nicht über etwaige Qualitätsabweichungen zu entscheiden hat; dieses ist laut Kontrakt der Hamburger Privatarbitrage im Kaffee-Einfuhrhandel vorbehalten.