Recht und Steuern

D 1a Nr. 2

D 1 a Nr. 2 Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom  I VO“) Amtsblatt L 177/6 vom 4.7.2008; § 25 a ECC – Anzuwendendes Recht bei grenzüberschreitenden Handelsverträgen
Gemäß Art. 10 Abs.1 Rom I VO, die für Schuldverhältnisse in Handelssachen mit einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten gilt, beurteilt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags (oder einer seiner Bestimmungen) nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2e, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 Rom I VO).
Haben die Parteien ein Schiedsgericht vereinbart, so haben sie damit eine Rechtswahl in dem Sinne getroffen, dass im Streitfall das Recht desjenigen Landes maßgeblich ist, in welchem das Schiedsverfahren durchzuführen ist. Das ist Deutschland, wenn der Vertrag auf des Basis des Europäischen Kaffee-Kontrakts (ECC) geschlossen ist und damit das Schiedsgericht des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg vereinbart ist.
Zwar sind Schiedsvereinbarungen als solche gem. Art. 1 Abs. 2 e Rom I VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser VO ausgenommen. Aber als Schiedsklausel in einem Hauptvertrag, z.B. einem Kaufvertrag, folgen sie als eine seiner Bestimmungen dem Statut des Hauptvertrages.
Schiedsgericht des Deutschen Kaffee-Verbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg Schiedsspruch vom 10.10.2013 (Az. GIX/2/Sch/2213) RKS D 1 a Nr. 2  
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz wegen der Nichterfüllung von fünf Kaufverträgen, deren Zustandekommen die Beklagte bestreitet.
Zwischen den Parteien besteht seit November 2008 eine enge geschäftliche Beziehung. Bei der Beklagten handelt es sich um einen Mischkonzern. Die Abteilung, welche bei der Beklagten für den Kaffeehandel zuständig ist, wurde … unter der Leitung von Herrn … V. gegründet. Die Klägerin tritt im Rahmen dieser geschäftlichen Beziehung als Verkäuferin und die Beklagte als Käuferin auf. Neben E-Mail wurden insbesondere AOL Instant Messenger und Skype als Kommunikationsmittel eingesetzt.
Gemäß Kommunikation auf AOL Instant Messenger zwischen Herrn V. und dem für die Klägerin tätigen … kaufte die Beklagte von der Klägerin am 2. Mai 2011 2 x 550 Säcke Colombia Supremo screen 17/18 zu US-Cents 320 per lb FOB Buenaventura für Verschiffung 550 Sack im Juni, und 550 Sack im Juli 2011, und - ebenfalls gemäß Kommunikation auf AOL Instant Messenger - kaufte die Beklagte am 25. August 2011 6.300 Säcke verschiedener Qualitäten: 60%  Colombia Excelso UGQ und 40% Colombia Supremo zu einem Mischpreis von US-Cents 301 per lb FOB Buenaventura, für Verschiffung während der Monate Oktober, November und Dezember 2011. Mit E-Mail vom 31. August 2011 präzisierte die Beklagte den Einkauf bezüglich der in den verschiedenen Verschiffungszeiträumen zu verschiffenden Qualitäten und Quantitäten, insgesamt 6.210 Säcke.
Zu einer schriftlichen Fixierung dieses Vorganges in Form von Kaufbestätigungen, Kontraktdokumenten oder Ähnlichem kam es zunächst nicht.
Die Klägerin hat in der Folgezeit wiederholt per E-Mail auf den Teil ihrer Verkäufe hingewiesen, für den Einkaufsbestätigungen mit entsprechenden Verschiffungsinstruktionen noch nicht ausgestellt waren.
Am 27. Februar 2012 bestätigte Herr V. per E-Mail, dass folgende Positionen noch offen seien:
„June          pend 550  Sup 17/18 320,00
October      pend 570  Sup 17/18 301,00
November  pend 275  Sup 17/18 301,00
December pend 1425 UGQ         301,00
December pend 825  Sup 17/18  301,00”
Am 18. Juni 2012 stellte Herr V. per E-Mail für die Beklagte mit Datum 15. Juni 2012 die Kontrakte
No. CO-6030 für   550 Sack Colombia Supremo  screen 17/18 zu US-Cents 320 per lb,
No. CO-6031 für   570 Sack Colombia Supremo screen 18 zu US-Cents 301per lb,
No. CO-6032 für   275 Sack Colombia Supremo screen 18 zu US-Cents 301 per lb,
No. CO-6033 für 1425 Sack Colombia Excelso zu US-Cents 301 per lb,
No. CO-6034 für   825 Sack Colombia Supremo screen 18 zu US-Cents 301 per lb
alle per FOB Buenaventura und für Verschiffung während November/Dezember 2012, aus und sandte sie als E-Mail Anhang (Anlage 26) an die Klägerin. Der Kaffee wurde durchweg mit „Crop 2012“ beschrieben. Alle Dokumente tragen eine Unterschrift, die leserlich in der linken Signaturzeile den Namen „… V.“ wiedergibt. Alle von der Klägerin in Anlage 26 vorgelegten Dokumente wurden am 14. November 2012 von der Klägerin unterschrieben und an die Beklagte zurückgeschickt. In dieser beidseitig gezeichneten Fassung wurden sie als Anlage vorgelegt.
Alle Dokumente enthalten die Formulierung
„This contract has been made on the conditions of the European Contract for Coffee (E.C.C.) last edition in force at time or conclusion of the contract and on the above conditions which override all others.”
sowie die weitere Formulierung:
“Please return one copy of this contract duly signed”
Die E-Mail vom 18. Juni 2012, mit der die Kontrakte übersendet wurden, enthielt folgende Formulierung von Herrn V.:
„Dear …, attached contracts as promised for the end of the year. Once again thanks for your help. Thanks and regards, V.”
Diese E-Mail in etwas anderer optischer Widergabe und mit anders ausgewiesener Sendezeit wurde von der Beklagten mit überwiegend identischen Kontraktdokumenten vorgelegt. Der Unterschied in den Kontraktdokumenten besteht lediglich darin, dass die Unterschrift für die Klägerin fehlt.
Unstreitig sind Dokumente mit den Nummern CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, und CO-6034 im elektronischen Dokumentationssystem der Beklagten vorhanden. Diese von der Beklagten am 19. November 2012 in ihrem EDV-System aufgefundenen und dem Schiedsgericht vorgelegten Dokumente unterscheiden sich von den von der Beklagten als Anlage 26 vorgelegten Dokumenten lediglich durch die fehlende Unterschrift der Klägerin und die wie folgt lautende Preisklausel:
„Price: To be fixed against NYC March 2013 plus 26.00 UScents per lb, price fixation in seller`s option, prior to first notice day or upon invoicing, whichever comes first.”
Insbesondere findet sich in allen Dokumenten die oben zitierte Verweisung auf den ECC.
Am 12. Oktober, 2. November und 8. November 2012 informierte die Klägerin die Beklagte per E-Mail, dass Muster gegen die Kontrakte Nr. CO-6033, 6031, 6032, 6034 und 6030 per DHL abgeschickt würden.
Gleichfalls am 2. November 2012 schickte die Klägerin der Beklagten eine E-Mail mit Hinweisen auf total 6.495 Säcke, die gegen verschiedene Kontrakte bzw. Käufe noch zu verschiffen seien. Diese E-Mail wurde wiederholt am 6., 9., 13. und 14. November. Die Antwort der Beklagten erfolgte am gleichen Tag mit Hinweis auf gesundheitliche Probleme und Hinweisen auf anhängige Verschiffungen. Mit einer weiteren E-Mail vom 19. November 2012 stellt die Klägerin der Beklagten die Frage, ob anhängige 5.640 Säcke noch im November verladen werden können.
Am 23. November 2012 schickte die Beklagte eine E-Mail an die Klägerin, in welcher sie der Klägerin unter Bezugnahme auf eine Skype-Konversation die Stornierung der Kontrakte CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, und CO-6034 bestätigte. Die Klägerin antwortete per E-Mail und angehängtem Brief am 27. November 2012. In der Antwort widersprach sie, diese Kontrakte storniert zu haben und bestand auf den Erhalt von Verschiffungsinstruktionen für total 5640 Säcke, es sei denn, dass zwischen den Parteien formell andere Abmachungen getroffen würden.
Mit Schreiben vom 30. November 2012 informierte … als „head of coffee“ für die Beklagte, dass Herr V. nicht mehr bei der Beklagten arbeite und sie künftig Adressatin für Anfragen und Korrespondenz sei. Am selben Tag schickt … als E-Mail Anhang einen Brief an die Klägerin, in welchem er u.a. mitteilt:
„We acknowledge receipt of your letter, dated November 27th, contents of which are duly noted. In response, we would like to stress that … has only become aware of the situation as from November 19th, through the discovery of a certain number of contracts at fixed prices signed between your esteemed company and Mr. V., whereas … had in its books these same contracts with price to be fixed……As a consequence of this abnormal situation, our company is forced to initiate an in-depth audit….”
Am 18. Dezember 2012 schrieb die Klägerin in einer E-Mail u.a.:
„After an official meeting discussing the phone conversation and official communications send from you, shareholders at … agreed that is not acceptable a cancellation over these contracts and is not acceptable the prices you offered in differential basis that you said you had in your books either. Contracts CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, CO-6034 are valid and we have proofs to explain why these contracts were issued just by June 2012. We tried to reconsider different possibilities in order to help your company due to the mistakes you say you have in your book due to your ex-trader’s messy actions within your company but we have no options over these contracts  .…… Awaiting your comments or your default declaration in order to go on arbitrage in this last case.”
Mit E-Mail am 27. Dezember 2012 schrieb …, General Manager der Beklagten u.a.
„We acknowledge receipt of your mail, dated Dec 18, which content is duly noted. We reiterate that we do not recognize the “contracts” you send us by mid November 2012, “contracts” you mentioned having been made with Mr V. in 2011. As already stated … had in its books others contracts, dated June 15th 2012, with price to be fixed. We particularly fail to understand the level of pricing that you alleged agreed between you and Mr V. in “contracts” CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, CO-6034. … shall have known that Mr V. has no authority to conclude such “agreements”…… We nevertheless remain at disposal to jointly elaborate a solution at the satisfaction of the parties, besides the tremendous losses already supported.”
In der Niederschrift eines Telefongesprächs vom 10. Januar 2013 zwischen den Parteien wird Herr … unter anderem wie folgt zitiert:
„ok just to come back on our issue…from the last time with respect to the contracts…we don’t see much from our side here on that, meaning that if we would be the contract that the price fixed it would be a huge loss for us. So to be honest it doesn’t make sense.”
Auf eine entsprechende Anfrage der Klägerin vom 4. Januar 2013 forderte das ECF Contracts Committee die Beklagte mit Schreiben vom 11. Januar 2013 auf, bis zum 18. Januar 2013 12 Uhr CET zur Frage des Schiedsortes Stellung zu nehmen und kündigte gleichzeitig an, nach Erhalt einer Stellungnahme oder fruchtlosem Ablauf der Frist über den Schiedsort zu entscheiden.
In der Antwort der Beklagten vom 17. Januar 2013 lehnte sie eine Stellungnahme zu einem Schiedsgerichtsort mit der Begründung ab, es gebe keine gültigen Kontrakte und damit auch keine gültige Schiedsgerichtsklausel.
Mit E-Mail vom 12. Februar 2013 informierte die ECF beide Parteien, dass man entschieden hat, Hamburg als Schiedsgerichtsort zu benennen.
Am 14. Februar 2013 schickte die Klägerin eine weitere E-Mail an die Beklagte, in welcher es unter anderem heißt:
„Please be aware of the following on the pending (unshipped) contracts: As this dispute apparently cannot be resolved amicably, arbitration proceedings shall be initiated.“
Die Beklagte antwortete darauf mit einer E-Mail vom selben Tag in der es unter anderem heißt:
“You mention that the dispute cannot be resolved amicably, however to resolve a dispute, there should be two parties discussing and trying to find an alternative to the disputed situation; unless mistaken we haven`t received any single proposal from your part other that what is disputed, therefore we fail to understand where … intended to solve amicably the situation. In parallel, you will have noted that all remaining outstanding issues apart from the unshipped contract have been solved from … site.”
Mit Klageschrift vom 21. Februar 2013, beim Schiedsgericht eingegangen am 28. Februar 2013, beantragt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen
1. an die Klägerin USD … zu zahlen,
2. an die Klägerin Zinsen in Höhe von USD … für die Zeit vom 31. Dezember 2012 bis zum 21. Februar 2012 (Datum der Klageschrift) zu zahlen,
3. die Kosten des Schiedsverfahren zu tragen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, es sei am 2. Mai 2011 und am 25. August 2011 nicht zu Vereinbarungen über den Verkauf von Kaffee gekommen. Die Kontrakte CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033 und CO-6034 seien daher nicht das Ergebnis solcher Verhandlungen oder Vereinbarungen. Die Vertragsnummern würden zudem eher auf einen Vertragsschluss im Jahr 2012 hindeuten und nicht im Jahr 2011.
In den Kontrakten würden keinesfalls Konditionen etwaiger Verträge aus dem Jahr 2011 wiedergegeben. Die Beklagte hätte Kontrakte zu den Konditionen, wie sie in den von der Klägerin vorgelegten Schriftstücken vom 15. Juni 2012 enthalten sind, niemals abgeschlossen.
Die Beklagte ist der Ansicht, Herr V. habe die von der Klägerin behaupteten Kontrakte nicht Namens der Beklagten abschließen können. Herr V. habe von der Beklagten keine Berechtigung gehabt, für seine Tätigkeit AOL Instant Messenger zu verwenden, insbesondere nicht um Verträge abzuschließen. Im Übrigen sei es Herrn V. nicht möglich gewesen, auf den Systemen der Beklagten AOL Instant Messenger zu nutzen.
Die Beklagte bestreitet die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadens. Die Klägerin habe den Kaffee, welcher Gegenstand der im Streit stehenden Kontrakte sei, inzwischen an Dritte weiterverkauft. Sie ist der Ansicht, dass der Klägerin der von ihr geltend gemachte Schaden nicht entstanden sein könne.
Die Beklagte rügt im Übrigen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Sie ist der Ansicht, dass zwischen den Parteien keine Schiedsvereinbarung bestehe. Die European Coffee Federation habe zudem über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts entschieden, ohne den Parteien zuvor hinreichend Gelegenheit gegeben zu haben, den Streit einvernehmlich zu lösen.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Klage und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 29. August 2013 und die Anmerkungen der Beklagten zu dieser Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Klägerin hat mit Ihrer Klageschrift H. zum Schiedsrichter bestimmt. Mit Schreiben vom 28. März 2013 wurde die Klageschrift der Beklagten am 2. April 2013 zugestellt. Mit gleichem Schreiben wurde die Beklagte aufgefordert, bis zum 26. April 2013 auf die Schiedsklage zu erwidern und ihrerseits einen Schiedsrichter zu benennen. Auf Antrag der Beklagten vom 18. April 2013, beim Schiedsgericht per E-Mail vorab eingegangen am selben Tag, wurde der Beklagten mit Schreiben vom 23. April 2013, der Beklagten zugegangen am 29. April 2013, eine Fristverlängerung bis zum 6. Mai 2013 gewährt. Die Klägerin wurde darüber mit Schreiben vom 23. April 2013, zugegangen am 25. April 2013, informiert.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013, beim Schiedsgericht vorab per E-Mail eingegangen am selben Tag, erwiderte die Beklagte auf die Schiedsklage und benannte zugleich Herrn J. als Schiedsrichter. Der Klägerin wurde die Klageerwiderung mit Schreiben vom 13. Mai 2013, zugegangen am 15. Mai 2013, mit der Aufforderung des Schiedsgerichts zugesandt, bis zum 7. Juni 2013 zu der Klageerwiderung Stellung zu nehmen. Die Beklagte wurde darüber mit Schriftsatz vom 13. Mai 2013, zugegangen am 17. Mai 2013, informiert.
Die Schiedsrichter H. und J. haben sich gem. § 5 Nr. 7 S.1 SchGO auf Herrn C. als Obmann geeinigt. Dieses wurde den Parteien jeweils mit Schreiben vom 4. Juni 2013, der Klägerin zugegangen am 7. Juni 2013, der Beklagten zugegangen am 10. Juni 2013, mitgeteilt.
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2013, bei Gericht eingegangen am 5. Juni 2013, nahm die Klägerin zu der Klageerwiderung Stellung. Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2013, der Beklagten zugegangen am 17. Juni 2013, wurde der Schriftsatz vom 31. Mai 2013 der Beklagten mit der Aufforderung zugestellt, auf diesen bis zum 5. Juli 2013 zu erwidern.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013, per E-Mail vorab bei Gericht am selben Tag eingegangen, nahm die Beklagte zu dem Schriftsatz der Klägerin vom 31. Mai 2013 Stellung. Der Schriftsatz der Beklagten wurde der Klägerin per E-Mail vorab am 16. Juli 2013, zugegangen am selben Tag, zugesandt.
Nach vorheriger Rücksprache mit den Parteien wurden diese jeweils mit Schreiben vom 22. Juli 2013, der Beklagten zugegangen am 31. Juli 2013, zur mündlichen Verhandlung am 29. August 2013 geladen.
Mit Schriftsatz vom 10. September 2013, beiden Parteien per E-Mail zugegangen am selben Tag, erhielten die Parteien Gelegenheit, sich bis zum 24. September 2013 zu der gleichzeitig übersandten Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2013 zu äußern. Die Beklagte machte mit Schriftsatz vom 13. September 2013, beim Schiedsgericht eingegangen am 17. September 2013, von dieser Möglichkeit Gebrauch.
In der mündlichen Verhandlung am 29. August 2013 haben die Parteien zu Protokoll gegeben, dass Sie bis zum Beginn der Verhandlung ausreichendes rechtliches Gehör hatten. Abgesehen von der grundsätzlichen Zuständigkeitsrüge der Beklagten wurden keine Verfahrensrügen erhoben. Die Bildung des Schiedsgerichts wurde als ordnungsgemäß bestätigt. Gegen den Ablauf der mündlichen Verhandlung wurden bis zum Ende des Termins keine Einwände erhoben.
Die Klägerin hat eine Sicherheitsleistung in Höhe von … Euro für die voraussichtlichen Kosten des Schiedsverfahrens überwiesen. Der Betrag wurde am 26. März 2013 dem Konto der Handelskammer gutgeschrieben.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Verfahren vor dem Schiedsgericht des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Han­delskammer Hamburg ist zulässig.
Das Schiedsgericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits der Parteien aus den Kontrakten CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, und CO-6034 gemäß § 2 Ziff. 1b der Schiedsgerichtsordnung des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg (im Weiteren: „SO“) zuständig (§ 12 Ziff. 5 SO). Die Zuständigkeitsrüge der Beklagten ist unbegründet. Denn durch die Übersendung der Kontraktdokumente durch die Beklagte an die Klägerin ist die Schiedsvereinbarung mangels eines unverzüglichen Widerspruchs der Klägerin zustande gekommen.
Die Klägerin hat in Anlage 26 Dokumente zu allen Kontrakten vorgelegt, die vom 15. Juni 2012 datieren und die Unterschrift von Herrn V. tragen. Dass die abgebildete Unterschrift dem üblichen Unterschriftsbild von Herrn V. entspricht, ist unstreitig. Alle Dokumente beziehen sich auf den European Contract for Coffee (im folgenden „ECC“). Die am 15. Juni 2012 gültige Fassung des ECC war die 2002 Edition in der ab 1. September 2007 gültigen Fassung.
Die Beklagte legt einen Satz von Dokumenten vor, den sie am 19. November 2012 in Ihrem EDV-Dokumentationssystem aufgefunden hat. Diese Dokumente sind in allen Punkten und auch dem optischen Bild der Unterschrift von Herrn V. identisch mit den von der Klägerin vorgelegten Dokumenten mit Ausnahme der Preisklausel, die eine Fixierung nach dem Börsenpreis New York vom März 2013 anstelle eines Festpreises vorsieht.
Damit ist bereits unstreitig, dass Herr V. in seiner am 15. Juni 2012 uneingeschränkt bestehenden Vertreterstellung für die Beklagte Dokumente zu den Kontrakten CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, und CO-6034 unterzeichnet hat, die jedenfalls auf den ECC verweisen. Denn streitig ist lediglich, ob der Dokumentensatz mit der Festpreisklausel (Klägerin) oder der Fixierungsklausel (Beklagte) korrekt ist.
Artikel 24 ECC enthält eine Schiedsgerichtsklausel, auf die § 2 Absatz 1b SO Bezug nimmt.
Es steht nach Lage der Akten und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Schiedsgerichts ferner fest, dass die Klägerin mit Mail von Herrn V. vom 18. Juni 2012 Dokumente zu den Kontrakten CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033, und CO-6034 erhalten hat, die den Verweis auf den ECC und die Festpreisklausel enthalten sowie die Unterschrift von Herrn V. tragen. Die Klägerin hat diese Mail in Anlage 26 vorgelegt. In Anlage D-6 legt auch die Beklagte einen Ausdruck der Mail von Herrn V. vor, der inhaltlich identisch mit der Version der Klägerin ist, sich aber in der optischen Wiedergabe und der angegebenen Uhrzeit der Sendung (Anlage 26: 8:20 a.m., Anlage D-6: 15:20) unterscheidet. Auch die in Anlage D-6 beigefügten Dokumente unterscheiden sich (nur) darin, dass die Unterschrift für die Klägerin fehlt. Im Übrigen sind sie mit den Dokumenten aus der Anlage 26 identisch, auch im Hinblick auf die Festpreisklausel. Die Beklagte stellt in ihrer Klageerwiderung vom 6. Mai 2013 die tatsächliche Existenz dieser Dokumente nicht in Abrede. Sie setzt sich vielmehr ausführlich mit deren Inhalt auseinander (Klageerwiderung, Rz. 56ff). Auch der Umstand, dass die Kopie der begleitenden E-Mail von Herrn V. in Details von der Kopie abweicht, die die Klägerin vorgelegt hat (s.o.) zeigt, dass die Beklagte diese Dokumente selbstständig aufgefunden haben muss. Die Beklagte stellt damit unstreitig, dass diese Dokumente jedenfalls in der am 15. Juni 2012 einseitig von Herrn V. unterzeichneten Form existieren und dass sie mit Mail vom 18. Juni 2012 an die Klägerin übermittelt worden sind. Es ist ferner unstreitig, dass die Klägerin nach Erhalt dieser Dokumente keinen Widerspruch zu deren Inhalt erklärt hat. Sie hat sich vielmehr stets ausdrücklich auf diese Kontrakte berufen.
Das Zustandekommen der Schiedsvereinbarungen beurteilt sich nach deutschem Recht.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 Rom I-Verordnung, die für Schuldverhältnisse in Handelssachen – wie hier – mit einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten gilt, beurteilt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags (oder einer seiner Bestimmungen) nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre (vergleiche Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), Amtsblatt L 177/6 vom 4.7.2008).
Zwar sind Schiedsvereinbarungen als solche ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Rom I-Verordnung ausgenommen (Art. 1 Abs. 2 Buchstabe e). Aber als Schiedsklausel in einem Hauptvertrag – dem Kaufvertrag – folgen sie als eine seiner Bestimmungen dem Statut des Hauptvertrags (vergleiche HansOLG, 6 Sch 18/12, Beschluss vom 19.12.2012).In diesem Sinne haben die Parteien eine Rechtswahl vorgenommen (Art. 3 Abs. 1 Rom I-Verordnung). Denn Art. 25 a ECC bestimmt, dass im Streitfall das Recht desjenigen Landes maßgeblich ist, in welchem nach dem Vertrag der Parteien das Schiedsgerichtsverfahren durchzuführen ist oder das durch das ECF Contracts Committee bestimmt wird. Dieses Land ist Deutschland.
Die örtliche Festlegung des Gerichtsstands erfolgte wirksam durch das ECF-Komitee. Die Aufforderung des Komitees an die Beklagte, zur Frage des zuständigen Schiedsgerichts Stellung zu nehmen, wurde der Beklagten unstreitig zugestellt. Die Beklagte gab fristgerecht eine Stellungnahme ab (Anlage D-4). Zwar hat sich die Beklagte in ihrer Stellungnahme nicht zur örtlichen Zuständigkeit eines Schiedsgerichts geäußert, sondern generell die Existenz der streitgegenständlichen Verträge in Abrede gestellt. Dies ist jedoch unschädlich, da das Komitee der Beklagten hinreichend Gelegenheit gegeben hat, sich zur Sache zu äußern. Ob und wie die Beklagte sich dann äußerte, lag bei ihr. Das Komitee ist nicht befugt und daher auch nicht verpflichtet, die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung zu beurteilen. Dies obliegt alleine dem Schiedsgericht oder, je nach Verfahrensweg, einem staatlichen Gericht.
Nach deutschem Recht stellen die am 18. Juni 2012 übermittelten Dokumente kaufmännische Bestätigungsschreiben der Beklagten dar, denen die Klägerin als Empfängerin nicht unverzüglich widersprochen hat.
Dass es sich bei den Dokumenten um Bestätigungen auf der Basis entsprechender, vorhergehender Verhandlungen zwischen Herrn V. und der Klägerin handelt, wird durch die im Text unstreitige Mail von Herrn V. vom 18. Juni 2012 nach Überzeugung des Schiedsgerichts eindeutig zum Ausdruck gebracht. Auch der Vortrag der Klägerin über das den Bestätigungsschreiben vorhergehende Gespräch mit Herrn V. im Juni 2012 unterstützt diese Bewertung nach Überzeugung des Schiedsgerichts in schlüssiger Weise.
Die Beklagte wendet ein, dass die von der Klägerin vorgelegten Dokumente erst am 14. November 2012 von ihr gegengezeichnet und an die Beklagte zurückgesendet worden seien. Dies wurde von der Vertreterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. August 2013 bestätigt. Die Klägervertreterin begründete diesen Umstand damit, dass es in der langjährigen Vertragsdurchführung zwischen den Parteien üblich gewesen sei, einseitig gezeichnete Kontrakte erst später im zeitlichen Umfeld der Verschiffung gegenzuzeichnen und zurückzusenden.
Dass in den Dokumenten die Bitte um Rücksendung einer gegengezeichneten Ausfertigung enthalten war, bringt nach der deutschen Rechtsprechung keineswegs zwangsläufig oder auch nur regelmäßig zum Ausdruck, dass der Inhalt des Schreibens nur dann verbindlich ist, wenn die Gegenbestätigung erfolgt; vielmehr kommt es auf den Einzelfall an (BGH NJW-RR 2007, 325, 330 [27]).
Es ist nicht ersichtlich, dass hier der Inhalt der Schreiben mit der Gegenzeichnung stehen oder fallen sollte. Vielmehr ist die von der Klägerin angeführte Vorgehensweise, Kontrakte erst zu einem späteren Zeitpunkt und nur zu Dokumentationszwecken gegengezeichnet zurückzusenden, in der Kaffeebranche nach Kenntnis des Schiedsgerichts nicht ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass die Dokumente keinen Zusatz enthalten, wonach die Rücksendung einer gegengezeichneten Ausfertigung sofort oder baldmöglichst erfolgen soll. Auch dies zeigt, dass die Rücksendung aus Sicht der Beklagten eher von untergeordneter Wichtigkeit für das Zustandekommen der Vereinbarung war.
Auch die besonderen Formerfordernisse einer Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 der deutschen Zivilprozessordnung (im Folgenden: ZPO) stehen nicht entgegen.
Die Formvorschrift des §§ 1031 Abs. 2 ZPO ist erfüllt, da die Klägerin den die Schiedsabrede umfassenden Bestätigungsschreiben nicht widersprochen hat.         
Die 90-Tage-Frist des Art. 24 b (ii) ECC wurde eingehalten. Die Schiedsklage vom 21. Februar 2013 ist der Geschäftsstelle des Schiedsgerichts am 28. Februar 2013 zugegangen. Die Frist begann mit dem Datum der E-Mail der Klägerin vom 14. Februar 2013 (Anlage 50) zu laufen. Darin befand sich im letzten Absatz die für den Fristbeginn relevante Ankündigung der Einleitung des Schiedsverfahrens.
Unschädlich ist dabei, dass das ECF-Komitee mit E-Mail der Klägerin vom 4. Januar 2013 bereits vor der Ankündigung des Schiedsverfahrens durch die Klägerin gegenüber der Beklagten um Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit gebeten wurde. Denn der ECC sieht hierfür keinen bestimmten Zeitpunkt vor.
II.
Die Klage ist in der Hauptforderung begründet.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf fünf Kontrakte, die in Dokumenten mit den Nummern CO-6030, CO-6031, CO-6032, CO-6033 und CO-6034, alle datierend vom 15. Juni 2012, dokumentiert sind. Die Beklagte bestreitet die Gültigkeit dieser Kontrakte unter verschiedenen Gesichtspunkten. Die Dokumente, auf die sich die Klägerin stützt, wurden dem Schiedsgericht von beiden Parteien vorgelegt (Anlage 26 und Anlage D-6). Zu dem einzigen Unterschied in den präsentierten Dokumentensätzen beider Parteien, der Unterschrift für die Klägerin, hat sich die Vertreterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. August 2013 hinreichend erklärt, s.o.
Die Dokumente stützen den Anspruch der Klägerin in schlüssiger und hinreichender Weise. Insbesondere enthalten sie eine dem Vortrag der Klägerin entsprechende Festpreisklausel. Damit trifft die Beweislast für alle Umstände, die die Glaubwürdigkeit dieser Dokumente erschüttern, im vollen Umfang die Beklagte. Offensichtliche Umstände wie etwa eine erkennbare Urkundenfälschung sieht das Schiedsgericht nicht. Es gelingt der Beklagten nach Überzeugung des Schiedsgerichts auch nicht, hinreichende Beweise für eine Unglaubwürdigkeit der Dokumente vorzubringen.
Die Beklagte trägt zunächst in Ziffer 62 der Klagerwiderung einige Aspekte vor, die belegen sollen, dass der Vortrag der Klägerin, wonach die vom 15. Juni 2012 datierenden Dokumente auf Vereinbarungen im Mai und August 2011 beruhen, unglaubwürdig sei.
Dies ist nach Überzeugung des Schiedsgerichts nicht der Fall.
Das Kontraktdokument CO-6030 betrifft eine Lieferung von 550 70-kg Säcken Arabica Supremo 17-18 zu 320 US-Cent pro lb. Die Klägerin belegt, dass in einer AOL-Kommunikation am 2. Mai 2011 Kaffee in dieser Qualität zu diesem Preis von Herrn V. geordert wurde und trägt im weiteren schlüssig vor, wie sich die Abwicklung bis zu einem Punkt dargestellt hat, an dem 550 70-kg Säcke daraus nicht abgenommen wurden. Der Vortrag der Klägerin ist auch glaubwürdig, da Herr V. am 27. Februar 2012 bestätigt hat, dass zu diesem Zeitpunkt die Abnahme von Kaffee in dieser Menge und Qualität zum Preis von 320 US-Cent pro lb offen stand.
Die Kontraktdokumente CO-6031 bis 6034 betreffen Lieferungen bestehend aus 1.670 70-kg Säcken Arabica Supremo 18 (CO-6031, -6032 und -6034) sowie 1.425 70-kg Säcken Arabica Excelso, alle zu 301 US-Cent pro lb. Die Klägerin belegt, dass in einer AOL-Kommunikation am 25. August 2011 Kaffee in dieser Qualität zu diesem Preis von Herrn V. geordert wurde und trägt im weiteren schlüssig vor, wie sich die Abwicklung bis zu einem Punkt dargestellt hat, an dem insgesamt 1.670 plus 1.425 70-kg Säcke daraus nicht abgenommen wurden. Der Vortrag der Klägerin ist auch glaubwürdig, da Herr V. am 27. Februar 2012 bestätigt hat, dass zu diesem Zeitpunkt die Abnahme von Kaffee in dieser Menge und Qualität zum Preis von 301 US-Cent pro lb offen stand. Herr V. weist hier auch die Untermengen aus, die später in den Kontrakten dokumentiert wurden (570, 275 und 825 70-kg Säcke Supremo, 1.425 70-kg Säcke UGQ, entsprechend Excelso). Dass Herr V. sich auf die Qualität „SUP 17 / 18“ bezieht und dass in den betreffenden Dokumenten nur die Qualität Supremo 18 erwähnt wird, ist nach Auffassung des Schiedsgerichts eine unerhebliche Abweichung in der Nomenklatur, da jedenfalls Mengen und Preis übereinstimmen.
Der Preis von 320 US-Cent per lb FOB für die 550 Sack Supremo Kaffee entsprach einem Differential von „plus 12,20 cents“ gegenüber dem New York Kaffeebörsen-Schluss am 2. Mai 2011 (307,80) für Lieferung September 2011. Der Preis von 301 US-Cent per lb FOB entsprach einem Differential von „plus 24,85 cents“ für den New Yorker Kaffeebörsen-Schluss am 25. August 2011 (278,15) für Lieferung März 2012. Damit entsprachen die gehandelten Preise zum Zeitpunkt der Bestellungen durch Herrn V. nachweislich dem Marktpreis für diese Qualitäten.
Die Beklagte weist darauf hin, dass in den Kontraktdokumenten der Kaffee u.a. mit „Crop 2012“ beschrieben wird. Außerdem weiche auch der Verschiffungszeitraum November / Dezember 2012 von den 2011 getroffenen Vereinbarungen ab. Daher könne es sich nicht um Kaffee handeln, der 2011 verkauft worden sei. Die Klägerin behauptet und belegt durch umfangreiche E-Mail und AOL-Kommunikation, dass die ursprünglich 2011 von Herrn V. georderten Mengen nicht abgenommen wurden und dass eine ständige, einvernehmliche Prolongation stattgefunden habe, bis man schließlich im Juni 2012 die endgültigen Dokumente mit endgültigem Verschiffungszeitraum Ende 2012 erhalten habe. Dieses rollierende Verfahren sei auch ständig in der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien und in der Vergangenheit zur allseitigen Zufriedenheit und in gegenseitigem Vertrauen praktiziert worden. Das Schiedsgericht hält diese Darstellung der Klägerin für glaubhaft. Ein einvernehmlich flexibler Umgang mit Verschiffungszeiträumen ist im internationalen Kaffeehandel bei ständigen, guten Geschäftsbeziehungen sinnvoll und üblich. Der ECC schließt einvernehmliche Anpassungen der Konditionen durch die Vertragsparteien nicht aus und enthält auch keine zwingenden Formvorschriften dafür. Dass unter diesen Voraussetzungen bei einem einvernehmlich von ursprünglich Mitte bis Ende 2011 auf Ende 2012 verlagerten Verschiffungszeitraum kein Kaffee mehr aus der Ernte 2011 geliefert werden konnte, erklärt sich aus Qualitätsgründen. Es ist angesichts des gesamten Handelsvolumens der Klägerin plausibel, dass sie 2011 eingekauften Kaffee für andere Geschäfte einsetzen konnte, um sich für die Erfüllung dieser Kontrakte mit neuer Ware aus der Ernte 2012 einzudecken. Dies ist im internationalen Kaffeehandel auch nicht ungewöhnlich. Ob und in welchem Umfang sich die Klägerin tatsächlich mit Kaffee der Jahrgänge 2011 und 2012 eingedeckt hat, kann insgesamt dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin berechnet ihre Ersatzforderung auf abstrakter Basis.
Die Beklagte rügt, dass die Kontraktdokumente mit Datum und laufender Nummer im Juni 2012 zu verorten seien und sich daher nicht auf Vereinbarungen aus 2011 beziehen können. Das Schiedsgericht teilt diese Auffassung nicht und folgt aus den bereits geschilderten Gründen der Darstellung der Klägerin. Danach dokumentieren die Kontrakte die 2011 getroffenen Vereinbarungen in der Form, die diese durch mehrfache Prolongation 2012 einvernehmlich erhalten haben.
Die Beklagte rügt ferner, dass die Klägerin 2011 keine der nach dem ECC vorgesehenen Schritte ergriffen habe, um ihre Rechte aus den Vereinbarungen vom Mai und August 2011 durchzusetzen. Das Schiedsgericht folgt insoweit der Darstellung der Klägerin, wonach man sich mit Herrn V. in einem ständigen, einvernehmlichen Prolongationsprozess befunden habe und daher keine derartigen Schritte erforderlich gewesen seien.
Schließlich betont die Beklagte, dass die Art der Führung der Geschäftsbeziehung durch Herrn V. nicht den üblichen Standards der Beklagten entsprochen habe. Insbesondere sei eine Kommunikation über AOL Instant Messenger nicht zulässig. Auch würde es bei korrekter Verwendung des elektronischen Dokumentationssystems der Beklagten keine Möglichkeit geben, eine derartig unkontrollierte Vertragsabwicklung wie durch Herrn V. geschehen vorzunehmen.
Diese internen Vorschriften und Kontrollmechanismen der Klägerin sind jedoch für die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht relevant und müssen durch das Schiedsgericht nicht im Einzelnen bewertet werden. Denn die Beklagte trägt nicht vor, dass diese Interna der Klägerin bekannt waren oder bekannt hätten sein müssen. Daher muss sich die Klägerin nur die Regeln des ECC und allgemein übliche Usancen des internationalen Kaffeehandels zu ihren Lasten entgegen halten lassen. Artikel 27 ECC 2002 sieht in der ab 1. September 2007 geltenden Fassung sehr flexible Formen der Geschäftsdokumentation vor. Insbesondere zeigt Absatz b dieser Vorschrift, dass im Zweifel die Angemessenheit und Wirksamkeit von Kommunikationsmethoden durch das Schiedsgericht im Einzelfall zu beurteilen ist. Die Verwendung des AOL Instant Messenger Systems ist im internationalen Kaffeehandel üblich und gilt als zuverlässig. Gleiches gilt für die Kommunikation per E-Mail. Die Umgehung interner Kontrollmechanismen der Beklagten durch Herrn V. muss sich die Klägerin nicht entgegen halten lassen. Denn Herr V. trat stets als autorisierter Vertreter der Beklagten auf. Erst mit Brief vom 30. November 2012 (Anlage 39) widerrief die Beklagte gegenüber der Klägerin die Vertretungsmacht von Herrn V.. Bis zu diesem Zeitpunkt gehen alle für die Klägerin nicht erkennbaren Verstöße von Herrn V. gegen interne Regeln der Beklagten zu Lasten der Beklagten, da es sich um deren Verantwortungsbereich handelte. Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass sich in dem elektronischen Dokumentationssystem der Beklagten Dokumente ähnlich den Kontraktdokumenten finden, die eine andere Preisklausel enthalten. Dies mag durch Herrn V. zur internen Vortäuschung eines entsprechenden Abschlusses geschehen sein, muss aber durch das Schiedsgericht nicht beurteilt werden.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass die Klägerin aufgrund der hohen Differenz der Kontraktpreise zum Marktpreis im Juni 2012 hätte misstrauisch werden müssen und daher verpflichtet gewesen wäre, von sich aus über Herrn V. hinaus weitere Autoritätspersonen bei der Beklagten zu kontaktieren. Das Schiedsgericht folgt dieser Auffassung nicht. Denn aus Sicht der Klägerin ging es nicht um den Abschluss neuer Geschäfte, sondern um die einvernehmliche Abwicklung von bestehenden Vereinbarungen aus dem Mai und August 2011. Die langfristige Prolongation der Lieferung wurde ausschließlich seitens der Beklagten gewünscht. Der Preis wurde dabei niemals nachverhandelt. Die Klägerin durfte sich also aufgrund der langen, vertrauensvollen und bis dahin auch allseits zufriedenstellenden Geschäftsbeziehung darauf verlassen, dass Herr V. zu der ursprünglichen Preisvereinbarung stehen wollte und eventuelle Risiken oder gar Nachteile für seinen Geschäftsherrn intern kommunizieren und autorisieren lassen würde.
Schließlich deutet die Klägerin an, dass es ein kollusives Zusammenwirken von Herrn V. und …, Geschäftsführer der Klägerin, zu Lasten der Beklagten gegeben habe. Für diesen auch möglicherweise strafrechtlich relevanten Vorwurf bietet die Beklagte jedoch lediglich einige Indizien an, die das Schiedsgericht nicht zu überzeugen vermögen. Es werden auch keine ermittlungsbehördlichen Vernehmungsprotokolle mit Aussagen von Herrn V. vorgelegt oder strafprozessuale Maßnahmen erwähnt, die die Wahrscheinlichkeit einschlägiger Delikte untermauern.
Die Klägerin kann von der Beklagten nach alledem gemäß Art. 23 (a) ECC Schadensersatz verlangen, weil die Beklagte sich "in default" befand.
Die Klägerin hatte aufgrund der wirksamen Kontrakte einen Anspruch gegen die Beklagte, zwischen dem 1. November und 31. Dezember 2012 verbindliche Verschiffungsanweisungen im Sinne des Art. 13 ECC zu bekommen. Nach kontroverser Kommunikation forderte die Klägerin die Beklagte mit E-Mail vom 18. Dezember 2012 zu einer Erklärung auf, ob die Beklagte die Kontrakte anerkennen werde. Die Beklagte verneinte dies mit E-Mail vom 27. Dezember 2012, und bot lediglich in ganz allgemeiner Form weitere Verhandlungen an.
Daraufhin ergaben sich weitere Verhandlungen, die durch die Klägerin mit E-Mail vom 14. Februar 2013 für endgültig gescheitert erklärt wurden. Die Klägerin kündigte darin die Einleitung des Schiedsverfahrens im Sinne von Art. 24 a (ii) ECC an.
Die Klägerin hat also die Beklagte zu keinem Zeitpunkt gemäß Art. 13d ECC formell „in default“ gesetzt. Die E-Mail der Klägerin vom 18. Dezember 2012 war dafür vom Zeitpunkt her nicht geeignet, da die Verschiffungsperiode noch nicht verstrichen war. Eine spätere Erklärung im Sinne des § 13d ECC mit einer Nachfristsetzung von 3 Werktagen liegt dem Schiedsgericht nicht vor.
Die Beklagte hat jedoch spätestens mit ihrer E-Mail vom 14. Februar 2013 in Reaktion auf die E-Mail der Klägerin vom selben Tage ernsthaft und endgültig ihre vertragsgemäße Mitwirkung verweigert.
Das Verfahren unterliegt deutschem Recht. Die Vorschriften des deutschen Zivil- und Handelsrechts sind daher ergänzend zu den Regelungen des ECC anzuwenden. Der ECC ist nicht so auszulegen, dass eine Partei ausschließlich auf dem Weg des § 13d ECC „in default“ gesetzt werden kann. Denn die Regelung des Art.23 ECC ist das funktionale Äquivalent zu §§ 323 / 325 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Der vertragstreue Partner kann sich auf diese Weise von der Leistungspflicht befreien („discharge of the contract“) und statt des Kaufpreises Schadensersatz (with or without damages“) verlangen. § 13d ECC ersetzt im Rahmen des Schadensersatzrechts lediglich die Nachfristregelung des § 323 Absatz 1 BGB. Es ist hingegen aus dem Gesamtzusammenhang des ECC und nach den Gepflogenheiten des internationalen Kaffeehandels nicht erkennbar, dass auch für den Fall einer eindeutigen Vertragsaufkündigung  dem anderen Partner zugemutet werden soll, vollkommen sinnlos eine Nachfrist zu setzen. Der internationale Kaffeehandel legt vielmehr großen Wert auf möglichst schnelle Prozeduren, sodass mit dem Gedanken des § 323 Absatz 2 Satz 1 BGB im Falle der ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Mitwirkung der vertragstreue Partner jederzeit den „default“ der Gegenseite erklären kann.
Für diese außerordentliche „default“-Erklärung gibt es im ECC keine besonderen Regelungen oder Ausschlussfristen. Die Klägerin hat erstmals in der Schiedsklage vom 21. Februar 2013 eindeutig erklärt, dass sie die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch nehmen möchte. Dies ist vom Grunde her zulässig und kann allenfalls Auswirkungen auf die Berechtigung der Zinsforderung  haben, siehe dazu unten.
Der Schadensersatzanspruch besteht also dem Grunde nach.
Er ist auch in der Höhe von … USD gerechtfertigt. Die Klägerin verlangt als Schadensersatz die Differenz zwischen dem Marktpreis im Zeitpunkt der Einreichung der Schiedsklage und dem wesentlich höheren Vertragspreis aus den fünf Kontrakten.
Der ECC enthält keine differenzierten Regeln zur Berechnung der Schadenshöhe. § 23 b ECC regelt lediglich: „The defaulting party shall pay on demand any damages. Consequential damages are excluded. … “ Daher gilt hier ergänzend das deutsche Zivil- und Handelsrecht. In § 252 Satz 2 BGB ist eine abstrakte Schadensberechnung vorgesehen. Danach kann im Handelsverkehr als abstrakt berechneter Schaden die Differenz zwischen Marktpreis und Vertragspreis gefordert werden, BGH NJW 88, 2236 und NJW-RR 01, 985, näher im Detail Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 252 Rz. 6.
Die Schadensberechnung ist arithmetisch korrekt. Die von der Klägerin zum Vergleich herangezogenen Marktpreise sind für des Schiedsgerichts nach eigener Recherche der einschlägigen Preisinformationsquellen (u.a. New Yorker Kaffeebörse) ebenfalls als zutreffend anzusehen.
Hinsichtlich der Zinsforderung für die Zeit ab dem 31. Dezember 2012 bis zum 21. Februar 2013 ist die Klage hingegen unbegründet. Denn die Klägerin hat die Beklagte erst mit der Klageschrift „in default“ gesetzt.
Zinsen für den Zeitraum nach dem Datum der Klageschrift hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
III.
Die Entscheidung über die Schiedsgerichtskosten beruht auf § 15 SO in Verbindung mit dem Rechtsgrundsatz des § 91 ZPO ("the costs follow the event"). Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie abgesehen von der untergeordneten Nebenforderung auf Verzugszinsen unterlegen ist.
Zur Berechnung der Kosten hat das Schiedsgericht den in der mündlichen Verhandlung fest­gesetzten Streitwert des Verfahrens in Höhe von … Euro zugrunde gelegt (… USD umgerechnet zum Interbankenkurs vom Tag des Klageeingangs am 27. Februar 2013). Gemäß § 15 Absatz 1 a, 2 und 3 SO betragen die Verfahrenskosten demnach … Euro. Diese setzen sich zusammen aus den in § 15 Absatz 2 und 3 SO vorgesehenen Positionen in Höhe von … Euro sowie den gemäß § 15 Absatz 1a SO zu erstattenden sonstigen Kosten, hier für Kurierzustellungen, in Höhe von … Euro. Die Abrechnung der von der Klägerin gestellten Sicherheitsleistung erfolgt separat über die Geschäftsstelle. Das Schiedsgericht wird die Verfahrenskosten aus dieser Sicherheitsleistung begleichen. Die Klägerin kann diese Beträge im Wege der Vollstreckung aus Ziffer 3 des Schiedsspruchs von der Beklagten erhalten.
01.04.2014