Recht und Steuern

D 1a Nr. 1

D 1 a Nr. 1 Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom  I VO“) Amtsblatt L 177/6 vom 4.7.2008; § 25 a ECC – Anzuwendendes Recht bei grenzüberschreitenden Handelsverträgen
Gemäß Art. 10 Abs.1 Rom I VO, die für Schuldverhältnisse in Handelssachen mit einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten gilt, beurteilt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags (oder einer seiner Bestimmungen) nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2e, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 Rom I VO).
Haben die Parteien ein Schiedsgericht vereinbart, so haben sie damit eine Rechtswahl in dem Sinne getroffen, dass im Streitfall das Recht desjenigen Landes maßgeblich ist, in welchem das Schiedsverfahren durchzuführen ist. Das ist Deutschland, wenn der Vertrag auf des Basis des Europäischen Kaffee-Kontrakts (ECC) geschlossen ist und damit das Schiedsgericht des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg vereinbart ist.
Zwar sind Schiedsvereinbarungen als solche gem. Art. 1 Abs. 2 e Rom I VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser VO ausgenommen. Aber als Schiedsklausel in einem Hauptvertrag, z.B. einem Kaufvertrag, folgen sie als eine seiner Bestimmungen dem Statut des Hauptvertrages.
Schiedsgericht des Deutschen Kaffee-Verbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg Schiedsspruch vom 2.8.2013 (Az: GIX/2/Sch/2113) RKS D 1 a Nr. 1   
Aus dem Sachverhalt:
Die Schiedsklägerin (im Weiteren: Klägerin) fordert von der Schiedsbeklagten (im Weiteren: Beklagte) die Zahlung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung von zwei Kaufverträgen, deren Zustandekommen die Beklagte bestreitet.
Die Parteien sind beide Kaffeehändler. Ihren Sitz hat die Klägerin in …, die Beklagte in ... Die Klägerin verfügt in … über ein als Broker tätiges Tochterunternehmen, die …. .
Die Klägerin kaufte von der Beklagten durch Vermittlung von … und des weiteren Brokers … Kaffee.
Gemäß Kaufbestätigung von … Nr. P004926 vom 29.9.2010 waren 1100 Säcke je 69 kg Nicaragua Arabica Kaffee, „strictly high grown, max. 8 defects, European preparation“ im Dezember 2010 zu verschiffen. Die Destination lautete: "Worldwide Open". Der Kaufpreis betrug US-Dollar 1.9080 per lb., Free Carrier at Origin. Dem Vertrag lagen die Bedingungen der Green Coffee Association (GCA) zu Grunde.
Hinsichtlich weiterer Lieferungen im Januar und Februar 2011 besteht zwischen den Parteien Streit.
Jedenfalls sandte … mit E-Mail vom 30.9.2010 an … die Kaufbestätigung für diese Dezember-Verschiffung und teilte mit, dass sie die Januar- und Februar-Verschiffungen auf die Klägerin übertragen hätten; von dort werde die entsprechende Kaufbestätigung kommen. Anschließend schrieb … ebenfalls am 30. September an die Beklagte:
"Here is a business confirmation from …. You will notice that they represent their parent company in … . … plans on taking the December shipment of 4 containers and ship them to USA. ... plans on shipping the Jan & Feb to Europe. This means that the Documents of December shipments would come here to ..., but the Jan & Feb docs would go to … . Does this present a problem for Nicaragua? They also want to choose the vessel. Is that a problem for you? If it is, please let me know right away. When I sold the coffee, these particulars were not discussed, and I don't perceive a problem. Yet, I want you to be aware of it and of course if you or Nicaragua have a problem with it, I can go back and tell what is acceptable or feasible from your side. Just give me a call or email to confirm this."
Später an diesem Tag sandte … an die Beklagte zwei mit "confirmation of purchase" überschriebene Schreiben der Klägerin vom 29.9.2010 mit den Nummern P46739 und P46740 über den Kauf von Kaffee zur Verschiffung von jeweils 1100 Säcken im Januar 2011 (P46739) und Februar 2011 (P 46740). Qualität und Kaufpreis deckten sich mit der im Dezember zu verschiffenden Ware. Einleitend hieß es in den beiden Schreiben:
"We confirm having bought from you under the terms and conditions of the European Contract for Coffee [fortan: ECC] latest edition and according to the following particular conditions which override all others:"
Ferner lautete die Klausel "Arbitration: ….. Principal Deutscher Kaffee-Verband e.V., Hamburg, at Chamber of Commerce, Hamburg."
Abschließend hieß es: "Please return one copy duly signed and stamped.            accepted: ….."
Die Beklagte sandte keines der beiden Schreiben zurück.
Mit E-Mail vom 12.1.2011 teilte der Broker … dem Broker … zur Weiterleitung an die Klägerin mit:
"I spoke to … and he gave me the following update:     1. Two containers for December shipment. ….. 2. Two containers for December shipment. ….. 3. Four containers for Jan shipment, according to …, will go out fh    Feb shipment. ….. They designated a vessel for their Jan shipments and … is asking if the steamship company has an office in Nicaragua who they can contact for shipments going to Europe. They need to have the containers at the mill for transport to Pt Limon, CR."
Am 17.2.2011 informierte … die Klägerin wie folgt:
"As you may have been made aware by your affiliate company in …, the shipments coming from … have been slow in coming. He has & will be shipping two containers to … this coming weekend and has one more container to got to complete his December requirements to … .The owner/seller ..., …, will be travelling to Nicaragua next week in order to try to expedite more shipments from his partner in Jinotega. After the coffee is shipped this coming weekend to …, I am impressing upon him to start making the shipments that he owes you. I will have better picture next week and will relay any information that I may get from … to you."
Im Ergebnis lieferte die Beklagte auf den GCA-Vertrag (Dezember-Verschiffung) jeweils 275 Säcke am 16. Januar, 22. Februar und 5. April 2011; restliche 275 Säcke blieben unverschifft. Weitere Verschiffungen fanden nicht statt.
Am 9.5.2011 schrieb die Klägerin an den Lieferanten in Nicaragua und zugleich an die Beklagte:
"Dear …,
We have been trying to solve the matter with your non-fulfillment through the possibility to deliver the coffee to … warehouse from which you will receive the funds at time of delivery. Finally please let us know if that is possible. This is the only possibility, and we hope that you can comply with this. Otherwise we will have no other choice than to arbitrate and put you in defaults."
Der Lieferant antwortete darauf ebenfalls am 9.5.2011, dass die Klägerin tun könne, was ihr beliebe. Ohne Kaufpreiszahlungen gäbe es nichts weiter zu erörtern. Er, der Lieferant, werde den Kaufpreis einklagen.
Mit E-Mail vom 20. Mai 2011 setzte die Klägerin der Beklagten eine Nachfrist von drei Geschäftstagen zur Anzeige der Verschiffung mit folgender Begründung:
"Given the apparent impossibility to solve the problem amicably despite our willingness and efforts to be flexible and comprehensive, we have to hold you in defaults for non-fulfillment of pending contracts for January (P46739) and February (P46740) shipments as per the European Contract for Coffee. We have additionally in contact with your shipper, …, trying to find a solution without success. As no solution was found, we herewith give you 3 working days notice to furnish us with a contractual shipping advice, until Wednesday May 25th, 18.30 pm Europe time, 12.30 pm New York time, for the 2 contracts. Failing this, we will establish the amount of damages based on market exposure and price difference."
Die Beklagte reagierte hierauf nicht.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2011 berechnete die Klägerin der Beklagten ihren Schaden auf der Grundlage eines Marktpreises von US-$ … an diesem Tage und forderte die Zahlung von US-Dollar … . Die Beklagte zahlte nicht.
Danach fanden zwischen den Parteien keine Verhandlungen hinsichtlich der beiden ECC-Kontrakte mehr statt.
Am 3.1.2012 leitete die Beklagte dann gegen die Klägerin ein GCA-Schiedsgerichtsverfahren hinsichtlich des GCA-Kontrakts wegen des ausstehenden Kaufpreises für die gelieferten 825 Säcke Kaffee ein. Im Laufe jenes Schiedsgerichtsverfahrens rechnete die Klägerin mit ihrer behaupteten Schadensersatzforderung von US-Dollar … auf. Das GCA Schiedsgericht in N.Y. erklärte sich am 25.4.12 hinsichtlich der beiden ECC-Kontrakte (P46739 und P46740) für nicht zuständig, befasste sich dementsprechend nicht mit der Berechtigung der Aufrechnung und verurteilte die hiesige Klägerin zur Zahlung von US-Dollar … nebst Zinsen in Höhe der Primerate zzgl. 2 % seit 13.4.2011 an die hiesige Beklagte (jene Klägerin). In einem anschließenden Berufungsverfahren wurde dieser Schiedsspruch am 16.8.2012 bestätigt.
Im Herbst 2012 mahnte die Beklagte wiederholt eine Zahlung entsprechend dem GCA-Schiedsspruch an. Mit E-Mail vom 11. Dezember 2012 fragte die Klägerin dann die Beklagte, ob diese die Forderung von US-Dollar … aus den ECC-Verträgen P 46739/46740 akzeptiere und kündigte anderenfalls ein Schiedsgerichtsverfahren an. Die Beklagte lehnte diese Forderung mit E-Mail vom 17. Dezember 2012 ab. Daraufhin erhob die Klägerin die vorliegende Schiedsklage, welche am 7.1.2013 bei der Geschäftsstelle des Schiedsgerichts einging.
Die Klägerin trägt vor:
Die Parteien hätten einen Vertrag über insgesamt 3300 Säcke geschlossen. Dies ergebe sich aus der im Verfahren vorgelegten Korrespondenz sowie der schriftlichen Erklärung von … des Brokers … vom 22.5.2013.
Die Nichterfüllung der Beklagten sei einem Finanzierungsmangel zuzuschreiben. Da dem­entsprechend die Erfüllung eines der Klägerin günstigen Schiedsspruchs nicht zu erwarten gewesen sei, hätte die Klägerin vorerst kein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Beklagte eingeleitet. Erst als die Beklagte die Vollstreckung des GCA-Schiedsspruches betrieben hätte, habe die Klägerin im Dezember 2012 wieder mit der Beklagten korrespondiert und sodann das Schiedsgerichtsverfahren begonnen.
Die Klägerin beziffert die Forderung der Beklagten aus dem GCA-Schiedsspruch per 17.12.2012 auf US-Dollar … (US-Dollar … zuzüglich Zinsen). Auf diesen Betrag beschränkt die Klägerin ihre Klage auf Schadensersatz, um gegen die Forderung der Beklagten aufrechnen zu können.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin US-Dollar … zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf US-Dollar … seit dem 17. Dezember 2012 im Zusammenhang mit den Kontrakten P 46739 und P 46740 zu zahlen; der Beklagten die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten auf­zuerlegen.
Sie rügt die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts und trägt dazu vor:
Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im GCA-Schiedsgerichtsverfahren seien die beiden streitgegenständlichen ECC-Kontrakte nicht zu Stande gekommen. Die Klägerin habe dort vorgetragen, dass sie – nachdem sie Aufträge auf der Grundlage von GCA-Verträgen zur streitgegenständlichen Verschiffung von Kaffee erteilt gehabt habe – einseitig entschieden habe, die Destination des Kaffees nach Deutschland zu ändern. Sie habe daher vorgeschlagen, die GCA-Kontrakte in ECC-Kontrakte mit den neuen Nummern P46739 und P46740 zu ändern. Die Klägerin habe zugegeben, dass die Beklagte dem niemals zugestimmt habe. Die Klägerin habe in jenem Verfahren für diese Ver­schiffungen zwei unterschiedliche Sätze von Kontrakten (zum einen als GCA, zum anderen als ECC) vorgelegt. Diese beiden Geschäftsbedingungen wichen jedoch in mehrfacher Hinsicht, insbesondere des Ortes und der Regeln für Schiedsstreitigkeiten, voneinander ab.
Die Beklagte sei zwar willens und in der Lage gewesen, der Klägerin den gewünschten Kaffee zu liefern, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Klägerin den bereits gelieferten Kaffee bezahle. Aber die Beklagte habe nie ECC-Konditionen für diese weiteren Lieferungen zugestimmt.
Die Zahlung sei Voraussetzung gewesen, damit die Beklagte ihren Pflanzern in Nicaragua weitere Kaffeelieferungen habe bezahlen können. Die Beklagte habe die Klägerin wiederholt entsprechend gewarnt. Dies führe jedenfalls zum vollständigen Fortfall jeglicher Verantwortung der Beklagten.
Ferner hält die Beklagte die Klage für verspätet im Sinne von Art. 24 der ECC-Bedingungen; denn die Klage sei mehr als 18 Monate nach den Notifikationen der Klägerin an die Beklagte vom Mai und Juni 2011 eingereicht worden.
Die Beklagte bestreitet den Schaden auch der Höhe nach, da die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt habe.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Klage und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Schiedsklägerin hat mit der Klageschrift vom 04. Januar 2013 ihren Schiedsrichter ernannt, die Schiedsbeklagte ist mit Schreiben vom 15. Januar 2013 aufgefordert worden, ihrerseits bis zum 12. Februar 2013 einen Schiedsrichter zu benennen. Dieses Schreiben ist ihr mit Kurier am 17. Januar 2013 zugestellt worden. Auf Antrag der Beklagten vom 4. Februar 2013 ist die Frist zur Benennung eines Schiedsrichters auf den 14. März 2013 verlängert worden. Die Beklagte hat keinen Schiedsrichter benannt. Daraufhin ist ein Zwangsschiedsrichter für die Beklagte ernannt worden. Dies ist der Beklagten mit Schreiben vom 15. März 2013 mitgeteilt worden. Die beiden Schiedsrichter haben sich am 25. März 2013 auf den Obmann geeinigt. Beiden Parteien ist die Konstituierung des Schiedsgerichts mit Schreiben vom 28. März 2013, der Klägerin zugestellt am 2. April 2013 und der Beklagten zugestellt am 5. April 2013, mitgeteilt worden.
Auf die Klageerwiderung vom 13. März 2013 ist der Klägerin mit Schreiben vom 21. März 2013, per Fax vorab zugegangen am selbigen Tage, Gelegenheit gegeben worden, auf die Klageerwiderung bis zum 19. April 2013 Stellung zu nehmen. Der Beklagten ist mit Schreiben vom 17. April 2013, per Email vorab zugegangen am 18. April 2013, Gelegenheit gegeben worden, auf die Replik vom 12. April 2013 bis zum 10. Mai 2013 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 3. Mai 2013, der Beklagten zugegangen am 9. Mai 2013, sind die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2013 geladen worden. Mit Schreiben vom 13. Mai 2013 und vom 21. Mai 2013 ist der Klägerin bis zum 23. Mai 2013 12 Uhr Gelegenheit zur Äußerung zu streitigem Sachvortrag gegeben worden. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 ist der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 3. Juni 2013 gegeben worden. Die Klägerin ist mit Schreiben selben Datums aufgefordert worden, bis zum selben Datum Dokumente über Verhandlungen zwischen den Parteien zwischen dem 16. August 2012 und Klageeingang vorzulegen. Der Klägerin ist mit Schreiben vom 19. Juni 2013, zugegangen am 20. Juni 2013, und der Beklagten mit Schreiben selbigen Datums, zugegangen am 19. Juni 2013, das Protokoll zur mündlichen Verhandlung zugestellt worden. Der nicht zur mündlichen Verhandlung erschienenen Beklagten ist in dem Protokoll Gelegenheit gegeben worden, sich zu den dem Protokoll zu entnehmenden Inhalten der mündlichen Verhandlung zu äußern.
Die Klägerin hat einen Kostenvorschuss in Höhe von … Euro als Sicherheitsleistung für die voraussichtlichen Kosten des Schiedsverfahrens überwiesen. Der Betrag wurde am 14. Januar 2013 dem Konto der Handelskammer Hamburg gutgeschrieben.
Aus den Gründen:
I.
Das Verfahren vor dem Schiedsgericht des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg ist zulässig.
Dieses Schiedsgericht ist zur Entscheidung des Rechtsstreits der Parteien in Bezug auf die Kaufbestätigungen der Klägerin P 46739 und P 46740 vom 29.9.2010 gemäß § 2 Ziff. 1b der Schiedsgerichtsordnung des Deutschen Kaffeeverbandes e.V. bei der Handelskammer Hamburg (im Weiteren: Schiedsgerichtsordnung) zuständig (§ 12 Ziff. 5 der Schiedsgerichtsordnung). Die Rüge der Unzuständigkeit ist unbegründet. Zwischen den Parteien sind zwei Kaufverträge entsprechend diesen beiden Kaufbestätigungen zustande gekommen (1.), die jeweils eine wirksame Schiedsabrede enthalten (2.). Ferner ist die Schiedsklage nicht ver­spätet erhoben (3.).
1.
a) Das Schiedsgericht ist davon überzeugt, dass die Parteien sich jedenfalls auf die
Lieferung von insgesamt 3300 Säcken Kaffee geeinigt hatten. Trotz des entsprechen­den Hinweises der Klägerin (Schriftsatz vom 23.5.2013 S. 2 Buchst. b) hat die Beklagte dem nicht eindeutig widersprochen. Das hätte aber auf der Hand gelegen, wenn es zu einer solchen Einigung nicht gekommen wäre. Die Beklagte wendet sich vielmehr ge­gen das Zustandekommen der beiden streitgegenständlichen Verträge zu ECC-Bedin­gungen. Insbesondere die – an die Beklagte gerichtete – E-Mail des Brokers … bereits vom 30.9.2011 unterstreicht jedoch den Verkauf von 3.300 Säcken, indem die Verschiffungen im Dezember, Januar sowie Februar angesprochen werden und es in diesem Zusammenhang hieß: "When I sold the coffee ….". Auch die beiden E-Mails dieses Brokers vom 12.1. und 17.2.2011 sprechen eine eindeutige Sprache.        Das Schiedsgericht ist auch davon überzeugt, dass diese 3300 Säcke in gleichen Par­tien von je 1100 Säcken in den Monaten Dezember 2010 sowie Januar und Februar 2011 verschifft werden sollten. Das ergibt sich ebenfalls aus der E-Mail des Brokers … vom 30.9.2011, der diese Verschiffungen ansprach.     
b) Die Klägerin hat zur Überzeugung des Schiedsgerichts bewiesen, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Verschiffungen im Januar und Februar 2011 die beiden ECC-Kaufverträge P 46739 und P 46740 zu Stande gekommen sind.          
aa) Das Zustandekommen der beiden ECC-Kaufverträge beurteilt sich nach deutschem Recht.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 Rom I-Verordnung, die für Schuldverhältnisse in Handels­sachen – wie hier – mit einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten gilt, beurteilt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags (oder eines seiner Bestimmungen) nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre (vergleiche Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwen­dende Recht (Rom I), Amtsblatt L 177/6 vom 4.7.2008).
In diesem Sinne haben die Parteien eine Rechtswahl vorgenommen (Art. 3 Abs. 1 Rom I-Verordnung). Denn Art. 25 Buchst. a ECC in der maßgeblichen Fassung von 2007 bestimmt, dass im Streitfall das Recht desjenigen Landes maßgeblich ist, in welchem nach dem Vertrag der Parteien das Schiedsgerichtsverfahren durchzuführen ist. Das ist Deutschland, wie es sich aus der Schiedsabrede auf den Deutschen Kaffee-Verband, Hamburg, in den beiden Kaufbestätigungen ergibt.
bb) Nach deutschem Recht liegen zwei kaufmännische Bestätigungsschreiben vor, denen die Beklagte nicht widersprochen hat. Damit gilt gewohnheitsrechtlich das Schweigen der Beklagten als Zustimmung.
Mit E-Mail vom 30.9.2010 kündigte der Broker … gegenüber der Beklagten die Umstellung der Januar- und Februar-Verschiffungen – mithin die Umstellung bestehender Verträge – auf Verschiffungen nach Europa an mit der Folge, dass die entsprechenden Dokumente in Europa anzudienen wären. Er bat die Beklagte in dieser E-Mail um eine kurze Bestätigung der Umstellung, die er jedoch als unproblematisch empfand. Hierauf reagierte die Beklagte nicht. Auch als später an jenem Tage … die beiden "confirmation of purchase" der Klägerin an die Beklagte gesandt hatte, reagierte die Beklagte weiterhin nicht. Beide "Verkaufsbestätigungen" sind der Beklagten damals zugegangen – das ist unstrei­tig. Die Beklagte hätte nach deutschem Recht spätestens nunmehr den beiden Bestätigungen widersprechen müssen, wenn sie deren Inhalt nicht gegen sich hätte gelten lassen wollen. Ein Widerspruch der Beklagten ist jedoch seinerzeit nicht geschehen – das ist ebenfalls unstreitig.
Die Beklagte wendet ein, dass keine Verhandlungen in Bezug auf die ECC-Bedin­gungen, insbesondere deren Schiedsgericht, stattgefunden hätten und dass der Wortlaut des Schreibens nicht "free of doubts" gewesen sei, weil die Beklagte die Spalte "accepted" nicht unterschrieben habe und weil es für sie als kleine Firma im … bedeutet hätte, wissentlich zugestimmt zu haben, ihre Streitigkeiten im fernen Deutschland mit hohen Kosten unter unbekanntem Recht zu prozessieren.
Diese Einwendungen sind unbegründet.
Der Broker … hat in seiner schriftlichen Erklärung vom 22.5.2013 unter anderem bekundet:
"….. Upon completion of the negotiation of the quantities, qualities & prices as described above, the buyer requested that a portion of the negotiated quantities (2,200 bags) be shipped to Europe under the ECC contract & conditions. The seller agreed to the request and con­tracts were prepared accordingly ….".
Dies ist eine eindeutige Erklärung, und zwar auch hinsichtlich der Einbeziehung der ECC-Bedingungen. … ist unternehmensmäßig nicht mit der Klägerin verbunden. Eher im Gegenteil: Im Kaffeehandel üben Broker nicht nur die Funktion eines Maklers sondern auch eines Agenten aus. In diesem Fall wäre der Broker … der Beklagten zuzurechnen, während der Broker … der Klägerin näher stand. Die Beklagte hat sich mit dieser ihr vorliegenden Erklärung nicht auseinandergesetzt.
Im Übrigen muss ein Kaufmann grundsätzlich damit rechnen, dass einem Kaufvertrag allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde liegen (vgl. BGH NJW 1978, 2243, 2244 zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben). Die Einbeziehung der ECC-Bedingungen war für die Beklagte auch nicht überraschend in dem Sinne, dass sie damit nicht zu rechnen brauchte. Diese Bedingungen sind von dem Europäischen Kaffeeverband (European Coffee Federation) unter Mitwirkung unter anderem von Repräsentanten der Exporteure und der Verbände in den Erzeugerländern erstellt worden. Sie sind im Internet verfügbar.
Soweit es die nicht ausgefüllte Sparte "accepted" betrifft, bringt im Falle eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens die Bitte um Gegenbestätigung keineswegs zwangsläufig oder auch nur regelmäßig zum Ausdruck, dass der Inhalt des Schreibens nur dann verbindlich ist, wenn die Gegenbestätigung erfolgt; vielmehr kommt es auf den Einzelfall an (BGH NJW-RR 2007, 325, 330 [27]). Es ist nicht ersichtlich, dass der Inhalt der beiden Schreiben mit der Gegenzeichnung stehen oder fallen sollte. Denn die Beklagte hatte – und das ist von besonderem Gewicht – auch die GCA-Kaufbestätigung trotz entsprechender Spalte ("Accepted for Seller: ...") nicht unterschrieben und dennoch erfüllt. Sinn und Zweck dieser Spalte in den beiden ECC-Schreiben war daher lediglich, einen urkundlichen Beweis für den Vertragsschluss in die Hände zu bekommen (vergleiche BGH a.a.O.).
cc) Allerdings trägt die Beklagte zutreffend vor, dass die Klägerin selber in den GCA-Schiedsgerichtsverfahren ein Zustandekommen der beiden ECC-Verträge bestritten hat. Indes war die Klägerin rechtlich nicht gehindert, ihren Vortrag zu ändern, nach­dem das GCA-Schiedsgericht sich hinsichtlich dieser beiden Verträge für unzustän­dig erklärt hat. Daher liegt insoweit kein treuwidriges ("improper") Verhalten der Klä­gerin vor. Andererseits stellt der Wechsel der Klägerin im Vortrag nicht – wie die Klägerin meint – lediglich einen Wechsel der rechtlichen Meinung dar sondern be­trifft – worauf die Beklagte mit Recht hinweist – Tatsachen.
2. Die beiden ECC-Kaufbestätigungen enthalten auch eine formwirksame Schiedsvereinba­rung. Diese Wirksamkeit beurteilt sich ebenfalls nach deutschem Recht. Zwar sind Schieds­vereinbarungen als solche ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Rom I-Verordnung ausgenommen (Art. 1 Abs. 2 Buchstabe e). Aber als Schiedsklausel in einem Hauptver­trag – dem Kaufvertrag – folgen sie als eine seiner Bestimmungen dem Statut des Hauptvertrags (HansOLG Beschluss vom 19.12.2012 – 6 Sch 18/12 RKS A 1 Nr. 231). Die Formvorschrift des §§ 1031 Abs. 2 ZPO ist erfüllt, da die Beklagte den beiden Bestätigungsschreiben mit der Schiedsabrede nicht widersprochen hat.    
3. Zu Unrecht hält die Beklagte die Klagerhebung für verspätet im Sinne von Art. 24 ECC. Weder die E-Mail der Klägerin vom 9.5.2011 noch diejenige der Klägerin vom 20.5.2011 stellen eine formelle Mitteilung im Sinne von Art. 24 (b) (ii) dar. Da ab einer derartigen Mitteilung die 90-tägige Frist zu laufen beginnt, innerhalb derer die formelle Entscheidung über die Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens der anderen Partei mitgeteilt werden soll, sind an die Mitteilung im Interesse der Rechtsklarheit strenge Anforderungen zu stellen. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Mit­teilung "formally" zu geschehen hat. Die Mitteilung vom 9.5.2011 enthielt nur eine Androhung eines Schiedsgerichtsverfah­rens für den Fall, dass die vorgeschlagene Lösung des Lieferproblems nicht umsetzbar ist. Insbesondere steht einer formellen Mitteilung entgegen, dass mit der Mitteilung der Lieferant … in Nicaragua angesprochen wurde. Mit der E-Mail vom 20.5.2011 setzte die Klägerin der Beklagten eine Nachfrist zur Ver­schiffungsanzeige und kündigte im Falle des ergebnislosen Fristablaufs an, ihren Scha­den zu ermitteln. Ein Schiedsgerichtsverfahren wurde hier ebenso wie in der nachfolgen­den Schadensrechnung und Zahlungsaufforderung nicht erwähnt. Der – für die Klägerin negative – Ausgang des GCA-Berufungsverfahrens vermochte auch nicht indirekt einen Fristbeginn im Sinne von Art. 24 (b) zu bewirken. Denn es blieb ungewiss, ob die Klägerin ihre vergeblich zur Aufrechnung gestellte Forderung nun in ei­nem eigenen Schiedsgerichtsverfahren weiterverfolgen würde. Das kaufmännisch besetzte Schiedsgericht gelangt zu diesem Ergebnis aus rechtlichen Gründen, möchte aber gleichwohl nicht verhehlen, dass es im Interesse des Kaffeehan­dels ein zügigeres Verhalten für wünschenswert hält.
II.
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß Art. 23 (a) ECC Schadensersatz verlangen, weil die Beklagte sich "in default" befand. Denn die Klägerin hat die Beklagte mit E-Mail vom 20.5.2011 wegen der Nichterfüllung der Kontrakte für die Januar- und Februar-Verschiffun­gen zu Recht in Verzug erklärt und ihr erfolglos eine Nachfrist von drei Geschäftstagen zur Erstattung der Verschiffungsanzeige gesetzt.
Zu Unrecht meint die Beklagte hilfsweise, sie trage auch im Falle wirksamer Verträge keine Verantwortung für deren Nichterfüllung, da die Klägerin die Lieferungen nicht bezahlt habe und damit es der Beklagten nicht möglich gewesen sei, weiteren Kaffee einzukaufen. Vielmehr war es die Beklagte, die den "ersten Stein warf", indem sie den Dezember-Kontrakt nur verspätet sowie zögerlich (erst Mitte Januar, zweite Hälfte Februar und Anfang April 2011) und teilweise überhaupt nicht erfüllte. Hätte die Beklagte ihre Dezember-Lieferverpflichtung korrekt erfüllt, wären Gegenforderungen der Klägerin nicht entstanden.
Gemäß Art. 23 (b) ECC hat die Klägerin mit Schreiben vom 6.6.2011 ihren Schaden spezifiziert und Zahlung gefordert.
Das Schiedsgericht bestimmt gemäß Art. 23 (c) ECC das Datum des Verzugs auf den 26.5.2011 als dem ersten Geschäftstag nach Ablauf der am 20.5.2011 gesetzten Nachfrist.
Wie dem mit Kaufleuten besetzten Schiedsgericht aus eigener Sachkunde bekannt ist, belief sich an diesem Tage die Differenz zwischen dem Kontraktpreis von US-Dollar … per 100 lbs und dem Marktpreis zumindest auf den Betrag von US-Dollar …, wie ihn die Klägerin mit ihrer Klage geltend macht.
Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin Belege für diesen Schaden. Die Klägerin hat ihren Schaden auf abstrakter Grundlage berechnet. Das war zulässig. Ein Schaden kann im Grundsatz abstrakt oder konkret berechnet werden (vergleiche beispielsweise im Heimatrecht der Beklagten: Maryland Code, Commercial Law einerseits § 2-711 (1) (a) i.V.m. § 2-712 konkret/"cover", andererseits § 2-711 (1) (b) i.V.m. § 2-713 abstrakt/"market price"). Die ECC sprechen allgemein von "damages", ohne dies dahin einzuschränken, dass nur ein Schaden auf konkreter Grundlage zu ersetzen ist.
Wie beantragt, hat die Beklagte die Forderung von US-Dollar … wegen Verzugs in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz (§ 247 BGB) p.a. seit dem 17.12.2012 zu verzinsen (§ 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB).
III.
Die Entscheidung über die Schiedsgerichtskosten beruht auf § 15 der Schiedsgerichtsordnung in Verbindung mit dem Rechtsgrundsatz des § 91 ZPO ("the costs follow the event"). Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist.
Zur Berechnung der Kosten hat das Schiedsgericht den in der mündlichen Verhandlung festgesetzten Streitwert des Verfahrens in Höhe von … Euro zugrunde gelegt (… USD umgerechnet zum Interbankenkurs vom Tag des Klageeingangs am 7. Januar 2013 sind … Euro [1 USD ≈ 0,767 EUR]). Gemäß § 15 Absatz 1 a, 2, 3 und 10 der Schiedsgerichtsordnung betragen die Verfahrenskosten demnach … Euro. Diese setzen sich zusammen aus den in § 15 Absatz 2 und 3 Schiedsgerichtsordnung vorgesehenen Positionen in Höhe von … Euro sowie den gemäß § 15 Absatz 1 a Schiedsgerichtsordnung zu erstattenden sonstigen Kosten, hier für Kurierzustellungen …, in Höhe von … Euro sowie der nach § 15 Absatz 10 Schiedsgerichtsordnung zu erstattenden Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt … Euro. Die Abrechnung des von der Schiedsklägerin gezahlten Kostenvorschusses erfolgt separat über die Geschäftsstelle.
01.04.2014