Voraussetzung für die öffentliche Bestellung und Vereidigung ist ein abstraktes Bedürfnis für das Vorhandensein von Sachverständigen auf dem vom Sachverständigen angestrebten Sachgebiet, seine besondere Sachkunde, die er nachweisen muss und seine persönliche Eignung. Der Bewerber muss seinem Antrag einige Unterlagen beifügen. Anschließend werden die vom Sachverständigen eingereichten Unterlagen und in der Regel auch der Sachverständige selbst überprüft. Nach Eingang des Antrags erhebt die Handelskammer auf der Basis ihrer Gebührenordnung für die Bearbeitung eine Gebühr.
Durch die öffentliche Bestellung des Sachverständigen nach § 36 Gewerbeordnung soll erreicht werden, Gerichten, Behörden, der Wirtschaft und der Allgemeinheit besonders zuverlässige, glaubwürdige und auf einem bestimmten Sachgebiet besonders sachkundige und erfahrene Personen zur Verfügung zu stellen, wenn ein Bedarf hierfür besteht. Die öffentliche Bestellung erleichtert die Suche nach fachlich und persönlich besonders geeigneten Sachverständigen, weil öffentlich bestellte Sachverständige von der bestellenden Institution unter bestimmten Kriterien überprüft sind und ihre Zuverlässigkeit und fachliche Qualifikation auch nach Bestellung und Vereidigung überwacht werden.
Die öffentliche Bestellung erfolgt ausschließlich im öffentlichen Interesse und nicht, um den persönlichen Zielen oder Vorstellungen eines Bewerbers Rechnung zu tragen. Sie ist insbesondere keine Zulassung zu einem Beruf, sondern die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation. Deshalb ist sie von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die in der Sachverständigenordnung (Anlage) genannt sind.
Bitte nehmen Sie diese Bestimmungen genau zur Kenntnis, wenn Sie sich für die öffentliche Bestellung als Sachverständiger interessieren.
Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung
Die wesentlichen Voraussetzungen sind:
a) Das abstrakte Bedürfnis für eine öffentliche Bestellung von Sachverständigen auf einem bestimmten Sachgebiet muss gegeben sein.
b) Die "besondere Sachkunde" auf dem betreffenden Sachgebiet ist durch den Bewerber zur Überzeugung der Kammer nachzuweisen.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde. Eine nähere Konkretisierung enthalten in der Regel die von den Industrie- und Handelskammern ausgearbeiteten Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Reihe von bedeutenden Sachgebieten gibt. Wir bitten Sie, von der jeweils notwendigen Vorbildung Kenntnis zu nehmen.
Zur "besonderen Sachkunde" gehört die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen nachvollziehbar sind. Nachvollziehbarkeit bedeutet, das Gutachten so aufzubauen und zu begründen, dass ein Laie (z.B. Richter) es verstehen und auf seine Plausibilität überprüfen, ein Fachmann die Gedankengänge und Argumente des Sachverständigen, die zu einem Ergebnis bzw. einer bestimmten Meinung führen, im einzelnen überprüfen kann. Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift und die Ausdrucksfähigkeit sind ebenso Inhalt der "besonderen Sachkunde" wie die Kenntnis und Berücksichtigung der für die Gutachtertätigkeit wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. gerichtliche Verfahren).
Jedem Interessenten für die öffentliche Bestellung ist deshalb dringend anzuraten, sich sorgfältig, gründlich und gezielt vorzubereiten. Dies kann in Form des Selbststudiums, Besuch von Seminaren, Fachtagungen, selbständiger Tätigkeit als Sachverständiger oder Mitarbeiter bei einem anderen erfahrenen Sachverständigen geschehen.
c) Die persönliche Eignung des Bewerbers muss gewährleistet sein.
Dies setzt voraus, dass der Bewerber nicht nur aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften Gewähr dafür bietet, die Gutachtertätigkeit objektiv und unparteiisch auszuüben, sondern diese Anforderung unter Berücksichtigung seines gesamten Umfeldes auch erfüllen kann.
Wesentliche Eigenschaften in diesem Zusammenhang sind persönliche Zuverlässigkeit, Charakterstärke, Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Unabhängigkeit.
Interessenbindungen jeder Art stellen die persönliche Eignung grundsätzlich in Frage, weil zu befürchten ist, dass der Sachverständige möglicherweise nicht unabhängig tätig sein kann und damit Objektivität und Unparteilichkeit in den Augen der Öffentlichkeit nicht mehr gewährleistet sind. Zur persönlichen Eignung gehören auch der Ruf und das Ansehen des Bewerbers in der Öffentlichkeit und bei seiner Berufsausübung.
Schon geringe Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung reichen aus, um die öffentliche Bestellung zu versagen, da der Schutz der Öffentlichkeit und das Vertrauen in öffentlich bestellte Sachverständige Vorrang vor den privaten Interessen des Bewerbers haben.
Antrag auf öffentliche Bestellung
Das Verfahren auf öffentliche Bestellung wird durch einen formlosen schriftlichen Antrag eingeleitet, der bei der Kammer einzureichen ist. Der Antrag muss die genaue Umschreibung des Sachgebietes mit einer eingehenden Erläuterung und Abgrenzung enthalten. Er ist im Hinblick auf das Vorliegen der besonderen Sachkunde unter Berücksichtigung etwaiger fachlicher Bestellungsvoraussetzungen und die Motive für die Antragstellung eingehend zu begründen.
Lebenslauf in Tabellenform (mit Lichtbild), der neben den üblichen Angaben zur Person einschließlich Vor- und Geburts- bzw. Familiennamen des Ehegatten und der Eltern eine Darstellung der Schul- und Berufsausbildung im einzelnen und der beruflichen Tätigkeit enthalten muss.
Beglaubigte Abschriften oder Fotokopien aller antragsrelevanten Zeugnisse, Diplome oder sonstiger Urkunden, insbesondere über die Berechtigung zur Führung etwaiger akademischer Titel und Grade oder sonstiger Berufsbezeichnungen und Beschäftigungsnachweise. Die Beglaubigung kann durch gleichzeitige Vorlage der Originale ersetzt werden.
Polizeiliches Führungszeugnis (Führungszeugnis für Behörden) neuesten Datums und steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Ausdrückliche Erklärung, dass der Bewerber
bereit ist, als Sachverständiger tätig zu sein; bei Bewerbern in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis ist eine Zustimmungs- und weitgehende Freistellungserklärung des Arbeitgebers erforderlich, die auf einem gesonderten Formblatt abzugeben ist. Dieses bitten wir ggf. anzufordern. Bei Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes ist die Frage der Nebentätigkeitsgenehmigung zu klären;
nicht bzw. in welchem Umfang vorbestraft ist; es genügt die Angabe der im Strafregister noch nicht getilgten Strafen und die zugrunde liegende Straftat;
in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt;
die eingereichten Gutachten und sonstigen Unterlagen selbständig und persönlich ohne Mitwirkung Dritter angefertigt hat.
In der Regel mindestens fünf bereits selbständig erstattete Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet (nicht älter als zwei Jahre); die Zahl der einzureichenden Gutachten kann, sofern Bestellungsvoraussetzungen für einzelne Sachgebiete dies vorsehen, davon abweichen. In den Gutachten können auftragsbezogene Daten geschwärzt werden, sofern sie für die fachliche Beurteilung unbedeutend sind. Auch weitere Unterlagen wie Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze, wissenschaftliche Abhandlungen oder Untersuchungen, Vorträge und dergleichen können die nachzuweisende "besondere Sachkunde" und die Fähigkeit zur Gutachtenerstattung dokumentieren (auf Wunsch werden diese Unterlagen nach Abschluss des Verfahrens zurückgegeben.
Referenzliste. Angaben von mehreren Personen (mindestens fünf), die Auskunft über die persönliche Eignung und die nachzuweisende "besondere Sachkunde" geben können.
Sachverständige müssen sich regelmäßig fortbilden. Erforderlich ist deshalb der Nachweis des Besuches von Sachverständigenseminaren (mindestens zwei; auch Seminare zum Sachverständigenrecht).
Nachweis einer angemessenen Haftpflichtversicherung für die Sachverständigentätigkeit.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass alle Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen sind, andernfalls muss der Antrag schon aus diesem Grund abgelehnt bzw. eine etwa erfolgte öffentliche Bestellung aufgehoben werden.
Sie haben zusätzlich die Möglichkeit sich online direkt über das IHK Portal anzumelden, bzw. Ihre Unterlagen online einzureichen. Sollten Sie diese Möglichkeit in Erwägung ziehen, stimmen Sie sich bitte vorher einmal hinsichtlich der Bestellungsvoraussetzungen Ihres gewählten Sachgebietes mit uns ab.
Überprüfung der besonderen Sachkunde
Überprüfung der eingereichten Unterlagen Die Kammer überprüft - ggf. durch Einschaltung geeigneter Fachleute - die eingereichten Unterlagen.
Überprüfung durch Fachausschüsse Die besondere Sachkunde ist grundsätzlich in einer Prüfung durch hierfür besonders eingerichtete unabhängige Fachausschüsse, die mit Fachleuten des entsprechenden Fachgebiets besetzt sind, nachzuweisen. Sie sind an die bestehenden Verfahrensordnungen für diese Fachausschüsse gebunden.
Entscheidung Das Ergebnis der Überprüfung wird dem Bewerber grundsätzlich schriftlich in Form eines Bescheids, auf Wunsch auch in einem Gespräch bekanntgegeben.
Datenschutz
Die Handelskammer und die von ihr eingeschalteten Ausschüsse und Gremien unterliegen der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht. Persönliche Daten und alle vorgelegten Unterlagen werden nur im Rahmen des Antragsverfahrens und zur Entscheidungsfindung benutzt.
Gebühren und Auslagen
Die nach der Gebührenordnung der Kammer fällige Grundgebühr (z.Z. 900,- Euro) wird nach Eingang des Antrages gesondert durch Gebührenbescheid angefordert.
Die durch die Überprüfung des Antrags, insbesondere durch Einschaltung der Fachausschüsse und sonstigen Prüfer anfallenden Auslagen sind zusätzlich zur Grundgebühr zu erstatten. Es ist mit Kosten in Höhe von ca. 1.500,- bis ca. 2.500,- Euro je nach beantragtem Sachgebiet zu rechnen, die durch einen Kostenvorschuss abgedeckt werden.
Mentoring-Programm
Es ist wichtig, Wissen und Erfahrungen weiterzugeben, um die nächste Generation von Sachverständigen optimal zu fördern. Unser Mentoring-Programm bietet Ihnen die Gelegenheit, von erfahrenen Sachverständigen zu lernen, Ihr Wissen zu vertiefen und gegebenenfalls wertvolle Einblicke in die Praxis zu gewinnen.
Ein oder mehrere persönliche Treffen oder virtuelle Gespräche mit unseren Mentoren:innen können sehr hilfreich sein. Diese beantworten gern Ihre Fragen und geben Ihnen Ratschläge, zeigen Ihnen bewährte Methoden und teilen persönliche Erfahrungen. Dies bietet Ihnen die Gelegenheit zur persönlichen Reflektion und Weiterentwicklung Ihrer eigenen Fähigkeiten und Ihres beruflichen Werdeganges.
Unsere Mentor:innen sind:
Herr Dipl.-Ing.
Thomas Rachow-Seemann
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet “Schäden an Gebäuden”
Telefon: 040/ 20 97 52 58
Mobil: 0172- 54 30 290
E-Mail: TRS@trs-ing.de
Herr Dipl.-Ing. (FH)
Christian Freimann
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet “Fenster, Türen und vorgehängte Fassaden aus Metall und Glas”
Telefon: 040/ 55 49 96-0
Mobil: 0171- 33 68 457
E-Mail: post@sv-freimann.de
Herr
Wifried Gatzke
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet “Industriell gefertigte Einbauküchen, Möbel und Polstermöbel inkl. Matratzen”
Telefon: 040/ 38 64 03 51
Mobil: 0171- 83 12 119
E-Mail: moebelsachverstaendiger-gatzke@t-online.de
Herr Dipl.-Ing. (FH)
Sven Koss
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet “Heizungstechnik” von der IHK für München und Oberbayern
Telefon: 089/ 20 80 393 - 90
Mobil: 0171 - 99 00 149
E-Mail: koss@koss-ingenieure.de
Herr Dipl.-Ing.
Axel Einemann
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet “Schäden an Gebäuden”
Telefon: 040/ 69 65 46 - 0
Mobil: 0160 - 973 049 93
E-Mail: a.einemann@ing-einemann.de
Herr Dipl.-Kfm.
Stefan Siewert
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Sachgebiete “Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen” und “Wirtschaftlichkeitsanalysen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)”
Telefon: 040/ 278 49 344
Mobil: 0172 – 453 44 64
E-Mail: s.siewert@praxvalue.de
Auskunft
In diesem Informationsblatt kann nicht jede Besonderheit eines Einzelfalls berücksichtigt werden. Für ergänzende Auskünfte im Zusammenhang mit der öffentlichen Bestellung steht Ihnen der zuständige Mitarbeiter der Kammer gern zur Verfügung. Bevor Sie einen Antrag auf öffentliche Bestellung als Sachverständiger stellen, raten wir Ihnen, sich auf jeden Fall mit uns in Verbindung zu setzen.
Nur wer durch eine öffentlich-rechtliche Institution auf gesetzlicher Grundlage bestellt und vereidigt wurde. Das bedeutet, dass er besondere Sachkunde, Unabhängigkeit, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit nachgewiesen hat. Fehlt nur eine dieser Anforderungen, wird der Sachverständige nicht bestellt.
Die Bezeichnung „Sachverständiger“ allein bietet keine Gewähr für Qualität, denn sie ist gesetzlich nicht geschützt. Deshalb müssen Qualifikation und persönliche Integrität gesondert geprüft werden, wenn Sachverständige ohne öffentliche Bestellung als sog. selbsternannte Sachverständige ihre Dienste anbieten. Auch die Anerkennung durch private Sachverständigenvereinigungen kann die öffentliche Bestellung und Vereidigung nicht ersetzen. Nur die öffentliche Bestellung ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Auszeichnung besonders qualifizierter Sachverständiger.
TIPP 1 Wenn Sie einen Sachverständigen auswählen, achten Sie darauf, ob er öffentlich bestellt und vereidigt ist.
Besondere Sachkunde Der öffentlich bestellte Sachverständige muss im offiziellen Bestellungsverfahren einen anspruchsvollen Nachweis über seine „besondere Sachkunde“ führen. Darunter versteht man überdurchschnittliche Fachkenntnisse und Erfahrungen.
Vertrauenswürdigkeit Die Zuverlässigkeit und Integrität wird vor der öffentlichen Bestellung überprüft.
Objektivität Er wird darauf vereidigt, seine Aufgaben gewissenhaft, weisungsfrei und persönlich zu erfüllen sowie seine Gutachten unparteiisch zu erstatten.
Pflicht zur Gutachtenerstattung Er darf Aufträge nur aus wichtigem Grund ablehnen (z.B. Verwandtschaft mit einer der Parteien).
Schweigepflicht Er muss die ihm bei Ausübung seiner Tätigkeit anvertrauten Privat- und Geschäftsgeheimnisse wahren. Bei unbefugter Verletzung der Schweigepflicht kann er streng bestraft werden.
Überwachung Der Sachverständige wird durch die Stelle, die ihn öffentlich bestellt hat, beaufsichtigt. Sie kann ihm die Bestellung entziehen, wenn er seine Sachverständigenpflichten verletzt.
TIPP 2 Vertrauen Sie auf die öffentliche Bestellung. Sie erleichtert Ihnen die Auswahl geeigneter Sachverständiger und bietet Gewähr für geprüfte Sachkunde und Vertrauenswürdigkeit.
An der Bezeichnung Er muss die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ führen.
Am Stempel Nur er darf einen Kammer-Stempel führen.
Die von unserer Handelskammer vor 1999 öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen verwenden einen ovalen Stempel.
Am Ausweis Öffentlich bestellte Sachverständige haben einen offiziellen Ausweis, den sie auf Verlangen vorzeigen müssen und in dem Personalien, Bestellungsbehörde und Sachgebiet angegeben sind.
TIPP 3 Gehen Sie auf Nummer Sicher: Sehen Sie sich Bezeichnung, Stempel und Ausweis genau an.
Immer, wenn eine unabhängige fachliche Information oder Beratung benötigt wird, ein Schaden beurteilt, eine Sache bewertet, ein fachlicher Streit außergerichtlich geklärt oder der tatsächliche Zustand eines Gegenstandes zu Beweiszwecken festgestellt werden soll. Rechtsfragen darf der öffentlich bestellte Sachverständige allerdings nicht beantworten.
Das Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen genießt erhöhte Glaubwürdigkeit. Deshalb bietet es oft die Grundlage für eine gütliche außergerichtliche Einigung. Als Schiedsgutachter im Auftrag der Parteien kann der Sachverständige Streitfragen außergerichtlich schnell und verbindlich entscheiden.
In Gerichtsverfahren sollen nach den Prozessordnungen grundsätzlich nur öffentlich bestellte Sachverständige beauftragt werden.
TIPP 4 Prüfen Sie sorgfältig, ob und wann es zweckmäßig ist, einen öffentlich bestellten Sachverständigen hinzuzuziehen.
Ein öffentlich bestellter Sachverständiger darf keine fachlichen Weisungen befolgen und Beeinflussungsversuchen nachgeben, die die Objektivität des Gutachtens beeinträchtigen würden. Auch Dritte, denen das Gutachten bestimmungsgemäß vorgelegt wird (z.B. Banken, Versicherungen) müssen sich auf seine Objektivität und Richtigkeit verlassen können. Die zu beantwortenden Beweisfragen werden jedoch vom Gericht oder von sonstigen Auftraggebern vorgegeben.
Der Sachverständige muss das Gutachten und dessen tragende Grundlagen (z.B. Untersuchungen, Besichtigungen, Prüfung von Unterlagen) persönlich erarbeiten.
Ständige Geschäftsbeziehungen, gute Bekanntschaft oder Verwandtschaft und dergleichen stellen die Unbefangenheit des Sachverständigen und die Verwertbarkeit des Gutachtens regelmäßig in Frage.
TIPP 5 Ein objektives Gutachten dient Ihnen letztlich am besten. Stellen Sie deshalb sicher, dass der Sachverständige seine Unabhängigkeit wahren kann.
Ist ein Gutachten in Auftrag gegeben, besteht für den Auftraggeber eines Gutachtens nach Werkvertragsrecht meist eine vertragliche Mitwirkungspflicht.
Sie bedeutet, dass er
- alles einschlägige Material zur Verfügung stellt,
- alle Informationen weitergibt, die von Bedeutung sind bzw. sein können,
- jede erforderliche Besichtigung ermöglicht,
- alle notwendigen Untersuchungen durchführen lässt,
- alles unterlässt, um den Sachverständigen einseitig zu beeinflussen.
Kann oder will der Auftraggeber nicht im erforderlichen Umfang mitwirken, weil z.B. bestimmte Tatsachen nicht bekannt werden sollen, ist der Zweck des Auftrags insgesamt in Frage gestellt. Der Sachverständige kann sich in diesem Falle weigern, den Auftrag durchzuführen, weil er nur zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Gutachtens verpflichtet werden kann. Der Sachverständige unterliegt zwar einer Schweigepflicht, hat aber im Prozess kein besonderes Aussageverweigerungsrecht.
TIPP 6 Prüfen Sie vor Erteilung des Gutachtenauftrags, ob Sie der Mitwirkungspflicht nachkommen können oder wollen.
Für die Sachverständigentätigkeit gibt es bis auf wenige Fachbereiche (z.B. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) und die Tätigkeit vor Gericht keine Gebührenordnung. Deshalb sollte das Honorar vor Auftragsübernahme mit dem Sachverständigen ausgehandelt werden. Wird kein Honorar vereinbart, gilt die sogenannte „übliche Vergütung", deren Feststellung im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Der Stundensatz hängt vom Sachgebiet, der Schwierigkeit des Gutachtens, den besonderen Umständen des Falles und der Beschäftigungslage des Sachverständigen ab. Nebenkosten und Mehrwertsteuer werden in der Regel gesondert berechnet.
Wird der Sachverständige im Auftrag eines Gerichts tätig, beträgt der Stundensatz zwischen 65,-- € und 125,-- €. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem „Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz“, in der eine Sachgebiets- und eine Honorartabelle 10 Feststundensätze für 60 verschiedene Sachgebiete normieren. Zusätzlich werden dem Sachverständigen die notwendigen Auslagen wie die Kosten für Hilfskräfte, Fotokopien, Fotografien, Reisen und Übernachtung ersetzt. Die Kosten des Sachverständigen sind Teil der Prozesskosten und von der unterliegenden Partei je nach Prozessausgang ganz oder anteilig zu tragen.
TIPP 7 Vereinbaren Sie vor der Erteilung eines privaten Auftrags das Honorar.
Auch ein öffentlich bestellter Sachverständiger ist nicht unfehlbar. Aber er muss für Fehler in seinem Gutachten einstehen, bei privatem Auftrag ein fehlerhaftes Gutachten nachbessern oder einer Honorarkürzung zustimmen. Hat er einen Mangel am Gutachten schuldhaft verursacht, haftet er auch für alle Folgeschäden, die aus der Verwendung des Gutachtens entstehen. Schuldhaft bedeutet, dass der Sachverständige nicht mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet hat. Die Haftung ist auch vom Inhalt des Gutachtenauftrags abhängig. Daher sollte der Auftrag schriftlich formuliert und genau abgegrenzt werden.
Durch Vereinbarung mit dem Auftraggeber kann der Sachverständige seine Haftung individuell regeln; die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit darf jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Die Kammern empfehlen den Sachverständigen nachdrücklich den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Schäden aus der Sachverständigentätigkeit.
Wird der Sachverständige im Gerichtsauftrag tätig, gelten andere Haftungsregeln, die gesetzlich festgelegt sind und nicht abgedungen werden können. Die Haftung ist hier bedeutend schwächer als bei Privatauftrag.
TIPP 8 Klären Sie den Umfang der Haftung mit dem Sachverständigen, bevor Sie den Auftrag erteilen.
Besteht Grund zur Beschwerde über die Tätigkeit des Sachverständigen, sollte in jedem Fall die Stelle informiert werden, die den Sachverständigen öffentlich bestellt hat. Dort wird die Angelegenheit sorgfältig überprüft, um sicherzustellen, dass nur geeignete Sachverständige öffentlich bestellt bleiben. Die Überprüfung erfolgt deshalb ausschließlich im Interesse der Öffentlichkeit. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Pflichtverstößen muss der Sachverständige mit dem Widerruf seiner öffentlichen Bestellung rechnen. Ist dem Beschwerdeführer ein Schaden entstanden, kann er privatrechtlich gegen den Sachverständigen vorgehen (siehe Tipp 8). Die Aufsicht führende Stelle kann nicht in seinem Interesse tätig werden und etwaige Nachbesserungswünsche oder Schadenersatzansprüche beim Sachverständigen durchsetzen.
Bei Beschwerden über die gerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen muss die Aufsichtsbehörde abwarten, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
TIPP 9 Setzen Sie sich mit der Aufsichtsbehörde in Verbindung, wenn Sie meinen, dass ein Sachverständiger gegen seine Pflichten verstoßen hat.
Auskunft über öffentlich bestellte Sachverständige und Antworten auf Fragen zum Sachverständigenwesen erteilen die bestellenden Stellen. Das sind im wesentlichen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern, in einigen Bundesländern auch Architekten-, Ingenieur- oder Landwirtschaftskammern oder staatliche Stellen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich.
Diese Bestellungskörperschaften geben regionale und überregionale Verzeichnisse über öffentlich bestellte Sachverständige heraus. Sie benennen auf Anfrage kostenlos geeignete Sachverständige. Vor allem auf den Homepages der jeweiligen Kammern oder in verschiedenen Internetverzeichnissen können bundesweite Recherchen vorgenommen werden. Je konkreter der zu beurteilende Sachverhalt geschildert wird, desto gezielter kann der richtige Sachverständige gefunden werden.
TIPP 10 Wenden Sie sich an die zuständige Kammer oder Behörde, wenn Sie einen öffentlich bestellten Sachverständigen brauchen oder Probleme mit Sachverständigen haben. ?Oder gehen Sie direkt in das bundesweite IHK-Sachverständigenverzeichnis.