Konjunkturelle Lage

Konjunkturbarometer der Hamburger Wirtschaft

Hamburger Wirtschaft insgesamt

Wirtschaft trotzt den Krisen – bisher

Zum Jahreswechsel 2022/23 fällt der Ausblick der Hamburger Wirtschaft auf das neue Jahr insgesamt eher pessimistisch aus. Hingegen ist die aktuelle Geschäftslage laut Handelskammer-Konjunkturbefragung per saldo positiv. Relativ robust fallen die Investitions- und Personalplanungen hiesiger Unternehmen für 2023 aus.
Die zwischen dem 15. Dezember 2022 und dem 11. Januar 2023 laufende Handelskammer-Konjunkturbefragung zum Ende des vierten Quartals 2022 erbrachte insgesamt 589 Antworten Hamburger Unternehmen. 
Zum Ende des vierten Quartals 2022 verzeichnet das Geschäftsklima in der Hamburger Wirtschaft (gemessen auf einer Skala von 0 bis 200 Punkten) 94,0 Punkte. Im Vergleich zur Befragung im Vorquartal (76,3 Punkte) entspricht dies einer Verbesserung um 17,7 Punkte. Gleichwohl wird der langfristige Mittelwert des Geschäftsklimas (107,4 Punkte seit dem Jahr 1997) weiterhin merklich unterschritten. Auffällig ist, dass die beiden das Geschäftsklima bestimmenden Konjunkturindikatoren abermals unterschiedliche Vorzeichen haben: Während die aktuelle Geschäftslage – wie in den sechs Quartalsbefragungen zuvor – insgesamt positiv ist (aktueller Saldo: +19,2), sind die Geschäftserwartungen – wie in den drei Quartalsbefragungen zuvor – alles in allem pessimistisch (aktueller Saldo: -25,9).
Zum Ende des vierten Quartals 2022 bewerten etwas mehr als die Hälfte (53,0 %) der an der Handelskammer-Konjunkturbefragung teilnehmenden Hamburger Unternehmen ihre eigene aktuelle Geschäftslage als „befriedigend bzw. saisonüblich“. Für 33,1 % ist die Lage „gut“, für 13,9 % hingegen „schlecht“ (Saldo: +19,2; Werte der Befragungen im Vorquartal und Vorjahresquartal: +10,1 bzw. +21,8). Ein besonders deutlicher Überhang an positiven Stimmen ist kennzeichnend für die IT-Wirtschaft (Saldo: +31,2) und das Baugewerbe (+48,3). Andererseits sind die Gruppe der überwiegend personenbezogenen Dienstleister (Saldo: -14,3) sowie die Medienwirtschaft (-11,4) derzeit nicht mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden.
Die Geschäftserwartungen der Hamburger Wirtschaft für das Jahr 2023 fallen zum Ende des vierten Quartals 2022 alles in allem pessimistisch aus: 37,3 % der Unternehmen sehen eine „eher ungünstigere“ Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten voraus. Deutlich geringer ist der Anteil jener Unternehmen (11,4 %), die eine „eher günstigere“ Geschäftslage erwarten (Saldo: -25,9; Vorquartal: -47,2; Vorjahresquartal: +8,2). Besonders pessimistisch sind die Geschäftserwartungen in der Medienwirtschaft (Saldo: -37,5), im Verkehrssektor (Saldo: -47,1), Einzelhandel (-52,9) sowie im Baugewerbe (-54,2). Hingegen blickt der Finanzsektor summa summarum optimistisch dem Geschäftsjahr 2023 entgegen (Saldo: +28,7).
Was die größten Geschäftsrisiken für das Jahr 2023 anbelangt, sind der Fachkräftemangel sowie hohe Energie- und Rohstoffpreise die mit Abstand wichtigsten Punkte für die hiesige Wirtschaft (Mehrfachnennungen möglich). Der Fachkräftemangel wird von zwei Drittel (67,5 %) der antwortenden Hamburger Unternehmen als eines der größten Geschäftsrisiken in den kommenden zwölf Monaten benannt. Die hohen Werte der Befragungen im Vorquartal (61,7 %) und Vorjahresquartal (61,3 %) werden damit nochmals sichtlich übertroffen. Hohe Energie- und Rohstoffpreise zählen ebenfalls zwei Drittel (65,5 %) der Unternehmen zu ihren größten Geschäftsrisiken. Die Betroffenheit ist zwar gegenüber der Befragung im Vorquartal (72,3 %) etwas gesunken, aber im Vergleich zum Vorjahresquartal (45,3 %) weiterhin sehr ausgeprägt. Im aktuellen Ranking der größten Geschäftsrisiken folgen ungünstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel bürokratische Belastungen oder Defizite in der Verkehrsinfrastruktur (aktueller Wert: 53,8 %; Vorquartal: 49,1 %; Vorjahresquartal: 49,8 %), schwache Inlandsnachfrage (47,9 %; 54,2 %; 40,2 %), hohe Arbeitskosten (40,1 %; 44,2 %; 37,1 %), geringe Auslandsnachfrage (19,9 %; 24,0 %; 24,2 %), Finanzierungsschwierigkeiten (9,4 %; 15,0 %; 6,6 %) sowie Wechselkursrisiken (5,4 %; 9,0 %; 5,2 %).
Relativ robust fallen die derzeitigen Personal- und Investitionsplanungen der Hamburger Wirtschaft für das Jahr 2023 aus. Eine in etwa gleichbleibende Anzahl an Beschäftigten sowie in etwa gleichbleibende Ausgaben für Investitionen im Inland sehen 63,1 % bzw. 49,4 % der an der Handelskammer-Konjunkturbefragung teilnehmenden Unternehmen vor. 22,7 % planen eine Erhöhung, 14,2 % hingegen eine Verringerung ihrer Beschäftigtenzahl. Der sich hieraus ergebende Saldo von +8,5 deutet auf Beschäftigungszuwachs in Hamburg in den kommenden zwölf Monaten hin. Bei der vorherigen Befragung ergab sich noch ein eher uneinheitliches Bild (Saldo im Vorquartal: +1,9) – beim Ausblick auf das Jahr 2022 waren die damaligen Beschäftigungspläne (Saldo im Vorjahresquartal: +11,4) allerdings noch optimistischer als bei der gegenwärtigen Jahresprognose. Ähnliche Muster ergeben sich bei den inländischen Investitionsvorhaben hiesiger Unternehmen. 32,6 % beabsichtigen aktuell eine Erhöhung, 18,0 % hingegen eine Verringerung ihrer Investitionsausgaben in den kommenden zwölf Monaten (Saldo: +14,6; Vorquartal: -1,8; Vorjahresquartal: +16,9).
Sortiert nach der Anzahl der Antworten (Mehrfachnennungen möglich) ergeben sich folgende Hauptmotive für die 2023 geplanten Investitionen im Inland: Ersatzbedarf (64,7 %; Wert der Befragung im Vorquartal: 60,9 %), Produktinnovation (35,3 %; 28,1 %), Rationalisierung (30,3 %; 30,1 %), Umweltschutz (29,0 %; 30,4 %) sowie Kapazitätsausweitung (22,0 %; 22,6 %).
Wie bereits bei der Befragung vor drei Monaten fallen auch zum Ende des vierten Quartals 2022 die Exportaussichten der Hamburger Wirtschaft für die kommenden zwölf Monate alles in allem verhalten aus: Von den antwortenden Unternehmen mit außenwirtschaftlichen Aktivitäten rechnen 23,2 % mit höheren, 18,7 % mit geringeren Exporten (Saldo: +4,5; Vorquartal: -14,6; Vorjahresquartal: +23,1). In etwa gleichbleibende eigene Exporte sehen 58,1 % der Unternehmen voraus. Mit unterschiedlichen Vorzeichen versehen, aber weniger stark abweichend als bei der Befragung vor drei Monaten sind die aktuellen Einschätzungen bei international engagierten Hamburger Dienstleistern einerseits (Saldo: -3,0; Vorquartal: -34,5; Vorjahresquartal: +13,9) und im hiesigen Verarbeitenden Gewerbe andererseits (aktueller Saldo: +5,0; Vorquartal: -3,2; Vorjahresquartal: +26,5).
Die aktuelle Finanzlage der antwortenden Unternehmen (Mehrfachnennungen möglich) ist wesentlich geprägt von Liquiditätsengpässen (10,6 %; Wert der Befragung im Vorquartal: 9,4 %), Eigenkapitalrückgängen (9,2 %; 11,1 %), zunehmenden Forderungsausfällen (8,9 %; 8,8 %), erschwertem Fremdkapitalzugang (4,1 %; 4,6 %), hoher Fremdkapitalbelastung (2,3 %; 3,6 %) sowie drohender Insolvenz (1,5 %; 2,0 %). Auf der anderen Seite halten drei von vier Unternehmen (77,0 %; Vorquartal: 75,0 %) ihre Finanzlage zum Ende des vierten Quartals 2022 für unproblematisch.

Energie

Die Reaktionen der Hamburger Wirtschaft auf die hohen Strom-, Gas- und Kraftstoffpreise sind vielfältig (Mehrfachnennungen). Rund drei von vier Unternehmen (72,5 %) sparen Energie. 45,0 % versuchen, die gestiegenen Kosten zum Großteil an ihre Kundschaft weiterzugeben, 36,9 % investieren in Energieeffizienzmaßnahmen, 14,0 % weichen auf andere Energieträger aus, 11,0 % stellen Investitionen zurück, 3,1 % reduzieren ihre Produktion bzw. ihre Angebote, 2,4 % verlagern ihre Produktion ins Ausland. Hingegen reagieren 11,9 % der Unternehmen nicht auf die hohen Strom-, Gas- und Kraftstoffpreise, weil keine Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind – zudem reagieren 12,4 % nicht, weil sie nicht betroffen sind. 
Zum Ende des vierten Quartals 2022 wurden die an der Handelskammer-Konjunkturbefragung teilnehmenden Hamburger Unternehmen gebeten, die Wirksamkeit der Strompreisbremse sowie der Gas- und Wärmepreisbremse zu bewerten. Aus Sicht von 9,0 % der Unternehmen trifft die Aussage „Die Strompreisbremse stabilisiert kurzfristig meine Geschäftslage“ zu – dies trifft nicht zu, sagen allerdings 26,1 %. Für die Hälfte der Unternehmen (50,5 %) ist derzeit noch keine Aussage möglich. Für 14,4 % ist die Strompreisbremse nicht relevant. Ähnlich fallen die Bewertungen zur Aussage „Die Gas- und Wärmepreisbremse stabilisiert kurzfristig meine Geschäftslage“ aus: trifft zu (benannt von 10,0 % der Unternehmen), trifft nicht zu (27,2 %), noch keine Aussage möglich (49,9 %), nicht relevant (12,9 %).

Einzelne Wirtschaftszweige

Unterschiedlich ausgeprägt ist auch zum Ende des vierten Quartals 2022 das Geschäftsklima in einzelnen Branchen der Hamburger Wirtschaft. Annähernd durchschnittlich (94,0 Punkte in der Hamburger Wirtschaft insgesamt; Vorquartal: 76,3 Punkte) ist das Klima im Gastgewerbe (93,6 Punkte; Vorquartal: 80,1 Punkte), in der Gesundheitswirtschaft (95,4 Punkte; 79,3 Punkte) sowie bei überwiegend unternehmensbezogenen Dienstleistern (96,7 Punkte; 85,9 Punkte). Schlechter fällt das Geschäftsklima im Baugewerbe (82,4 Punkte; Vorquartal: 78,9 Punkte), Verkehrsgewerbe (81,6 Punkte; 62,0 Punkte), bei überwiegend personenbezogenen Dienstleistern (79,8 Punkte; 72,9 Punkte), in der Medienwirtschaft (74,4 Punkte; 62,3 Punkte) sowie im Einzelhandel (70,3 Punkte; 68,8 Punkte) aus. Besser als in der Hamburger Wirtschaft insgesamt ist dagegen das Geschäftsklima im Groß- und Außenhandel (97,7 Punkte; Vorquartal: 60,2 Punkte), Verarbeitenden Gewerbe (99,1 Punkte; 81,3 Punkte), in der IT-Wirtschaft (105,1 Punkte; 72,7 Punkte) sowie im Finanzsektor (118,9 Punkte; 95,9 Punkte).

Aktuelle HWWI-Konjunkturprognose: Deutsche Wirtschaft weiterhin im Krisenmodus

  • Trotz anhaltender Krisen bis Herbst noch moderates Wachstum 
  • Im Winterhalbjahr 2022/23 droht aber Rezession bei Inflation
  • Energieverteuerung und geopolitische Risiken als Wachstumsbremsen
Der Worst Case, ein Andauern des Ukraine-Kriegs sowie damit verbunden eine Verknappung der Energieversorgung, insbesondere von Gas, mit entsprechend hohen Preisen, ist eingetreten. Zudem dauern durch Corona bedingte Personalausfälle und Lieferkettenprobleme an. Das alles hat den Inflationsdruck weiter erhöht – die Verbraucherpreise stiegen in den vergangenen Monaten um etwa 10%, die Erzeugerpreise um 35 % – und die Wirtschaftstätigkeit gebremst. Gleichwohl hat das reale Bruttoinlandsprodukt nach vorläufiger Berechnung des Statistischen Bundesamtes bis zum Herbst noch etwas zugenommen. Dies beruhte vor allem auf einer trotz Inflation deutlichen Erhöhung des privaten Konsums.
Durch den Ukraine-Krieg haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nachhaltig verschlechtert. Die Verteuerung von Energie dürfte, auch wenn sich die Preisspitzen wieder zurückbilden, dauerhaft sein, Handelsbeziehungen wurden eingeschränkt und die Wahrnehmung geopolitischer Risiken (u.a. China) hat sich verschärft. Der weltweite Inflationsdruck lässt die Geldpolitik in immer mehr Ländern restriktiver agieren und der finanzpolitische Handlungsspielraum ist infolge der Krisenbewältigungsprogramme enger geworden. Das alles schränkt die Wachstumsbedingungen ein, wobei Deutschland als Industrie- und Exportland besonders betroffen ist. Der potenzielle Wachstumspfad ist somit zumindest mittelfristig flacher geworden und ein baldiges Aufholen der Wachstumsausfälle der letzten Jahre scheint unter diesen Bedingungen kaum möglich.
Für das Winterhalbjahr 2022/23 muss mit Produktionseinschränkungen – selbst wenn es nicht zu einem Gasmangel kommt, werden doch manche Produktionen aufgrund hoher Energiekosten unrentabel – sowie insgesamt höheren Preisen und damit deutlich verminderter Kaufkraft für die privaten Haushalte gerechnet werden. Die Energiepreisbremsen und die hohen Auftragsbestände sollten den Abschwung abmildern.
Ohne weitere Verschärfung der Krisenlage kann ab Frühjahr 2023 mit einem Überschreiten der aktuellen Preisspitzen und einer Wiederbelebung der Wirtschaft gerechnet werden. 2024 könnte die Wirtschaft dann weiter moderat wachsen. Unter diesen Bedingungen erwartet das HWWI für Deutschland nach einem Wirtschaftswachstum von noch etwas mehr als 1,5 % im vergangenen Jahr für 2023 einen Rückgang um -0,5 % und für 2024 eine Zunahme um annähernd 2 %. Für die Inflationsrate wird nach knapp 8 % im vergangenen Jahr mit einer Abschwächung auf 6,5 % in 2023 und 3 % in 2024 gerechnet.

50 Jahre Handelskammer-Konjunkturbefragungen 

Seit 1971 geben Mitgliedsunternehmen der Handelskammer Hamburg regelmäßig Auskunft zur wirtschaftlichen Lage und den Perspektiven. Ihrem Engagement ist im Jubiläumsjahr 2021 die Ausstellung "50 Jahre Konjunkturbefragungen" gewidmet: Werfen Sie mit uns einen Blick zurück auf Booms und Krisen, Aufschwung und Rezession – und auf die Stellschrauben der Politik im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Inflation: www.hk24.de/konjunkturgeschichte.
Weitere Konjunkturdaten und umfangreiche Statistiken der Handelskammer unter www.hk24.de/konjunktur beziehungsweise www.hk24.de/zahlen. Unser 2020 aktualisiertes Standortportrait “Wirtschaftsstandort Hamburg – Metropole der Zukunft” finden Sie hier.
Das Online-Prognosetool Handelskammer-Fachkräftemonitor Hamburg finden Sie unter www.fkm-hamburg.de.

Konjunkturbeobachtung von DIHK und Handwerkskammer

Seit Herbst 1977 führt der DIHK zweimal jährlich eine Konjunkturumfrage bei den 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland durch. Die aktuellen Umfragen und Prognosen sowie Auswertungen aus den letzten Jahren veröffentlicht der DIHK auf seiner Website. Weitere Informationen zum Thema “ Konjunktur und Wachstum" finden Sie ebenfalls auf der DIHK-Website.
Die Handwerkskammer befragt zweimal jährlich Handwerksbetriebe zur aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die Ergebnisse werden in den Konjunkturberichten der Handwerkskammer Hamburg veröffentlicht. Darüber hinaus fließen die Daten in die Konjunkturberichterstattung auf Bundesebene ein, deren Ergebnis vom Zentralverband des Deutschen Handwerks veröffentlicht wird.