Zollpräferenzen

Lieferantenerklärungen

Die Europäische Union hat mit zahlreichen Ländern und Ländergruppen Handelsabkommen geschlossen, in denen Zollbegünstigungen und -befreiungen (sogenannte Zollpräferenzen) vereinbart wurden.
Um die vereinbarten Zollpräferenzen in Anspruch nehmen zu können, müssen den Zollbehörden bei der Einfuhrverzollung sog. Präferenznachweise vorgelegt werden (zum Beispiel Warenverkehrs­bescheinigungen EUR.1/EUR-MED oder präferentielle Ursprungserklärungen auf der Rechnung).
Präferenznachweise sollen belegen, dass die Waren entsprechend den Ursprungsregeln des jeweiligen Handelsabkommens hergestellt wurden und sind somit Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Zollpräferenzen. Sie dürfen aber nur dann ausgestellt werden, wenn der präferenzielle Ursprung der Waren auch tatsächlich bewiesen werden kann. Zuständig für die Kontrolle von Präferenznachweisen sind die Zollbehörden.
Wenn ein Exporteur nicht selber Hersteller der von ihm exportierten Ware ist, muss er sich von seinem unionsansässigen Vorlieferanten bzw. Hersteller der Ware den präferenziellen Warenursprung nachweisen lassen. Um diesen Nachweis zu ermöglichen, wurde in der Union das System der Lieferantenerklärungen geschaffen. Sie dienen als Belege zu Anträgen auf Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1/EUR-MED und als Grundlage für die Ausfertigung von präferentiellen Ursprungserklärungen auf der Rechnung.
Eine Lieferantenerklärung ist somit eine Erklärung, mit der ein Lieferant/Produzent Angaben über die Präferenzursprungseigenschaft der gelieferten Waren macht. Dies geschieht von Handelsstufe zu Handelsstufe und muss letztlich eine lückenlose Nachweiskette bilden.
Die Rechtsgrundlagen bilden die Artikel 61 bis 66 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (im Folgenden: Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447).

Lieferantenerklärung für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft

Zum einen kann eine Lieferantenerklärung für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Eine solche Erklärung kann grundsätzlich nur von einem in der EU ansässigen Lieferanten für den innereuropäischen Warenverkehr abgegeben werden. Ausnahmen hiervon für Warenbewegungen in Länder, die nicht der EU angehören, sind möglich.
Weitere Voraussetzung ist, dass der präferenzielle Ursprung der Ware vom Erklärenden nachgewiesen werden kann. Dies setzt zwingend voraus, dass der Erklärende den Ursprung der Ware anhand der Präferenzursprungsregel des jeweils einschlägigen Handelsabkommens geprüft hat und ihn dem Zoll gegenüber nachweisen kann. In diesem Zusammenhang sind die geltenden Aufbewahrungspflichten und –fristen zu beachten (siehe unten).
Bei der Prüfung der Präferenzursprungseigenschaft sowie der Ausstellung von Präferenznachweisen ist besondere Sorgfalt geboten. Die Ausstellung einer falschen Lieferantenerklärung kann zum einen zivilrechtliche Konsequenzen in Form von Gewährleistungsansprüchen sowie Schadenersatzansprüchen nach sich ziehen. In steuerrechtlicher Hinsicht besteht die Gefahr der Entziehung von Bewilligungen, z.B. als AEO. Es können zudem steuerstrafrechtliche Konsequenzen, z.B. wegen Steuerhinterziehung, drohen.

Lieferantenerklärung für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft

Zum anderen kann auch eine Lieferantenerklärung für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Eine solche Erklärung kann grundsätzlich nur von einem in der EU ansässigen Lieferanten für den innereuropäischen Warenverkehr abgegeben werden.
Durch Lieferantenerklärungen für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft wird nicht eine bestimmte Präferenzursprungseigenschaft bestätigt, sondern sie weisen lediglich Angaben zu Fertigungsschritten an Vormaterialien auf, die keine Präferenzursprungseigenschaft haben. In der Erklärung kann nach Vormaterialien mit und Vormaterialien ohne Präferenzursprung differenziert werden. In der Praxis werden durch diese Art von Lieferantenerklärungen z.B. nacheinander geschaltete Be- und Verarbeitungsschritte dokumentiert, bis die Ware den Präferenzursprung im Sinne eines Handelsabkommens genießt.
Zu Zwecken vollständiger Kumulierung kann diese Art von Lieferantenerklärung auch für Warenlieferungen raus aus der EU ausgestellt werden.

Geltungsdauer

Außerdem können Langzeit-Lieferantenerklärungen für Waren mit/ohne Präferenzursprungseigenschaft für eine Vielzahl von Warenlieferungen in einem bestimmten Zeitraum abgegeben werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der präferenzielle Warenursprung für den gesamten Gültigkeitszeitraum der Langzeit-Lieferantenerklärung im Moment der Ausstellung von dem Erklärenden garantiert werden kann. Der Erklärende hat den Erklärungsempfänger umgehend zu unterrichten, wenn die in einer Langzeit-Lieferantenerklärung gemachten Angaben nicht mehr zutreffen. Wechselnde Ursprünge während des Gültigkeitszeitraums, z.B. im Falle wechselnder Lieferanten, machen gegebenenfalls den Rückgriff auf (Einzel-) Lieferantenerklärungen erforderlich.
Aktuelle Rechtslage:
Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/989 v. 8. Juni 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der EU vom 13. Juni 2017 (Abl. Nr. L 149/19), hat die EU-Kommission u.a. den Artikel 62 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 zum Unionszollkodex geändert.
Die Gesetzesänderung ermöglicht nunmehr eine hohe Flexibilität für die betroffenen Wirtschaftsbeteiligten bei der Ausstellung von Langzeitlieferantenerklärungen (LLEn). Durch die Änderung wird es beispielsweise wieder möglich, eine LLE unterjährig für das laufende Kalenderjahr und sowohl für vergangene, als auch zukünftige Lieferungen auszustellen. Der Zwang zur Ausstellung getrennter LLEn für derartige Konstellationen entfällt somit.
Die Änderungen treten am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Ausstellung von LLEn nach den neuen Regelungen ist somit seit dem 14. Juni 2017 möglich.
Vor diesem Datum ausgestellte LLEn behalten trotz der Gesetzesänderungen ihre Gültigkeit. Zudem hat die Generalzolldirektion mitgeteilt, dass LLEn, die im Zeitraum zwischen Mai 2016 und Juni 2017 im Widerspruch zur in dieser Zeit gültigen Fassung des Art. 62 UZK-IA falsch ausgestellt wurden, aber der neuen Formulierung entsprechen, von den Zollämtern als zulässig anerkannt werden.
Nach Artikel 62 Abs. 2 DurchführungsVO-UZK muss eine Lieferantenerklärung nach wie vor folgende Daten enthalten, die aber nunmehr praxisfreundlicher ausgestaltet werden können:

Ausfertigungsdatum

Das Datum, an dem die LLE tatsächlich ausgefertigt wird. Dieses Datum ist maßgeblich für die Bestimmung der Geltungsdauer einer LLE.

Anfangsdatum

Das Datum, ab dem die abgegebene Erklärung gelten soll. Dieses darf nicht länger als 12 Monate vor oder 6 Monate nach dem o.g. Ausfertigungsdatum liegen.

Ablaufdatum

Das Datum, an dem die Geltungsdauer der Erklärung endet. Dieses darf nicht länger als 24 Monate nach dem Anfangsdatum liegen.
Beispiel:
Eine LLE für vergangene und/oder zukünftige Lieferungen wird am 1. Juli 2017 ausgefertigt (Ausfertigungsdatum).
Die Geltungsdauer dieser LLE darf nach der neuen Regelung frühestens am 1. Juli 2016 oder spätestens am 1. Januar 2018 beginnen (Anfangsdatum). Innerhalb dieses Zeitraums ist jeder Tag als Anfangsdatum zulässig.
Die Geltungsdauer dieser LLE muss dann spätestens 24 Monate nach dem Anfangsdatum enden (Ablaufdatum). Hat diese am 1. Juli 2016 begonnen zu gelten, endet sie spätestens am 30. Juni 2018. Hat sie am 1. Januar 2018 begonnen, so endet die Geltungsdauer spätestens am 31. Dezember 2019.
Hintergrund der Änderung ist, dass die bisherige Regelung in der Praxis zu einem wesentlich erhöhten Arbeitsaufwand gegenüber der Rechtslage vor Einführung des UZK geführt hatte, da für in der Vergangenheit und in der Zukunft liegende Lieferungen getrennte LLEn erforderlich waren. Die EU-Kommission ist damit einem zentralen Änderungsvorschlag von DIHK und IHKs gefolgt, die sich für eine Änderung der Rechtslage eingesetzt hatten.

Wortlaute und Formvorschriften

Die Wortlaute für Lieferantenerklärungen sind durch die Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 verbindlich festgelegt und stehen als Download in verschiedenen Sprachen zur Verfügung:
Abgegeben werden können Einzel-Lieferantenerklärungen als separates Schriftstück, auf der Rechnung, einem zugehörigen Lieferschein oder auf einem sonstigen Handelspapier. Langzeit-Lieferantenerklärungen werden auf einem separaten Schriftstück abgegeben. Die Erklärung muss in der Regel im Original unterzeichnet werden. Eine Ausnahme hiervon besteht nur im Falle einer elektronischen Rechnungserstellung.
Auch bei der Ursprungsangabe, Länderkürzeln sowie der korrekten Abkürzung zusammengefasster Ländergruppen bestehen besondere formelle Vorgaben.

Aufbewahrung und externe Prüfung

Nach Ausfertigung einer (Langzeit-)Lieferantenerklärung trifft den Erklärenden die Pflicht, alle für die Richtigkeit der Erklärung relevanten Belege aufzubewahren. Da es sich bei Lieferantenerklärungen um Handels- und Geschäftspapiere handelt, gilt gemäß Paragraph 147 AO grundsätzlich eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren. Die Frist beginnt mit Ende des laufenden Jahres. Bei Ausfertigung auf einer Rechnung oder einer sonstigen Unterlage im Sinne des Paragraph 147 Absatz 1 Nummer 4 oder 4a AO gilt eine verlängerte Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren.
Gemäß den Artikeln 64 bis 66 Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 können die Zollstellen bei Zweifeln an der Echtheit einer abgegebenen (Langzeit-)Lieferantenerklärung vom Ausführer oder Wirtschaftsbeteiligten ein Auskunftsblatt INF 4 verlangen. Die Zollstelle verlangt bei begründeten Zweifeln an der Echtheit oder Richtigkeit einer Lieferantenerklärung vom Ausführer vor der Ausstellung einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder EUR-MED ein Auskunftsblatt INF 4. Es obliegt dem Ausführer, seinen Lieferanten aufzufordern, bei der zuständigen Zollstelle das Auskunftsblatt INF 4 zu beantragen. Für die Beschaffung von Auskunftsblättern ist eine Frist von 120 Tagen zu setzen. Diese Frist kann verlängert werden, wenn Vorlieferantenerklärungen nachzuprüfen sind. Nach Ablauf dieser Frist ist vorbehaltlich des Absatzes 20 der Antrag auf Ausstellung des Präferenznachweises endgültig abzulehnen.