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Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten – Pflichten für Unternehmen

Am 29. Juni 2023 tritt die EU-Entwaldungsverordnung (VO (EU) 2023/1115 (EUDR)) in Kraft. Mit der Verordnung will die Europäische Union einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zur Reduzierung von Waldschädigung leisten. In der EU ansässige Unternehmen, die in der VO genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, sehen sich mit umfangreichen Compliance-Pflichten konfrontiert, die ab dem 4. Quartal 2024 einzuhalten sind. Kleine und mittelständige Unternehmen werden ab dem 2. Quartal 2025 in die Pflicht genommen.
Die Verordnung enthält Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung auf dem Unionsmarkt sowie für die Ausfuhr von Waren aus der Union, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurde.
Sicherzustellen ist, dass diese aus – seit 2020 – entwaldungsfreien Gebieten stammen und, dass die vor Ort geltenden Rechtsvorschriften eingehalten wurden.
Hierunter fallen gem. Anhang I der Verordnung die folgenden Warengruppen:
  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz
Die Europäische Union behält sich hierbei das Recht vor, im Rahmen einer Folgenabschätzung die Liste der relevanten Erzeugnisse auch um weitere Waren zu erweitern.
Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse daraus dürfen gemäß Artikel 3 nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
  • Ware ist entwaldungsfrei
  • Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
  • Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor
Sorgfaltspflichten
Die Verordnung fordert umfangreiche Sorgfalts- und entsprechende Nachforschungspflichten, deren Umsetzung gänzlich dokumentiert und in einem Sorgfaltsbericht dargelegt werden muss. Diese Pflichten umfassen nachstehende -und aufgrund der Fülle nicht abschließend dargestellten- Punkte:
Informationsanforderungen gemäß Artikel 9
  • Beschreibung des Erzeugnisses inklusive. einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter Verwendung es hergestellt wurde
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Herstellungslandes erfolgt ist
Risikobewertung gemäß Artikel 10
  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und -regionen
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte
Maßnahmen zur Risikominimierung gemäß Artikel 11
Sofern die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind vom Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern.
  • Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
  • Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits
Zudem müssen Marktteilnehmer angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren implementieren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern. Genannt ist Folgendes:
  • Modellverfahren für das Risikomanagement, Berichterstattung, Aufzeichnungen, interne Kontrolle und Compliance-Management sowie die Benennung eines Compliance-Beauftragten (nicht für KMU).
  • Eine unabhängige Prüfstelle zur Überprüfung der vorausgegangenen Punkte
Dieser Prozess muss dokumentiert und mit einer an die – noch zu bestimmende – Behörden zu übermittelnden Sorgfaltserklärung ergänzt werden.
Diese Informationen sind laut Verordnung innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zum Betrieb, der das Produkt an den Endkunden abgibt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht Erst-Inverkehrbringer sind, müssen Aufzeichnungen über Lieferanten und Kunden sammeln und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur bei Erhalt der notwendigen Referenznummer der Sorgfaltserklärung auf dem Markt bringen.  
Verstöße gegen die neue EU-Verordnung können mit hohen Bußgeldern, bei Kapitalgesellschaften vier Prozent des Jahresumsatzes, bestraft werden. Außerdem müssen Produkte, die den Vorgaben der Verordnung nicht entsprechen, gegebenenfalls öffentlich zurückgerufen, gespendet oder verwertet werden.
Im Rahmen der Umsetzung richtet die Kommission ein Register für die Erfassung von Marktteilnehmern und Händlern sowie ihren Bevollmächtigten ein. Außerdem werden dort die Sorgfaltserklärungen registriert, und es dient der Übermittlung einer Referenznummer für jede Sorgfaltserklärung an den betreffenden Marktteilnehmer oder Händler vor dem Inverkehrbringen auf dem Binnenmarkt. Um die Unternehmen bei der Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Handel mit Soja, Ölpalmen, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten Erzeugnissen zu unterstützen, hat die Kommission einen FAQ-Katalog online gestellt, der laufend aktualisiert wird.