Mindeststeuergesetz

Der Deutsche Bundestag hat am 10. November 2023 in 2./3. Lesung das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen und damit den Weg zu einer Anwendung der globalen Mindeststeuer in Deutschland frei gemacht.
Die erforderliche Zustimmung durch den Bundesrat wurde am 15. Dezember 2023 erteilt, so dass das Gesetz noch vor Jahresende im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und fristgerecht zum 1. Januar 2024 zur Anwendung kommen kann.

Übersicht

Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen“ (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG) wird die sogenannte Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU vom 15. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt. Neben den konkreten Detailbestimmungen im neu geschaffenen „Mindeststeuergesetz“ (MinStG) sieht das Gesetz auch flankierende Maßnahmen, wie z.B. bei der Hinzurechnungsbesteuerung oder der Lizenzschranke, in anderen Gesetzen vor.

Globale Mindeststeuer

Unter dem Dach der OECD arbeiten 139 Staaten im sog. Inclusive Framework on BEPS (IF) an einer Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung. Im Rahmen des dort entwickelten 2-Säulenmodelles soll sowohl eine Umverteilung der Besteuerungsrecht bei sehr großen Unternehmensgruppen (Säule 1) als auch die Einführung einer globalen effektiven Mindestbesteuerung von mindestens 15 % (Säule 2) erfolgen.
Hinsichtlich der globalen Mindeststeuer (Global Anti-Base Erosion Rules – GloBE) hatte das Inclusive Framework bereits am 20. Dezember 2021 ein Rahmenwerk (Model Rules) veröffentlicht und im Anschluss weitergehende Regelungen (z.B. Kommentar, Verwaltungsleitlinien) erarbeitet. Die Europäische Union hatte diese Arbeiten aufgegriffen und ihrerseits am 14. Dezember 2022 eine entsprechende EU-Richtlinie verabschiedet, welche eine EU-weit einheitliche Anwendung der Mindeststeuerregelungen in allen EU-Mitgliedsstaaten ab dem Jahr 2024 sicherstellen soll.

Diskussionsentwurf – Referentenentwurf - Gesetzentwurf

Mit Blick auf eine passgenaue Umsetzung der EU-Richtlinie hatte das BMF am 20. März 2023 einen ersten Diskussionsentwurf veröffentlicht, zu dem die DIHK gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft Stellung genommen hatte. In der Folge legte das BMF am 10. Juli 2023 einen überarbeiteten Referentenentwurf vor, in dem neben weiteren Detailbestimmungen auch flankierende Maßnahmen, wie zum Beispiel die Absenkung der Niedrigsteuergrenze des § 8 AStG auf 15 Prozent, die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen oder die Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG) vorgeschlagen wurden. Hierzu hatte die DIHK gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft mit Schreiben vom 21. Juli 2023 Stellung genommen. Am 17. August 2023 wurde schließlich der Gesetzentwurf der Bundesregierung veröffentlicht, der weitergehende Modifizierungen beinhaltet.

DIHK am 16. Oktober 2023 in der Sachverständigenanhörung im Finanzausschuss Bundestag

Die DIHK hatte am 10. Oktober 2023 zum Gesetzentwurf gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft Stellung genommen. Zudem haben wir am 16. Oktober 2023 in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, zu dem die DIHK als Sachverständige geladen war, die Forderungen unserer Mitgliedsunternehmen erneut vorgetragen.

Gesetzbeschluss vom 10. November 2023

Auf seiner Plenarsitzung vom 10. November 2023 hat der Deutsche Bundestag das Mindestbesteuerungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz nunmehr in 2./3. Lesung verabschiedet. Auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 8. November 2023 wurden neben redaktionellen Änderungen noch weitere materiell-rechtliche Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf vorgenommen. Dabei wurden die am 13. Juli 2023 vom Inclusive Framework on BEPS angenommenen Verwaltungsleitlinien („Agreed Administrative Guidance“) umgesetzt. Umgesetzt wird auch in § 101 Abs. 3 MinStG der sog. Penalty Relief der OECD, sodass für einen Übergangszeitraum bis 30.6.2028 (§ 84 Abs. 1 MinStG) die Bußgeldvorschriften des § 98 MinStG keine Anwendung finden.

Änderungen durch den Finanzausschuss:

  • Entsprechend der OECD-Verwaltungsleitlinien wurden nunmehr Ergänzungen bei den Safe-Harbour-Regelungen vorgenommen:
    - Safe-Harbour für vereinfachte Berechnungen (CbCR-Safe Harbour) und bei unwesentlichen Geschäftseinheiten (§§ 79, 80 MinStG)
    - Safe Harbour bei anerkannten nationalen Ergänzungssteuern (§ 81 MinStG)
    - Safe-Harbour bei der sekundären Ergänzungssteuer (§ 89 MinStG)
  • Ergänzende Bestimmungen wurden zu „marktfähigen und übertragbaren steuerlichen Zulagen“ (§ 28 MinStG) dergestalt getroffen, dass diese als Ertrag bei Berechnung des Mindeststeuer-Jahresüberschusses bzw. -fehlbetrages gem. § 18 MinStG zu erfassen sind.
  • Im neuen § 29 MinStG wurden Regelungen zur Berücksichtigung von Steuervorteilen aufgenommen, welche „mittelbar über Beteiligungen an steuertransparenten Einheiten“ dem Inhaber zufließen.
  • Im Rahmen des substanzbasierten Freibetrages (Substance-Carve out) wurde präzisiert, dass nur diejenigen Lohnkosten berücksichtigungsfähig sind, die auf Beschäftigte mit einer Tätigkeitsausübung im betreffenden Staat entfallen (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 MinStG).
    Zudem werden materielle Vermögenswerte gem. § 60 Abs. 1 S. 2 MinStG nur anteilig berücksichtigt, soweit sie nicht mehr als 50 Prozent des Geschäftsjahres im selben Steuerhoheitsgebiet der Geschäftseinheit belegen sind.
    Bezüglich des Mietleasings wurde in § 60 Abs. 2 S. 2 MinStG geregelt, dass die Buchwerte beim Leasinggeber berücksichtigt werden, soweit diese den Wert des Nutzungsrechtes beim Leasingnehmer übersteigen.
  • Im neuen § 97 MinStG wurden Regelungen zur Währungsumrechnung in den Fällen aufgenommen, in denen der Konzernabschluss bzw. der Steuererhöhungsbetrag nicht in Euro erstellt bzw. ermittelt wurde.
  • § 99 Abs. 4 S. 1 beinhaltet eine Öffnungsklausel, wonach zukünftige, vom Inclusive Framework einvernehmlich angenommene Safe-Harbour-Regelungen ohne nationalem Anwendungsbefehl automatisch Rechtskraft in Deutschland erhalten. Das BMF wird zudem in § 99 Abs. 4 Satz 2 MinStG ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates entsprechende Detailbestimmungen im Verordnungsweg zu erlassen.
  • Auf Wunsch des Bundesrates (Stellungnahme vom 29. September 2023) wurde nunmehr in § 5 Abs. 1 Nr. 5h Buchst. b) Finanzverwaltungsgesetz geregelt, dass die Gruppenträgermeldungen an das BZSt gem. § 3 Abs. 4 MinStG an die Landesfinanzbehörden weiterzuleiten sind.
  • Hinsichtlich der Abbildung latenter Steuern in der Handelsbilanz wird in § 274 Abs. 3 HGB nunmehr geregelt, dass Differenzen aus der Anwendung der GloBE-Regelungen nicht nur beim erstmaligen Ansatz, sondern auch bei der Bewertung bereits gebildeter Steuerlatenzen außer Acht bleiben.

Unverändert gebliebene Regelungen:

  • Die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 5 AStG) von 25 % auf 15 % wurde beibehalten.
  • Beibehalten wurde zudem die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Lizenzschranke (§ 4j Abs. 2 EStG) von 25 % auf 15 %. Nicht aufgegriffen wurde das Petitum der DIHK, die noch im Referentenentwurf vorgesehene vollständige Abschaffung der Lizenzschranke wieder aufzunehmen.

Nicht aufgenommene Anregungen:

  • Die ursprünglich avisierte Aufhebung der Gewerbesteuerpflicht auf Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG (§ 7 S. 7 - 9 GewStG) wurde nicht aufgegriffen, da hierdurch Steuermindereinnahmen für die Kommunen von rund 120 Mio. Euro befürchtet wurden.
  • Nicht aufgegriffen wurde die Anregung der DIHK, eine White-list für solche Jurisdiktionen zu schaffen, bei denen auf Grund eines dort existierenden, hohen Nominalsteuersatzes eine Niedrigbesteuerung unter 15 % erfahrungsgemäß ausgeschlossen werden kann.
  • Nicht aufgegriffen wurde zudem das Petitum der DIHK, einen sog. QDMTT-Carve out in der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung zu verankern, wonach eine Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 – 14 AStG) bei Zwischengesellschaften in Staaten mit einer anerkannten nationalen Ergänzungssteuer unterbleibt.

Aufkommenswirkung

Die Steuermehr-/Mindereinnahmen für das gesamte Gesetzespaket werden wir folgt geschätzt:
Gebiets-
körperschaft
Volle Jahreswirkung Kassenjahr
2024 2025 2026 2027 2028
Insgesamt +20
– 25 +950 +650 +420
Bund +80
– 4 +492 +383 +280
Länder +79
– 2 +491 +383 +279
Gemeinden -139
– 19 – 33 – 116 – 139