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WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 10/2014
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AUFMACHER
VON MICHAEL SCHLAG
D
er Bezirk der IHK Gießen-Friedberg
ist reich an landwirtschaftlichen Kul-
turräumen: die intensive Ackerbaure-
gion Wetterau, das vielfältige Gießener
Land, die Weidegebiete im Vogelsberg. In
früheren Zeiten basierte die Ernährung
zwangsläufig auf den natürlichen Ressour-
cen dieser Regionen, heute kommen die
Nahrungsmittel aus aller Welt. Seit einigen
Jahren aber findet bei den Verbrauchern
eine Rückbesinnung statt, auf die regionale
Herkunft ihrer täglichen Lebensmittel. So
wurde Regionalität zur Trumpfkarte bei der
Vermarktung von Lebensmitteln und die
heimische Ernährungsindustrie stellt sich
mit Erfolg darauf ein.
Herkunftsgarantie dank
Bürokratie
Gießen-Lützellinden, Gewerbegebiet
Rechtenbacher Hohl“, viel Platz für Neuan-
siedlungen, günstige Verkehrsanbindung an
die A45. Hier eröffnete in diesem Sommer
das Fleischunternehmen Emil Färber GmbH
seine neuen Betriebsgebäude für das Zerle-
gen, Verpacken und Reifen von frischem
Fleisch. Gießen ist eine der nördlichen Nie-
derlassungen des Fleischunternehmens aus
Emmendingen. „Unsere Stammkundschaft
sind die Metzger und die Gastronomie“, sagt
Volkmar Schaaf, Geschäftsstellenleiter in
Gießen-Lützellinden, nicht mehr alle Metz-
ger schlachten selber, andere kaufen Teil-
stücke hier zu. Doch wie besteht man als
regionaler Vermarkter in einem globalen
Fleischmarkt, der dominiert wird von weni-
gen große Konzernen? Volkmar Schaaf
nennt drei Argumente: Frische, Qualität,
Spezifikation. „Es gibt immer noch Kunden,
die wollen frisches Fleisch“, und das Rind-
fleisch aus Lützellinden ist von nachvoll-
ziehbarer Herkunft. Schaaf zeigt auf Rinder-
hälften und Teilstücke, die im Kühlhaus an
Haken von der Decke hängen: Jedes Stück
trägt ein kleines Etikett. „Wir kennen von
jedem Vieh die Adresse“, erzählt Schaaf,
den Namen kennen wir zwar nicht, aber die
Ohrmarkennummer.“ Die steht auf dem Eti-
kett und auf dem dazu gehörenden Rinder-
pass, der jedes Kalb von Geburt an begleitet
von der Weide zum Schlachthof über den
Zerlegebetrieb bis hin zur Ladentheke.
Schaaf blättert durch die Rinderpässe der
vergangenen Tage: Lich, Kefenrod, Gedern,
sie stammen aus den heimischen Grünland-
gebieten, wo die Tiere meist auch Weide-
gang haben. Die bürokratische Rinderkenn-
zeichnung – eingeführt vor 15 Jahren –
Trumpfkarte Regionalität
Frische, Qualität und Spezifikation – Rückbesinnung bei
Verbrauchern auf heimische Ernährungsindustrie
Fotos: Michael Schlag
Transparenz“ - Volker Schaaf (1) weiß
anhand des Rinderpasses, woher die von sei-
nen Metzgern zerlegten Tiere stammen (2).
Von den Kunden besonders geschätzt wird das
trockengereifte Roastbeef (3).