Seite 34 - Wirtschaftsmagazin

WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 5/2014
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SONDERTHEMA MEDiATiON
Der neue Weg zur Konfliktkultur
Mediation ist eine Chance zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten.
D
ie mittelhessischen IHKs
wollen dazu beitragen,
die Vorteile der außerge-
richtlichen und konstruktiven
Beilegung von Konflikten noch
mehr in den Fokus zu rücken.
Die IHKs Gießen-Friedberg,
Lahn-Dill und Limburg haben
daher gemeinsam die IHK–
Mediationsstelle Mittelhessen
ins Leben gerufen.
Gegensätzliche Führungssti-
le, fehlende Kommunikation:
An der Nachfolgeregelung
drohten in einem mittelständi-
schen Unternehmen Firma und
Familie zu zerbrechen. Bei
einem Software-Dienstleister
endete die vertrauensvolle
Zusammenarbeit der Gesell-
schafter mit einer verbitterten
Auseinandersetzung. In einem
Industriebetrieb erschwerte das
vergiftete Betriebsklima die
Produktion. Drei Fälle aus dem
Berufsalltag, für die die Media-
tion eine Lösung bietet. Was
Mediation leisten kann, zeigen
nachfolgende Beispiele.
Kontroversen auf
Führungsebene
Die
Ausgangssituation
schien optimal: Anfang 2000
gründeten zwei IT-Experten ein
Unternehmen für Softwareent-
wicklung. Der eine übernahm
die Akquisition, der andere die
Durchführung der komplexen
Entwicklungsaufträge. Doch
kurz nach der viel versprechen-
den Geschäftsgründung ließen
der Einbruch der New Economy
und die Flaute in der IT-Branche
die Preise purzeln. Schnell
gerieten die Geschäftspartner in
einen Streit über die richtige
Geschäftsphilosophie. Als einer
der beiden schließlich zur Dek-
kung seines privaten Bedarfs
auch noch mehr aus der Unter-
nehmenskasse nahm als ihm
zustand, platzte dem anderen
der Kragen. Christian Bernhard,
Leiter der Rechtsabteilung der
IHK Lahn-Dill und ausgebilde-
ter Mediator: „Dies ist ein klas-
sischer Streitfall zwischen zwei
Gesellschaftern, der so oder so
ähnlich immer wieder vor-
kommt – und nicht selten vor
dem Richter endet.“ Dies hat in
der Regel jedoch die Zerschla-
gung des Unternehmens und
nicht selten auch immensen
finanziellen Verlust für die
Gesellschafter zur Folge. Im
Mediationsverfahren wird es
laut Bernhard den Beteiligten
möglich, wieder miteinander in
einen Dialog zu kommen. So
können die Konflikte lösungs-
orientiert bearbeitet werden.
Tatsächlich gelang es auch den
Kontrahenten im vorliegenden
Fall in der Mediation, ihre per-
sönlichen Kontroversen auszu-
räumen. Im Laufe der Zeit sahen
sie ein, dass sie ihren Streit um
die Zukunft des Unternehmens
nur dann lösen können, wenn
sie die Lösung selbst finden –
über alle Meinungsverschieden-
heiten und persönlichen Ani-
mositäten hinweg. Es gelang
ihnen, sich hinsichtlich der
wirtschaftlichen Eckdaten des
Unternehmens zu verständigen
und das Unternehmen zu retten.
Nachfolgeregelung
leicht gemacht
In einem Unternehmen der
Automobilzulieferbranche hatte
das mangelnde Vertrauen des
Vaters in die Fähigkeiten des
Nachwuchses zur erheblichen
Verschlechterung des Betriebs-
klimas geführt. Der Sohn war
vor vier Jahren in den Betrieb
eingestiegen. Seine Aufgaben–
und Verantwortungsbereiche
waren aber nie festgelegt wor-
den. Es gab nur vage Abspra-
chen, dass er den Betrieb ken-
nenlernen und Führungsfähig-
keiten zeigen sollte. Doch wäh-
rend der Vater in seinem Sohn
keine wirkliche Hilfe sah, er
führe nur Sachbearbeitertätig-
keiten aus und könne den
Betrieb noch lange nicht über-
nehmen, war der Sohn der Mei-
nung, dass er den Betrieb mit
dem Prokuristen praktisch
bereits leite. Die verfahrene
Situation drohte zu eskalieren
und gefährdete die geplante
Nachfolgeregelung. Mediator
Bernhard sagt dazu: „Dieser Fall
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