WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 3/2014
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WIRTSCHAFT UND POLITIK
erstmalig mit grünen Wirtschafts- und Ver-
kehrskonzepten beschäftigen. Und die über-
rascht sind, dass auch grüne Politik schwarze
Zahlen schreiben will. Bei manchen zeigt
sich dann ein Aha-Effekt: Mensch, die essen
ja auch mit Messer und Gabel. Ich möchte
eine nachhaltige Wirtschaftspolitik betrei-
ben, die langfristig erfolgreich ist und nicht
auf den kurzfristigen Gewinn setzt.
Sie sind also nicht das Schreckge-
spenst, von dem im Wahlkampf mit-
unter die Rede war?
(
lacht) Ich war ja 14 Jahre Fraktionsvorsit-
zender meiner Partei, kenne die meisten der
handelnden Personen seit Jahren und habe
mit unzähligen Betriebsinhabern persönlich
gesprochen. Die hatten keine Angst vor mir
–
was die Linkspartei bedauert, ich aber nicht.
Laut Wirtschaftswunder-Kanzler Lud-
wig Erhard ist Wirtschaft zu 50 Pro-
zent Psychologie. Was wollen Sie tun,
Seit dem 18. Januar 2014 ist Tarek Al-Wazir
der erste grüne Wirtschaftsminister in der
Geschichte Hessens. Zugleich ist der 43-jäh-
rige Diplom-Politologe stellvertretender
Ministerpräsident der bundesweit ersten
schwarz-grünen Koalition eines Flächenlan-
des. In einem exklusiven Interview für die
hessischen IHK-Magazine spricht Al-Wazir
über seine neue Rolle, bezahlbare Energie
und Akzente, die er beim Schienenausbau
und beim Frankfurter Flughafen setzen will.
Herr Al-Wazir, wie sind Ihre Begeg-
nungen mit Unternehmern in den
ersten Wochen verlaufen, seitdem Sie
Wirtschaftsminister sind?
Die Unternehmer zeigen sich offen, interessiert
und neugierig, was ein Grüner als Wirtschafts-
und Verkehrsminister so denkt. Grundsätzlich
erlebe ich einen Vertrauensvorschuss.
Gibt es auch Vorbehalte?
Es gibt sicherlich Menschen, die sich jetzt
„
Ich will neues Vertrauen schaffen“
Gordon Bonnet von der IHK Wiesbaden im Gespräch mit Tarek Al-Wazir.
um Unternehmern eine mögliche Ver-
unsicherung gegenüber dem ersten grü-
nen Wirtschaftsminister zu nehmen?
Verunsicherung nehme ich nicht wahr. Meine
Rolle als Wirtschaftsminister ist es ja nicht,
wirtschaftliche Aktivität zu bremsen. Die
Unternehmen wollen erst mal nur gute Rah-
menbedingungen, um eigenständig vernünf-
tig wirtschaften zu können. Aber ich sehe die
Aufgabe von Wirtschaftspolitik auch nicht
darin, möglichst gar keine Regeln zu haben.
Unternehmerischer Erfolg sollte mit gesell-
schaftlicher Verantwortung verknüpft wer-
den. In der letzten Wirtschaftskrise hat sich
gezeigt, dass gerade mittelständischen und
familiengeführten Unternehmen der Erhalt
ihrer Fachkräfte wichtiger ist als Quartals-
zahlen. An dieses Wertesystem möchte ich
mit meiner Politik anknüpfen.
Was möchten Sie anders machen, als
Ihre FDP-, CDU- und SPD-Vorgänger
im Amt?
Foto: Paul Müller