WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 2/2014
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AUFMACHER
Kommentar
Vorreiter in der region
Energiewende aus Sicht von Rainer Schwarz, Vorstandsvorsitzen-
der der ovag Energie AG und Mitglied der IHK-Vollversammlung
„
V
orreiter der Energiewende“, die-
sen Titel hat das regionale Ener-
gieversorgungsunternehmen
ovag Energie AG im vergangenen Jahr im
Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs
von der Deutschen Umwelthilfe als Aus-
zeichnung für das besondere Engagement
des Unternehmens beim Ausbau der Nut-
zung erneuerbarer Energien für die Stromer-
zeugung verliehen bekommen.
Drei Photovoltaik-Freiflächenparks mit
fast zehn Megawatt Spitzenleistung, die mit
der Stadt Linden und der Gemeinde Wöl-
fersheim gemeinsam betrieben werden und
diverse Photovoltaik-Dachanlagen auf kom-
munalen Liegenschaften mit weiteren
1,3
Megawatt, sind ein klares Bekenntnis für
die Nutzung regionaler Potentiale und loka-
ler Wertschöpfung. Dies gilt auch für die
eigene Biogasanlage in Wölfersheim-Ber-
stadt mit der Aufbereitung zur Einspeisung
ins Erdgasnetz. 70 Landwirte aus einem
Umkreis von rund 20 Kilometern sind in die
Lieferung der Substrate für den Gärprozess
sowie die Nutzung der Gäreste eingebunden.
Durch Einspeisung des Bioerdgases lässt
sich diese nachhaltige, regenerative Ener-
giequelle dezentral nutzen, um mit Kraft-
wärmekopplungsanlagen dezentralen grü-
nen Strom zu erzeugen und umweltfreund-
liche Wärme – schadstoffarm und ressour-
censchonend.
Ein großes Standbein der regenerativen
Stromerzeugung für die ovag Energie AG –
und auch die Technologie, auf die das Gelin-
gen der Energiewende am stärksten ange-
wiesen ist – ist die Windenergie. Die Höhen-
lagen des Vogelsbergs bieten ein großes
Potential, das die Unternehmensgruppe kon-
sequent im Lauf der vergangenen 20 Jahre
in Hessen erschlossen hat. Dank der Projekt-
entwicklungen ihrer Tochtergesellschaft
hessenENERGIE kann die ovag Energie AG
inzwischen auf ein Windparkportfolio mit
einer installierten Leistung von rund 80
Megawatt blicken.
All diese Projekte, die die gewollte Ener-
giewende erst ermöglichen und damit zur
Sicherung des Klimaschutzes beitragen, ent-
standen unter den Förderbedingungen des
Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG). Die-
ser Ausbau- und Entwicklungsstand hat
auch inzwischen zu deutlichen Kostenre-
duktionen und Effizienzsteigerungen ge-
führt, so dass vor allem die Nutzung von
Wind und Sonne ökonomisch näher an den
Wettbewerb mit konventionellen Energien
herangeführt werden konnte.
neue rahmenbedingungen
erforderlich
Mit einem Anteil von heute etwa 25 Pro-
zent Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien und der aus der Förderung entste-
henden Mehrkosten für die Stromerzeugung
von rund 20 Milliarden Euro ist eine Grö-
ßenordnung erreicht, die eine grundlegende
Neugestaltung des EEG erfordert. Neben nun
einer erreichten Belastungsgrenze der EEG-
Umlage auf den Strompreis für Haushalte,
Gewerbekunden wie auch Teile der Industrie
führt der regulatorische Markteingriff bei
den auf Jahrzehnte weiterhin für die Versor-
gungssicherheit notwendigen fossilen Kraft-
werken zu Marktverzerrungen, die weiteren
volkswirtschaftlichen wie ökologischen
Schaden anrichten. So lassen sich die sau-
bersten fossilen Kraftwerke, die erdgasbe-
triebenen Gas- und Dampfturbinen-Kraft-
werke (GuD) nicht mehr wirtschaftlich
betreiben. Braun- und Steinkohle ersetzen
vornehmlich die wegfallenden Atomkraft-
werksproduktionen und lassen die CO
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Bilanz wieder ansteigen.
Die erneuerbaren Energien können
naturgemäß nur in sehr geringem Maße
gesicherte Leistung bereitstellen, und der
Netzausbau hat mit der Entwicklung der
erneuerbaren Energien nicht mitgehalten.
Ausreichende Speicherkapazitäten sind
ebenfalls nicht in Sicht.
Ein neues EEG muss mit einem klar defi-
nierten, langfristig gültigen Ausbaupfad für
das Ziel einer weitestgehend auf erneuerba-
ren Energien basierenden Energieversor-
gung in den nächsten Jahrzehnten stärker
wettbewerbsorientierte Förderbedingungen
unter Einbeziehung der System- und Netz-
integration bieten. Daneben muss die Ver-
sorgungssicherheit durch flexible und kli-
maschonende Gaskraftwerke flankiert wer-
den. Das geht derzeit nur, wenn vorgehalte-
ne Leistungen einen Marktwert erhalten.
Das Ziel ist klar, doch es muss nicht der
steilste Weg auf den Gipfel auch der ökolo-
gisch, ökonomisch und gesellschaftlich effi-
zienteste sein. Ein ausgewogener Ausbau-
pfad hat daher oberste Priorität.
n
Foto: ovag