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WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 2/2014
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AUFMACHER
Aus Sicht der „Deutsche Energie-Agentur GmbH“
Die Energiewende neu justieren
Ein unmögliches Vorhaben ohne wirtschaftliche Bedarfsreduktion
G
anz oben auf der Agenda der zukünf-
tigen Regierungspolitik muss die
Frage stehen, mit welchen Strategien
wir die wirtschaftlichen Energieeffizienz-
Potenziale im industriellen, öffentlichen und
privaten Sektor heben können. Wir müssen
in Zukunft funktionierende Effizienzmärkte
schaffen, mit denen wir die wirtschaftliche
Reduzierung des Energiebedarfs erreichen.
Ohne Energieeffizienz wird und kann die
Energiewende nicht gelingen.
Energieeffizienz rechnet sich; auch für
die Volkswirtschaft. Sie schafft in Deutsch-
land zusätzliche Arbeitsplätze, reduziert die
Importabhängigkeit und die Energiekosten-
belastung der Verbraucher und nicht zuletzt
erhöht sie die Exportchancen für deutsche
Anlagen, Maschinen und Produkte auf den
globalen Märkten. Egal ob in China, Russ-
land, Kasachstan oder der Türkei, überall
sind deutsche Effizienztechnologien gefragt.
Die Realisierung der großen Energieein-
sparpotenziale muss marktwirtschaftlich
organisiert werden und nicht über staatli-
che Zwangsvorschriften oder Verpflich-
tungssysteme. Natürlich muss der Staat die
Ziele definieren, den Rahmen abstecken
und die notwendigen Förderinstrumente
bereitstellen. Die konkrete Ausgestaltung
und Umsetzung sollte aber individuell
erfolgen. Über die Energieeinsparverord-
nung hat der Staat beispielsweise für Neu-
bauten die Effizienzanforderungen um
25
Prozent verschärft, was wirtschaftlich
sinnvoll ist. Gleichzeitig wurde durch die
Beschlüsse zur Anwendung und Ausgestal-
tung des Gebäudeenergieausweises ein
wichtiges Instrument für mehr Markttrans-
parenz geschaffen. Jetzt muss noch der För-
derrahmen neu gestaltet werden. Neben
dem bestehenden KfW-Programm benöti-
gen wir dringend die steuerliche Abschrei-
bungsmöglichkeit für Energieeffizienzinve-
stitionen, um die angestrebte energetische
Sanierungsrate zu erreichen.
13
Jahre EEG sind genug
Die Energiewende neu zu justieren heißt,
Anreize für Innovationen zu schaffen. Heute
sind Investoren gefragt, die sich neue Märk-
te und Kunden für ihre Stromerzeugung
suchen, in zukunftsweisende Techniken
investieren und damit tatsächlich dafür sor-
gen, dass das Energiesystem intelligenter
wird. Deshalb kann man den Regierungsauf-
trag auch provokativ so formulieren:
13
Jahre Erneuerbare-Energien-Gesetz sind
genug. Der Vorrang für den Ausbau von
Photovoltaikanlagen und Windkraftwerken
ohne jegliche energiewirtschaftliche Steue-
rung darf keine absolute Priorität mehr
genießen. Stattdessen sollten alle Kräfte auf
die umfassende Optimierung des Energiesys-
tems konzentriert werden.
Die Vorschläge zur Änderung des Erneu-
erbaren-Energien-Gesetzes können nur der
Anfang einer grundlegenden Reform sein,
die angesichts der drängenden Probleme
schnell kommen muss. Das Auktionsmodell
für erneuerbare Energien ist ein richtiges
Instrument, um den weiteren Ausbau der
regenerativen Stromerzeugung energiewirt-
schaftlich zu steuern. Damit wird eine defi-
nierte Menge an regenerativer Stromerzeu-
gung in einer bestimmten Region ausge-
schrieben. Diese soll dann vom Erzeuger
direkt vermarktet werden. Bei dem Aukti-
onsmodell bekommen diejenigen Investoren
den Zuschlag, die unter Berücksichtigung
der Netz- und Infrastrukturkosten den nied-
rigsten Förderbedarf aufweisen. Damit
könnte das bisherige System der staatlich
festgelegten Vergütungssätze abgelöst wer-
den durch ein Modell, das gute Innovations-
anreize bietet, weil die zu zahlenden Prämi-
en durch den Markt ermittelt werden.
Konventionelle Kraftwerke
bleiben wichtig
Wir geben im Jahr 2013 knapp über 20
Milliarden Euro für die Finanzierung von
regenerativer Stromerzeugung aus. Eines
der Hauptziele der Energiewende, nämlich
die Reduktion der CO
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Emissionen, wird
jetzt schon im zweiten Jahr verfehlt. Verant-
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