Einstimmig: IHK-Vollversammlung verabschiedet Wirtschaftsplan 2026
Wirtschaft leidet weiter unter der Krise – IHK will den Austausch mit der Politik weiter forcieren – Arbeitskreis „Operationsplan Deutschland“ bereitet regionale Unternehmen auf künftige Herausforderungen vor.
- Umsatzeinbußen am letzten Novemberwochenende in Gießen
- Deutschland steckt tiefer in der Krise
- Mit klarer Strategie vorangehen
- Chancen in Afrika nutzen
- Projektarbeit in den Arbeitskreisen und Ausschüssen
- Die IHK unterstützt den Bürokratieabbau
- Smart Factory bietet Innovationen
- Blick über den kulturellen Tellerrand
Auf der Vollversammlung (VV) der IHK Gießen-Friedberg am 3. Dezember 2025 in Gießen wurde der Wirtschaftsplan 2026 einstimmig bei einer Enthaltung verabschiedet. Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage wird die IHK die Mitgliedsbeiträge im Jahr 2026 senken. „Wir reduzieren den Umlagehebesatz von 0,22 Prozent auf 0,20 Prozent“, erläuterte IHK-Präsident Rainer Schwarz. „Zudem investieren wir in eine moderne und zukunftsfähige Weiterbildung, indem wir das Schulungszentrum Hanauer Straße in Friedberg für rund 2 Millionen Euro sanieren lassen“, so der Präsident weiter. Dass die Instandhaltung die wirtschaftlich beste Lösung ist, zeigt die Gegenüberstellung der Kosten: Bei einem Neubau hätten die Kosten pro Quadratmeter 5.427 Euro betragen, die Sanierung liegt mit rund 2.500 Euro pro Quadratmeter deutlich darunter. Um Rücklagen abzubauen und um die Beitragssenkung zu finanzieren, schließt der Erfolgsplan 2026 mit einem Jahresfehlbetrag in Höhe von 3.909.900 Euro ab. Der Jahresfehlbetrag wird durch den Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von 3.291.900 Euro und durch die Auflösung der Digitalisierungsrücklage in Höhe von 618.000 Euro ausgeglichen.
IHK-Präsident Rainer Schwarz bei der Vollversammlung Anfang Dezember in Gießen.
Umsatzeinbußen am letzten Novemberwochenende in Gießen
Am letzten Novemberwochenende hatte die Gründung der AfD-Jugendorganisation in den Hessenhallen in Gießen und die Gegendemonstrationen die Stadt in einen Ausnahmezustand versetzt. Die Aus- und Nachwirkungen diskutierten die Mitglieder der Vollversammlung. Der Chef des Möbelhauses Sommerlad, Frank Sommerlad, berichtete von einem Umsatzeinbruch in Höhe von 50 Prozent, obwohl wir logistisch für die Kunden perfekt erreichbar waren und forderte: „So eine Veranstaltung gehört nicht in eine Mittelstadt wie Gießen mit ihren 90.000 Einwohnern.“ Ehrenpräsident Dr. Wolfgang Maaß sagte, dass sich keine Stadt so ein Ereignis wünsche und ergänzte: „Man kann aber nichts dagegen tun. Die rechtlichen Möglichkeiten wurden ausgeschöpft. In der Organisation sind die Stadt und die Polizei aus meiner Sicht gut damit umgegangen.“ Michael Menges von der Claus R. Menges GmbH äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Stadt sich gegen einen weiteren verkaufsoffenen Sonntag sperre.
Deutschland steckt tiefer in der Krise
In einer Aussprache zur aktuellen wirtschaftlichen Lage bezog Vizepräsident Christian Eichenberger klar Stellung. Aus Sicht der Veranstaltungswirtschaft – die als Querschnittsbranche mit vielen Branchen kooperiere – sagte er: „Seit Juni ist die Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage vollends geschwunden.“ Die Auslastung der Veranstalter sei um 35 Prozent zurückgegangen, die Ergebnisse um 70 Prozent eingebrochen. Französische, niederländische und andere Wettbewerber mit besseren nationalen Rahmenbedingungen verdrängen ihm zufolge die deutschen Anbieter. Sein Unternehmen Rent.Group werde nur durch das starke Auslandsgeschäft weiter auf Wachstumskurs gehalten. In Deutschland hingegen seien die Belastungen durch den höheren Mindestlohn, höhere Energiekosten, höhere Zinsen, mehr Maut sowie höhere Sozialabgaben und Lohnnebenkosten nochmals gestiegen. Die von der Bundesregierung geplante „Superabschreibung“ sieht er als Irrweg: „Das wird ein Rohrkrepierer.“ Aktuell sänken die Gewinne drastisch. Die wirtschaftspolitische Lage sei sehr angespannt. Da könnten weitere Abschreibungsmöglichkeiten nicht weiterhelfen. Eine spürbare Entlastung könne hingegen eine Senkung der Unternehmenssteuern bringen. „Irland hat es vorgemacht.“ Die Krise und die mögliche Lösung sei vielen Parlamentariern gar nicht bewusst. Er rief die VV-Mitglieder deshalb dazu auf, mit den Bundestagsabgeordneten in ihren jeweiligen Wahlkreisen in den Dialog zu treten.
Mit klarer Strategie vorangehen
Eichenbergers Vorlage nahm IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder auf. Er stellte die IHK-Strategie für das Jahr 2026 vor, in deren Fokus folgende Punkte stehen: „Wir werden den Standort durch erfolgreiche Interessenvertretung stärken, uns für preiswerte und stabile Energie einsetzen, Investitionsmöglichkeiten identifizieren und für einen spürbaren Bürokratieabbau eintreten.“ In die Ziele mitaufgenommen wurde auch der „Operationsplan-Deutschland“. Hinter dem Operationsplan Deutschland steht der Gedanke, dass Deutschland Aufmarschgebiet für NATO-Truppen werden könnte. In diesem Fall wären dann zum Beispiel logistische Aspekte zu beachten. VV-Mitglied Daniel Gal und der Sicherheitsexperte Horst Schmittdiel stellten das Projekt vor.
Die internationale B2B-Konferenz-Reihe „The World meets in Giessen“ wird am 9. und 10. Juni 2026 in der Kongresshalle Gießen fortgesetzt – im Anschluss an den Jahresempfang, der am 8. Juni 2026 stattfindet.
Chancen in Afrika nutzen
Die Möglichkeiten des westafrikanischen Landes Elfenbeinküste präsentierte dessen Botschafter, Abdallah Azize Diabaté. Die Elfenbeinküste zähle dank umfassender Reformen und einer liberalen Politik zu den wachstumsstärksten Volkswirtschaften Afrikas. Mit durchschnittlichen BIP-Wachstumsraten von über 6 Prozent seit 2012 werde die Wirtschaft vor allem von der Landwirtschaft, Bodenschätzen und einem dynamischen Dienstleistungssektor getragen. Das Land sei der weltweit größte Kakaoproduzent. Es biete Rohstoffe, eine moderne Infrastruktur und gut ausgebildete Arbeitskräfte. Mit Deutschland bestünden bereits intensive Wirtschaftsbeziehungen, welche die Elfenbeinküste weiter vertiefen wolle.
Projektarbeit in den Arbeitskreisen und Ausschüssen
Aus dem Handels- und Mittelstandsausschuss berichtete Vizepräsident Jochen Ruths – u. a. über das Projekt „Heimat shoppen“, das mit dem bunten ID Buzz für Aufmerksamkeit gesorgt habe. In Vertretung von Vizepräsidentin Ilona Roth rief Vizepräsidentin Constanze von Alvensleben die Unternehmerinnen und weiblichen Führungskräfte dazu auf, sich im Arbeitskreis „Unternehmerinnen“ zu vernetzen. In der Reihe „Vollversammlungsmitglieder stellen sich vor“ gab Holger Reuschling Einblicke in sein Unternehmen R2AH, das in der Gründungs- und Mittelstandsberatungsbranche tätig ist.
Die IHK unterstützt den Bürokratieabbau
Die Bürokratie stellt weiterhin eine große Herausforderung für Unternehmen dar. Steuerreferentin Elke Dietrich und Rechtsreferentin Cindy Mett von der IHK Gießen-Friedberg führten aus, dass die Unternehmen trotz der im Koalitionsvertrag verankerten 25-prozentigen Bürokratiekosten-Reduzierung bislang kaum Verbesserungen spürten. Gründe seien vor allem die große Anzahl an bürokratischen Vorschriften und langwierige parlamentarische Prozesse. Sie riefen die VV-Mitglieder auf, dem IHK-Hauptamt konkrete Beispiele für möglichen Bürokratieabbau mitzuteilen. Diese konkreten Beispiele würden dann an die Politik adressiert. Einen Vorschlag zur Vereinfachung aus dem Baurecht lieferte VV-Mitglied Ottmar Lich. Man könne – bei der Wahrung der Sicherheitsvorschriften – die DIN-Vorschriften entrümpeln und damit das Bauen erleichtern. Außerdem informierte Lich über Änderungen in der Hessischen Bauordnung.
Smart Factory bietet Innovationen
Einblicke in die Smart Factory Mittelhessen der THM gewährte Janis Milde, Innovationsberater bei der IHK Gießen-Friedberg. Die Smart Factory bietet ein „Reallabor“ für vernetzte Produktion mit Robotik und eigener Softwareentwicklung. Die IHK Gießen-Friedberg veranstaltete im November ein Webinar und ab Februar 2026 einen Zertifikatslehrgang „Fachkraft Smart Production“, in dem Unternehmen ihre Mitarbeiter praxisnah für Tätigkeiten in der transparenten vernetzten Produktion bis hin zur Automatisierung weiterbilden können.
Blick über den kulturellen Tellerrand
Die jüngere jüdische Geschichte Gießens ließ deren Vorstand Dow Aviv lebendig werden: Die Jüdische Gemeinde Gießen wurde 1978 neu gegründet. Vor kurzem habe sie eine neue Thora-Rolle erworben, da die bisherigen Rollen aus Altersgründen nicht mehr verwendet werden konnten und eine Leihgabe zurückgegeben werden musste. Die Thora als handgeschriebenes, zentrales Heiliges Buch des Judentums sei nach einer Spendenaktion am 12. Oktober 2025 im Rahmen einer Feier mit Musik und Tanz in die Synagoge überführt worden und werde nun bei Gottesdiensten genutzt.
Herausgegeben am 9. November 2025
Pressemeldung Nr. 66
Verantwortlich für den Inhalt: Tobias Bunk, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Tobias Bunk, Tel. 06031/609-1100
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Stand: 09.12.2025