Bürokratie größtes Ärgernis für Unternehmen

Die IHK-Standortumfrage, aktuelle steuer- und finanzpolitische Impulse sowie Kenia als Türöffner für afrikanische Märkte waren Themen auf der IHK-Vollversammlung. Einstimmig festgestellt wurde der Jahresabschluss 2024 von den Vollversammlungsmitgliedern.
Auf ihrer jüngsten Vollversammlung in den Räumen von Radio FFH in Bad Vilbel präsentierte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mitte September die finanziellen Ergebnisse für das Jahr 2024. Das Jahresergebnis fiel um rund 2,5 Millionen Euro besser aus als geplant, der Wirtschaftsplan wurde übertroffen. Der Jahresabschluss 2024 wurde einstimmig von den Mitgliedern der Vollversammlung (VV) festgestellt. Das Präsidium und der Hauptgeschäftsführer wurden entlastet und das Ergebnis wurde auf neue Rechnung vorgetragen. Als wieder gewählte, ehrenamtliche Rechnungsprüfer für den Jahresabschluss 2025 bestätigte die Vollversammlung einstimmig Petra Kalbhenn und Michael Menges.
Als neue Mitglieder der Vollversammlung stellten sich Axel Thielmann, Geschäftsführer der Praxis Therapie hoch 4, und Christian Schmidt, Geschäftsführer von GO! Express & Logistics Gießen GmbH, vor. Die Privatpraxis Therapie hoch 4 bietet ein umfassendes Therapiekonzept, darunter manuelle Therapie, Sportphysiotherapie, Heilpraktik und medizinische Trainingstherapie. Im Fokus des Logistikunternehmens stehen zeitkritische Transporte, beispielsweise von diagnostischen Proben und Ersatzteilen und der Transport von hochempfindlichen Waren wie pharmazeutische Produkte oder Urnen.
Auch Marco Maier, Geschäftsführer der FFH MEDIENGRUPPE und Gastgeber des Abends, stellte als neues Mitglied der Vollversammlung das umfangreiche Produktportfolio des Medienunternehmens vor. „Nach Antenne Bayern sind wir der zweitgrößte private Radiosender in Deutschland.“ Neben den Radioprogrammen HIT RADIO FFH, planet radio und dem 80er-Radio harmony sowie zusätzlich vielen digitalen Formaten wie Webradios und Podcasts, sind unter dem Dach der Gruppe zudem noch ein Softwarehaus und eine Weiterbildungsakademie zu finden. „Unsere Sender haben am Tag eine Reichweite von 4,5 Millionen Hörerinnen und Hörer.“ Darüber hinaus veranstaltet das Haus zum Beispiel Events wie „FFH Just White“ mit bis zu 20.000 Besucherinnen und Besuchern. Mit Aktionen wie zuletzt der „FFH Kneipe“ zeigen die FFH-Macher kontinuierlich Nähe zu ihrem Publikum und sorgen für zusätzliche Aufmerksamkeit.

Bürokratie abbauen, Kosten senken

Eine etwas geringere Gesamtzufriedenheit im Vergleich zu 2019 und Bürokratie als großes Ärgernis für die Unternehmen waren zwei wesentliche Ergebnisse der dritten Standortumfrage der IHK Gießen-Friedberg, die Prof. Dr. Stefan Hennemann von der Justus-Liebig-Universität Gießen auf der Vollversammlung vorstellte. Mehr als 600 Unternehmen bewerteten zwischen Mai und Juni dieses Jahres Infrastruktur, Fachkräfteangebot und Kostenfaktoren der Region. Besonders gute Noten erhielten Verkehrsanbindung und Kundennähe. Die Bürokratiebelastung und die Verfügbarkeit von Fachkräften sorgten dagegen für deutliche Kritik.
Wichtige Zukunftsziele sind die Senkung von Steuern und Abgaben sowie eine Reduzierung von Energiekosten. Immerhin nennt mehr als jeder dritte Betrieb den Faktor Kosteneinsparungen als Grund für einen möglichen Standortwechsel. Die IHK will die Ergebnisse als Handlungsgrundlage für Gespräche mit Politik und Verwaltung nutzen.

Resolution zur Verpackungsteuer

Mehrere Kommunen erwägen eine Steuer auf Einwegverpackungen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Tübinger Verpackungsteuer für zulässig erklärt hat, arbeitet die Stadt Gießen nun an einem konkreten Konzept. Eine IHK-Umfrage ergab, dass 75 Prozent der befragten Unternehmen eine solche Steuer ablehnen, während 25 Prozent zustimmen; beide Gruppen fordern jedoch ein bundesweit einheitliches Mehrwegsystem und staatliche Förderung für entsprechende Investitionen, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder.
Vor diesem Hintergrund legte die IHK der Vollversammlung die Resolution „Für Müllvermeidung, für ein praktikables Mehrwegsystem, gegen Verpackungsteuer“ vor, die als konstruktive Alternative zur reinen Steuerablehnung dienen soll. Die Resolution wurde einstimmig beschlossen. Zugleich bringt die Kammer eine Beschlussvorlage in die Mitgliederversammlung des Hessischen Industrie- und Handelskammertags ein, um landesweit Einfluss auf kommunale Entscheidungen zu nehmen.
Ebenfalls einstimmig beschlossen die VV-Mitglieder eine Neukalkulation aller Gebühren mit Wirkung zum 1. Januar 2026 sowie die Überarbeitung der Gebührenordnung. „Die letzte Neukalkulation aller Gebühren erfolgte vor zehn Jahren, danach gab es lediglich anlassbezogene Anpassungen“, erklärte IHK-Präsident Rainer Schwarz. Mit der Neukalkulation der Gebühren werde der tatsächliche Aufwand für die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen ermittelt, so dass die Vollversammlung in die Lage versetzt werde, die jeweils festzusetzende Gebühr daran zu orientieren.

Wirtschaft und Hochschule

IHK-Ehrenpräsident Dr. Wolfgang Maaß zeigte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Hochschulrats der Justus-Liebig-Universität (JLU) die aktuelle Entwicklung zu den Erfolgen in der Exzellenzinitiative auf. So erreichte die JLU die Zusage für alle drei eingereichten Anträge und konnte damit ihre Spitzenstellung in der deutschen Forschungslandschaft weiter festigen. Hingegen bereite der gerade für 2026-2031 abgeschlossene Hochschulpakt Sorge, da er mit erheblichen Budgetkürzungen einhergehe. Maaß warb zudem für eine Mitgliedschaft in der Gießener Hochschulgesellschaft (GHG). Auftrag der GHG ist die Förderung wissenschaftlicher Projekte an der JLU.
Immer stärker gewinnt zudem die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft an Bedeutung, wie Prof. Dr. Sangam Chatterjee, I. Physikalisches Institut und Zentrum für Materialforschung an der JLU aufzeigte. Sein Spezialgebiet Hochtechnologiematerialien bietet viele Möglichkeiten für erfolgreiche und innovative Ansätze, zum Beispiel in der Weltraumforschung. So verbindet das Zentrum für Materialforschung erfolgreich Teile ohne eine nachweisbare Schweißnaht oder kontrolliert mikroskalige multifunktionelle Oberflächen. „Wir suchen innovative Lösungen und scheuen uns nicht vor unkonventionellen Wegen“, erklärte Chatterjee.

Staatliche Ausgaben in der Kritik

Aktuelle steuer- und finanzpolitische Impulse beleuchtete Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Im Fokus seines Vortrags stand die Frage: „Welche steuer- und finanzpolitischen Weichenstellungen braucht es für neuen Aufschwung in Deutschland?“ Er kritisierte insbesondere die hohe Neuverschuldung, die zu hohen Zinslasten führen würde. Deutschland habe als Hochsteuerland in erster Linie ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Wichtige Weichen für einen Aufschwung könnten gestellt werden durch eine grundlegende Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr oder durch Personaleinsparungen der öffentlichen Hand. Auch die Subventionspolitik für große Unternehmen müsse auf den Prüfstand.

Chancen in Kenia

Kenia und Deutschland verbindet eine langjährige, vertrauensvolle Partnerschaft, wie Stella Mokaya Orina, Botschafterin der Republik Kenia, auf der Vollversammlung in ihrem Vortrag: „Kenya – Your strategic business partner in East Africa and Gateway to African trade“ im Rahmen der IHK-Reihe „Ambassadors talk“ hervorhob. Kenia sei zu einem stabilen und investorenfreundlichen Land aufgestiegen, in dem sich ein Unternehmen innerhalb von nur 30 Tagen gründen ließe – eine klare Einladung an deutsche Firmen, am dynamischen Wachstum teilzuhaben.
Als Sitz und Zentrum der East African Community (EAC) sei Nairobi das Zugangstor für den 300-Millionen-Verbrauchermarkt Ostafrikas. Eine rasch wachsende Mittelschicht sowie die Präsenz zahlreicher internationaler Organisationen würden eine hervorragende Nachfragebasis schaffen, moderne Schienen-, Straßen- und Flugverbindungen erleichterten die Logistik für nahezu jedes Produkt erheblich.
Darüber hinaus gelte Kenia als Digital-Hotspot des Kontinents: Google und Microsoft seien präsent, der kenianische mobile elektronische Bezahldienst M-Pesa sei mittlerweile auch in anderen afrikanischen Ländern gebräuchlich. Eine junge, technikaffine Bevölkerung zeige großes Interesse an der dualen Ausbildung mit deutschen Unternehmen. Mit einem Strommix von über 90 Prozent erneuerbarer Energie und ambitionierten Plänen für grünen Wasserstoff biete Kenia zudem ideale Bedingungen für klimafreundliche Produktion und Energieprojekte.
Gießen-Friedberg, den 22. September 2025
Pressemeldung Nr. 53
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Stand: 23.09.2025