„Speed Dating“ beim Bewerbertag

Um Nachwuchs anzuwerben, hatten vier hessische IHKs am 4. September zu einem Bewerbertag eingeladen. Auf dem Programm standen interessante Vorträge sowie ein „Speed Dating“ mit erfahrenen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, Richtern, Ausschuss- sowie Fachgremiumsmitgliedern und den zuständigen IHK-Ansprechpartnern.
Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind ein zentrales Element in Gerichtsverfahren. Ihre Expertise wird im Streitfall herangezogen, um Richtern bei der Beurteilung und Einschätzung komplexer Sachlagen zu helfen. Sachverständige sind verpflichtet, ihre Gutachten unparteiisch und neutral zu verfassen, und bereiten komplizierte Sachverhalte verständlich auf.
Um Nachwuchs anzuwerben und somit den hohen Altersdurchschnitt zu senken, veranstalteten die vier IHKs Gießen-Friedberg, Kassel-Marburg, Lahn-Dill und Limburg am 4. September in Gießen einen gemeinsamen Sachverständigen-Bewerbertag. Ziel der Veranstaltung war es, den Weg zur Bestellung praxisnah, verständlich und persönlich zu vermitteln – ein Vorhaben, das laut Rückmeldungen aus dem Plenum erfolgreich umgesetzt wurde.
Neben Fachvorträgen zu verschiedenen Themengebieten bot die Veranstaltung die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme. Beim „Speed Dating“ konnten Interessierte an Stehtischen rund um den Plenarsaal mit erfahrenen Sachverständigen, Richtern, Ausschuss- und Fachgremiumsmitgliedern und den zuständigen IHK-Ansprechpartnern ins Gespräch kommen. Das Angebot traf auf großes Interesse: Über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um sich umfassend über Herausforderungen, Themenstellungen und Verdienstmöglichkeiten zu informieren.

Fachlich korrekt, aber verständlich

Die Industrie- und Handelskammern bestellen Sachverständige auf den Gebieten der gewerblichen Wirtschaft und Technik. Im IHK-Bezirk Gießen-Friedberg sind derzeit 32 Sachverständige für etwa 15 Sachgebiete tätig – von Immobilienbewertung, Kraftfahrzeugschäden und -bewertung bis hin zu Schäden an Gebäuden. Doch der Nachwuchsmangel ist akut: In den kommenden Jahren werden viele Sachverständige altersbedingt ausscheiden. Rainer Schwarz, Präsident der IHK Gießen-Friedberg, wies in seinem Grußwort darauf hin und betonte, dass Sachverständige unverzichtbare Pfeiler von Wirtschaft und Justiz seien. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung sei eine hoheitliche Aufgabe, die der Staat den Industrie- und Handelskammern übertragen habe.
Sabine Pfeffer, erläuterte in ihrem Vortrag „Die öffentliche Bestellung: Sachverstand ist keine Frage des Zufalls“ die Anforderungen an Bewerber. Unterstützt wurde sie dabei von Gregor Srock, Richter am Amtsgericht Wetzlar. Bewerber müssten über herausragende Fachkenntnisse, praktische Erfahrungen und die Fähigkeit verfügen, Gutachten zu erstellen, die sowohl fachlich korrekt als auch für Laien und Juristen verständlich seien, betonte Pfeffer. Jede Bewerbung werde in einem mehrstufigen Verfahren geprüft, bevor die IHK – in Abstimmung mit den zuständigen Gremien – über die öffentliche Bestellung entscheide. Darüber hinaus entscheide auch die persönliche Eignung. Pfeffer warb dafür, den Schritt in diesen abwechslungsreichen und anspruchsvollen Beruf zu wagen.
Die Richter Heiko Söhnel, Vorsitzender Richter am Landgericht Gießen, und Sebastian Fennel, Richter am Landgericht Gießen, beleuchteten in ihrem Vortrag „Die sachverständige Begutachtung – Wichtiger Baustein für sachgerechte Entscheidungen im Zivilprozess?“ die Erwartungen der Justiz an Sachverständige. Anhand von Praxisbeispielen zeigten sie auf, welch hohen Stellenwert Gutachten in Zivilprozessen einnehmen. Ihr Fazit: „Je komplexer ein Sachverhalt, desto bedeutsamer ist die Hinzuziehung sachverständiger Expertise.“ Bedenken, als Sachverständiger nicht ausreichend beschäftigt zu sein, zerstreuten sie mit den Worten: „Wir brauchen Sie! Sie werden nicht verhungern!“
Zum Abschluss erläuterte Nicolai Schmidt vom Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. den Weg zur öffentlichen Bestellung. Er ermutigte die Interessenten, diesen Schritt zu wagen, und betonte die vielfältigen Chancen und Aufgaben, die der Beruf biete.
Herausgegeben am 11. September 2025
Pressemeldung Nr. 49
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Stand: 12.09.2025