Wirtschaftliche Impulse und internationale Chancen im Fokus

Die jüngste Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) setzte wichtige Akzente für die regionale Wirtschaft. Neben der einstimmigen Verabschiedung von Forderungen der hessischen IHKs an die neue Bundesregierung standen die Landesgartenschau 2027 und der „Operationsplan Deutschland“ auf dem Programm.
Mit der einstimmigen Verabschiedung der Forderungen des Hessischen Industrie- und Handelskammertages an die neue Bundesregierung hat die Vollversammlung (VV) der IHK Gießen-Friedberg (IHK) ihren Auftrag zur wirtschaftspolitischen Interessenvertretung unterstrichen. Darin finden sich unter anderem Forderungen zur Standortsicherung, zum Bürokratieabbau und zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. „Diese Forderungen sind auch eine sehr gute Grundlage für Gespräche zwischen unseren Unternehmerinnen und Unternehmern und lokalen politischen Entscheidungsträgern“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer, Dr. Matthias Leder. Sie ermöglichen es, die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der regionalen Wirtschaft gezielt zu adressieren und gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.
Ebenfalls Anstöße für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands enthalten die „5 Power-Punkte für Wachstum“ der DIHK. „Deutschland muss schneller werden und die Wirtschaft braucht Energie“, zitierte IHK-Präsident Rainer Schwarz zwei Forderungen. Die IHK will das Thema Energie auch auf dem Jahresempfang am 20. Mai 2025 intensiv beleuchten und habe kürzlich eigens eine Podiumsdiskussion dazu veranstaltet. „Bezahlbare und sichere Energie ist ein entscheidender Faktor für Unternehmenserfolg“, führte Schwarz aus. Steuerliche Entlastungen und Investitionsanreize seien weitere wesentliche Aspekte, um Unternehmen Rückenwind zu geben.
Besorgnis äußerte eine Reihe von Unternehmern zu den jüngsten politischen Entwicklungen in den USA. „Europa muss anpacken, Eigeninteressen zurückstellen und eine gemeinsame europäische Identität schaffen“, sagte Vollversammlungsmitglied Mario Leo. Deutschland habe zu viele Kompetenzen ausgelagert und keine kritischen Infrastrukturmodelle definiert, die in Deutschland bleiben sollten. IHK-Ehrenpräsident Dr. Wolfgang Maaß bezeichnete den 3. April 2025 als einen „historischen Tag, wenn man davon ausgeht, dass die Zollpolitik durchgesetzt wird.“ Viele Betriebe würden in schwierige Situationen geraten.

Neu in der Vollversammlung

Als neues Mitglied der Vollversammlung stellte sich Steffen Milchsack, Inhaber des Geschäfts „Vom Fass Gießen“ vor. Das Unternehmen ist seit 2021 in Gießen mit dem Motto „sehen, probieren, genießen“ vertreten. Neben dem Angebot von Essig, Ölen, Feinkost und diversen alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken werden auch Events wie Tastings oder Weinproben auf der Lahn angeboten. Sein ebenfalls noch junges Unternehmen stellte Giovanni Speranza vor: die Manufaktur „ciao nonna“ in Bad Nauheim, in der sich alles rund um die italienische Küche dreht – vom Restaurant über Veranstaltungen bis hin zum Ladengeschäft. „Trends spüren, bevor sie einen Namen haben“, war für ihn eine wichtige Erkenntnis aus seiner Unternehmensgründung.

Fachkräftemesse im Juni

Auf den Fachkräftemangel reagiert die IHK mit einer neuen Messe. Am 26. Juni 2025 wird in der Kongresshalle Gießen erstmals die IHK-Fachkräftemesse stattfinden. Viele Betriebe sehen sich bei der Akquise und Integration internationaler Fachkräfte mit Unsicherheiten und bürokratischen Hürden konfrontiert. Die Messe soll konkrete Lösungsansätze bieten. Die IHK will eine Plattform schaffen, auf der sich Betriebe kostenlos und unverbindlich über verschiedene Angebote und Möglichkeiten zur Gewinnung nationaler und internationaler Fachkräfte sowie Auszubildender informieren können.

Sachverständige gesucht

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige spielen eine zentrale Rolle für die Rechtssicherheit in Gerichtsverfahren. Auch stärken sie die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Wirtschaft. Durch ihre unabhängige und fachkundige Beurteilung tragen Sachverständige wesentlich zur Qualitätssicherung und Risikominimierung bei. Infolge des demografischen Wandels steht das Sachverständigenwesen allerdings vor einem Nachwuchsproblem.
Um Interessenten für dieses wichtige Amt zu gewinnen, veranstaltet die IHK gemeinsam mit drei weiteren hessischen IHKs einen Sachverständigentag. Er findet am 4. September 2025 in Gießen statt. Im Fokus stehen die Voraussetzungen einer öffentlichen Bestellung und ein Erfahrungsaustausch mit bereits öffentlich bestellten Sachverständigen.

Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit

Gemäß der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) werden Unternehmen ab 2025 berichtspflichtig, wenn sie zwei von drei Kriterien erfüllen, mehr als 250 Mitarbeitende, über 50 Millionen Euro Umsatz oder über 25 Millionen Euro Bilanzsumme. Die EU-Kommission hat Ende Februar ein Omnibus-Paket vorgeschlagen, das unter anderem die Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinfachen soll. Die Änderungen müssen noch vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU angenommen werden, bevor sie Gesetzeskraft erlangen.
Der neue Vorschlag würde die Berichtspflicht auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und entweder über 150 Millionen Euro Umsatz oder über 75 Millionen Euro Bilanzsumme beschränken. Für kleinere Unternehmen soll ein freiwilliger Berichtsstandard (VSME) eingeführt werden, der als Obergrenze für Informationen über die Wertschöpfungskette dienen soll. Zudem ist eine zweijährige Verschiebung der Einführung für große Unternehmen und börsennotierte KMU vorgesehen, die die CSRD noch nicht umgesetzt haben.
Experten schätzen, dass diese Änderungen die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen um etwa 80 Prozent reduzieren könnten. „Mit dem Omnibus-Paket will die EU Bürokratievorschriften entschlacken“, erläuterte Vollversammlungsmitglied Jörg Schulte. „Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die Anforderungen großer Unternehmen an ihre Zulieferer entwickeln.“

Regionale Wirtschaft auf der Landesgartenschau

Die Vorbereitungen für die Landesgartenschau (LGS) 2027 in Oberhessen nehmen Fahrt auf. Der Spatenstich für das interkommunale Großereignis erfolgte am 19. März 2025 in Bad Salzhausen. „Wir wollen der Region ein Gesicht und eine Identität geben“, sagte LGS-Geschäftsführer Florian Herrmann. Für IHK-Mitglieder bieten sich vielfältige Möglichkeiten, sich an der Landesgartenschau zu beteiligen. Unternehmen können beispielsweise Firmenveranstaltungen auf der LGS durchführen, die Gartenschau für Eigenwerbung nutzen oder Aktionen und Gewinnspiele durchführen. Um regionalen Unternehmen die Teilhabemöglichkeiten näherzubringen, plant die IHK in Zusammenarbeit mit der LGS-Gesellschaft eine Informationsveranstaltung.
Die Landesgartenschau 2027 verspricht, ein bedeutendes Ereignis für die Region zu werden. Mit der aktiven Einbindung lokaler Unternehmen soll nicht nur die Attraktivität der Veranstaltung gesteigert, sondern auch die regionale Wirtschaft gestärkt werden. „Jeder Unterstützer ist sehr willkommen“, ergänzte Herrmann.

Schutzkonzept vorgestellt

Angesichts der sich zuspitzenden sicherheitspolitischen Lage in Europa hat die Bundeswehr den Operationsplan Deutschland entwickelt, der als geheimes Grundlagendokument den Transport eigener und alliierter Kräfte über die „Drehscheibe Deutschland“ beschreibt. In seiner Umsetzung setzen der „Operationsplan Deutschland“ und die zivilseitigen Rahmenrichtlinien Verteidigung des Bundesinnenministeriums auf eine enge Verzahnung von militärischen und zivilen Kräften in einem komplexen Krisen- oder Spannungsfall.
„Unser Ziel ist es, im Ernstfall schnell und effektiv reagieren zu können“, erklärte Oberstleutnant Tilman Engel vom Landeskommando der Bundeswehr in Wiesbaden. Das Konzept sieht vor, bereits in der Entwicklung möglicher Konflikte eine ausreichende militärische Präsenz der Alliierten an der Ostflanke der NATO zu gewährleisten, um potenzielle Aggressoren abzuschrecken.
Dies erfordere die enge und frühzeitige Einbindung von Unternehmen und Landkreisen in die Sicherheitsarchitektur. „Wir verstehen Sicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betonte Engel. Die Zusammenarbeit solle in beide Richtungen funktionieren: Einerseits werde die Bundeswehr zur Gesamtverteidigung beitragen, andererseits sollten auch zivile Akteure wesentliche Beiträge dazu erbringen können.

Chancenkontinent Afrika

„Manche reden über Zölle, wir bauen Brücken“, sagte Matthias Leder mit Blick auf die internationale IHK-Netzwerkkonferenz „The World meets in Giessen“ am 21. und 22. Mai 2025. Die Veranstaltung bietet Unternehmen zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten in Einkauf, Vertrieb oder auch für Kooperationen. Dr. Yakubu Dadu, Generalkonsul der Bundesrepublik Nigeria, der als Teilnehmer auf einer Podiumsdiskussion bei „The World meets in Giessen“ ebenfalls anwesend sein wird, beleuchtete auf der Vollversammlung in dem Format „Ambassadors talk“ die Möglichkeiten seines Landes: „Nigeria ist das kommende Kraftzentrum in Afrika mit einem starken Fokus auf Humanität und staatlicher Souveränität.“ Er unterstrich die langjährigen guten Beziehungen zur IHK Gießen-Friedberg und wies auf deutsche Ankerpunkte in Nigeria – wie das Goethe Institut – hin. Viele deutsche Unternehmen seien bereits in dem afrikanischen Land engagiert. Eine Vielzahl von Chancen biete unter anderem der Energiesektor, erklärte der Generalkonsul.
Herausgegeben am 10. April 2025
Pressemeldung Nr. 20
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031 / 609-1100
Stand: 10.04.2025