Leuchtende Vorbilder

Acht der insgesamt 92 landesbesten Auszubildenden kommen in diesem Jahr aus dem Bezirk der IHK Gießen-Friedberg, einer von ihnen ist sogar Bundesbester geworden. Sie konnten sich damit unter mehr als 21.500 Prüfungsabsolventen in Hessen durchsetzen.
„Gerade im Zeitalter eines zunehmenden Fachkräftemangels sind Sie ein leuchtendes Vorbild für andere junge Menschen.“ Mit diesen Worten ehrte der Präsident der IHK Gießen-Friedberg, Rainer Schwarz, Mitte Dezember die acht landesbesten Auszubildenden, die gemeinsam mit Vertretern der ausbildenden Unternehmen in den Plenarsaal der IHK nach Gießen gekommen waren. „Ich bin stolz darauf, dass Sie Ihre Ausbildung bei einem Betrieb in unserem Bezirk gemacht haben“, freute er sich.
Als Landesbeste zeichneten Rainer Schwarz und der Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung, Kai Schelberg, Dennis Buchhold (Fachkraft für Metalltechnik, Bosch Home Comfort Group, Lollar), Philipp Cornelius (Bankkaufmann, Volksbank Mittelhessen eG, Gießen), Vincent Fischer (Brauer und Mälzer, Vogelsberger Landbrauereien GmbH, Lauterbach), Til Gellert (Technischer Systemplaner Fachrichtung: Stahl- und Metallbautechnik, Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH, Grebenau), Elias Gottschalk (Technischer Systemplaner Fachrichtung: Versorgungs- und Ausrüstungstechnik, EWT Ingenieure GmbH, Grebenhain), Sarah Pfalzgraf (Kauffrau im Einzelhandel, RHEIKA-DELTA Warenhandelsgesellschaft mbH, Melsungen) Mario Schier (Elektroanlagenmonteur, ZAUG gGmbH, Gießen) und Evren Zorlu, der zugleich auch Bundesbester in seinem Ausbildungsberuf als Verfahrensmechaniker in der Steine- und Erdenindustrie Fachrichtung: vorgefertigte Betonerzeugnisse bei der Rinn Beton- und Natursteine GmbH & Co. KG in Heuchelheim geworden ist. Als einer von 207 Bundesbesten wurde er bereits am 9. Dezember in feierlichem Rahmen in Berlin ausgezeichnet.

Abwechslungsreich und praxisnah

Praxisbezug, gutes Betriebsklima, Arbeiten unter freiem Himmel, die Förderung von Eigeninitiative, freundliche Ausbilder sowie Abwechslung im Beruf waren nur einige Dinge, für welche die Geehrten ihre jeweiligen Unternehmen lobten.“ Drei Jahre hat der Bundesbeste Evren Zorlu nach seinem Hauptschulabschluss für einen Sicherheitsdienst gearbeitet bis er sich entschied durch eine Ausbildung seine Zukunft auf ein sicheres Fundament zu stellen. Durch einen ehemaligen Schulkollegen wurde der Gießener sowohl auf seinen Ausbildungsberuf Verfahrensmechaniker in der Steine- und Erdenindustrie Fachrichtung vorgefertigte Betonerzeugnisse als auch auf seinen Ausbildungsbetrieb, die Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG in Heuchelheim aufmerksam. Trotz guter Noten war der 24-Jährige, der seine dreijährige Ausbildung um ein halbes Jahr verkürzt hat, von seiner Auszeichnung überrascht. Aktuell besucht Evren Zorlu die Fachoberschule im Bereich Bautechnik an der Theodor-Litt-Schule in Gießen.
Dennis Buchhold hat nach der neunten Klasse die Schule ohne ein Abschlusszeugnis verlassen. Vier Jahre konnte er auf Grund gesundheitlicher Probleme nicht arbeiten. Schließlich holte er seinen qualifizierten Hauptschulabschluss nach und begann seine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik bei der Bosch Home Comfort Group in Lollar. Damit ist er in die Fußstapfen seines Großvaters, eines gelernten Schlossers, getreten. Während der Ausbildung lernte der 27-Jährige seine Frau kennen und gründete eine Familie. Sein Ziel ist es nun Industriemeister zu werden.
Da es in Zeiten von Corona schwer war in der Sportbranche Fuß zu fassen, begann Philipp Cornelius nach erfolgreichem Abschluss seines Sportökonomie-Studiums in Bayreuth seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank Mittelhessen eG in Gießen. Zu Hilfe kam ihm dabei seine vom Vater vererbte Affinität für das Bankwesen sowie ein Praktikum bei einer Commerzbank-Tochter in Luxemburg. Aktuell ist er dabei seinen Master im Studiengang Accounting & Finance zu machen. Der Volksbank Mittelhessen ist der 25-Jährige als Trainee im Firmenkundengeschäft erhalten geblieben.
Vincent Fischer hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Als leidenschaftlicher Brauer, der sogar eine eigene kleine Brauerei im heimischen Keller hat, begann er nach dem Fachabitur eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer bei den Vogelsberger Landbrauereien GmbH in Lauterbach. Aktuell studiert der 22-Jährige Lebensmitteltechnologie.
Bereits während seiner Schulzeit absolvierte Til Gellert ein zweiwöchiges Berufspraktikum in der Konstruktion und Fertigung. Damit stand sein Berufswunsch fest und er startete gleich nach dem Abitur eine Ausbildung zum Technischen Systemplaner Fachrichtung Stahl- und Metallbautechnik bei der Firma Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH. Seit Oktober dieses Jahres absolviert der 22-Jährige, ein duales Studium im Ingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Fassadentechnik. Langfristiges Ziel ist es, in der Projektleitung seines ehemaligen Ausbildungsbetriebes tätig zu sein.
Mit 20 Jahren ist Elias Gottschalk der Jüngste unter den Landesbesten. Da er in der Schule ein Jahr übersprungen hat, konnte er bereits mit 17 Jahren sein Abitur ablegen. Schon immer von Technik begeistert, entschied sich Gottschalk im Anschluss daran für eine Ausbildung zum Technischen Systemplaner Fachrichtung Versorgungs- und Ausrüstungstechnik bei der EWT Ingenieure GmbH in Grebenhain. Auch diese konnte der junge Mann um ein halbes Jahr verkürzen. Im vergangenen Jahr hat er ein Studium an der THM im Fach Energietechnik begonnen, ist jedoch weiter als Werkstudent für sein ehemaliges Unternehmen tätig.
Nach erfolgreichem Abitur im Jahr 2022 entschied sich Sarah Pfalzgraf für eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel bei der Rheika Delta Warenhandelsgesellschaft im Herkules Markt in Alsfeld. Bereits während ihrer Schulzeit arbeitete sie als Aushilfskraft in ihrem zukünftigen Ausbildungsbetrieb. Vor allem die Vielfältigkeit eines Lebensmittelmarktes mit den unterschiedlichen Abteilungen und Aufgabenbereichen begeisterte die junge Frau. Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht eine neue exotische Frucht zum Probieren mit nach Hause nimmt. Aktuell absolviert Sarah Pfalzgraf eine Weiterbildung zur Handelsfachwirtin.
Da Mario Schier auch in seiner Freizeit gerne Elektrogeräte repariert, war die Ausbildung zum Elektroanlagenmonteur bei der ZAUG gGmbH in Gießen genau die richtige Entscheidung für den Gießener. Inzwischen arbeitet der 25-Jährige als Elektrofachkraft bei der HLB Elektro-Werkzeuge GmbH und ist immer vor Ort, wenn Freunde Probleme mit ihren Elektrogeräten haben. Aktuell macht der junge Mann eine Weiterbildung zum Elektrotechniker mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik.

Stabile Zahlen

„Ausbildung ist keine Einbahnstraße, sondern ein Autobahnkreuz mit vielen Abzweigungen, die zwar in unterschiedliche Richtungen, aber immer zum Ziel, in eine erfolgsversprechende Zukunft führen“, fasste Rainer Schwarz zusammen. Zuvor hatte der IHK-Präsident die aktuellen Ausbildungszahlen vorgestellt, die sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nur unmerklich verändert haben. Zum Stichtag 30. September 2024 seien im Bezirk der IHK Gießen-Friedberg endgültig 2005 neue Ausbildungsverträge verzeichnet werden. „Das sind 16 Ausbildungsplätze – oder in Prozent ausgedrückt – 0,8 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Im hessenweiten Vergleich, wo der Rückgang von Ausbildungsverträgen bei 2,8 Prozent liegt, steht die IHK Gießen-Friedberg damit sehr gut da“, machte Schwarz deutlich. Dieses Ergebnis zeige, dass das wichtige Potenzial der Schulabgänger bei den Unternehmen und Betrieben in Hessen nicht vollständig angekommen ist. „Dabei brauchen wir jeden verfügbaren Bewerber, um durch den sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel Megatrends wie Digitalisierung und Dekarbonisierung nicht auszubremsen.“ Der Präsident sprach sich für eine bessere berufliche Orientierung an allen Schulformen, auch eine verpflichtende an den Gymnasien, aus. Zumal eine duale Ausbildung gleichwertig mit akademischen Abschlüssen anzusehen sei. Die Zahl der fehlenden Fachkräfte in Hessen könne sich durch den demografischen Wandel bis 2035 auf bis zu 525.000 erhöhen.

Unbekannte Berufe in den Fokus rücken

Deutschlandweit zeige der aktuelle Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung einen Anstieg des Ausbildungsangebotes um 3,4 Prozent auf 562.600. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im dualen System habe sich hier um 3,0 Prozent auf 489.200 erhöht. Im Vergleich zum Vorjahr sei allerdings auch die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen um 6,6 Prozent auf 73.400 gestiegen. Unversorgt seien 26.400 Bewerberinnen geblieben, 16,3 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr. Als möglichen Grund nannte Schwarz u. a. die Fokussierung der Jugendlichen auf die Top 15-Ausbildungsberufe. Hier gelte es, unbekannte Berufe in den Fokus des Interesses zu stellen. Ob eine Suche erfolgreich verlaufe oder ein offener Ausbildungsplatz besetzt werden könne, hänge laut Berufsbildungsbericht auch stark von der Branche ab. So seien Stellen im Kfz-Gewerbe, in der Softwareentwicklung oder in der Mediengestaltung stärker nachgefragt als beispielsweise Berufe im Hotel- und Gaststättengewerbe. Erfreulich sei, dass der Anteil der übernommenen Auszubildenden mit 77 Prozent ebenfalls wieder auf einem hohen Niveau läge.

Allen Bewerbern öffnen

Im Bezirk der IHK Gießen-Friedberg führt noch immer der Kaufmann / die Kauffrau im Einzelhandel mit 189 Eintragungen die Hitliste der Berufe an. Auf Platz zwei folgt der Verkäufer/-in (179) vor dem Kaufmann/-frau für Büromanagement (154). Auf den Plätzen vier und fünf liegen der Industriekaufmann/-frau (122) und der Bankkaufmann/-frau (99). Die Folgeplätze belegen die Berufe Kaufmann/-frau für Groß- und Außenhandelsmanagement Fachrichtung Großhandel (93), Fachinformatiker/-in Fachrichtung Systemintegration (80), Fachkraft für Lagerlogistik (76), Elektroniker/-in für Betriebstechnik (64) und Industriemechaniker (61) belegt. Fast alle diese Ausbildungsberufe seien seit Jahren unter den Top Ten zu finden, so Schwarz.
Bedenklich stimme, dass die Zahl junger Erwachsener zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss deutschlandweit weiter auf 2,86 Millionen gestiegen sei. Hier appellierte der Präsident an Unternehmen, sich auch für Bewerber zu öffnen, die auf den ersten Blick nicht zu den Wunschkandidaten zählten. Insgesamt müsse es wieder besser gelingen, die Vorzüge der dualen Ausbildung den Jugendlichen und auch deren Eltern zu vermitteln. Die IHK Gießen-Friedberg bemühe sich seit vielen Jahren darum, Unternehmen und Jugendliche zusammenzubringen. Der letzte IHK-Berufswegekompass sei von rund 1.200 Schülerinnen und Schülern besucht worden. Jedes Jahr würden rund 1.300 Ausbildungsbetriebe mit der Bitte, freie Ausbildungsstellen zu nennen angeschrieben. Hierbei meldeten dieses Mal 62 Betriebe 106 offene Ausbildungsstellen sowie 21 freie Praktikums-/EQ-Plätze.

Erfolgsmodell duale Ausbildung

Als weitere Maßnahmen nannte er den Ausbildungsatlas, die Broschüre „Schule und was dann“ sowie die Ausbildungsbotschafter Gießen und Vogelsberg, die von den jeweiligen Landkreisen finanziell unterstützt würden. Die duale Ausbildung stelle ein Erfolgsmodell dar, wie auch die EU-Jugendarbeitslosenquote verdeutliche, die im Schnitt Stand September 2024 bei 14,8 Prozent lag. Die niedrigste Quote habe dabei die Schweiz mit 6,8 Prozent verzeichnet, dicht gefolgt von Deutschland mit 6,9 Prozent. Am höchsten seien die Anteile in Spanien (26,5 Prozent), Schweden (25,9 Prozent) und Rumänien (23,2 Prozent) gewesen.
Herausgegeben am 12. Dezember 2024
Pressemeldung Nr. 80
Verantwortlich für den Inhalt: Petra A. Zielinski, Tel. 06031/609-1920
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100


Stand: 06.01.2025