Über 90 Kandidaten stehen schon bereit

KI im Mittelstand, die neue Marke „The World meets in Gießen“ und ein multimodales Gießener Verkehrskonzept waren Themen auf der IHK-Vollversammlung. Ein einstimmiges Votum erhielt der Jahresabschluss 2022.
Die jüngste Vollversammlung der IHK Gießen-Friedberg fand am 28. September bei der Neils & Kraft GmbH & Co. KG in Gießen statt. Mit einstimmigem Votum nahmen die VV-Mitglieder den Jahresabschluss 2022 der IHK an. Die Beitragseinnahmen lagen im vergangenen Jahr 1,4 Prozent unter denen des Vorjahres. Der Ansatz im Wirtschaftsplan 2022 wurde dennoch übertroffen. Die IHK erzielte einen Jahresüberschuss in Höhe von rund 229.000 Euro. Bei den betrieblichen Erträgen war im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von rund 63.000 Euro zu verzeichnen. Sie betrugen rund 10,90 Millionen Euro. Im Vergleich zu anderen Industrie- und Handelskammern reduziert die heterogene Mitgliederstruktur des IHK-Bezirks die Abhängigkeit von einzelnen Branchen oder Unternehmen.

Wahlgruppe Industrie noch unterbesetzt

Zwischen dem 18. Januar und dem 20. Februar 2024 steht die Neuwahl der Vollversammlung an. „Bisher haben sich bereits 91 Kandidatinnen und Kandidaten für die zehn Wahlgruppen gefunden“, erklärte Hans-Heinrich Bernhardt, ehemaliges VV-Mitglied und Vorsitzender des Wahlausschusses. Damit seien für fast alle Wahlgruppen ausreichend Kandidaten vorhanden. Lediglich in der Wahlgruppe Industrie im Vogelsbergkreis würden noch zwei Kandidaten oder Kandidatinnen fehlen, weitere Bewerbungen seien willkommen, so Bernhardt. Laut Wahlordnung soll in jeder Wahlgruppe mindestens ein Kandidat mehr antreten, als in der Wahlgruppe Sitze zu vergeben sind.
Die neue VV wird aus 60 unmittelbar zu wählenden Mitgliedern aus zehn Wahlgruppen bestehen. Die Wahlgruppen Industrie, Einzelhandel und sonstige Dienstleistungen sind weiter aufgeteilt in die Wahlbezirke Gießen, Wetteraukreis und Vogelsbergkreis.
Änderung der Sachverständigenordnung

Die Sachverständigenordnung (SVO) regelt den Zugang und die Ausübung dieses Tätigkeitsbereiches. Insgesamt wird die SVO der IHK Gießen-Friedberg mit der Zustimmung der Vollversammlung an drei Stellen inhaltlich geändert. In zwei Fällen wird ausdrücklich das nunmehr von allen Industrie- und Handelskammern (IHKs) genutzte Online-Sachverständigenverzeichnis (SVV) in die SVO aufgenommen und ist mithin Teil der Digitalisierung des Sachverständigenwesens. Das Verzeichnis bildet lückenlos den aktuellen Bestand der von den IHKs öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ab. Eine einfache Kontaktaufnahme kann damit erfolgen. Die dritte Änderung ermöglicht nunmehr die Nutzung weiterer Stempel, wenn der Sachverständige dazu verpflichtet ist.

Kalte Progression aushebeln

Einigkeit bestand zur Resolution „Kalte Progression dauerhaft verhindern – für die Einführung eines Einkommensteuertarifs auf Rädern“. Die VV fordert die Abschaffung der Kalten Progression durch die Einführung eines „Einkommensteuertarifs auf Rädern“. Gemeint ist damit, dass die Werte, die für die Höhe der Besteuerung maßgeblich sind, automatisch jährlich an die Inflation angepasst werden sollen“, erläuterte Schwarz. Dadurch bleibe das Verhältnis zwischen der Steuerbelastung und der Kaufkraft des Einkommens immer gleich.
Gelten sollte diese Vorgabe für den Grundfreibetrag und die Grenzwerte, ab denen die nächsthöhere Stufe in der Steuerprogression erreicht wird, sowie für Freigrenzen, Freibeträge und Pauschalen. „Derzeit steigt die Steuerbelastung mit dem Nominalbetrag des Einkommens, auch wenn die Kaufkraft des Einkommens gleichbleibt oder sogar sinkt“, ergänzte Schwarz. Die Unternehmen seien damit sehr hohen Lohnforderungen ausgesetzt. Denn um zumindest einen gleichbleibenden Reallohn zu zahlen, müssten sie die Inflation sowie die höhere Steuerbelastung aufgrund der Kalten Progression ausgleichen.
Auf einen erfolgreichen Kongress – „The World meets in Gießen“ – blickte IHK-Hauptgeschäftsführer Matthias Leder zurück. „Wir haben mit diesem Forum und dem Namen eine neue Marke geschaffen, die bereits international trägt, bis nach China, Brasilien und Afrika.“ Ein Video demonstrierte die positive Resonanz unter den Kongressteilnehmern. 
KI im Mittelstand

Den Senkrechtstart des Chatbot ChatGPT beleuchtete Daniel Gal, Geschäftsführer von GAL Digital, in einem Vortrag auf der IHK-Vollversammlung. „Ich sehe mit dieser Software eine große Chance für den Mittelstand, dem Fachkräftemangel ein wirksames Instrument entgegenzusetzen.“ Nach seiner Ansicht könne die Produktivität im Unternehmen durch den Einsatz von generativer KI um 20 bis 30 Prozent steigen. Der Haken sei jedoch, dass alles, was in das Programm eingegeben werde, auch in dem Computerprogramm wiederverwendet werden könne. Sensible Daten aus den Unternehmen würden nicht geschützt.
Welche weitreichenden Anwendungen möglich sind, zeigte Gal in seinem Vortrag interaktiv. So könne die Künstliche Intelligenz (KI) Trainings für Verkaufs- oder Bewerbungsgespräche durchführen, E-Mail-Antworten formulieren oder juristische Verträge kommentieren. Gefährlich sei jedoch der unreflektierte Einsatz: „Wenn die KI keine Informationen hat, wird gelogen.“ Die Prüfung durch einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin sei nicht ersetzbar.
Um die Möglichkeiten, die diese KI bietet, sicher auszuschöpfen, hat sein Unternehmen das Tool „nele.ai“ entwickelt. Diese datenschutzkonforme Lösung filtert personenbezogene Daten aus den Eingaben heraus, setzt sie aber nach der KI-Antwort wieder ein. Zusätzlich stellt sie durch Verträge mit den großen KI-Anbietern sicher, dass die übermittelten Daten nicht genutzt werden dürfen. Darüber hinaus stellt die Anwendung vorgefertigte Prompts (Computerbefehle) für eine Vielzahl von Fachgebieten bereit. „In den 18 Jahren seit Bestehen meines Unternehmens hat es eine solche digitale Sprunginnovation in der IT-Welt nicht gegeben“, bewertete der Unternehmer das disruptive Potenzial von generativer KI – in seinen Augen eine riesengroße Chance für Wachstum und Innovation.
www.nele.ai

Multimodales Verkehrskonzept für Gießen

Nach dem Scheitern des Gießener Verkehrsversuchs setzt sich die IHK für ein multimodales und integriertes Verkehrskonzept ein. „Nachdem einige Innenstadtgeschäfte im Zuge des Verkehrsversuchs über drastische Umsatzeinbußen berichten, müssen Maßnahmen zur Sicherung des Weihnachtsgeschäfts durchgeführt werden“, erläuterte Michael Kraft, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Gießen. Der Verkehrsfluss auf dem Anlagenring und in das Umland hinein dürfe nicht behindert werden. Einige Maßnahmen, die von der Stadt in den vergangenen Monaten umgesetzt worden seien, sollten jedoch weiterverfolgt werden. Dazu zähle beispielsweise die neue Ampelsteuerung auf dem Anlagenring, die den Verkehrsfluss beschleunigen könne. „Solche intelligenten, technisch fortschrittlichen Ansätze sollten zukünftig stärker genutzt werden, um den innerstädtischen Verkehr in Gießen zu optimieren“, so Kraft weiter. Überlegungen der Stadt, den ÖPNV aus dem Umland in die Innenstadt zu stärken, sollten mit den umliegenden Gemeinden und den Landkreisen intensiv verfolgt werden. Darüber hinaus fordert die IHK ein Gesamtkonzept für die Mobilität in Gießen voranzutreiben.

IHK unterstützt Stärkung des Vogelsbergs

Die IHK Gießen-Friedberg ist seit vielen Jahren aktives Mitglied im Beirat (LEADER-Entscheidungsgremium) des Region Vogelsberg e.V. und damit auch über dieses Gremium an der Entwicklung der Region Vogelsberg beteiligt. Um diese Mitarbeit ausbauen zu können, entschieden sich die VV-Mitglieder einstimmig für die Mitgliedschaft der IHK im Region Vogelsberg e.V.
Im Fokus der Vereinsarbeit steht das Leader-Förderprogramm der EU. Mit dem Beginn der neuen Leader-Förderperiode 2023 übernimmt der Verein Region Vogelsberg e.V. die Umsetzung des Förderprogramms nach den Vorgaben der Europäischen Union. Die Region Vogelsberg ist bereits zum sechsten Mal Leader-Region geworden. Beim Leader-Förderprogramm handelt es sich um ein EU-Programm zur ländlichen Regionalentwicklung, das von Bund und Ländern kofinanziert wird und mit dessen Hilfe die regionalen Potenziale gehoben werden sollen.
Neue Projektideen für die Förderperiode 2023–2027 sind bereits vorgestellt und bewertet worden, weitere Projektideen in den vier Handlungsfeldern können noch eingereicht werden. Diese sind Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, Tourismus, wirtschaftliche Entwicklung und regionale Versorgung durch Klein- und Kleinstunternehmen sowie Anpassungsstrategien für nachhaltigen Konsum.
Herausgegeben am 02.10.2023
Pressemeldung Nr.63
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031 / 609-1100
Stand: 17.04.2024