Berufsorientierung auf Augenhöhe

Bei mehr als 300 anerkannten Ausbildungsberufen fällt Schülerinnen und Schülern die Wahl oftmals schwer. Hilfe im Dschungel der Möglichkeiten bieten die IHK-Ausbildungsbotschafter, die ihre jeweiligen Berufe in Schulen vorstellen.
Die Zahl junger Menschen, die sich nach dem Schulabschluss für eine Ausbildung entscheiden, ist in Deutschland seit Jahren rückläufig. Diesem Negativtrend möchte die IHK Gießen-Friedberg mit dem Projekt „Ausbildungsbotschafter Gießen“ effektiv entgegenwirken. Das Projekt wird aus Mitteln des Landkreises Gießen finanziert. „Eine duale Berufsausbildung eröffnet Auszubildenden vielfältige, aussichtsreiche Perspektiven und bildet den Grundstein für eine Karriere“, unterstreicht Kai Schelberg, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung. „Leider verlassen immer mehr Jugendliche die Schule ohne einen konkreten Berufswunsch.“
Wie sieht der berufliche Alltag konkret aus? Welche Unterrichtsfächer werden an der Berufsschule unterrichtet? Welche Rechten und Pflichten hat ein Auszubildender? All das sind Fragen, die junge Menschen beschäftigen. Antwort geben möchten die „Ausbildungsbotschafter Gießen“, die seit diesem Jahr im Rahmen der Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen in Stadt und Landkreis Gießen ihren Ausbildungsberuf, die Gründe für ihre Berufswahl und die Karrieremöglichkeiten vorstellen. Der Vorteil ist, dass die Botschafterinnen und Botschafter wissen, wovon sie reden, da sie selbst noch mitten in ihrer Ausbildung stecken. So wie Paul Jung, Leon Glas (beide Spedition Bork GmbH, Langgöns-Niederkleen) und Mahir Marankoz (Wolf Verpackungsmaschinen GmbH, Lich-Birklar), die im Juni an der Gesamtschule Gleiberger Land in Launsbach zu Besuch waren. Begleitet wurden sie von Projektkoordinatorin Susanne Parisi vom Institut für Berufs- und Sozialpädagogik sowie Berufsorientierungscoach Marius Wend.

Fragen ausdrücklich erwünscht

Für Mahir Marankoz war es ein langer Weg, bis er schließlich seinen Traumberuf Industriemechaniker gefunden hat. Zunächst begann der heute 26-Jährige eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer, machte dann sein Fachabitur und studierte danach ein Semester. Es folgte ein duales Studium bei der Polizei, das aber nach einer nicht bestandenen Prüfung endete. Fußballkollegen und sein älterer Bruder, der ebenfalls bei Wolf Verpackungsmaschinen tätig ist, machten ihn auf das Unternehmen aufmerksam. „Unser Chef ist selbst im Fußballverein“, erzählte Marankoz, der seine Ausbildung zum Industriemechaniker im August 2020 begonnen hat.
Während des Besuchs in der Gesamtschule Gleiberger Land stellte der junge Mann nicht nur sein Unternehmen vor, sondern beantwortete darüber hinaus gerne die Fragen der rund 75 Schülerinnen und Schüler aus dem 9. Jahrgang. So erfuhren die Mädchen und Jungen, dass man als Industriemechaniker gut in Mathe und Physik sein sollte und dass mindestens ein guter Hauptschulabschluss Voraussetzung für diesen Beruf ist. „Je höher der Abschluss, desto besser“, erklärte er. Auch was man verdient und wie die Karrierechancen sind, wollten die jungen Leute wissen.

Probearbeiten ist wichtig

„Ich habe heute meinen letzten Ausbildungstag als Fachkraft für Lagerlogistik bei der Firma Bork im Magna Park Niederkleen“, freute sich Paul Jung, der seine Aufgabenbereiche vorstellte. Neben dem Be- und Entladen von Lkws und dem Verpacken von Ware spielten vor allem die Beachtung von Sicherheitsbestimmungen sowie die Dokumentation eine große Rolle. Wichtig sei es ebenfalls, die englische Sprache gut zu beherrschen, denn man müsse viel mit ausländischen Lkw-Fahrern kommunizieren. „Nach meinem Freiwilligen Sozialen Jahr habe ich bei Bork Probe gearbeitet und es hat mir auf Anhieb gefallen“, erzählte der 21-Jährige, der wie Marankoz nach seiner Ausbildung übernommen wurde.
Auch Leon Glas, der heute in der Personalabteilung des Familienunternehmens arbeitet, hat seine Ausbildung zum Kaufmann für Speditions- und Logistikdienstleistungen bei Bork erfolgreich abgeschlossen. „Mir gefällt die flache Hierarchie im Unternehmen“, unterstrich der 23-Jährige und führte Fakten an: 112.500 Kilometer würde die Lkw-Flotte der Spedition pro Tag zurücklegen, zu den Kunden zählten unter anderem namhafte Unternehmen wie Fresenius, Bosch oder Lidl. Neben dem Organisieren des nationalen und internationalen Güterverkehrs würden beispielsweise auch das Steuern und Überwachen des Versands, Umschlags und der Lagerung von Gütern zu den Aufgaben eines Kaufmanns für Spedition und Logistikdienstleistungen gehören. Während der Ausbildung durchlaufe man verschiedene Abteilungen, wie Disposition, Personalabteilung, Kundenservice, Lager, Abrechnung, Abfertigung und Fuhrpark.

Individueller Lebenslauf

„Verkauft euch so, wie ihr seid“, erklärte Leon Glas den Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf eine Bewerbung. Wichtig sei es auch, sich vor einem Bewerbungsgespräch seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu sein und echtes Interesse am Unternehmen zu haben. „Kopiert die Lebenslaufvorlage nicht aus dem Netz, sondern gestaltet sie individuell.“, lautete ein weiterer Tipp. Ein Praktikum stelle die beste Möglichkeit dar, einen Beruf kennenzulernen und festzustellen, ob er zu einem passe. Zudem riet Leon Glas den Neuntklässlern sich rechtzeitig um einen Ausbildungsplatz zu bemühen.
Ausbildungsbotschafter können alle Auszubildenden in einem IHK-Beruf werden, die im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr sind und somit bereits berufliche Erfahrungen sammeln konnten. Für ihre Einsätze werden sie von Projektkoordinatorin Susanne Parisi vorbereitet. In den kostenlosen Vorbereitungskursen erlernen sie grundlegende Kenntnisse in Rhetorik und sicherem Auftreten. Von dem Projekt profitieren Schülerinnen und Schüler sowie Ausbildungsbetriebe, die durch ihre Azubis ihr Unternehmen repräsentieren und so bereits frühzeitig potenzielle Bewerber im Schülerkreis gewinnen können. Darüber hinaus ist das Projekt für Schulen gewinnbringend, da diese ein auf sie abgestimmtes Berufsorientierungsangebot erhalten.
Auch in der Clemens-Brentano-Europaschule in Lollar sowie der Anne-Frank-Schule in Linden waren kürzlich Tage IHK-Ausbildungsbotschafter unterwegs. Wer Auszubildende betreut oder selbst Auszubildender ist und die Begeisterung und das Wissen über seinen Ausbildungsberuf an potenzielle Fachkräfte von morgen weitergeben möchte, kann sich an Susanne Parisi wenden. (ausbildungsbotschafter@giessen-friedberg.ihk.de)

Herausgegeben am 13. Juli 2023
Pressemeldung Nr. 48
Verantwortlich für den Inhalt: Petra A. Zielinski, Tel. 06031/609-1920
Pressestelle: Doris Hülsbömer, Tel. 06031 / 609-1100



Stand: 17.04.2024