IHK feiert Jahresempfang in Friedberg

MedDv und Rinn erhielten Unternehmenspreis vor über 500 Gästen aus dem In- und Ausland.
Die Verleihung des Unternehmenspreises, lebhafte Diskussionen in Expertenrunden und die Möglichkeit zum Netzwerken mit regionalen Unternehmen, aber auch viele Gästen aus dem Ausland: Der IHK-Jahresempfang beleuchtete die vielfältigen Aspekte der Wirtschaftstätigkeiten in der Region. „Unser Fokus liegt auf einer offenen Gesellschaft – das ist unsere Botschaft“, begrüßte IHK-Hauptgeschäftsführer Matthias Leder Gäste aus 20 Nationen und fünf Kontinenten. Über 500 Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik und Verbänden Mittelhessens waren am Dienstagabend der Einladung der IHK in die Friedberger Stadthalle gefolgt.  „Wettbewerbsfähigkeit in der neuen Normalität“ lautete das Motto des Abends.
Dass eine neue Normalität die Unternehmen stark fordert, insbesondere mit Blick auf die Energiekosten, die geopolitische Lage und den Fachkräftemangel, war Konsens unter den Referenten. Carsten Jens, Moderator und Chef vom Dienst beim Hessischen Rundfunk, beschrieb in dieser herausfordernden Situation die IHK als „Stimme der Wirtschaft und der wirtschaftspolitischen Vernunft“. Wie stark die IHK mit den Unternehmen im Austausch ist und sie unterstützt, unterstrich IHK-Präsident Rainer Schwarz: „Wir sind für die Unternehmen ein Ansprechpartner, unterstützen bei der Gewinnung von in- und ausländischen Fachkräften und sind auch ein Sprachrohr gegenüber der Politik.“ Zum Beispiel habe die IHK durch den intensiven Dialog mit der Politik bei der Gestaltung von Hilfsprogrammen während der Corona-Pandemie mitgewirkt. Diese Programme seien eine große Unterstützung für die Unternehmen gewesen.

Grundsteinlegung für die Zukunft

Ein Höhepunkt des Abends war die Verleihung des IHK-Unternehmenspreises 2022, den zwei Unternehmen aus Heuchelheim und Fernwald erhielten: Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG in der Kategorie Industrie und die Firma medDV GmbH in der Kategorie Handel und Dienstleistung. Der Preis würdigt besonders innovative Unternehmen im IHK-Bezirk, die sich für eine starke wirtschaftliche Zukunft in der Region einsetzen. Ein Schwerpunkt war 2022 das Thema Nachhaltigkeit. „Mit ihrem unternehmerischen Engagement, mit herausragenden Leistungen und oft hohen persönlichen und wirtschaftlichen Risiken legen diese Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihrer Belegschaft die Grundlagen für den Wohlstand nachfolgender Generationen“, erklärte Dr. Matthias Leder. „Wir möchten mit dem IHK-Unternehmenspreis zeigen, wie innovativ und leistungsstark unsere Unternehmen in der Region sind.“
Die Firma Rinn überzeugte die Jury mit ihrem nachhaltigen Ansatz, der sich über das gesamte Unternehmen erstreckt. In der Produktion von Betonpflastersteinen konnte beim Rinn Klimastein beispielsweise der Anteil von Zement auf einen geringfügigen Anteil gesenkt werden. Dadurch werden CO2-Emissionen in der Herstellung deutlich reduziert. „Bis 2030 wollen wir auch ohne den Kauf von Emissionszertifikaten klimaneutral sein“, erklärte Geschäftsführer Christian Rinn. Die konsequente Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt das Unternehmen bereits seit 2011. Ein besonderes Anliegen ist dem Unternehmen zudem die Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Kontakt mit den Kunden, wie Geschäftsführerin Luisa Rinn unterstrich: „Wir wollen unsere Kunden bei jedem Kontakt mit Rinn begeistern.“

Initialzündung durch IHK

Für das Unternehmen medDV erfolgte die Initialzündung zur Unternehmensgründung durch den Kontakt mit der IHK. „Ohne die IHK gäbe es uns vielleicht gar nicht“, erklärte Geschäftsführer Gunter Ernst. Nach der IHK-Beratung zur Unternehmensgründung seien ihm und Mitgründer Carsten Rausch klar gewesen, dass die Idee einer Digitalisierung der medizinischen Rettungskette vielversprechend sei. Das bedeutet, dass Daten bereits bei der Alarmierung eines Notarzteinsatzes digital auf Tablets übertragen werden, im weiteren Verlauf medienbruchfrei an die Klinik weitergegeben werden bis sie schließlich auch der Rechnungsstelle und Qualitätssicherung zur Verfügung stehen. Durch den nachhaltigen Prozess kann dem Patienten schneller geholfen werden. Weitere Nachhaltigkeitselemente sind eine PV-Anlage auf dem Dach oder der Ersatz von Bauteilen anstelle von Komponenten in der Reparatur der Tablets.

Mehr Ausbildungsverträge unterzeichnet

Ob IHK-Berufswegekompass und die virtuelle Ausbildungsmesse für die Berufsfindung junger Menschen, das Engagement ehrenamtlicher Prüferinnen und Prüfer in der dualen Ausbildung oder drei neue Beratungsstellen für die Unterstützung bei der Gewinnung von Fachkräften: Die IHK ist auf vielen Ebenen aktiv in der Aus- und Weiterbildung. Nolis Sheily Jenisch, Rewe Group, hat sich nach der Schule für eine duale Ausbildung entschieden und schätzt die vielfältigen Karriereoptionen, die sich ihr geboten haben, sehr – bis hin zur Teamführung. „Das ist eine Erfahrung, die jeder mal gemacht haben sollte.“ Ihr jetziger Vorgesetzter und Leiter HR Kompetenzcenter, Björn Walther, beleuchtete die heutige Situation in der Gewinnung von Auszubildenden: „Es ist eine große Herausforderung, junge Menschen für die Unternehmen zu gewinnen. Dabei muss man auch neue Wege gehen, so etwa über TikTok.“ Immerhin konnte Kai Schelberg, IHK-Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung, berichten, dass zum 30. Juni neun Prozent mehr Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr registriert worden sind.

Vertrauen wiederherstellen

„Als Unternehmer bin ich es gewohnt, optimistisch zu denken. Gleichwohl machen wir Unternehmer in Deutschland uns Sorgen, vom Wettbewerb abgekoppelt zu werden“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian in seinem Impulsvortrag. Das Vertrauen in den Standort Deutschland gelte es wiederherzustellen. Dazu müsse man vor allem drei Themen auf die Agenda setzen: Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen, Fachkräftesicherung und konsequenter Bürokratieabbau. „Wir zahlen für unsere Energieversorgung aktuell das Drei- bis Vierfache unserer europäischen Nachbarn.“ Wenn das Energieeffizienzgesetz in Kraft trete, bedeuteten die Vorgaben, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 über ein Fünftel reduziert werden müsse. „Das ist ein unrealistischer und wachstumshemmender Ansatz. Wir brauchen stattdessen rasch eine Ausweitung des Angebotes an regenerativer Energie. Mit unserer StromPartnerschaft haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht, um über Investitionszuschüsse neue Anlagen anzureizen und über Netzentgeltreduzierungen langlaufende Lieferverträge für die Abnehmer auch attraktiv zu machen.“
Ein weiteres großes Wachstumshemmnis sei der Fachkräftemangel. Auf dem Arbeitsmarkt würden aktuell zwei Millionen Menschen fehlen. „Die Integration ausländischer Fachkräfte braucht entsprechende Instrumente und kürzere Wartezeiten in den deutschen Konsulaten“, erklärte Adrian. „Das ist bereits ein Teil der Willkommenskultur.“
Was Unternehmen aktuell zusätzlich bedrücke, sei nach wie vor die Langsamkeit in der Verwaltung. Zudem seien die Unternehmen mit immer mehr neuen Auflagen und Reporting-Pflichten überfordert. „Im Vergleich zu den G20-Ländern stehen nur fünf andere Länder schlechter da als wir. Bei der Steuerbelastung sind wir dagegen Spitze“, kritisierte Adrian. Das Korrektiv finde sich in der Unternehmenslandschaft. Unternehmerinnen und Unternehmer hätten eine intrinsische Motivation anzupacken, gerade auch mit Blick auf Nachhaltigkeit. „Aber dafür brauchen sie auch einen Gestaltungsraum – gerade in der neuen Normalität, die uns umgibt.“

Starke Partnerschaften mit Afrika

Präsident Schwarz sprach sich in diesem Zusammenhang für die Einführung eines „Einkommensteuertarifs auf Rädern“ aus. „Ein solcher Steuertarif passt sich automatisch so an, dass die kalte Progression ausgeglichen wird.“ Als Vorteil nannte Schwarz, dass bei einem Steuertarif auf Rädern der Staat nicht mehr Gewinn aus der Inflation ziehen würde und die reale Belastung des Steuerzahlers konstant bliebe. „Alle Steuerzahler – Unternehmen, Staat und Bürger – hätten Planungssicherheit.“
Dass Wettbewerbsfähigkeit in der neuen Normalität nicht an den Außengrenzen des IHK-Bezirks stehen bleibt, zeigte Matthias Leder auf. Zum einen beklagte sich Leder darüber, dass viele afrikanische Freunde einen Termin zur Beantragung eines Besucher-Visums in die BRD erst im Oktober, also drei Monate nach dem Sommerempfang, angeboten wurde. „Und das hat nichts mit Willkommenskultur zu tun und macht uns gegenüber dem Ausland nicht wettbewerbsfähig“, meinte Leder dazu.
Zum anderen will die IHK nachhaltige Entwicklungspolitik mit starken Partnerschaften fördern, insbesondere durch die Kammer-Verbandspartnerschaft mit Nigeria. „Wir stehen im regelmäßigen Austausch, insbesondere mit Nigeria und dem Senegal. „Wenn wir zuhören und erfahren, was sich Entwicklungsländer wünschen, stoßen wir regelrecht auf Begeisterung.“ Afrika sei ein vielversprechender Markt, das Bevölkerungswachstum hoch. „Diesen Prozess wollen wir gestalten.“
Herausgegeben am 10. Juli 2023

Stand: 17.04.2024