Die wirtschaftliche Situation bleibt angespannt

Ein Ende der angespannten wirtschaftlichen Situation ist auch im November 2025 noch nicht in Sicht. Auf der Herbst-Konjunkturpressekonferenz der IHK Gießen-Friedberg bei GO! Express & Logistics Gießen forderten Präsident Rainer Schwarz und Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder ein sofortiges Belastungsmoratorium, radikalen Bürokratieabbau und wirksame Wachstumsimpulse.
„Unsere Betriebe sehen keine Trendwende“, betonte Rainer Schwarz, Präsident der IHK Gießen-Friedberg, auf der Herbst-Konjunkturpressekonferenz, die beim Mitgliedsunternehmen GO! Express & Logistics Gießen in Pohlheim stattfand.
„Hohe Energie- und Rohstoffpreise, der Fachkräftemangel und eine ausufernde Bürokratie rauben ihnen die Luft zum Atmen. Wir brauchen jetzt verlässliche politische Rahmenbedingungen und schnellere Verfahren, damit unsere Betriebe wieder optimistisch investieren können. Ohne ein sofortiges und nachhaltiges Gegensteuern der Politik stehen wir vor einem industriellen Scherbenhaufen.“
Grundlage der Analyse ist die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage unter den Mitgliedsbetrieben in den Landkreisen Gießen, Wetterau und Vogelsberg. Das Ergebnis ist ernüchternd: Der regionale Konjunkturklimaindex ist von 93 Punkten im Herbst 2024 auf nunmehr 88 Punkte gefallen. Damit liegt er deutlich unter der Zufriedenheitsschwelle der Unternehmen, die bei einem Wert von 100 angesiedelt ist. Nur 27 Prozent bewerten ihre derzeitige Geschäftslage als gut, ebenso viele Betriebe stufen ihre aktuelle Lage als schlecht ein. Noch düsterer fallen die Erwartungen der Betriebe aus: 34 Prozent rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage, lediglich 11 Prozent gehen von Verbesserungen aus.

Industrie im Sinkflug

Besonders betroffen von der wirtschaftlichen Krise ist die Industrie. Die Auftragseingänge in Deutschland sind mittlerweile vier Monate in Folge rückläufig. Eine derart lange Durststrecke gab es zuletzt zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Frühjahr 2022.

Fahrzeugbau unter Druck

Auch der Fahrzeugbau spürt den Gegenwind. Mehr als 90 Prozent der im hessischen Fahrzeugbau vertretenen Unternehmen nennen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größtes Geschäftsrisiko. IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder warnte in diesem Zusammenhang davor, dass Investitionen verstärkt im Ausland getätigt werden:
„Wenn Deutschland kein attraktiver Standort bleibt, werden Wertschöpfung und Arbeitsplätze eben anderswo aufgebaut. Bei Autos mit Verbrennermotoren sind wir hierzulande Weltmarktführer. Das Verbrenner-Aus muss nun schnell zurückgenommen werden.“

Bau und Immobilien: zartes Plus – aber kein Durchbruch

Das Bauhauptgewerbe profitiert zwar von öffentlichen Großaufträgen für Bahn- und Leitungsbau sowie einzelnen Projekten im Wirtschaftshochbau. Zwischen Januar und Juli legten die Auftragseingänge real um 7,5 Prozent zu. Doch die Kombination aus hohen Materialkosten, gestiegenen Zinsen und wachsenden Vorschriften erstickt einen breiten Aufschwung. „Das im Oktober beschlossene Bau-Turbo-Gesetz ist richtig, aber reicht bei Weitem nicht“, kritisierte Präsident Schwarz.
„Solange die Gesamtkosten weiter steigen, bleibt der Investitionsanreiz gering.“
Im Vergleich der drei Landkreise schneidet die Wetterau beim Klimaindex mit 92,3 Punkten am besten ab, verliert aber gegenüber dem Frühsommer zehn Punkte. Der Landkreis Gießen kommt auf 89,7 Punkte – auch hier ein Rückgang um über zehn Punkte im Vergleich zum Frühsommer. Zu Buche schlagen die angekündigte Schließung des Bremsscheibenherstellers Breyden in Lollar und die Auswirkungen des gescheiterten Gießener Verkehrsversuchs. Noch deutlicher fällt die negative Entwicklung im Vogelsbergkreis aus: 72,4 Punkte bedeuten ein Minus von über 20 Punkten binnen dreieinhalb Jahren. Auch der Fachkräftemangel wirkt sich im Vogelsberg stark aus: Fast jedes zweite befragte Unternehmen findet kein geeignetes Personal.

Einzelhandel: Konsumflaute und Bürokratie

Unter zunehmender Bürokratie, andauernden Leerständen in den Innenstädten und der Online-Konkurrenz leidet seit Jahren der Einzelhandel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Binnennachfrage nicht anzieht. Im Vogelsbergkreis stürzt der Klimaindex für den Einzelhandel auf 31,4 Punkte ab – ein Negativrekord. In Gießen (71,4) und Wetterau (76,6) sieht es zwar besser aus, doch auch hier stehen die Zeichen auf Rückzug. Hinzu kommt der Personalengpass: Laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung blieben hessenweit zuletzt rund 122.000 Stellen unbesetzt, viele davon im Handel.

Dienstleister als einziger Lichtblick

Einziger Sektor mit positivem Saldo sind die Dienstleister. Sie erreichen 104 Punkte, angeführt von den Finanzdienstleistern mit 130 Punkten. Steigende Kreditvolumina sowie eine anziehende Nachfrage nach Wohnbaufinanzierungen sorgen für Zuversicht.

Investitionen brechen ein – Exporterwartungen im Keller

Eines der schwerwiegendsten Ergebnisse: Ein Drittel der Betriebe will 2026 weniger investieren, nur 23 Prozent wollen aufstocken. Hauptmotivation für Investitionen ist der Ersatzbedarf (67 Prozent), nicht Wachstum. Für Innovationen und neue Produkte fehlt vielfach das Kapital oder die Zuversicht. Das hat Folgen. Denn weniger Investitionen schwächen zwangsläufig die Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig trübt sich das Auslandsgeschäft weiter ein: 45 Prozent der Firmen erwarten sinkende Exporte – erst recht nach Nordamerika, wo Zölle und politische Unsicherheiten belasten. Der Exportsaldo fällt auf minus 32,7 Punkte.
Parallel hält der Personalmangel an. 36 Prozent der befragten Unternehmen melden unbesetzte Stellen. Viele Betriebe werden aufgrund der wirtschaftlichen Krise jedoch zurückhaltender: Während Dienstleister und Konsumgüterhersteller noch leicht aufstocken wollen, planen Bau, Handel und Vorleistungsgüter-Produzenten eher einen Stellenabbau. Der Beschäftigungssaldo sinkt auf minus 13,2 Punkte. Das heißt, dass die Unternehmen eher dazu tendieren, Stellen abzubauen als neue zu schaffen.

IHK-Initiativen: Von Talenten aus Nigeria bis „Heimat shoppen“

Um diesen Trends gegenzusteuern, setzt die IHK mehrere Projekte um:
• Der Online-Bürokratiemelder sammelt Praxisbeispiele und formuliert Abbauvorschläge.
• Ein Pilotprojekt mit 18 Talenten aus Nigeria soll dem Hotel- und Gaststättengewerbe ab 2026 qualifizierte Auszubildende bringen. Die Teilnehmer absolvieren derzeit einen intensiven Sprach- und Kulturkurs, um das Niveau B2 zu erreichen.
• Die internationale Konferenz „The World meets in Giessen“ vernetzt seit Jahren regionale Betriebe mit Partnern aus anderen Kontinenten.
• Die Aktion „Heimat shoppen“ belebt Innenstädte: 25.000 Einkaufstüten und ein eigens gebrandeter „ID-Buzz“ werben für das lokale Einkaufserlebnis.

Forderungen an die Politik: Belastungsmoratorium jetzt!

Auf Basis der Konjunkturumfrage formuliert die IHK einen klaren Forderungskatalog:
  1. Ein sofortiges Belastungsmoratorium: keine neuen Regulierungen, stattdessen ein Abbaupaket für bestehende Auflagen.
  2. Wettbewerbsfähige Energiepreise: Stromsteuer drastisch senken, Netzentgelte deckeln, Planungs- und Genehmigungsfristen für Netzausbau verkürzen.
  3. Steuerreformen: Investitionsprämien und eine Reduzierung der Unternehmenssteuern.
  4. Turbo-Genehmigungen für Industrie- und Infrastrukturprojekte, analog zum LNG-Beschleunigungsgesetz.
  5. Technologieneutrale Mobilitätspolitik: „Das Aus für das Verbrenner-Aus ist überfällig“, betont Leder. „Die Technologiedebatte um künftige Antriebe darf nicht ideologisch, sondern muss unbedingt sachlich geführt werden.“
Gastgeber der Konjunktur-Pressenkonferenz: GO! Express & Logistics Gießen GmbH

Die GO! Express & Logistics Gießen GmbH ist Teil von GO! Express & Logistics, dem größten konzernunabhängigen Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) in Europa. Das ist auf zeitkritische Express- und Kurierlogistik spezialisiert. Zum Unternehmensnetzwerk zählen über 100 GO! Stationen in Europa sowie mehr als 1.500 Kuriere, die jährlich über 10 Millionen Sendungen zuverlässig und pünktlich zustellen – und das an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr.

Die GO! Express & Logistics Gießen GmbH mit ihren 72 Mitarbeitern wiederum wickelt jährlich rund 375.500 Aufträge ab und erwirtschaftet dabei einen Umsatz von rund 10 Millionen Euro. Von der Niederlassung Gießen aus werden die Regionen rund um Gießen, Wetzlar und Marburg beliefert. Die weitere Niederlassung in Alsfeld fungiert als Knotenpunkt für Ost- und Nordhessen. Hier werden insbesondere Kurier- und Frachtlogistik für Städte wie Fulda, Alsfeld, Bad Hersfeld und Schwalmstadt koordiniert.

Das Unternehmen ist auf besonders zeitkritische Transporte wie beispielsweise diagnostische Proben, Ersatzteile oder wichtige Dokumente spezialisiert. „Die größte Branche, die wir beliefern, ist die Medizintechnik“, sagt Christian Schmidt, Geschäftsführer der GO! Express & Logistics Gießen GmbH. Das Unternehmen bietet Express-Lösungen, Kurierservices für Just-in-Time-Lieferungen in Industrie und Handel sowie Notfalllager, die Medizintechnik europaweit kurzfristig verfügbar machen. Das Logistik-Unternehmen arbeitet mit höchsten Standards und neuester Technik: „Wenn aus einem Medizin-Notfalllager ein Produkt entnommen wird, wird der Bestand innerhalb eines Tages wieder aufgefüllt. Das ist durch ein automatisiertes System sichergestellt“, erläutert Schmidt.

Geschäftsführer Schmidt ist wichtig, „dass unsere Kunden persönliche Ansprechpartner haben, die ihnen direkt weiterhelfen“. Die Zustellquote liege über 98,5 Prozent, während die Schadenquote mit unter 0,02 Prozent sehr niedrig sei.

Christian Schmidt engagiert sich als Mitglied der Vollversammlung der IHK Gießen-Friedberg ehrenamtlich für die Wirtschaft in der Region.
Herausgegeben am 19. November 2025
IHK-Pressemeldung Nr. 63,
Verantwortlich für den Inhalt: Tobias Bunk, Tel. 06031/609-1100
Pressekontakt: Tobias Bunk, Tel. 06031/609-1100
Stand: 19.11.2025