Urlaubsrecht

Arbeitnehmer haben grundsätzlich in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs. Ausgehend von einer 6-Tage Woche beträgt der gesetzliche Mindesturlaub nach Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage. Allerdings ergibt sich aus Tarifverträgen oder Einzelvereinbarungen häufig ein höherer Urlaubsanspruch. Den gesetzlichen Regelungen gehen günstigere tarifliche Bestimmungen oder Einzelvereinbarungen vor. Sonderbestimmungen ergeben sich u.a. auch aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz und dem Schwerbehindertengesetz.

Voraussetzungen für den Urlaubsanspruch

Voraussetzung für den Urlaubsanspruch ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören auch Berufsausbildungs-, Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Bei einem neu begründeten Arbeitsverhältnis entsteht der Anspruch auf Erholungsurlaub erst, wenn eine Wartezeit von 6 Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses erfüllt wurde. In den folgenden Jahren entsteht der jährliche Urlaubsanspruch jeweils mit Jahresbeginn.
Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer nur für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er entweder wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt oder wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres (also bis zum 30.06.) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Scheidet der Arbeitnehmer bei erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus, wird nicht gequotelt; es entsteht also der volle Urlaubsanspruch.

Urlaubsdauer und Zeitpunkt

Der Urlaubsanspruch rechnet sich grundsätzlich in Tagen. Bei einer 6-Tage-Woche beträgt die Mindesturlaubsdauer 24 Werktage jährlich. Wenn die Arbeitszeit nicht auf alle Werktage der Woche (6 Tage) verteilt ist, muss der Urlaubsanspruch in Arbeitstage umgerechnet werden. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Mindesturlaub dann 20 Arbeitstage. Bei einer 3-Tage-Woche 12 Arbeitstage.
Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nicht regelmäßig auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen verteilt, sondern beispielsweise mal auf vier, mal auf fünf Tage in der Woche, ist die Berechnung auf das Jahr zu beziehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht in diesem Fall von einer Arbeitsverpflichtung an 260 Tagen in der 5-Tage-Woche und von 312 Werktagen in der 6-Tage-Woche aus, sofern ein Tarifvertrag keine andere Regelung enthält.
Die Berechnungsformel lautet dann:
Gesetzliche oder tarifliche Urlaubsdauer oder vertraglicher Urlaub bei Vollzeit multipliziert mit den Tagen, an denen der Arbeitnehmer im Jahr zur Arbeit verpflichtet ist dividiert durch die Jahreswerktage oder Jahresarbeitstage (je nach betrieblicher Grundlage)
Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet in 28 Wochen im Jahr an 5 Tagen, in 18 Wochen an 4 Tagen und in 6 Wochen an 3 Tagen in der Woche. Im Betrieb besteht ein Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen bei einer 5-Tage-Woche. Der Urlaubsanspruch berechnet sich wie folgt:
28 Arbeitstage (betriebliche Urlaubsdauer) multipliziert mit 230 Arbeitstagen (28 Wochen x 5 Arbeitstage + 18 Wochen x 4 Arbeitstage + 6 Wochen x 3 Arbeitstage) dividiert durch 260 (Jahresarbeitstage) = 24,67
Daraus ergibt sich eine Urlaubsdauer von 24,67 Arbeitstagen. Für Teilzeitbeschäftigte gelten bei einer ungleichmäßigen Verteilung die gleichen Grundsätze wie für die Berechnung im Vollzeitarbeitsverhältnis.
Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Stellt der Arbeitgeber einen Urlaubsplan auf, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen..

Übertragung

Der Urlaub soll grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zusammenhängend gewährt und genommen werden. Ein Übertragungsanspruch bis 31. März des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres oder darüber hinaus kann einzelvertraglich vereinbart werden oder ergibt sich teilweise aus Tarifverträgen. Ist die Gewährung des Urlaubs im laufenden Kalenderjahr entweder aus dringenden betrieblichen oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich, wird der Urlaub außerdem in das erste Kalendervierteljahr des Folgejahres übertragen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen konnte. In diesem Fall kann er den Urlaub noch bis zum Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, verlangen.
Wird der Urlaub weder im laufenden Kalenderjahr noch im Übertragungszeitraum genommen, erlischt der Urlaubsanspruch allerdings nur, wenn der Arbeitgeber seiner Aufforderungs-und Hinweispflicht nachgekommen ist. Denn der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen Jahresurlaub zu nehmen. Demzufolge muss er ihn hierzu – gegebenenfalls förmlich – auffordern und ihn rechtzeitig und umfassend darüber aufklären, dass der Urlaub, falls der Arbeitnehmer ihn nicht nehmen sollte, verfallen wird. Der Arbeitgeber trägt in diesem Fall die Beweislast. Er muss nachweisen, dass er mit der entsprechenden Sorgfalt gehandelt hat.
Kommt der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht nicht nach, erlischt der Urlaubsanspruch nicht, so dass es zu einer Ansammlung von Urlaubsansprüchen aus vergangenen Jahren kommen kann. Diese können verjähren, aber nur, wenn der Arbeitgeber zuvor rechtzeitig auf den noch ausstehenden Urlaub und drohenden Verfall hingewiesen hat. Dann beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Hinweis erteilt hat.

Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung während des Urlaubs (Urlaubsentgelt). Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Überstundenvergütungen werden nicht berücksichtigt.
Ein gesetzlicher Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld besteht nach dem Gesetz nicht. Häufig wird im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen ein zusätzliches Urlaubsgeld vereinbart.
Es ist unzulässig, nicht in Anspruch genommenen Urlaub in Geld abzugelten. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken des Urlaubs, d. h. der Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung. Die Urlaubsabgeltung ist nur zulässig, wenn der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden kann..

Erkrankung während des Urlaubs

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub nicht angerechnet. Auch bei längerer Krankheit während des Urlaubsjahres wird der Urlaubsanspruch nicht beeinträchtigt. Er besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer das gesamte Jahr krank war.

Freistellung

Ein Anspruch auf (un-) bezahlte Freistellung kann sich aus Gesetz, Betriebsvereinbarung, vertraglicher Vereinbarung oder Tarifvertrag ergeben. Bezahlte Freistellung wird dem Arbeitnehmer insbesondere aus persönlichen Gründen gewährt, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit unverschuldet an der Arbeitsleistung gehindert ist und ihm unter Berücksichtigung der Treuepflicht die Arbeitsleistung nicht zugemutet werden kann. Dazu gehören: Geburts- oder Sterbefall in der Familie, schwere Erkrankung naher Angehöriger, Arztbesuch, Umzug etc. Hinsichtlich der Dauer des Sonderurlaubs gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Sie können sich aber aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben.

Bildungsurlaub

Bildungsurlaub ist die Teilnahme an einer behördlich anerkannten Veranstaltungen der politischen Bildung, der beruflichen Weiterbildung oder der Ehrenamtsschulung. Nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten erwirbt der Arbeitnehmer in Hessen einen Anspruch auf Freistellung zur politischen oder beruflichen Weiterbildung. Der Anspruch auf Bildungsurlaub kann für eine Veranstaltung eingesetzt werden, die entweder an fünf aufeinander folgenden Tagen oder an zwei und drei Tagen, durchgeführt innerhalb von acht Wochen, stattfindet. Während des Bildungsurlaubs wird das Entgelt weiter gezahlt. Seit 01.01.2018 kann auch eine Erstattung des Arbeitsentgelts an Kleinst- und Kleinbetriebe, die in der Regel 20 oder weniger Personen ständig beschäftigen, erfolgen. Die Erstattung erfolgt auf Antrag für die Hälfte des täglich fortgezahlten Entgelts während der Freistellung der Beschäftigten zur Teilnahme an anerkannten Veranstaltungen der politischen Bildung und beruflichen Weiterbildung.



Stand: 11.04.2023