IHK Ostthüringen ist Lotse im Prozess der Unternehmensnachfolge

Eine geregelte Übergabe erfordert einen Zeitrahmen von mehreren Jahren

Im Bereich der IHK Ostthüringen sind rund 11.100 Unternehmer älter als 55 Jahre und 3.016 Inhaber, Gesellschafter bzw. Geschäftsführer älter als 66 Jahre. Viele von ihnen stehen damit vor der Frage „Was wird aus meinem Lebenswerk?“. Das betrifft sowohl den Bereich unternehmensnahe Dienstleistungen, Handel, Verkehr, Finanz- und Versicherungswesen, aber auch Unternehmen des produzierenden Gewerbes.
Das Thema Unternehmensnachfolge ist brisanter denn je, unterstreicht auch Peter Dörfer, Nachfolgeberater in der IHK Ostthüringen. „2021 hatten wir in der IHK-Beratung fast dreimal so viele Nachfolgeunternehmen wie Übernahmeinteressenten. Im Handel waren es besonders viele", sagt Dörfer. „Und 2023 wird sich die Lage nicht wesentlich verbessern."
Der IHK-Nachfolgeberater sieht bei der Firmennachfolge ein Potenzial, das derzeit bei Weitem noch nicht ausgeschöpft werde. „Viele haben die Brisanz gar nicht auf dem Schirm", so seine Erfahrung. Dabei sei eine Übernahme oft sogar risikoärmer als eine Neugründung, schließlich gebe es bereits gewachsene und erprobte Strukturen in den Firmen, langjährige Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden sowie das Know-how.
Peter Dörfer ermutigt Gründungswillige, sich mit dem Thema Nachfolge stärker zu beschäftigen. Der Idealfall ist natürlich, wenn der Nachfolger aus der Familie kommt. So wie bei Karola Taig, Inhaberin des Blumengeschäfts „Immergrün“ in Zeulenroda-Triebes. Ihr Sohn Erik Heckel, eigentlich vom Beruf Zimmermann, hatte sich vor der Nachfolgeregelung bewusst eine Auszeit genommen, um sich darüber klar zu werden, was ihn bei einem Neuanfang wirklich erfüllen würde. „Ich bin der Natur sehr verbunden, gern kreativ tätig und so entstand schließlich der Wunsch, das Blumengeschäft weiterzuführen in Kombination mit Geschenkartikeln“, erzählt Erik Heckel. Neben ansprechender Floristik bietet er schöne Dinge aus der Region an wie Holzwaren, Keramik, Weine oder Öle. Das Sortiment an Geschenkartikeln möchte er noch erweitern, da „Blumenkäufer“ meist ein Geschenk suchen und dankbar sind, wenn sie keine weiteren Wege mehr haben.
Eine weitere Alternative das Unternehmen fortzuführen, ist aus der eigenen Belegschaft einen oder mehrere Mitarbeiter zu gewinnen. Aus Sicht der IHK wird diese Chance zu wenig erkannt. Hier ist der Seniorchef gefragt, rechtzeitig auf die Mitarbeiter zuzugehen und sie an die Aufgaben heranzuführen.
So hat Christian Güpner, Inhaber der Veranstaltungstechnikagentur Musik Gera, nebenberuflich bereits in seiner heutigen Firma gearbeitet und nun das Hobby zum Hauptberuf werden lassen. Mit 20 freien Mitarbeitern organisiert der 31-Jährige die Ton- und Videotechnik für Veranstaltungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Jüngstes Beispiel dafür ist die Tourneebegleitung von Reinhold Messner. In Gera laufen unter seiner technischen Regie u. a. viele Veranstaltungen im Hofwiesenpark, im Kultur- und Kongresszentrum sowie das Höhlerfest und die Fête de la Musique. „Für dieses Jahr ist mein Terminkalender bereits sehr gut gefüllt“, freut sich der Jungunternehmer und plant bereits weitere Herausforderungen im nächsten Jahr.
Leider schrecken noch viele Interessenten vor den Schritt in die Selbstständigkeit aus unterschiedlichen Gründen zurück. Um das Interesse an Selbstständigkeit zu fördern, sieht die IHK Ostthüringen auch den Gesetzgeber in der Pflicht. „Die Politik muss dringend gegensteuern und darf den Mittelstand jetzt nicht noch mit weiteren Richtlinien, Gesetzen und Vorschriften belasten", fordert Almut Weinert, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft und Technologie in der IHK Ostthüringen. „Je leichter es Nachfolgern gemacht wird, ein Unternehmen zu führen, desto leichter lassen sich geeignete Führungskräfte für die Nachfolge finden."

IHK-Roadshow Unternehmensnachfolge startet

Fachvortrag am 8. März im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche

Eine entscheidende Rolle bei der Nachfolgeregelung spielt die Frage nach der Übertragung des Immobilien- und Betriebsvermögens. Zu dieser Thematik gehören steuerliche Aspekte, die Wahl der richtigen Rechtsform sowie die Unternehmensbewertung.
Ivonne Helmesen, Schmidt & Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft Gera, sowie die Fachberater der IHK Ostthüringen, Peter Dörfer und Falk Hundertmark, erläutern in einer kostenfreien Veranstaltung am 8. März von 15 bis 16:30 Uhr den vielschichtigen Prozess der Unternehmensnachfolge und -sicherung. Sie zeigen Fallstricke sowie Lösungswege auf und geben Handlungsempfehlungen für typische Problemstellungen.
Infos und Anmeldung bei Falk Hundertmark (Tel. 0365 8553-209, E-Mail hundertmark@gera.ihk.de).
10.02.2023, ba