Ausbildungsregelung Fachpraktiker/in für Bürokommunikation

Ausbildungsregelung über die Berufsausbildung zum Fachpraktiker für Bürokommunikation / zur Fachpraktikerin für Bürokommunikation

(Lesefassung, gültig ab 16. Dezember 2013)

§ 1 Ausbildungsberuf
Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker für Bürokommunikation / zur Fachpraktikerin für Bürokommunikation erfolgt nach dieser Ausbildungsregelung.

§ 2 Personenkreis
Diese Ausbildungsregelung regelt die Berufsausbildung gemäß § 66 BBiG/§ 42m HwO für Personen im Sinne des § 2 SGB IX.

§ 3 Dauer der Berufsausbildung
Die Ausbildung dauert drei Jahre.

§ 4 Ausbildungsstätten
Die Ausbildung findet in ausbildungsrechtlich geeigneten Ausbildungsbetrieben und Ausbildungseinrichtungen statt.

§ 5 Eignung der Ausbildungsstätte
(1) Behinderte Menschen dürfen nach dieser Ausbildungsregelung nur in dafür geeigneten Betrieben und Ausbildungseinrichtungen ausgebildet werden.
(2) Neben den in § 27 BBiG/§ 21 HwO festgelegten Anforderungen muss die Ausbildungsstätte hinsichtlich der Räume, Ausstattung und Einrichtung den besonderen Erfordernissen der Ausbildung von behinderten Menschen gerecht werden.
(3) Es müssen ausreichend Ausbilderinnen/Ausbilder zur Verfügung stehen. Die Anzahl der Ausbilderinnen/Ausbilder muss in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl der Auszubildenden stehen. Dabei ist ein Ausbilderschlüssel von in der Regel höchstens eins zu acht anzuwenden.

§ 6 Eignung der Ausbilder/Ausbilderinnen
(1) Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG erstmals tätig werden, müssen neben der persönlichen, berufsspezifisch fachlichen und berufspädagogischen Eignung (AEVO u.a.) eine mehrjährige Erfahrung in der Ausbildung sowie zusätzliche behindertenspezifische Qualifikationen nachweisen.
(2) Ausbilderinnen/Ausbilder müssen eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation nachweisen und dabei folgende Kompetenzfelder abdecken:
  • Reflexion der betrieblichen Ausbildungspraxis,
  • Psychologie,
  • Pädagogik, Didaktik,
  • Rehabilitationskunde,
  • Interdisziplinäre Projektarbeit,
  • Arbeitskunde/Arbeitspädagogik,
  • Recht,
  • Medizin.
Um die besonderen Anforderungen des § 66 BBiG zu erfüllen, soll ein Qualifizierungsumfang von 320 Stunden sichergestellt werden.
(3) Von dem Erfordernis des Nachweises einer rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation soll bei Betrieben abgesehen werden, wenn die Qualität der Ausbildung auf andere Weise sichergestellt ist. Die Qualität ist in der Regel sichergestellt, wenn eine Unterstützung durch eine geeignete Ausbildungseinrichtung erfolgt.                            
(4) Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG bereits tätig sind, haben innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünf Jahren die notwendigen Qualifikationen gemäß Absatz 2 nach zuweisen. Die Anforderungen an Ausbilderinnen/Ausbilder gemäß Absatz 2 gelten als erfüllt, wenn die behindertenspezifischen Zusatzqualifikationen auf andere Weise glaubhaft gemacht werden können.

§ 7 Struktur der Berufsausbildung
(1) Findet die Ausbildung in einer Einrichtung statt, sollen mindestens zwölf Wochen außerhalb dieser Einrichtung in einem geeigneten Ausbildungsbetrieb (z.B. als Praktikum) durchgeführt werden.
(2) Soweit Inhalte der Ausbildung nach dieser Ausbildungsregelung, mit Inhalten der Berufsausbildung zum / zur Kaufmann für Bürokommunikation / Kauffrau für Bürokommunikation übereinstimmen, für die nach der geltenden Ausbildungsordnung oder aufgrund einer Regelung der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen zu Gera eine überbetriebliche Berufsausbildung vorgesehen ist, soll die Vermittlung der entsprechenden Ausbildungsinhalte ebenfalls überbetrieblich erfolgen.
(3) Von der Dauer der betrieblichen Ausbildung nach Absatz 1 kann nur in besonders begründeten Einzelfällen abgewichen werden, wenn die jeweilige Behinderung oder betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordern. Eine Verkürzung der Dauer durch die Teilnahme an einer überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahme erfolgt nicht.
(4) In einem Einsatzgebiet ist die berufliche Handlungskompetenz durch Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, die im jeweiligen Geschäftsprozess zur ganzheitlichen Durchführung komplexer Aufgaben befähigen.

§ 8 Ausbildungsrahmenplan, Ausbildungsberufsbild
(1) Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die im Ausbildungsrahmenplan (Anlage 1, Sachliche Gliederung) aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit). Eine von dem Ausbildungsrahmenplan (Anlage 2, Zeitliche Gliederung) abweichende Organisation der Ausbildung ist insbesondere zulässig, soweit die jeweilige Behinderung der Auszubildenden oder betriebspraktische
Besonderheiten die Abweichung erfordern.
(2) Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker für Bürokommunikation/zur Fachpraktikerin für Bürokommunikation gliedert sich wie folgt (Ausbildungsberufsbild):
ABSCHNITT A
Berufsprofilgebende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten:
1. Bürowirtschaft
1.1 Organisation des Arbeitsplatzes
1.2 Arbeits- und Organisationsmittel
1.3 Bürowirtschaftliche Abläufe
2. Informationsverarbeitung und Informationssysteme
2.1 Textverarbeitung
2.2 Tabellenkalkulation
2.3 Informations- und Kommunikationssysteme
3. Kaufmännische Steuerung und Kontrolle
3.1 Kaufmännisches Rechnen
3.2 Bereichsbezogenes Rechnungswesen
4. Personalverwaltung
4.1 Grundlagen des betrieblichen Personalwesens, Personalverwaltung
4.2 Ausgewählte Tätigkeiten des betrieblichen Personalwesens
5. Assistenz- und Sekretariatsaufgaben
5.1 Kommunikation und Kooperation im Büro und Bürokoordination
5.2 Bereichsbezogene Organisationsaufgaben
6. Materialwirtschaft
7. Fachaufgaben im Einsatzgebiet
ABSCHNITT B
Integrative Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten:
1. Der Ausbildungsbetrieb
1.1 Stellung des Ausbildungsbetriebes in der Gesamtwirtschaft
1.2 Berufsbildung
1.3 Arbeitssicherheit, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung
2. Betriebliche Organisation und Funktionszusammenhänge
(3) Das Einsatzgebiet nach Absatz 2 Abschnitt A Absatz 1 Nr. 7 wird vom Ausbildungsbetrieb festgelegt. Als geeignetes Einsatzgebiet kommen insbesondere die Bereiche 1. bis 7. in Betracht:
1. Interne Dienste (z.B. Post, Bürotechnik, Ablage),
2. Kundenbetreuung,
3. Telekommunikation,
4. Assistenz- und Sekretariatsaufgaben,
5. Materialwirtschaft,
6. Kaufmännische Steuerung und Kontrolle,
7. Personalverwaltung.
Andere Einsatzgebiete sind zulässig, wenn in ihnen die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten nach Absatz 2 Abschnitt A Absatz 1 Nr. 7 vermittelt werden können.

§ 9 Zielsetzung und Durchführung der Berufsausbildung
(1) Die in dieser Ausbildungsregelung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) sollen so vermittelt werden, dass die Auszubildenden zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 des Berufsbildungsgesetzes befähigt werden, die selbst- ständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren (berufliche Handlungskompetenz) einschließt.
Diese Befähigung ist auch in den Prüfungen nach den §§ 10 und 11 der gestreckten Abschlussprüfung nachzuweisen.
(2) Die Ausbildenden haben unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplanes für die Auszubildenden einen individuellen Ausbildungsplan zu erstellen.
(3) Die Auszubildenden haben einen schriftlichen Ausbildungsnachweis zu führen. Ihnen ist Gelegenheit zu geben, den schriftlichen Ausbildungsnachweis während der Ausbildungszeit zu führen. Die Ausbildenden haben den schriftlichen Ausbildungsnachweis regelmäßig durchzusehen und abzuzeichnen.

§ 10 Zwischenprüfung
(1) Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist eine Zwischenprüfung durchzuführen. Sie soll vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden.
(2) Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die für das erste Ausbildungsjahr aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie auf den im Berufsschulunterricht entsprechend dem Rahmenlehrplan zu vermittelnden Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.
(3) Die Zwischenprüfung findet im Prüfungsbereich Arbeitsprozesse im Büro statt.
(4) Für den Prüfungsbereich Arbeitsprozesse im Büro bestehen folgende Vorgaben:
1. Der Prüfling soll nachweisen, dass er
a) nach konkreten Vorgaben bürowirtschaftliche Aufgaben selbstständig bearbeiten,
b) Arbeits- und Organisationsmittel wirtschaftlich und ökologisch einsetzen und betreuen,
c) für die eigene Arbeit maßgebende arbeits-, gesundheits-, wirtschafts-, sozial- und umweltbezogene Rahmenbedingungen und bestehende rechtliche Regelungen berücksichtigen,
d) Grundlagen des kaufmännischen Rechnens anwenden kann;
2. der Prüfling soll praxisbezogene Aufgaben schriftlich bearbeiten;
3. die Prüfungszeit beträgt 90 Minuten.
 § 11 Abschlussprüfung
(1) Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. In der Abschlussprüfung soll der Prüfling nachweisen, dass er die dafür erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist. Die Ausbildungsregelung ist zugrunde zu legen.
(2) Die Abschlussprüfung besteht aus den Prüfungsbereichen:
1. Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse,
2. Wirtschafts- und Sozialkunde,
3. Informationsverarbeitung,
4. Einsatzgebiet.
(3) Für den Prüfungsbereich Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse bestehen folgende Vorgaben:
- Der Prüfling soll nachweisen, dass er Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Bereich der Bürowirtschaft auf die Gebiete Assistenz- und Sekretariatsaufgaben, Personalverwaltung, kaufmännische Steuerung und Kontrolle sowie Materialwirtschaft anwenden kann;
- der Prüfling soll Arbeitsaufgaben schriftlich bearbeiten;
- die Prüfungszeit beträgt 90 Minuten.
(4) Für den Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde bestehen folgende Vorgaben:
- Der Prüfling soll nachweisen, dass er
a) allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt darstellen und beurteilen,
b) die betriebliche Organisation und die Funktionszusammenhänge beschreiben kann;
- der Prüfling soll Aufgaben schriftlich bearbeiten;
- die Prüfungszeit beträgt 60 Minuten.
(5) Für den Prüfungsbereich Informationsbearbeitung bestehen folgende Vorgaben:
- Der Prüfling soll nachweisen, dass er Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Informations- und Kommunikationssysteme anwenden kann;
- der Prüfling soll mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) mindestens zwei praxisbezogene Arbeitsaufgaben bearbeiten;
- die Prüfungszeit beträgt 120 Minuten.
(6) Für den Prüfungsbereich Einsatzgebiet bestehen folgende Vorgaben:
- Der Prüfling soll nachweisen, dass er typische, praxisbezogene Arbeitsaufgaben aus dem gewählten Einsatzgebiet bearbeiten kann;
- der Prüfling soll hierzu ein fallbezogenes Fachgespräch führen;
- die Prüfungszeit für das fallbezogene Fachgespräch beträgt höchstens 20 Minuten, die Vorbereitungszeit für den Prüfling höchstens 15 Minuten.

§ 12 Gewichtungsregelung
Die Prüfungsbereiche sind wie folgt zu gewichten:
1. Prüfungsbereich Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse
30 Prozent
2. Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde
10 Prozent
3. Prüfungsbereich Informationsverarbeitung  
30 Prozent
4. Prüfungsbereich Einsatzgebiet
30 Prozent

§ 13 Bestehensregelung
(1) Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn die Leistungen
  1. im Gesamtergebnis mit mindestens „ausreichend“,
  2. in drei Prüfungsbereichen mit mindestens „ausreichend“ und
  3. in keinem Prüfungsbereich mit „ungenügend“
    bewertet worden sind.
(2) Auf Antrag des Prüflings ist die Prüfung in einem der mit schlechter als „ausreichend“ bewerteten Prüfungsbereiche, in denen Prüfungsleistungen mit eigener Anforderung und Gewichtung schriftlich zu erbringen sind, durch eine mündliche Prüfung von etwa 15 Minuten zu ergänzen, wenn dies für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. Bei der Ermittlung des Ergebnisses für diesen Prüfungsbereich sind das bisherige Ergebnis und das Ergebnis der mündlichen Ergänzungsprüfung im Verhältnis von 2 : 1 zu gewichten.

§ 14 Übergang
Ein Übergang von einer Berufsausbildung nach dieser Ausbildungsregelung in eine entsprechende Ausbildung nach § 4 BBiG/§ 25 HwO ist von der/dem Auszubildenden und der/dem Ausbildenden kontinuierlich zu prüfen.

§ 15 Bestehende Berufsausbildungsverhältnisse
Berufsausbildungsverhältnisse, die bei Inkrafttreten dieser Ausbildungsregelung bestehen, können unter Anrechnung der bisher zurückgelegten Ausbildungszeit nach den Vorschriften dieser Verordnung fortgesetzt werden, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren.

§ 16 Prüfungsverfahren
Für die Zulassung zur Abschlussprüfung und das Prüfungsverfahren gilt die Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen der IHK Ostthüringen zu Gera entsprechend.

§ 17 Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit
Soweit die Dauer der Ausbildung abweichend von dieser Ausbildungsregelung verkürzt oder verlängert werden soll, ist § 8 Abs. 1 und 2 BBiG entsprechend anzuwenden.

§ 18 Inkrafttreten
Diese Ausbildungsregelung tritt am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Mitteilungsblatt der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen zu Gera folgenden Monats in Kraft.