USA wird zur Problemregion

Der Welthandel befindet sich in einem grundlegenden Umbruch, der sich spürbar auf deutsche Unternehmen auswirkt. Die aktuelle Erhebung „Going International 2025“ der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) verdeutlicht: Höhere Zölle, Gegenzölle, verschärfte Zertifizierungsanforderungen und neue Regulierungen setzen die Unternehmen unter Druck. Knapp 2.600 auslandsaktive Betriebe mit Sitz in Deutschland wurden zu ihren internationalen Geschäften befragt.
Eine Mehrheit der Betriebe hat in den vergangenen Wochen und Monaten bei ihren internationalen Geschäften eine deutliche Zunahme von Handelshemmnissen festgestellt. Der erhoffte Exportaufschwung wird infolgedessen unterdrückt: Die Geschäftsperspektiven verbessern sich leicht, bleiben aber dennoch im negativen Bereich.
Das Niveau der Handelshemmnisse ist weltweit weiterhin hoch. Mehr als jedes zweite auslandsaktive Unternehmen (58 Prozent) berichtet von zusätzlichen Handelsbarrieren in den vergangenen zwölf Monaten. Besonders lokale Zertifizierungsanforderungen (59 Prozent) und verstärkte Sicherheitsauflagen (45 Prozent) erschweren die Planung und treiben die Kosten in die Höhe. Hinzu kommen Sanktionen, intransparente Gesetzgebung sowie höhere Zölle und Local-Content-Vorgaben.

Verdüsterte Perspektiven im US-Geschäft

Deutliche Unterschiede zwischen den Weltregionen prägen derzeit das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen. Insbesondere Nordamerika entwickelt sich zur Problemregion. „Die wachsenden Handelsbarrieren und protektionistische Signale aus Washington bereiten unseren Unternehmen große Sorgen“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
70 Prozent der Befragten erwarten negative Auswirkungen der US-Handelspolitik auf ihre Geschäfte. Noch im vergangenen Jahr galten die USA als Hoffnungsträger. Jetzt hat sich die Lage für die deutschen Unternehmen mit US-Geschäft mit Abstand am stärksten verschlechtert.
Die Verunsicherung durch die amerikanische Handelspolitik strahlt dabei auf alle Weltregionen aus. Trotz leichter Aufwärtstendenzen bleiben die Geschäftsperspektiven für das laufende Jahr in fast allen Weltregionen negativ. Der in den Startlöchern stehende Aufschwung wird durch die große Verunsicherung ausgebremst. Was gestern für viele Geschäftsbeziehungen noch galt, muss heute neu bewertet werden.

Unterschiedliche Hürden je nach Weltregion

Die Herausforderungen für deutsche Unternehmen variieren je nach Weltregion erheblich. In den USA stellen höhere Zölle für die Hälfte der Betriebe bereits eine Belastung dar – im Vorjahr waren es noch 24 Prozent. In China wird insbesondere der Zwang zu regionalen Wertschöpfungsanteilen (Local Content) als Hindernis genannt (44 Prozent).
Auch den Handel innerhalb der Eurozone erschweren verschiedene Hemmnisse, vor allem bürokratische: 55 Prozent der Unternehmen beklagen eine für sie mangelnde Transparenz der Gesetzgebung, 52 Prozent berichten von erschwertem Zugang zu öffentlichen Aufträgen, 50 Prozent sehen lokale Zertifizierungsanforderungen als Problem. Sanktionen wirken sich weiterhin insbesondere auf das Russland-Geschäft aus, wo 78 Prozent der betroffenen Unternehmen ihren Einfluss spüren.

Viele Probleme sind hausgemacht

Hinzu kommen hausgemachte Hürden, die das internationale Geschäft zusätzlich belasten. „Wir erleben immer stärker, wie Regulierungen aus Deutschland und Europa auch die internationalen Geschäfte erschweren“, so Treier. Vier von fünf Betrieben (83 Prozent) berichten von Schwierigkeiten wie bürokratischen Hürden und Unsicherheiten etwa bei der Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), den Auflagen der Verpackungsrichtlinie und dem CO2-Grenzausgleich (CBAM – Carbon Border Adjustment Mechanism).
Die langen Genehmigungszeiten beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bereiten 43 Prozent der Unternehmen weiterhin Schwierigkeiten – immerhin deutlich weniger als noch im vergangenen Jahr (57 Prozent). Hier sind die auf den Weg gebrachten Vereinfachungen bereits spürbar.

Rasches Handeln geboten

Angesichts globaler Herausforderungen braucht es mehr Tempo beim Abschluss von Handelsabkommen und weniger bürokratische Hürden. „Unsere Unternehmen sind dringend auf klare Rahmenbedingungen angewiesen, die Marktchancen eröffnen und längerfristig absichern“, betont Treier. „Wenn wir Betriebe bei ihrer Wertschöpfung zuhause nicht entlasten, verlieren wir international weiter an Boden.“ Er drängt auf rasches Handeln: „Die Hindernisse im Außenhandel müssen besser heute als morgen fallen. Das globale Umfeld ist herausfordernd genug – zusätzliche Bürokratie dürfen wir uns nicht leisten.“
Going International 2025 – Erfahrungen und Perspektiven der deutschen Wirtschaft im Auslandsgeschäft – Ergebnisse einer Unternehmensumfrage

Die kompletten Umfrageergebnisse
dihk.de
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