Kein Dream-Team: Energiewende und Wettbewerbsfähigkeit
Die Verunsicherung überwiegt bei der Frage, welche Auswirkungen die Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hat – sowohl bundesweit als auch in Ostthüringen. Energiepreise und Versorgungssicherheit gehören zu den größten Sorgen der Wirtschaft. Hinzu kommt, dass zu viel Bürokratie und zu wenig Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Energiepolitik Investitionen in mehr Klimaschutz behindern.
Sowohl die bundesweiten als auch die Ostthüringer Ergebnisse des aktuellen IHK-Energiewendebarometers zeigen: Insgesamt überwiegt in Ostthüringen der Anteil derjenigen Unternehmen, die negative Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit feststellen, gegenüber denen, die positive Effekte konstatieren.
„In vielen Betrieben dominieren aktuell Skepsis und Verunsicherung beim Stichwort Energiewende“, kommentiert Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), die bundesweiten Umfrageergebnisse. „Hohe Kosten, untragbare Bürokratie und die insgesamt herausfordernde wirtschaftliche Situation führen dazu, dass weniger Kapazitäten und finanzielle Mittel für Klimaschutz zur Verfügung stehen.“ Sein Fazit: „Die Rückmeldungen aus den Unternehmen zeigen deutlich: Es braucht dringend eine Generalüberholung der deutschen Energiepolitik. Die erfolgreiche Transformation der Wirtschaft ist nur möglich mit praktikablen und attraktiven Rahmenbedingungen für die Unternehmen.“
Das IHK-Energiewende-Barometer spiegelt damit das schwierige wirtschafts- und geopolitische Umfeld: Der Krieg in der Ukraine dauert an, die USA, ein vormals verlässlicher Partner der Europäer, werden unberechenbarer, die Risiken des Klimawandels, z.B. durch Hitzerekorde und Überschwemmungen nehmen zu und die Energiepreise sind weiterhin im internationalen Vergleich auf einem hohen Niveau und stellen eine sehr große Belastung für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar.
Energiepreise und deren Auswirkungen
Die hohen Energiekosten sind und bleiben ein negativer Standortfaktor. Unabhängig vom Energieträger mussten im zurückliegenden Jahr mehr als ein Drittel der hiesigen Unternehmen höhere Preise in Kauf nehmen. „Preistreiber sind nicht nur die Energieerzeugungskosten, sondern insbesondere die Netzentgelte und Abgaben auf Energie“, fasst IHK-Experte Thomas Christel die Ursachen der seit Jahren andauernden Preisspirale zusammen.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass über ein Drittel der befragten Ostthüringer Unternehmen auch aus diesem Grund Investitionen in Kernprozesse zurückstellen. Ein Fünftel schränkt Investitionen in Forschung und Innovation ein. Dies führt in der Regel zu einem Zurückfahren der Produktion, zu Investitionen im Ausland und damit zu Arbeitsplatzverlusten im Inland und zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. „Das belastet die Wettbewerbsfähigkeit und die Investitionsfähigkeit der Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes“, so Thomas Christel.
Handlungsbedarf bei Versorgungssicherheit
Handlungsbedarf sehen die Ostthüringer Unternehmen auch beim Thema Versorgungssicherheit – vor allem mit Blick auf die Stromnetze. Engpässe bei Übertragungs- und Verteilnetzen sind ein zunehmendes Problem. Drei von zehn Umfrageteilnehmern haben im letzten Jahr Stromausfälle verzeichnet. Konsequenz aus diesen Erfahrungen: Verstärkte Investitionen in die Absicherung gegen Stromausfälle bzw. Stromunterbrechungen durch Notstromaggregate oder Speicher. Das bindet wiederum finanzielle und personelle Ressourcen, die dann an anderer Stelle fehlen.
Klimaschutz wird zum Hindernisparcours
In Klimaschutz zu investieren, erweist sich für viele Unternehmen als Hindernisparcours. Hürden sind: zu viel an Bürokratie, fehlende Informationen bzw. Planbarkeit und wenig Verlässlichkeit in der Energiepolitik. Unternehmen bemängeln auch langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren bzw. fehlende Infrastruktur. Die zu hohen Energiepreise tun ein Übriges.
„Derzeit ist eine zu hohe Detailverliebtheit bei gesetzlichen oder behördlichen Vorgaben festzustellen, um gefühlt jeder empörten Minderheit gerecht werden zu wollen. Wenige und einfach umsetzbare Regelungen wären besser, um die Robustheit des Gesamtsystems wiederherzustellen“, bringt ein Ostthüringer Unternehmen die Sorgen und Forderungen der Firmen auf den Punkt.
Handlungsvorschläge an die Politik
„Wir nehmen die Ergebnisse des Energiewende-Barometers zum Anlass, unseren Handlungsaufruf an die Politik zu richten“, sagt Thomas Christel und fasst die acht wichtigsten Forderungen im Bereich der Energie- und Klimapolitik zusammen:
- Niedrige Strom- und Energiepreise – Steuern und Abgaben auf den Strompreis müssen gesenkt werden – für alle!
- Rahmenbedingungen für die Eigenversorgung und Direktlieferverträge müssen verbessert werden.
- Energienutzung – weniger Regulierung, mehr Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Freiwilligkeit und Technologieoffenheit sollten die Leitprinzipien für energieeffizientes Handeln sein.
- Transformation benötigt eine verlässliche Infrastruktur – Versorgungssicherheit als entscheidendes Kriterium.
- Klimaneutralität ermöglichen – CO2-Abscheidung, -transport und -nutzung ermöglichen.
- Wasserstoff braucht Realismus – Zugang zu Wasserstoff als Energieträger muss für alle Unternehmen, alle Branchen und in allen Regionen planungssicher verfügbar sein.
- Einführung grüner Leitmärkte – klimafreundliche Technologien müssen marktfähig werden, Chancen nutzen, Risiken beachten.
- Emissionshandel darf nicht die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährden.
Energiewende im Standby – Skepsis statt Aufbruch
14. Energiewendebarometer der IHK-Organisation 2025
Die Umfrage, an der sich bundesweit etwa 3.600 Unternehmen über Branchen und Regionen hinweg beteiligt haben, zeigt das aktuelle Stimmungsbild der Betriebe zur Energiewende: Den Unternehmen fehlt die Perspektive, wie sie möglichst rasch klimaneutral werden und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben können.
Ergebnisse der bundesweiten Umfrage
dihk.de
14. Energiewendebarometer der IHK-Organisation 2025
Die Umfrage, an der sich bundesweit etwa 3.600 Unternehmen über Branchen und Regionen hinweg beteiligt haben, zeigt das aktuelle Stimmungsbild der Betriebe zur Energiewende: Den Unternehmen fehlt die Perspektive, wie sie möglichst rasch klimaneutral werden und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben können.
Ergebnisse der bundesweiten Umfrage
dihk.de
Kontakt
Immer aktuell über Neues im Onlinemagazin informiert sein? Abonnieren Sie unseren Newsletter „News Ostthüringer Wirtschaft“!
Jetzt hier anmelden
Jetzt hier anmelden
Sie haben Fragen, kritische Hinweise, Verbesserungsvorschläge oder eine Idee für einen Artikel? Schreiben Sie uns: magazin@gera.ihk.de.
Mit Namen oder Initialen gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der IHK wider.
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir Status- und Funktionsbezeichnungen in der Regel in der männlichen Form. Sie gelten jedoch für alle Geschlechter gleichermaßen.