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Brasilien im Blick: Deutsche Wirtschaft sieht gute Chancen
Vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen und wachsender handelspolitischer Unsicherheiten gewinnen die Länder Lateinamerikas für die deutsche Wirtschaft spürbar an strategischer Relevanz. Das unterstreicht eine aktuelle Sonderauswertung des AHK World Business Outlook (WBO) der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Brasilien mit großem Potenzial
Dr. Volker Treier, DIHK-Außenwirtschaftschef
Trotz der global eingetrübten Konjunkturstimmung blickt ein Großteil der Unternehmen in der Region – insbesondere in Brasilien – optimistisch auf die eigene Geschäftsentwicklung. „In einer zunehmend fragmentierten Welt rücken wirtschaftlich stabile und rohstoffreiche Regionen wie Lateinamerika verstärkt in den Fokus“, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK. „Gerade Brasilien bietet für deutsche Unternehmen großes Potenzial – nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch für Investitionen in lokale Wertschöpfung.“
Geschäftslage und -entwicklung positiv …
Die Umfrage zeigt: Deutsche Unternehmen in Süd- und Mittelamerika bewerten ihre aktuelle Geschäftslage überdurchschnittlich positiv – 46 Prozent melden gute, lediglich neun Prozent schlechte Geschäfte. Brasilien nimmt hier eine Schlüsselrolle ein: Mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 21 Milliarden Euro ist das Land der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der Region. 35 Prozent der dort aktiven deutschen Unternehmen berichten von einer guten Geschäftslage, nur sechs Prozent von einer schlechten.
Ob Maschinenbau, Wasserstoff oder Medizintechnik – das Potenzial ist enorm.Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK
Noch positiver als die aktuelle Geschäftssituation fällt der Blick in die Zukunft aus: Zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen in Brasilien erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäftsentwicklung im kommenden Jahr, lediglich neun Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. „Brasilien ist weit mehr als ein Rohstofflieferant“, betont Treier. Das Land biete sehr gute Voraussetzungen für Technologie, Industrie und Energiewende. „Ob Maschinenbau, Wasserstoff oder Medizintechnik – das Potenzial ist enorm.“
Wenn es in diesem Jahr gelingt, das EU-Mercosur-Abkommen in Kraft zu setzen, steigt der Anreiz für Handel und Investitionen aus der EU in der gesamten Region an. Davon wird Brasilien als größte Volkswirtschaft des Mercosur zusätzlich profitieren. Wenn es außerdem gelingt, die Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen erfolgreich zu gestalten, fällt ein weiteres Investitionshindernis für deutsche Unternehmen weg.
… aber Konjunkturausblick eingetrübt
Dem insgesamt positiven Stimmungsbild bezogen auf die eigenen Geschäfte steht jedoch ein eingetrübter Konjunkturausblick gegenüber. In Brasilien rechnen 32 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage im Land – nur 21 Prozent erwarten eine Verbesserung. Ähnliche Tendenzen zeigen sich auch in anderen Weltregionen, was die anhaltende Unsicherheit unterstreicht. „Die geopolitischen Risiken und die unberechenbare US-Zollpolitik belasten die globale Konjunktur – auch in Lateinamerika“, erläutert Treier. „Doch Brasilien punktet mit einem robusten Binnenmarkt und einer guten Infrastruktur im Vergleich zur Region.“
Investitionsklima stabil
Trotz der konjunkturellen Unsicherheiten bleibt die Investitionsbereitschaft hoch. In Süd- und Mittelamerika planen 36 Prozent der befragten Unternehmen, ihre Investitionen im kommenden Jahr auszuweiten, während 14 Prozent Kürzungen vorsehen.
Auch in Brasilien zeigt sich ein stabiles Investitionsklima: 33 Prozent wollen ihre Ausgaben erhöhen, nur zwölf Prozent senken. Treier sieht darin ein klares Signal: „Das geplante EU-Mercosur-Abkommen wäre ein starker Impuls für Investitionen – und ist es schon heute. Die Aussicht auf besseren Marktzugang und verlässlichere Rahmenbedingungen bestärkt viele Unternehmen in ihrer strategischen Neuausrichtung.“
Brasilien macht volatiler Wechselkurs zu schaffen
Die größten operativen Herausforderungen in Brasilien unterscheiden sich deutlich vom weltweiten Trend. Während global vor allem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Hauptrisiko genannt werden, sorgt in Brasilien vor allem der volatile Wechselkurs für Probleme: 45 Prozent der Unternehmen sehen hierin ihr größtes Risiko. An zweiter Stelle folgt der Fachkräftemangel (39 Prozent), erst danach werden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen genannt (36 Prozent).
Insbesondere der zuletzt stark gefallene brasilianische Real verteuert den Import von Vorprodukten erheblich – ein Kostenfaktor, der gerade für die Industrie schwer kalkulierbar ist. Ein Wegfall der Einfuhrzölle – infolge eines ratifizierten EU-Mercosur-Freihandelsabkommens – würde hier wesentliche Erleichterung bei den Unternehmen entfalten.
US-Handelspolitik mit Folgen
Zusätzlichen Druck erzeugt derzeit die protektionistische Handelspolitik der USA, deren Auswirkungen auch in Südamerika spürbar sind. In Süd- und Mittelamerika erwarten 59 Prozent der befragten deutschen Unternehmen negative Effekte für ihr Geschäft. In Brasilien liegt dieser Anteil bei 50 Prozent – davon sehen sich sechs Prozent sogar mit gravierenden Folgen für ihre Geschäftsentwicklung.
AHK World Business Outlook Frühjahr 2025
Der AHK World Business Outlook basiert auf einer regelmäßigen DIHK-Umfrage bei den Mitgliedsunternehmen der Deutschen Auslandshandelskammern, Delegationen und Repräsentanzen (AHKs). An der Erhebung hatten sich im Frühjahr 2025 weltweit über 4.600 deutsche Unternehmen beteiligt – darunter mehr als 500 mit Sitz in Ländern Süd- und Mittelamerikas und über 30 mit Standorten in Brasilien.
Dossier mit Fakten und Ergebnissen der aktuellen Umfrage
dihk.de
Sonderauswertung des AHK World Business Outlook Frühjahr 2025 für Brasilien und Lateinamerika
dihk.de
Der AHK World Business Outlook basiert auf einer regelmäßigen DIHK-Umfrage bei den Mitgliedsunternehmen der Deutschen Auslandshandelskammern, Delegationen und Repräsentanzen (AHKs). An der Erhebung hatten sich im Frühjahr 2025 weltweit über 4.600 deutsche Unternehmen beteiligt – darunter mehr als 500 mit Sitz in Ländern Süd- und Mittelamerikas und über 30 mit Standorten in Brasilien.
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