Was die neuen Sicherheitsimpulse aus Brüssel für die Wirtschaft bedeuten
zum unternehmerischen Alltag gehören, hat Brüssel Sicherheit zur Priorität gemacht. Ein besonderer Schwerpunkt dieser neuen Priorität liegt auf der Stärkung der „technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung“. Was können Unternehmen davon erwarten? Thorben Petri, Referatsleiter Europäische Wirtschaftspolitik bei der DIHK in Brüssel, gibt einen kurzen Überblick.
Thorben Petri, Referatsleiter Europäische Wirtschaftspolitik bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Brüssel
Strategiepapiere sind geschrieben, Umsetzung läuft an
Ihre Strategien und Absichten hat die Europäische Kommission im März 2025 in ihrem „ReArm Europe“-Plan und im Weißbuch zur europäischen Verteidigung vorgestellt: Während „ReArm Europe“ insbesondere Gelder mobilisieren und Investitionen ermöglichen soll, gibt das Weißbuch die strategische Richtung vor. Zusammen zielen die Papiere darauf ab, die Verteidigungsindustrie der EU zu stärken – von der Forschung bis zu den Produktionskapazitäten. Außerdem bilden sie eine wichtige Grundlage für die europäische Kooperation in zentralen Fragen der Sicherheit.
Förderung, Beschaffung und Finanzierung bleiben zentrale Themen
Der derzeitige Maßnahmenkatalog erfasst sowohl bereits existierende als auch neue Instrumente, mit denen unter anderem Innovationen gefördert werden sollen. Dazu zählen etwa der europäische Verteidigungsfonds (European Defence Fund – EDF) oder das Programm für die europäische Verteidigungsindustrie (European Defence Industry Programme – EDIP), über das die Gesetzgeber (Stand Oktober 2025) noch verhandeln. EDIP soll sowohl die Industrie direkt unterstützen als auch die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgütern fördern. Ziel ist, dass die Mitgliedstaaten 40 Prozent ihrer Beschaffung gemeinsam tätigen. Das könnte den Produzenten mehr Planungssicherheit verschaffen und einen Rüstungsbinnenmarkt mit Effizienzgewinnen ermöglichen. Langfristig sollen so die Kosten für die Verteidigung gesenkt werden.
Gleichzeitig eröffnet „ReArm Europe“ den Mitgliedstaaten neue Spielräume bei der Haushaltsgestaltung und Schuldenaufnahme, die rege genutzt werden dürften. Daher ist es aus Sicht der deutschen Wirtschaft wichtig, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die richtigen Prioritäten zu setzen, um eine nachhaltige Finanzierung von Verteidigungsausgaben und solide Staatsfinanzen zu gewährleisten. Nur so lassen sich langfristig die generelle Handlungsfähigkeit der EU und auch die erforderlichen Dauerinvestitionen in die Verteidigungsfähigkeit sichern. Beim nächsten EU-Haushalt, der laut Vorschlag eine umfangreiche Unterstützung für Investitionen in Verteidigung und Sicherheit vorsieht, darf dies nicht aus dem Blick geraten.
Dual Use als Innovationstreiber
Die in vielen Kommissionsvorschlägen angedeutete Öffnung von Forschungs- und Innovationsförderung auch für sogenannte „Dual Use“-Projekte könnte zu mehr Synergien zwischen ziviler und militärischer Forschung führen. So soll etwa das Forschungsrahmenprogramm „Horizon Europe” künftig erstmals die Förderung von Innovationen mit doppeltem Anwendungszweck ermöglichen. Auch die Vereinfachungsvorschläge der Kommission für bestehende Regelungen und die Zusammenführung verschiedener Förderprogramme im Rahmen des neu geplanten „Wettbewerbsfähigkeitsfonds“ lassen darauf schließen, dass auch risikoreichere und kapitalintensive Innovationen mit „Dual Use“-Charakter zusätzlich finanziell unterstützt werden könnten.
Beschleunigung und Klarheit wichtige Voraussetzungen
Brüssel möchte aber nicht nur Förderprogramme vereinfachen, sondern auch Beschaffungsprozesse und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Außerdem plant die Kommission, Herausforderungen zu entschärfen, die sich aufgrund sperriger Prozesse beim grenzübergreifenden Transfer von Verteidigungsgütern oder wegen der „Sustainable Finance“-Nachhaltigkeitsvorschriften bei der Kreditvergabe ergeben. Zudem öffnet sich die Europäische Investitionsbank immer weiter für die Kreditvergabe bei Verteidigungs- und Sicherheitsprojekten.
Ausblick
Obwohl für viele der genannten Initiativen gilt, dass sich die Gesetzgeber noch in Gesprächen befinden, können Unternehmen erwarten, dass Investitionen und auch damit verbundene Fördermöglichkeiten im Bereich Sicherheit weiter an Bedeutung gewinnen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer bringt sich bei diesen Konsultationen über verschiedene Formate aktiv ein und berät die Entscheidungsträger im Sinne der Breite der deutschen Wirtschaft.
Kontakt
Immer aktuell über Neues im Onlinemagazin informiert sein? Abonnieren Sie unseren Newsletter „News Ostthüringer Wirtschaft“!
Jetzt hier anmelden
Jetzt hier anmelden
Sie haben Fragen, kritische Hinweise, Verbesserungsvorschläge oder eine Idee für einen Artikel? Schreiben Sie uns: magazin@gera.ihk.de.
Mit Namen oder Initialen gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der IHK wider.
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir Status- und Funktionsbezeichnungen in der Regel in der männlichen Form. Sie gelten jedoch für alle Geschlechter gleichermaßen.