AUSSERGERICHTLICHE STREITBEILEGUNG

Handschlag statt Urteil

Lieferung fehlerhaft oder zu spät, Vertrag nicht eingehalten, falsch abgerechnet, Werbung irreführend, Streit mit Mitarbeitern oder Azubis – im Geschäftsleben gibt es viele Konfliktpotenziale, die häufig in Gerichtsverfahren ausgetragen werden. „So ein Verfahren dauert oft lange und wird auch schnell sehr teuer“, weiß IHK-Juristin Sylvia Knöfel. Sie rät deshalb, die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Streitbeilegung zu nutzen. „Sich ohne Gericht zu einigen hat viele Vorteile. Man spart Zeit und Geld. Ziel ist eine Win-Win-Situation, mit der beide Parteien gut leben können.“ Die IHK bietet dafür eine Reihe von Möglichkeiten. 
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Sylvia Knöfel © IHK

Thüringen schlichtet

„Gemeinsam mit weiteren Partnern hat die IHK zahlreiche regionale Ansprechpartner zu alternativen Konfliktlösungen in einer Datenbank zusammenfasst“, verweist sie auf das Internetportal thueringen-schlichtet.de. „Hier bekommt man Informationen zu den verschiedenen Möglichkeiten einer außergerichtlichen Streitbeilegung.“ Potenzielle Anbieter, wie z.B. Mediatoren, Schieds- oder Schlichtungsstellen können sich hier registrieren lassen.

Konflikte mit dem Azubi: vor der Klage zur IHK

Probleme in der Ausbildung sind keine Seltenheit. Können Ausbilder und Azubis ihren Konflikt nicht lösen, muss der Streit zunächst vor dem IHK-Schlichtungsausschuss verhandelt werden, anstatt gleich vor dem Arbeitsgericht zu landen. „Dieser entscheidet beispielsweise über die Wirksamkeit von Kündigungen, Aufhebungsverträgen oder Abmahnungen. Auch Urlaubsansprüche oder Azubi-Vergütung können Gegenstand der Verhandlung sein“, erläutert Sylvia Knöfel. Ziel ist grundsätzlich die Fortführung des Ausbildungsverhältnisses. 
„Das hat 2021 bei drei Viertel der verhandelten Fälle geklappt. Den Beteiligten blieb der Gang vors Arbeitsgericht erspart. Gerade in der Ausbildung wäre ein Gerichtsverfahren Gift fürs Betriebsklima.“
Der Ausschuss ist paritätisch mit ehrenamtlich arbeitenden Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt. Er wird alle vier Jahre berufen.

Streit mit dem Wettbewerber: Einigungsstelle bei der IHK

Nicht alles, was gefällt, ist in der Werbung auch erlaubt. Nicht alles, was erlaubt ist, gefällt dem Mitwettbewerber. Konflikte sind vorprogrammiert. „Eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung muss jedoch nicht sofort gerichtlich ausgetragen werden“, verweist Sylvia Knöfel auf ein weiteres IHK-Angebot. Insbesondere bei Abmahnungen wegen Rechtsverstößen im Internet kann die „Einigungsstelle für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten“ eine kostengünstige und schnelle Lösung bringen. Hier führt ein Jurist den Vorsitz, der von Beisitzern aus der Wirtschaft sowie Verbrauchern beraten wird, die Praxiserfahrung einbringen. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht unbedingt notwendig.

Schiedsgericht: schnelle, rechtsverbindliche Einigung

Wenn eine einvernehmliche Lösung nicht in Sicht ist, können auch Schiedsgerichte Streitigkeiten entscheiden – mit der gleichen Rechtverbindlichkeit wie staatliche Gerichte. „Der Vorteil: Schiedsgerichte sind schneller und nicht öffentlich“, so Sylvia Knöfel. Voraussetzung sei allerdings, dass beide Parteien damit einverstanden sind, dort eine Entscheidung herbeizuführen. Die Verhandlungen führen unabhängige Juristen. Sie entscheiden in „letzter Instanz“. „Ein langer Weg durch Berufungsverfahren entfällt also.“
Ein Schiedsverfahren läuft ähnlich wie ein „normales“ Gerichtsverfahren ab: Schriftsätze werden verfasst. Es findet eine mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahmen statt. Die Schiedsrichter sind jedoch in der Verfahrensgestaltung wesentlich freier und flexibler als die Richter eines staatlichen Gerichtes. Die Parteien können stärker Einfluss auf das Verfahren nehmen. 
„Die IHK bietet ein eigenes Schiedsverfahren an“, so die Juristin. „Wir arbeiten dabei mit der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) zusammen.“
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