THEMA APRIL

Aufgabe der Wirtschaftsförderung: Wirtschaft fördern

Das sind die Ziele: Anreize schaffen, Trends unterstützen, Innovationen fördern, Wirtschaftsstandort stärken. Buchstäblich „brandaktuell“  kommen nun noch dazu: Abmildern  überdurchschnittlicher Belastungen aus Sanktionen, Kompensationen für Belastungen durch die speziell deutsche Energiewende  die nun potenziert auf unseren Wirtschaft einstürzen. Wirtschaftsförderung ist aber viel mehr, als nur Geld zur Verfügung zu stellen.

Auch das ist Wirtschaftsförderung: Rahmenbedingungen für die Wirtschaft setzen

Die Symbiose zwischen Wirtschaft und Staat ist schon lange aus dem Gleichgewicht und vom Idealzustand weit entfernt. 
Das Ideal: Politik schafft die Rahmenbedingungen für eine prosperierende Wirtschaft, im Gegenzug ermöglicht die Wirtschaft nicht nur durch Steuerzahlungen die Funktion des Staates und der Gesellschaft. Wirtschaft schafft Arbeitsplätze. Wirtschaft sorgt so u.a. für den Lebensunterhalt der Menschen. Wirtschaft treibt den technischen und technologischen Fortschritt voran. 
Die Realität: Statt den „roten Teppich“ auszurollen, werden immer mehr Belastungen, Auflagen, staatliche Aufgaben in Unternehmen verlagert. Unternehmer sollen für die Umsetzung politischer Ziele zahlen, direkt oder indirekt. „Nur 2,4 Prozent des Bundeshaushaltes sind für Wirtschaft und Klima vorgesehen. Jeder Unternehmer weiß, dass er reinvestieren muss, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Die Verantwortung der Politik ist die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherung für den Wirtschaftsstandort“, argumentiert Almut Weinert, Bereichsleiterin Wirtschaft und Technologie bei der IHK. 
Fazit für viele Unternehmer: Wirtschaft wird von der Politik nicht als das wahrgenommen, was sie ist: die finanzielle Grundlage für Staat und Gesellschaft. „Hier werden die Werte erarbeitet, die Steuereinnahmen generieren, mit denen Verwaltung, Soziales, Kultur und vieles andere finanziert werden kann – auch die Arbeit von Politikern und Parlamenten“, betont sie. „Wirtschaft zu fördern und ihre Entwicklung zu unterstützen sollte daher Grundanliegen der Politik sein.“ Die Realität sehe allerdings anders aus.
Komplizierte Genehmigungsverfahren, bürokratische Dokumentationen bei Samstagsarbeit, Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten oder Mindestlohn, sozialpolitische statt wirtschaftliche Entscheidungskriterien für Ausschreibungen, immer höhere Grenzwerte und Kontrollpflichten für Umwelt und Klima, immer umfangreichere und detailliertere Registrierungspflichten für Verpackungen und Chemikalien oder zusätzliche Auflagen für den Verbraucherschutz – das und noch viel mehr kostet die Unternehmen bares Geld, bindet Personal und schränkt ihre Handlungsspielräume ein. 

Auch das ist Wirtschaftsförderung: Weniger Bürokratie

Die Wirtschaft befindet sich nicht erst seit Russlands Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen im Ausnahmezustand. Schon durch die Coronapandemie hat sie ordentlich Schlagseite bekommen. Die Folge: Lieferketten sind gestört, Betriebsabläufe aus dem Takt, Aufträge können nicht abgearbeitet werden, Investitionen und Innovationen werden zurückgestellt. Für viele Unternehmen, für Unternehmer und Mitarbeiter, steht die Existenz auf dem Spiel. 
Die gute Nachricht: Die Bundesregierung hat ein Hilfspaket in Aussicht gestellt, um wenigstens die schlimmsten Verwerfungen abfedern zu können. Wichtig ist jetzt, dass aus Versprechungen unverzüglich nutzbare Angebote werden und die Gelder schnell und effektiv bei den Unternehmen ankommen. Weniger Bürokratie ist dabei wichtiger denn je. „Unsere jahrelangen Forderungen zur Verschlankung von Förderprogrammen bekommen jetzt noch mehr Brisanz“, sagt Almut Weinert. Förderkriterien klar und eindeutig zu definieren, nennt sie an erster Stelle. „Unternehmer müssen auf den ersten Blick erkennen, ob die Förderung für sie passt. Breite Interpretationsspielräume binden unnötig Kapazitäten auf beiden Seiten, kosten wertvolle Zeit und bergen oft erhebliche Haftungsrisiken.“ Auch hoher Aufwand bei der Antragstellung und geforderten Nachweisen sei in der aktuellen Situation äußerst kontraproduktiv, ebenso, wie lange Entscheidungsprozesse.

Auch das ist Wirtschaftsförderung: Effektive Anreize für Innovation und Investition setzen

Auch, wenn angesichts des Krisenmarathons die Haushaltslage angespannt ist, sollte nicht darauf verzichtet werden, effektive Anreize für Innovation und Investition zu setzen. 
Zum Beispiel: Energie
Eine stabile und bezahlbare Energieversorgung muss oberste Priorität haben. Ohne wirksame Impulse für branchen- und themenoffene Forschungs- und Entwicklungsprojekte wird beispielsweise der Atom- und Kohleausstieg, an dem die Politik auch unter den aktuellen Bedingungen festhält, nicht gelingen. Grundlastfähige alternative Energiequellen jenseits von wetterabhängigem Wind und Sonne, Energiespeicherung oder Projekte von Unternehmen zur Eigenversorgung sollten mehr in den Fokus genommen werden. 
Zum Beispiel: Digitalisierung
Die Digitalisierung, die während der Coronakrise deutlich an Fahrt gewonnen hat, darf nicht ausgebremst werden. „Die Streichung des Thüringer Digitalbonus, der Investitionen in Software und IT-Technik gefördert hat, ist eindeutig das falsche Signal“, so Almut Weinert, die auch kritisiert, dass die Thüringer Förderrichtlinien zur Untersetzung der neuen EU-Förderperiode noch immer nicht stehen. 
Zum Beispiel: Förderbürokratie reduzieren
1,1 Milliarden Euro EFRE-Mittel stellt die EU in der Förderperiode 2021 bis 2027 für Thüringer Förderprogramme zur Verfügung. Der Freistaat will gut die Hälfte davon für „Innovation und Wettbewerbsfähigkeit unserer mittelständischen Wirtschaft“ nutzen. Almut Weinert geht es dabei nicht nur darum, dass die Programme endlich beschlossen werden, sondern auch um deren wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung. „Fördervoraussetzungen beispielsweise werden immer wieder an Bedingungen gebunden, die an der wirtschaftlichen Realität vorbeigehen“, nennt sie einen Aspekt. So sei angesichts der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation die Bindung der Investitionsförderung an die Schaffung neuer Arbeitsplätze längst nicht mehr zeitgemäß, tauche aber immer wieder in den Richtlinien auf, zum Beispiel bei der GRW-Förderung.

Auch das ist Wirtschaftsförderung: Unternehmen sind kein Erfüllungsgehilfe des Staates!

Immer häufiger werden staatliche Aufgaben in die Unternehmen verlagert - zum Beispiel Coronatests bereitstellen und kontrollieren oder den Impfstatus ihrer Mitarbeiter erfassen.
Als besonders brisant nennt Almut Weinert das Lieferkettengesetz, das die EU anstrebt. „Menschenrechte sowie der schonende Umgang mit Ressourcen und Umwelt sind auch wichtige Kriterien und Themen für Unternehmer, die sie voll und ganz unterstützen und berücksichtigen“, sagt sie. Die Wirtschaft für die Änderung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse in anderen Staaten oder Regionen der Erde verantwortlich zu machen, sei jedoch der falsche Weg. „Die Politik schafft es nicht, menschenwürdige Arbeitsbedingungen in bestimmten Ländern durchzusetzen, aber die Wirtschaft soll es jetzt richten.“ Es sei eine nahezu unlösbare Aufgabe, alle an einer Lieferkette beteiligten Partner auf Einhaltung der Menschenrechts- und Umweltkriterien zu prüfen, geschweige denn diese zu Änderungen zu bewegen. „Abgesehen davon, dass der Mittelständler gar nicht weiß, wer alles an der Herstellung des von ihm eingekauften Vorprodukts beteiligt ist. Schon der Rechercheaufwand liegt außerhalb des Leistbaren.“ 
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