THEMA JUNI

Verbinden, nicht abhängen

Das Verkehrsaufkommen wächst auch in Zukunft, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr. Pünktliche Lieferungen von Waren und die gute Erreichbarkeit mit dem Öffentlichen Personennahverkehr ist nach wie vor für viele Unternehmer der Verkehrsbranche eine Herausforderung – auch jenseits aktueller geopolitischer „Störfaktoren“. Um nachhaltig wirtschaften zu können, brauchen die Verkehrsunternehmer nicht nur eine gut ausgebaute Infrastruktur, sondern vor allem auch entsprechende wirtschaftspolitische und rechtliche Rahmenbedingungen. Beides sind „Dauerbaustellen“ im Dialog der IHK mit Politik und Verwaltung.

Infrastruktur – viel passiert, aber auch noch vieles offen

Die Infrastrukturentwicklung ist ein wichtiges Thema für den Wirtschaftsstandort Ostthüringen. Insgesamt 14 konkrete Projekte stehen auf der Liste der Forderungen der Verkehrsbranche. Darunter auch einige, die schon vor 30 Jahren diskutiert wurden, zum Beispiel:
Elektrifizierung und durchgehender zweigleisiger Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gera bzw. Gößnitz
Dieses Projekt ist damals wie heute nicht nur von besonderer Bedeutung für die nahverkehrliche Vernetzung entlang der Thüringer Städtekette, sondern vor allem auch für eine nachhaltige Aufwertung der Anbindung Ostthüringens (und Westsachsens) an den Schienenpersonenfernverkehr. Die Elektrifizierung ist inzwischen im Bundesverkehrswegeplan sichergestellt, aber der vollständige zweigleisige Ausbau zwischen Jena und Gera nicht. Der Freistaat will die Planungsleistungen finanzieren. Die tatsächliche Umsetzung muss aber über Bundesmittel erfolgen. „Wir brauchen hier schnell eine politische Entscheidung. Die noch fehlenden Abschnitte Papiermühle – Hermsdorf und Töppeln – Gera nicht auszubauen, wäre nicht nur eine vergebene Chance, sondern auch planerischer Irrsinn“, sagt IHK-Verkehrsexperte Pierre Menestrière.
Verbesserung der Fernverkehrsvertaktung der Saalbahn
Vor allem die Anbindung Jenas im Schienenpersonenfernverkehr. Eine aktuelle Studie der Stadt Jena, die gemeinsam mit dem Bündnis Fernverkehr, in dem sich die IHK seit der Gründung engagiert, zeigt, wie die Stadt zu einem Verknüpfungspunkt zwischen Regional- und Fernverkehr für ganz Ostthüringen werden könnte. Universität, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Hightech- und IT-Unternehmen sind auf internationale Fachkräfte und damit gute Erreichbarkeit und schnelle Anbindung an internationale Flughäfen, allen voran Frankfurt und Berlin angewiesen. 
Ausbau der Bundesfernstraßen einschließlich der Ortsumgehungen
So läuft für die seit vielen Jahren von der IHK geforderte Ortsumgehung Burkersdorf-Frießnitz-Großebersdorf die Planfeststellung, zu der auch die IHK Stellung nehmen und auf die schnellstmögliche Umsetzung der Baumaßnahme drängen wird.

Rahmenbedingungen – zu viel Bürokratie und zu wenig Lkw-Stellplätze

Berufskraftfahrerqualifikation, ein Flickenteppich von Fahrverboten, langwierige Antrags- und Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte – das sind nur einige der Stichpunkte, die Unternehmer der Verkehrsbranche immer wieder ins Gespräch bringen, wenn es um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ihrer Arbeit geht. 
„Insbesondere mit Blick auf den zunehmenden Fahrermangel müssen nicht nur die regulatorischen Rahmenbedingungen verbessert werden, Stichwort Vereinfachung Berufskraftfahrerqualifikationsrecht und Sozialvorschriften, sondern vor allem auch die infrastrukturellen“, bringt Pierre Menestrière die wichtigsten Forderungen auf den Punkt. „Ausreichend vorhandene und sichere Lkw-Stellplätze sind dabei Grundvoraussetzung.“
Die EU-Vorgaben zur Berufskraftfahrerqualifikation sollten europaweit einheitlich umgesetzt werden, denn die Güterkraftverkehrsbranche ist in besonderem Maße international vernetzt. Außerdem ist ein europaweit einheitliches Qualifizierungsniveau von Berufskraftfahrern ein wichtiger Baustein für mehr Verkehrssicherheit.
An nicht-bundeseinheitlichen Feiertagen sollte auf Fahrverbote verzichtet werden. Immer mehr länderspezifische Feiertage führen zu einem Flickenteppich von Fahrverboten. Das belastet die Planung von Transporten und damit die Aufrechterhaltung von Lieferketten erheblich.
„Die 2021 in Kraft getretene Novelle des Personenbeförderungsgesetzes ist ein gutes Beispiel für gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, kritisiert er. Einerseits seien die Anpassungen an die Möglichkeiten der Digitalisierung gut und notwendig gewesen – Stichwort Taxibestellung per App. „Andererseits ist die Umsetzung einzelner Regelungen, beispielsweise zum Sachkundenachweis für Fahrpersonal im Gelegenheitsverkehr, nach beinahe einem Jahr noch immer unklar.“

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