THEMA APRIL

Schaffen wir das?

Diese Frage klingt dramatisch, aber sie spiegelt auch die Stimmung in vielen Unternehmen wider. Damit wir es durch die Krise schaffen, braucht die Wirtschaft jetzt sowohl finanziellen Rückenhalt, den der Schutzschirm der Bundesregierung auf den ersten Blick verspricht, als auch zwingend eine deutliche Bürokratieentlastung.
Schon zum Jahreswechsel befürchtete die Hälfte aller Ostthüringer Unternehmer, bestehende Aufträge nicht mehr abarbeiten zu können oder neue Aufträge ablehnen zu müssen. Behördlich angeordnete Schließung, ausbleibende Kunden, Material nur noch für ein halbes Jahr, Personalplanung nur noch im Feuerwehrmodus - für viele waren schon die Coronapolitik und ihre Folgen die Katastrophe schlechthin. Jeder sechste befürchtete gar, sein Unternehmen schließen zu müssen. 
Weltweit gestörte Lieferketten verknappen und verteuern Rohstoffe und Zulieferprodukte noch stärker, Energiepreisspirale legt noch einmal an Geschwindigkeit zu. Die Russlandsanktionen verschärfen die Situation weiter.  Unsere Hotline zu den Folgen der Sanktionen war zeitweilig, besonders in den ersten Kriegstagen, zum Katastrophentelefon geworden.
Die Politik muss jetzt sehr schnell handeln. Der „Schutzschirm“ der Bundesregierung ist ein erster Schritt, dem die schnelle, unbürokratische Umsetzung folgen muss. Hilfen müssen zügig und spürbar bei den Unternehmen ankommen.  
Es ist auch eine Überlegung wert, dass Energiekostenzuschüsse z.B. auch für Investitionen in Energieeffizienz oder alternative und grundlastfähige Energieversorgung verwendet dürfen. Das kann für manche Unternehmen perspektivisch wirksamer sein, als  aktuelle Kostenlöcher zu stopfen. Nachhaltiger wäre es allemal. 
Die Wirtschaft braucht aber nicht nur finanziellen Rückenhalt. 
Unternehmen müssen inzwischen vieles leisten, das nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört. Sie sind verpflichtet, ihre Lieferketten unter Umwelt- und Menschenrechtsgesichtspunkten zu bewerten und auszurichten. Sie müssen zahlreiche Kontrollen und Meldepflichten umsetzen, beispielsweise für den Umgang mit Chemikalien und Verpackungen. Um Fördermittel zu beantragen oder sich an öffentlichen Aufträgen zu beteiligen reichen wirtschaftliche Kriterien schon lange nicht mehr aus. Behördliche Planungs- und Genehmigungsprozesse, egal ob für Anlagen oder Bauvorhaben werden immer komplizierter, bürokratischer und damit langwieriger. Nicht zuletzt mussten Unternehmen ein hohes Maß eines eigentlich staatlichen Coronamanagements leisten, Tests zur Verfügung stellen oder Impfstatus kontrollieren.
Weniger staatliche Eingriffe in unternehmerische Freiheit, weniger eigentlich staatliche Aufgaben, weniger Nachweis- und Auflagenbürokratie, beschleunigte Entscheidungsverfahren - das ist viel mehr als nur alte Forderungen in neuem Kontext. Das erleichtert die für die Gesellschaft so existenziell wichtige Arbeit des Mittelstandes enorm und ist eine nicht zu unterschätzende Komponente einer effektiven Wirtschaftspolitik. 
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