ENERGIE und WIRTSCHAFT

Sparzwang mit fatalen Folgen?

Höhere Kosten an Kunden weitergeben, Investitionen zurückstellen oder Energieeffizienz erhöhen - Ostthüringer Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die aktuellen Energiepreise, wie die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK zeigt. Ganz oben auf der To-Do-Liste: Energie sparen - auch um den Preis zurückgefahrener Produktion!

Energiepreise: Größtes Wirtschaftsrisiko

„Die Energiekrise trifft alle Branchen und Unternehmen, wenn auch unterschiedlich hart“, fasst IHK-Konjunkturexperte Christoph Adler die Umfrageergebnisse zusammen. „Die Energiepreise sind für drei Viertel der Unternehmen das größte Wirtschaftsrisiko. Bei Industriebetrieben ist die Situation noch brisanter: 86 Prozent sehen darin den größten Unsicherheitsfaktor für die nächsten Monate.“ Auch die Rohstoffpreise (61 Prozent alle, 78 Prozent Industrie) und der Fachkräftemangel (57 Prozent alle, 64 Prozent Industrie) belasten nach wie vor die Wirtschaft. Kritisch gesehen werden zudem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen – von Bürokratie über EU-Überregulierung bis hin zur Anerkennung der wichtigen Rolle der Wirtschaft für eine funktionierende Gesellschaft.

Investitionsstau verursacht gefährliche Kettenreaktion 

Während die Reduzierung der Produktion und Angebote für nur sechs Prozent der Firmenchefs in Frage kommt, sehen sich fast 30 Prozent der Industriebetriebe, 50 Prozent der Bauindustrie und 60 Prozent der Hotels und Gastronomiebetriebe gezwungen, Investitionen zumindest kurzfristig zurückzustellen. 
„Ein Investitionsstau birgt oft hohe Risiken für das Unternehmen und den Standort“, warnt Christoph Adler. „Notwendige Innovationen werden verzögert, Kapazitätserweiterungen verschoben oder an anderen Standorten geplant. Es entstehen weniger neue Arbeitsplätze vor Ort. Aufträge bei Zulieferern, Bauunternehmen, Händlern, Handwerkern und Dienstleistern bleiben aus. „Das alles schlägt sich auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes im internationalen Vergleich nieder und die Konkurrenz im Ausland schläft nicht.“

Mehr Energieeffizienz: Guter Weg, aber keine alleinige Lösung

Wenn doch investiert wird, dann vorrangig in Ersatzbedarf und Rationalisierungsmaßnahmen. Weniger als im vergangenen Jahr stehen Kapazitätserweiterungen auf dem Plan. Deutlich zurückgefahren werden die Maßnahmen zugunsten des Umweltschutzes. „Rund ein Fünftel der befragten Firmenchefs will mehr Geld für Energieeffizienz ausgeben“, sagt Christoph Adler. Er sieht hier einen wichtigen Anknüpfungspunkt für die Wirtschaftspolitik, mit unbürokratischen und vor allem technologieoffenen und lösungsorientierten Förderangeboten die Unternehmen zu unterstützen. Das sei ein guter Weg, um den eigenen Energiebedarf zu optimieren, könne aber allein die Kostenexplosion bei weitem nicht kompensieren.
Die hohen Strompreise erfordern technologieoffene Antworten.

IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Höhne

Alle technisch zur Verfügung stehenden Energiequellen unvoreingenommen prüfen 

„Priorität politischen Handelns muss die Sicherstellung der Energieversorgung sein, die verlässlich sein muss und stabil, bedarfsgerecht und wettbewerbsfähig im internationalen Vergleich“, fordert daher IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Höhne. „Die hohen Strompreise erfordern technologieoffene Antworten.“ Eine unvoreingenommene Prüfung und die Nutzung aller technisch zur Verfügung stehenden Energiequellen gehöre dazu. Als Beispiele nennt er Wasserstoff und Geothermie, aber auch die Gewinnung von einheimischem Öl und Gas. „Oberflächennahe und Tiefengeothermie könnten dort, wo es möglich ist, die individuelle und lokale Energieversorgung übernehmen oder zumindest ergänzen. Auch die Gewinnung von einheimischem Schiefergas sollte ohne ideologische Tabus geprüft werden.“

Energiepreisbremsen: Wirkung noch nicht einschätzbar

Bürokratiemonster ohne Planungssicherheit, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, handwerklich schlecht gemacht und weit am Ziel vorbei – für die Gas- und Strompreisbremse der Bundesregierung hagelt es Kritik aus den Reihen der Unternehmer und ihrer Verbände. Auch die IHK-Umfrageergebnisse spiegeln das wider. Lediglich sieben Prozent geben an, dass sich ihre Geschäftslage dadurch kurz- oder langfristig verbessern wird. Rund die Hälfte der Firmenchefs kann das derzeit noch nicht abschätzen und ein Drittel sieht in den Energiepreisbremsen keine wirksame Hilfe. 
„Einige Unternehmen, auch die besonders betroffenen energieintensiven, haben uns signalisiert, auf Inanspruchnahme zu verzichten, da der Aufwand höher ist als der erwartete Nutzen. Damit droht die gute Idee der Entlastung der Unternehmen sich ins Gegenteil zu verkehren“, gibt IHK-Chef Peter Höhne zu bedenken. Die Politik müsse dringend nachbessern und kontraproduktive Auflagen sowie bürokratische Regelungen deutlich zurückfahren.
 


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