JENA

Das „Optical Valley“ ist eines der zehn wichtigsten deutschen Start-up-Zentren

Jena gehört zu den zehn wichtigsten Start-up-Metropolen Deutschlands. Die Internet-Plattform „Top 50 Start-ups“ verfolgt seit Jahren das Gründungsgeschehen und kürt jährlich die 50 erfolgreichsten Start-ups. Sie hat die Rankings von 2017 bis 2021 ausgewertet und sieht in Jena mit acht Top 50 Start-ups unter den zehn wichtigsten Standorten Deutschlands.
 

Hotspot für technologieorientierte Gründungen

Randolf Margull, Geschäftsführer des Technologie- und Innovationsparks Jena (TIP), sieht in der Saalestadt ein außerordentlich großes Innovationspotenzial. „Aus der angewandten Forschung im universitären Umfeld und aus den in Jena bereits gewachsenen Technologieunternehmen können immer wieder neue Unternehmensgründungen generiert werden. Genau das macht Jena zu einem Hotspot für technologieorientierte Gründungen.“ Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dafür, dass aus innovativen Ideen marktfähige Unternehmen werden, sei die gute Vernetzung vieler Protagonisten an Forschungsinstituten, Hochschulen und in der Wirtschaft, die kluge Köpfe auf dem Weg der Gründung und Markterschließung begleiten. Er verweist beispielgebend auf den „Digital Innovation Hub Photonics“, der Ausgründungen aus Jenaer Forschungsinstituten begleitet und auf das Servicezentrum Forschung und Transfer der Friedrich-Schiller-Universität. Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Gründerszene seien die sprichwörtlich kurzen Wege in Jena. „Um potenziellen Gründern ein optimales Umfeld zu bieten, sind wir deshalb als Gründerzentrum mit unseren Standorten bewusst dort vor Ort, wo junge Wissenschaftler arbeiten: auf dem Beutenberg-Campus, gleich neben der Ernst-Abbe-Hochschule und ab 2025 mit dem geplanten Technikum Lab2Fab in unmittelbarer Nachbarschaft zum CEEC (Center for Energy and Environmental Chemistry) und eines angedockten Anwendungszentrums (AWZ). 
„Das Potenzial ist groß, aber auch die Herausforderungen, sowohl Know-how als auch hochqualifizierte Fachkräfte in der Region zu halten. Doch die Anstrengung lohnt sich“, sagt er und verweist auf die rund 300 Firmen, die seit 1991 die auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Startbedingungen im TIP genutzt haben. Viele der ehemaligen Start-ups seien heute etablierte Firmen, die die Wirtschaftsstruktur Jenas prägen. 

Katalysator für innovative Gründer 

„Hier in Jena finden Ideen das Netzwerk von Wissenschaft, Unternehmen, Kapitalgebern, Gründerzentren und anderen Gründern, um zu reifen und sich zu entwickeln. Das macht in meinen Augen Jena zu einer Start-up-Metropole, obgleich die Stadt ja keine Metropole im eigentlichen Sinne ist“, sagt Dr. Sebastian Händschke, der den Digital Innovation Hub Photonics (DIHP) auf dem Jenaer Forschungscampus Beutenberg leitet. Genau auf diesen Effekt setzen die Aktivitäten und Angebote des DIHP, der angetreten ist, um sowohl (Aus-)Gründungen aus den Instituten als auch externe Gründungen im Bereich Optik und Photonik in Jena, Thüringen und darüber hinaus zu fördern.
„Wir agieren in zwei Bereichen“, erläutert er. Zum einen als Coach, der Forschende auf dem Weg zum Unternehmer begleitet. „Dabei nutzen wir die Gemeinsamkeiten zwischen Wissenschaft und Wirtschaft als Anknüpfungspunkte. In beiden Bereichen muss man das Gespür für Gelegenheiten haben und diese ergreifen. Beide brauchen schlüssige Konzepte und Strukturen, zum Beispiel um Fördermittel zu beantragen oder Finanzierungen auf die Beine zu stellen.“ Als klassischer Berater sieht er sich allerdings nicht, eher als Mutmacher und Unterstützer, um selbst aktiv zu werden. Sechs bis sieben Start-ups hat der DIHP bereits in den letzten drei Jahren erfolgreich begleitet. Alles Ausgründungen vom Beutenberg Campus – die meisten aus dem Fraunhofer IOF, aber auch aus der Universität Jena und dem Leibniz-IPHT. „Fünf der elf auf dem Beutenberg angesiedelten Forschungseinrichtungen arbeiten im Bereich Optik und Photonik – mit ganz vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Da gibt es noch jede Menge Potenzial marktfähiger Ideen und innovativer Forschender, die wir gern auf dem Weg der Unternehmensgründung begleiten. Bisher waren es alles Ausgründungen aus den Instituten. Gleichzeitig wollen wir aber auch mehr Teams aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland nach Jena locken. Dies war natürlich in der Hochphase von Corona schwierig, aber das ist das Ziel.“
Vielversprechende Forschungsansätze gäbe es auch außerhalb des Jenaer Tals.  Wir laden regelmäßig Teams zu einem Pitch nach Jena ein, um vor einer vielfältigen Jury ihre Ideen zu präsentieren. Wer dort überzeugen kann, bekommt Forschungsgelder und –infrastruktur zur Verfügung gestellt, um seine Idee weiterzuentwickeln“, so Dr. Sebastian Händschke. Juroren der Pitches seien nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Gründer aus der Region sowie Manager großer Konzerne oder Kapitalgeber. So könnten schon früh Kontakte entstehen, die bei konkreten Gründungsgedanken wichtig werden. „Viele der Pitchgewinner der letzten Jahre sind heute erfolgreiche Start-ups“, sagt er und verweist unter anderem auf die Fraunhofer IOF-Ausgründungen ROBUST AO GmbH und SPACEOPTIX GmbH, deren Produkte schon in den Tagesthemen und BILD thematisiert wurden und vielfach weitere Mittel und Preise gewannen, z.B. die Förderung des Technologiewettbewerbs „getstarted2gether“ des FTVT e.V.  als auch u.a. den Thüringer Gründerpreis und den Innovationspreis Thüringen. 
Die Bedeutung des Austauschs im „Optical Valley“ zeige sich auch in der guten Vernetzung untereinander – zum Beispiel beim lockeren Austausch „Optics Meet-Up @ KOMBINAT 01“, die das Netzwerk Optonet mit der Photonics Precision Engineering GmbH organisiert.  Eine weitere Gründung im Bereich der Quantentechnologien, die Quantum Optics Jena GmbH, organisiert wiederum Netzwerkveranstaltungen mit nationalen und internationalen Gästen der Industrie.
„Jena wirkt wie ein Katalysator, durch den innovative Leute und Ideen aus der ganzen Region angezogen werden, hier neue Impulse bekommen und als vielversprechende Start-ups in Jena, Thüringen und ganz Mitteldeutschland Fuß fassen“, so das Fazit von Dr. Sebastian Händschke. Es mache ihm Freude, Gründerinnen und Gründer auf diesem Weg zu fördern und zu begleiten. 
Digital Innovation Hub Photonics (DIHP): Web und LinkedIn
Optonet

Start-up-Ökosystem

„Jena ist eine prosperierende Stadt. Hier kommt vieles zusammen: zwei Hochschulen, zahlreiche Institute mit angewandter Forschung, innovative Unternehmen von Konzern bis KMU und eine aktive Gründerszene – alles gut vernetzt und mit kurzen Wegen zueinander“, zeigt sich Dr. Oliver Pänke begeistert von der Saalestadt. Er leitet den K1-Gründungsservice der Friedrich-Schiller-Universität, der ein wichtiger Teil der Jenaer Gründerszene ist. Ihm ist es besonders wichtig, junge Wissenschaftler und Studenten schon in einer sehr frühen Phase ihrer wissenschaftlichen Projekte für deren Umsetzung in einem eigenen Unternehmen zu sensibilisieren – Unternehmer als mögliches Karriereziel. „Ideen aus der Forschung identifizieren, auf ihre Tragbarkeit für eine Gründung zu analysieren, ‚flügge‘ werden zu lassen und dann in eines der Gründerzentren ‚ziehen zu lassen‘, um zu wachsen“, bringt er es auf den Punkt. Anders als der DIHP, der sich auf die Bereiche Optik und Photonik konzentriere, stehe das K1 allen Fachbereichen der Uni offen, von den Naturwissenschaften bis hin zu Geistes- und Sozialwissenschaften.
„Es geht einerseits um Vermittlung wirtschaftlicher Denkweisen, um Projektideen in Richtung Marktfähigkeit weiterzuentwickeln“, sagt er. Das K1 biete aber auch ganz konkrete Unterstützung auf dem Weg zum Start-up: belastbare Businesspläne erstellen zum Beispiel oder Kontakte knüpfen zu anderen Gründern, Investoren, Finanzierungsangeboten oder künftigen Kooperationspartnern. Unterstützung gibt es auch bei der Beantragung von Fördermitteln von Bund, zum Beispiel EXIST, und Land, die bei den ersten Schritten zur Gründung helfen. „Das K1 ist im Servicezentrum Forschung und Transfer der Universität angesiedelt, sodass wir unsere potenziellen Gründer auch bei Fragen des Patentschutzes, seiner Beantragung und Übertragung beraten und unterstützen können.“ 
Zwischen 40 und 60 Ideen und damit innovative Teams betreut das K1 jährlich. „Nicht aus jeder entsteht auch ein Start-up. Manche werden später umgesetzt oder Teil eines komplexeren Projektes, andere erweisen sich nicht als tragfähig.“ – Auch das gehöre dazu, sagt Dr. Oliver Pänke. Besonders freut er sich aber über die fünf bis zehn Gründungsideen, die jährlich in einer Kapitalgesellschaft münden, also einem vielversprechenden Start-up.
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