Mit intelligent gesteuerten Kanälen auf den Klimawandel reagieren

Der Zweckverband JenaWasser hat den größten Abwasserkanal von Jena mit zwei digital steuerbaren Absperrklappen ausgestattet. Eine künstliche Intelligenz regelt anhand aktueller Messwerte und Wetterprognosen das jeweils optimale Transportvolumen im Kanal. So werden im Falle von Starkregen Überflutungen reduziert oder verhindert und bei anhaltender Trockenheit übelriechende Ablagerungen reduziert.
„Der Klimawandel stellt die Abwasserwirtschaft gleich vor eine Reihe von sehr unterschiedlichen Herausforderungen“, erläutert Robert Köllner, Bereichsleiter Abwasser bei den Stadtwerken Jena. „Bei Starkregen reichen die vorhandenen Kanalkapazitäten oft nicht aus, um die Wassermassen abzutransportieren. Bei längeren Trockenphasen fehlt wiederum Wasser im Kanal, es kommt zu Ablagerungen, Geruchsbildung und Schäden an der Bausubstanz. Nicht zuletzt hat die stark schwankende Schmutzfracht auch negativen Einfluss auf den Betrieb unserer Kläranlagen.“

KI nutzt Messwerte und Simulationen

Im Projekt InSchuKa 4.0 wurden dafür nun intelligente digitale Lösungen entwickelt und vor Ort in Jena erprobt. Dafür wurden im größten Abwasserkanal der Stadt, der auf einer Länge von etwa acht Kilometern von Lobeda nach Zwätzen quer durch Jena verläuft, zwei flexible Absperrklappen installiert: Eine befindet sich etwa auf der Hälfte der Strecke unweit der Innenstadt, die zweite kurz vor dem Ende in Jena-Zwätzen.
Die Innovation: Die jeweils optimale Einstellung ermittelt eine künstliche Intelligenz. Sie nutzt dafür aktuelle Messwerte zu Durchfluss und Sedimentablagerungen im Kanal, aber auch Wetter- und Niederschlagsprognosen sowie Simulationsdaten zum Kanalnetz der Stadt. Auch betriebliche Anforderungen, wie ein kontinuierlicher Zufluss zur Zentralkläranlage, werden bei der Steuerung berücksichtigt.

Erfahrungen an andere Kommunen weitergeben

„Die digitale Steuerung für die Klappen ist nun seit Anfang September im laufenden Betrieb bei uns im Einsatz“, berichtet Robert Köllner. „Von ein paar Anfangsschwierigkeiten abgesehen, sind wir mit der Wirkungsweise sehr zufrieden.“ Gleichwohl warte das System noch auf seine Bewährungsprobe, in Form eines Starkregenereignisses oder einer längeren Dürreperiode. In den kommenden Monaten sollen nun praktische Erfahrungen gesammelt und an das Projektteam sowie weitere interessierte Kommunen weitergegeben werden, um das System an anderer Stelle weiterentwickeln zu können.

Engagement ausgezeichnet

Seit Jahren bereits arbeiten Stadtwerke Jena und JenaWasser an Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels. So setzte sich der Bereich Abwasser der Stadtwerke bereits 2018 im Generalentwässerungsplan (GEP) für die Stadt Jena explizit mit dem Thema Extremwetterereignisse und Starkregenvorsorge auseinander. Für diese Pionierleistung erhielt der Bereich Abwasser damals sogar den Thüringer Klimaschutzpreis "Die Blaue Libelle". Frank Große als maßgeblicher Akteur wurde zudem mit dem Abwasser-Branchenpreis "Goldener Kanaldeckel" geehrt. Zudem erhielt JenaWasser für das Projekt InSchuKa 4.0 im vergangenen Jahr den NachhaltigkeitsAWARD des Stadtwerke-Branchenmediums Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK).

Projekt InSchuKa 4.0
Im Projekt InSchuKa 4.0 („Kombinierter Infrastruktur- und Umwelt-Schutz durch KI-basierte Kanalnetzbewirtschaftung“) hatte der Zweckverband JenaWasser seit 2022 mit den Hochschulen Hof und Magdeburg-Stendal zusammengearbeitet. Weiterhin waren an dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Vorhaben mit der HST Systemtechnik GmbH, der Pegasys GmbH und der Nivus GmbH drei Unternehmen aus den Bereichen Messtechnik, Automatisierung und Digitalisierung beteiligt. Das Projektvolumen für den Projektteil von JenaWasser beläuft sich auf 925.000 Euro, davon 650.000 Euro aus Fördermitteln des Bundesforschungsministeriums.

stadtwerke-jena.de/inschuka

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