IHK-Standortumfrage 2023

Kundennähe Top – Digitalisierung Flop

Die gute Nachricht zuerst: Trotz der tiefgreifenden ­Veränderungen, die die Unternehmen in den letzten Jahren erlebt haben – Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, Energiepreis-Krise, Gasmangellage, Inflation, usw. – schätzt die große Mehrheit der Befragten Ostthüringen weiterhin als soliden und konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort ein. Jedes zweite Unternehmen be­urteilt die Ostthüringer Wirtschaftsregion als gut oder sehr gut. 64 Prozent würden den Standort anderen Unternehmen weiterempfehlen. 
„Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass an vielen ­Stellen dringender Handlungsbedarf besteht“, sagt Almut Weinert, Bereichsleiterin Wirtschaft und Technologie, mit Blick auf die Zahlen und die Unternehmermeinungen zu den einzelnen Standortfaktoren. „Neben einer ­tiefen Unzufriedenheit mit einer als wirtschaftsfeindlich ­erlebten Bundes- und Europapolitik mit immer mehr Bürokratie und Einschränkungen, sind es vor allem alltägliche Erfahrungen mit der eigenen Kommune, die stark kritisiert werden.“
Wir müssen mit guter Arbeit punkten, um zufriedene Kunden zu haben.

Anmerkung eines Umfrageteilnehmers

Aktive Unternehmen machen den Standort stark 

Ostthüringen punktet vor allem mit Faktoren, mit ­denen auch starke Unternehmen erfolgreich sind: Zusammenarbeit, auch in Netzwerken, sowie Nähe zu Kunden und Zulieferern. Das spricht für einen lebendigen Wirtschaftsstandort, wo Auftraggeber, Kunden, Dienstleister und Forschungseinrichtungen gut zusammenarbeiten können. 
Auch die Lebensqualität stimmt in Ostthüringen. ­Natur und Umwelt sind intakt, es gibt ausreichend Einkaufsmöglichkeiten sowie Kultur- und Freizeitangebote und junge Familien finden ausreichend Kinderbetreuungsplätze.
Leitplanken für die unternehmerische Tätigkeit sind gefragt, aber nicht 1.000 und mehr Hindernisse, die eine Autobahn auf Schrittgeschwindigkeit reduzieren!

Anmerkung eines Umfrageteilnehmers

Schlechtes Zeugnis für die Wirtschaftspolitik

Bürokratie und Überregulierung machen auch den ­Unternehmen in Ostthüringen zu schaffen. So sehr, dass sie die aktuelle Wirtschaftspolitik als Top-Risiko für ihre Unternehmenszukunft einschätzen, gefolgt von Energiepreisen sowie Arbeitskosten. 
„Die Standortumfrage und die Konjunkturumfrage sind ein deutliches Alarmsignal an die Politik, Wirtschaft und Unternehmertum endlich ernst zu nehmen als die Basis aller gesellschaftlichen Ziele“, macht Almut ­Weinert deutlich. „Das langfristig aufgebaute büro­kratische Korsett muss endlich gelockert werden. ­Unsere Unternehmen brauchen Luft zum Atmen und deutlich mehr Entscheidungs- und Handlungsspielraum.“
(Wir brauchen) … funktionierende, bürgerorientierte, freundliche und nicht überforderte Verwaltungen, mehr individuelle Handlungsfreiheit der Kommunen.

Anmerkung eines Umfrageteilnehmers

Kommunale Verwaltung als Service verstehen 

Wie bei der Wirtschaftspolitik gibt es bei der Bewertung der kommunalen Verwaltungen die größten ­Defizite zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit. Die ­wichtigsten Kritikpunkte: Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren dauern zu lange. Die Verwaltungen müssen besser erreichbar sein, schneller reagieren und bessere Servicequalität bieten – und vor allem mehr digitale Prozesse anbieten. „Die Kritik richtet sich nicht nur an die Verwaltungen selbst, obwohl ich da auch deutlichen Handlungsbedarf sehe. Es geht vor allem um den Abbau von lähmender Bürokratie, die auch die ­Arbeit in den Verwaltungen diktiert“, so das Fazit von Almut Weinert.
Vor allem Breitbandausbau und Digitalisierung sind überfällig!

Anmerkung eines Umfrageteilnehmers

Mehr für Digitalisierung tun!

Die Infrastruktur gehört zu den Stärken des Standorts Ostthüringen. Erreichbarkeit, Energieversorgung und auch die Breitbandversorgung erhalten jedoch nicht überall gute Noten von den hiesigen Firmen. ÖPNV-Angebote, Parkplatzverfügbarkeit, Straßenqualität und zu wenige E-Ladesäulen gehören, lokal differenziert, zu den Kritikpunkten. Den mit Abstand größten Handlungsbedarf sehen die Unternehmen aber bei der Internetversorgung. „Digitalisierung braucht Infrastruktur – und genau daran fehlt es vielerorts. Ungenügende Breitbandversorgung behindert die Firmen auf vielen Ebenen: Erreichbarkeit, Kundenkontakt, Digitalisierung eigener Prozesse und auch bei unbürokratischerem Behördenkontakt“, fasst Almut Weinert die deutliche Forderung nach schnellerem und überall verfügbarem Internet zusammen. 
So sehe ich das

Nicht nur reden, endlich handeln! Wir brauchen jetzt eine deut­liche Entlastung der Wirtschaft!

Die aktuellen IHK-Umfragen zum Wirtschaftsstandort Ostthüringen und zur Konjunktur spiegeln deutlich das Stimmungsbild der Unternehmen wider. – Und sie ­machen eines deutlich: Politik muss aufhören zu reden und Versprechungen abzugeben, sondern muss endlich handeln! Wir brauchen jetzt eine deutliche Entlastung der Wirtschaft!
In parteiübergreifenden Politikgesprächen und regionalen Wirtschaftsgesprächen werden wir als IHK diese Themen immer wieder mit Nachdruck aufgreifen. Die Warnsignale und Forderungen sind nicht neu, erhalten aber immer mehr Brisanz, um den Wirtschaftsstandort Deutschland international wieder wettbewerbsfähig zu machen und die Unternehmen als wirtschaftliche ­Basis der Gesellschaft zu stärken.

Die wichtigsten IHK-Botschaften auf einen Blick

•  Energiekosten reduzieren!
•  Steuern und Angaben senken! (insbesondere Gewerbe- und Grundsteuer)
•  Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen!
•  Mehr Service, Transparenz, Schnelligkeit, bessere Erreichbarkeit, Digitalisierung in den Verwaltungen, sowohl bei Kommunen als auch bei Land und Bund!
•  Breitbandausbau vorantreiben!
•  Fachkräftebedarf sichern!
•  Medizinische Versorgung gewährleisten!
Zur Standortumfrage
Die Standortumfrage wurde 2023 erstmals als reine Online-Befragung durchgeführt. 1.305 Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen. Abgefragt wurden neben allgemeinen Informationen zum Unternehmen, wie z.B. der Beschäftigtenzahl, 50 Standortfaktoren in den sechs Kategorien – Infrastruktur, Standortkosten, Marktnähe/Netzwerke, Bildung/Fachkräfte, Standortattraktivität und Verwaltung und Politik. Gefragt wurde jeweils nach einer Einschätzung zur Wichtigkeit des jeweiligen Standortfaktors und der Zufriedenheit damit.

ihk.de/gera/standortumfrage
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