Energieeffizienzgesetz vom Bundesrat verabschiedet

Bundestag hat das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet. Mit dem EnEfG werden wesentliche Anforderungen der europäischen Energieeffizienz-Richtlinie national umgesetzt. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hatte zum Referentenentwurf Stellung bezogen.
Energieeffizienzziele
Das Gesetz setzt Primär- und Endenergieeinsparziele. Der Endenergieverbrauch muss im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2030 um mindestens 26,5 Prozent auf höchstens 1.867 Terawattstunden (TWh) und der Primärenergieverbrauch um 39,3 Prozent auf höchstens 2.252 TWh gesenkt werden. Bis 2045 soll der Endenergieverbrauch gegenüber dem Jahr 2008 um 45 Prozent gesenkt werden. Eine Anpassung durch die Bundesregierung ist möglich.

Einsparverpflichtung für Bund, Länder und öffentliche Stellen
Ab 2024 bis 2030 soll der Bund mittels strategischer Maßnahmen jährlich neue Endenergieeinsparung von mindestens 45 TWh „bewirken“. Für die Länder gelten jährlich mindestens 3 TWh. Erreicht werden soll dies v.a. durch Information, Beratung, Bildung und Förderun. Öffentliche Stellen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch größer 1 GWh sind bis zum Jahr 2045 zu jährlichen Endenergieeinsparungen von 2 Prozent verpflichtet und müssen ein vereinfachtes Energiemanagementsystem (EMS) bzw. ab 3 GWh ein umfassendes EMS/UMS einführen.
 
Managementpflichten für Unternehmen
Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) müssen innerhalb von 20 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes bzw. nach Erreichen des Verbrauchsstatus ein EMS/UMS mindestens mit folgenden zusätzlichen Anforderungen eingeführt haben:
  • Erfassung von Zufuhr und Abgabe von Energie, Prozesstemperaturen und Abwärmequellen
  • Identifizierung und Darstellung von technisch realisierbaren Endenergieeinsparmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung und --nutzung
  • Wirtschaftlichkeitsbewertung der identifizierten Maßnahmen nach DIN EN 17463, Ausgabe Dezember 2021
Innerhalb der 20-Monatsfrist sind die Unternehmen von der Pflicht zur Durchführung von Energieaudits nach § 8 Absatz 1 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen befreit.
Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch größer 2,5 GWh müssen angelehnt an die europäische Energieeffizienz-Richtlinie (EU) 2023/1791 alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen lassen und
  • innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Re-Zertifizierung, der Verlängerungseintragung oder der Fertigstellung des Energieaudits für alle als wirtschaftlich identifizierten Maßnahmen konkrete Umsetzungspläne entwickeln und veröffentlichen.
  • Eine Maßnahme gilt als wirtschaftlich, wenn sich bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Maßnahme nach DIN EN 17463 nach maximal 50 Prozent der Nutzungsdauer (Abschreibungstabellen des Bundesfinanzministeriums) ein positiver Kapitalwert ergibt, jedoch begrenzt auf Maßnahmen mit einer Nutzungsdauer von maximal 15 Jahren.
  • Vollständigkeit und Richtigkeit der Umsetzungspläne sind vor der Veröffentlichung durch Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditoren zu bestätigen.
  • Ausgenommen sind Informationen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten.
Externe und unternehmensinterne Rechenzentren
Das EnEfG fordert umfangreiche und weitgehende Energieeffizienzanforderungen sowie Berichtspflichten für bestehende und neue Rechenzentren
Zudem müssen Rechenzentren ab 1. Januar 2024 50 Prozent ihres Stromverbrauchs bilanziell durch Strom aus erneuerbaren Energien decken, ab 2027 100 Prozent.
Rechenzentren (sowie “Betreiber von Informationstechnik” mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 50 Kilowatt in Rechenzentren) müssen außerdem ab 1. Juli 2025 ein EMS/UMS betreiben. Die Pflicht zur Zertifizierung bzw. Validierung ihres EMS/UMS besteht gestaffelt.

Abwärme
Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh haben Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden, auf den Anteil technisch unvermeidbarer Abwärme zu reduzieren und nach Möglichkeit durch Abwärmenutzung – auch durch Dritte – kaskadenförmig wiederzuverwenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Im Rahmen der Zumutbarkeit sind technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen.
Die Unternehmen müssen umfangreiche Informationen auf Verlangen an Betreiber von Wärmenetzen, Fernwärmeversorgungsunternehmen und sonstige potenziell wärmeabnehmende Unternehmen weitergeben und diese Informationen außerdem jedes Jahr bis zum 31. März (erstmals zum 1. Januar 2024) an die Bundesstelle für Energieeffizienz übermitteln, die sie auf einer öffentlichen Plattform zur Verfügung stellt.

Klimaneutrale Unternehmen
Das EnEfG enthält eine Verordnungsermächtigung zur Definition „klimaneutraler Unternehmen“ und zu Ausnahmen und Befreiungen von den Anforderungen an Rechenzentren und hinsichtlich der Abwärme-Nutzung.
 
Bußgelder
Bei einem Verstoß gegen die Regelungen des EnEfG können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängt werden.
DIHK-Einschätzung
Es ist zwar keine Begrenzung des individuellen Verbrauchs vorgesehen und Anpassungen möglich sind, aber das Gesetz führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit: Werden Gerichte der Bundesregierung eine etwaige Zielverfehlung einfach durchgehen lassen? Und wenn nicht, drohen dann doch Limitierungen der Energieverbraucher durch die Hintertür?
Denn obwohl die deutsche Volkswirtschaft bei der Entkopplung von Energieverbrauch und Wirtschaftsleistung schon weit gekommen ist, steht zu befürchten, dass die einseitige Fokussierung auf eine massive Senkung des Verbrauchs (ohne Berücksichtigung der Wirtschaftsleistung) letztlich nicht ohne eine Begrenzung des betrieblichen Verbrauchs erreicht werden kann. Zudem steht das Dogma einer absoluten Endenergieeinsparung auch den künftig geforderten Flexibilitäten in einem immer volatileren, erneuerbaren Energiesystem entgegen. Auch das Primärenergieeinsparziel ist kritisch: Muss doch viel Energie für die Umwandlung von Strom in Wasserstoff (und Derivate) aufgebracht werden, mit den entsprechenden Wirkungsgradverlusten.
Mit den umfangreichen betrieblichen Verpflichtungen erhebt sich das EnEfG zudem über die betriebliche Praxis – legt fest, welche Investitionsmaßnahmen als wirtschaftlich zu bewerten sind, welche Abwärme zu vermeiden und wiederzuverwenden ist oder welche Art von Strom einzusetzen ist. Dass das Gesetz dabei nicht auf Motivation und Freiräume für die Erschließung weiterer Effizienzpotenziale in den Unternehmen setzt, sondern die begrenzten Kapazitäten bei Auditoren oder betrieblichem Energiepersonal prioritär in zusätzlichen Bürokratie- und Berichtspflichten bindet, macht die Sache umso misslicher.
(Quelle DIHK, IHK Lippe zu Detmold, BMWK, Bundestag)