Russland-Ukraine Konflikt: No-Russia-Klausel in Verkaufsverträgen

Das Ende Dezember 2023 veröffentlichte 12. Sanktionspaket der Europäischen Union enthält die sogenannte “No-Russia-Klausel”, die neu ergänzt wurde und den Weiterverkauf nach Russland sowie die Verwendung von Waren in Russland verhindern soll. Die Klausel wurde mit dem 14. Sanktionspaket erweitert.

Neue Codierungen Y227 und Y230 in Atlas Ausfuhr

Mit der Atlas-Info 0669/24 informiert der Zoll über neue Codierungen im Zusammenhang mit der No-Russia-Klausel. Mit der Codierung Y227 wird folgendes bestätigt: “Die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland wurde gemäß Artikel 12g Abs. 1 Abs. 1 VO (EU) Nr. 833/2024 vertraglich untersagt”. Auch zur Einhaltung der No-Belarus-Klausel wurde die Codierung Y230 eingeführt. Im EZT-online sind die Codierungen hinterlegt.

Was regelt die No-Russia-Klausel?

Mit der sogenannten “No-Russia-Klausel” in Artikel 12g der Verordnung (EU) 833/2014 müssen EU-Exporteure bei Verkauf, Lieferung, Weitergabe oder Ausfuhr bestimmter gelisteter Güter und Technologien (unter anderem die in den Anhängen XI, XX und XXXV der Verordnung (EU) 833/2014 enthaltenen Güter und Technologien, d. h. im Wesentlichen Güter für die Luft- und Raumfahrtindustrie, Flugturbinenkraftstoffe und bestimmte Waffen, außerdem die in Anhang XL gelisteten Güter mit hoher Priorität) in ein Drittland die Ausfuhr nach Russland und Wiederausfuhr zur Verwendung nach Russland vertraglich untersagen. Die No-Russia-Klausel gilt nicht für öffentliche Aufträge, die mit einer Behörde in einem Drittland oder einer internationalen Organisation abgeschlossen wurden.
Die Klausel muss seit dem 20. März 2024 in neue Exportverträge aufgenommen werden. Bisher hatte die Bestimmung einen empfehlenden Charakter.
Vor dem 19. Dezember 2023 abgeschlossene Verträge müssen spätestens bis zum 1. Januar 2025 (neues Datum im 14. Sanktionspaket) um besagte Klausel ergänzt werden, wenn sie nicht vorher auslaufen.
Neu hinzugekommen im 14. Sanktionspaket sind Artikel 12ga und 12gb.
  • Artikel 12ga regelt, dass ab dem 26. Dezember 2024 auch die Lizenzierung oder anderweitige Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums oder Geschäftsgeheimnissen sowie der Gewährung von Zugangs- oder Weiterverwendungsrechten an Material oder Informationen unter die No-Russia-Klausel fällt. Vor dem 25. Juni 2024 abgeschlossene Verträge müssen spätestens bis zum 26. Juni 2025 um besagte Klausel ergänzt werden, wenn sie nicht vorher auslaufen.
  • Artikel 12gb geht speziell auf den Umgang von Verträgen mit Waren des Anhangs XL ein. Dies gilt nicht, wenn Waren aus Anhang XL innerhalb der EU oder an die in Anhang VIII genannten Partnerländer verkauft, geliefert oder verbracht werden. Ab dem 26. Dezember 2024 müssen Ausführer
    • eine Risikobewertung vornehmen und diese dokumentieren.
    • geeignete Strategien, Kontrollen und Verfahren zur Minderung und zum wirksamen Management der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien umsetzen. Diese sollten im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, unabhängig davon, ob diese Risiken auf ihrer Ebene oder auf Ebene des Mitgliedstaats oder der Union festgestellt wurden.
    • sicherstellen, dass außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden, Artikel 12gb ebenfalls einhalten. Ist der Ausführer nicht in der Lage, diese Kontrolle auszuüben, entfällt diese Verpflichtung.
Die in Anhang XL der Verordnung 833/2014 gegen Russland und Anhang XXX der Verordnung (EU) 765/2006 gegen Belarus genannten Güteranhänge sind aktuell inhaltsgleich. Eine einheitliche Umsetzung der in Artikel 12gb der Verordnung 833/2014 geforderten Compliance-Anforderungen in Zusammenhang mit Gütern von gemeinsamer hoher Priorität ist also möglich.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 29. November 2024 die FAQ zu den Russland-Sanktionen um Klarstellungen zur No-Russia-Klausel (ab Frage 65) ergänzt. Es finden sich beispielsweise Hinweise zur Einbindung in allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

Anhang XL

Anhang XL der Verordnung (EU) 833/2014 betrifft eine größere Anzahl von Unternehmen, da dort unter anderem folgende Waren (mit Warentarifnummer) gelistet sind:
  • Elektronisch integrierte Schaltungen: Prozessoren und Steuer- und Kontrollschaltungen (8542 31), Speicher (8542 32), Verstärker (8542 33) und andere (8542 39)
  • Elektrische Teile von Maschinen, Apparaten und Geräten (8548 00)
  • Stromrichter (8504 40)
  • Stecker und Steckdosen für eine Spannung von 1.000 V oder weniger (8536 69)
  • Elektrische Geräte zum Schließen, Unterbrechen oder Verbinden von elektrischen Stromkreisen wie z.B. Sicherungen oder Selbstschalter (8536 90)
  • Kugellager (8482 10)
Neu hinzugefügte Waren mit dem 14. Sanktionspaket (gleichzeitig muss die No-Russia-Klausel für diese Güter nicht angewendet werden):
  • Bearbeitungszentren zum Bearbeiten von Metallen (845710)
  • Horizontal-Drehmaschinen einschließlich Drehzentren zur spanabhebenden
    Metallbearbeitung, numerisch gesteuert (845811)
  • Drehmaschinen (einschließlich Drehzentren) zur spanabhebenden Metallbearbeitung,
    numerisch gesteuert (ausgenommen Horizontal-Drehmaschinen) (845891)
  • Fräsmaschinen für Metalle, numerisch gesteuert (ausgenommen Drehmaschinen und
    Drehzentren der Position 8458, Bügelfräsmaschinen, Bohrmaschinen,
    Ausbohrmaschinen und Kniefräsmaschinen) (845961)
  • Teile und Zubehör, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen der
    Positionen 8456 bis 8461 bestimmt, a.n.g. (846693)

Partnerländer

Von der Klausel ausgenommen sind die Partnerländer aus Anhang VIII:
  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz
  • Island (hinzugefügt im 14. Sanktionspaket)
  • Liechtenstein (hinzugefügt im 14. Sanktionspaket)
Für eine mögliche Verletzung der Klausel müssen angemessene Abhilfemaßnahmen in den Verträgen vorgesehen werden. Wird dem Ausführer eine Verletzung der Klausel bekannt, sind die zuständigen Behörden des EU-Mitgliedstaates zu informieren, in denen der Exporteur registriert oder ansässig ist.

Musterklausel

Die EU-Kommission hat am 22. Februar 2024 eine Leitlinie veröffentlicht, die eine Formulierungshilfe als Musterklausel enthält. Hierin finden sich auch die im Artikel 12g der Verordnung (EU) 2023/2878 geforderten Abhilfemaßnahmen beschrieben:
  • ein Mechanismus zum Monitoring
  • die Vertragskündigung und
  • eine Vertragsstrafe prozentual gemessen am Auftragsvolumen.