Gute Ausbildungsbedingungen sichern – aber zielgerichtet: IHKs sprechen sich gegen Schaffung eines Azubiwerks aus

Die IHK Erfurt hat gemeinsam mit den Thüringer IHKs eine Stellungnahme zum Antrag der Fraktion DIE LINKE "Lebens-, Ausbildungs- und Wohnbedingungen für Azubis verbessern – Azubiwerk für Thüringen schaffen“ abgegeben, der im Ausschuss für Digitales und Infrastruktur des Thüringer Landtages diskutiert wird. Mit dem Antrag wird das Ziel verfolgt, die Ausbildungsbedingungen in Thüringen durch die Errichtung einer landesweiten Institution – dem sogenannten Azubiwerk – zu verbessern. Dieses soll unter anderem Wohnraum, Beratungsangebote und Freizeitmöglichkeiten für Auszubildende bereitstellen. Die IHK Erfurt begrüßt grundsätzlich die politische Aufmerksamkeit für die Situation junger Menschen in der beruflichen Ausbildung. Allerdings sehen sie den gewählten Ansatz eines zentralen Azubiwerks kritisch.

Bedarf erkannt – Lösung nicht zielführend

Der Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum insbesondere in den Städten ist nicht zu bestreiten. Gleichwohl bestehen bereits wohnortnahe Unterbringungsangebote durch Kommunen und Bildungsträger. Der Ausbau dieser etablierten Strukturen ist wesentlich zielführender, als die Errichtung einer neuen, zentralisierten Institution.
Eine bundesweite Umfrage der Industrie- und Handelskammern unter Auszubildenden des ersten Ausbildungsjahres, an der sich auch die IHK Erfurt beteiligt hatte, verweist darauf, dass lediglich 12 Prozent der befragten Auszubildenden angaben, für die Ausbildung umgezogen zu sein. Ein Wohnheim mit 250 Plätzen würde zudem weniger als ein Prozent der Auszubildenden in Thüringen erreichen – mit erheblich höheren Kosten und einem eingeschränkten Nutzen für die Fläche.
Ein zentralisiertes Wohnangebot könnte zudem dazu führen, dass sich Azubis stärker auf Berufsschulstandorte konzentrieren. Dies würde den ländlichen Raum schwächen und dort ansässigen Betrieben dringend benötigte Fachkräfte entziehen.

Alternative Vorschläge der IHK Erfurt: Mobilität stärken – Wohnraum gezielt fördern

Statt auf ein Azubiwerk als Lösung zu setzen, schlägt die IHK Erfurt gemeinsam mit den Thüringer IHKs eine Reihe von praktikableren, wirtschaftlich sinnvolleren Maßnahmen vor:
  • Fahrtkostenzuschüsse und subventionierte Tickets (z. B. ein Azubi-Ticket, vergünstigtes Deutschlandticket)
  • Wohnkostenzuschüsse, insbesondere in Regionen mit hohem Mietdruck
  • Optimierung der ÖPNV-Anbindungen, auch überregional
  • Bessere Nutzung bestehender Förderprogramme, z. B. „Junges Wohnen“
Diese Maßnahmen erreichen nicht nur mehr junge Menschen, sondern stärken zugleich die Ausbildungsbereitschaft im ländlichen Raum – ein zentrales Anliegen der Wirtschaft.

Fazit: Zielorientierte Förderung statt pauschaler Strukturprogramme

Die IHK Erfurt spricht sich klar für eine Verbesserung der Ausbildungsbedingungen aus – fordert dabei aber wirtschaftlich tragfähige und passgenaue Lösungen. Ein Azubiwerk mit zentraler Wohnheimstruktur würde am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen und hätte möglicherweise sogar kontraproduktive Effekte auf den ländlichen Raum.