Wirtschaft stärken. Vertrauen zurückgewinnen. Forderungen an die Bundespolitik
Mit Beschluss der Vollversammlung der IHK Erfurt vom 17. September 2025 eröffnet das Forderungspapier an die Bundespolitik acht zentrale Handlungsfelder und fünf prioritäre Forderungen, die für ein Signal des Umbruchs und zur Rückgewinnung von Vertrauen der Wirtschaft in die Handlungsfähigkeit des Bundes prioritär angegangen werden sollten. Im Zentrum aller Forderungen steht das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland wieder herzustellen und die Zukunftsfähigkeit der regionalen Wirtschaft angesichts diverser Wandlungsprozesse stärker zu unterstützen. Wohlstand und Arbeitsplätze können nur gesichert werden, wenn die Kosten und Abgaben für die Unternehmen spürbar gesenkt werden.
Die Forderungen im Einzelnen:
- Die TOP 5 der Forderungen aus Sicht der Unternehmen
- Jährliche Bürokratieentlastungsgesetze einführen, Verwaltungsprozesse beschleunigen und digitalisieren
- Energiekosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau senken
- Fachkräftezuwanderung und Duale Ausbildung stärken, Arbeitsanreize schaffen und Lohnnebenkosten senken
- Körperschaftssteuer reformieren und steuerliche Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen
- Investitionsanreize setzen und die Modernisierung der Infrastruktur schnell voranbringen
- Handlungsfeld 1: Bürokratie abbauen – Wirtschaft entfesseln
Unsere Forderungen:
- Belastungsmoratorium und jährliches Entlastungsgesetz verankern: Die Bundesregierung soll ein gesetzlich verbindliches Belastungsmoratorium für neue Pflichten einführen und durch ein Jahres-Bürokratieentlastungsgesetz dauerhaft gegensteuern. Ziel: mindestens 25 % weniger Belastung bis 2030.
- Deutsches Lieferkettengesetz abschaffen – Gold-Plating stoppen: Angesichts der EU-Lieferkettenrichtlinie ist das nationale Lieferkettensorgfalts-pflichtengesetz überflüssig und schädlich für KMU. Deutschland darf europäische Vorgaben künftig nur 1:1 umsetzen, um Doppelregulierung („Gold-Plating“) zu verhindern.
- Praxis- und Realitätschecks verbindlich machen: Frühzeitige Praxischecks unter Beteiligung von Selbstverwaltungskörperschaften wie IHKs müssen verpflichtend für alle Gesetzesvorhaben werden, um die Umsetzbarkeit neuer Regelungen in der unternehmerischen Praxis zu verbessern. Zudem ist ein Reallabore-Gesetz mit Experimentierklauseln notwendig, um Innovationen rechtssicher zu erproben.
- Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen – OZG und VwVfG reformieren: Das E-Government-Gesetz und das Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen grundlegend überarbeitet und vollständig umgesetzt werden. Dunkelverarbeitung, Once-only-Prinzip und KI-gestützte Bearbeitung sind dabei zentrale Hebel für eine effiziente und moderne öffentliche Verwaltung. Parallel muss das Verwaltungsverfahrensgesetz so angepasst werden, dass Fristen verkürzt und Verfahren vereinfacht werden.
- Statistik- und Berichtspflichten für Unternehmen entschlacken: Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene für Erleichterungen bei Berichtspflichten (u. a. Nachhaltigkeit, Lieferketten, CO₂-Handel) starkmachen. Im Inland sind auf Bundes- und Landesebene Erhebungs- und Meldepflichten – insbesondere im produzierenden Gewerbe und der Außenhandelsstatistik – auf ein notwendiges Maß zu begrenzen. Ferner sollte eine Bündelung und Digitalisierung der Daten erfolgen, so dass verschiedene Behörden darauf zugreifen können und keine Mehrfacherfassungen mehr notwendig sind.
- Datenschutz europäisch harmonisieren und praxistauglich gestalten: Die DSGVO muss im Interesse von Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit modernisiert werden. Unternehmen benötigen klare Regeln, die Spielräume für digitale Geschäftsmodelle eröffnen und internationale Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.
- Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Beschleunigungspakt vereinfachen: Alle 150 Maßnahmen des Bundes-Länder-Beschleunigungspakts müssen in einem umfassenden Artikelgesetz umgesetzt werden. Neben erneuerbaren Energien müssen auch Digital- und Industrieinfrastruktur rechtlich als „überragendes öffentliches Interesse“ definiert werden.
- Lebensmittelrecht und Produktsicherheit digitalisieren und vereinfachen: Die lebensmittelrechtliche Überwachung ist gegenwärtig hoch komplex und wenig digitalisiert. Vereinfachungs- und Digitalisierungsmöglichkeiten, z.B. durch digitale Eigenkontrollsysteme, müssen geprüft und eingeführt werden, um die Betriebe zu entlasten bei gleichzeitiger Gewährung hoher Qualitätsstandards.
- Handlungsfeld 2: Energie bezahlbar und sicher gestalten
Unsere Forderungen:
- Stromsteuer senken – für alle Gewerbe auf EU-Mindestniveau: Die Stromsteuer muss zeitnah auf den EU-Mindestsatz gesenkt werden – nicht nur für das verarbeitende Gewerbe, sondern für alle Branchen. Die Entlastung stärkt Wettbewerbsfähigkeit und wirkt preisdämpfend auf breiter Basis.
- Netzentgelte deckeln und staatlich abfedern: Die Bundesregierung muss den Anstieg der Übertragungsnetzentgelte stoppen und durch Zuschüsse abfedern. Ergänzend braucht es eine Deckelung der Netzentgelte auf Verteilnetzebene sowie klare Amortisationsmodelle für Netzinvestitionen, damit die Kosten nicht auf Endverbraucher abgewälzt werden.
- Kraftwerksstrategie zügig umsetzen: Die geplante Ausschreibung von Langzeitspeichern und Back-up-Kraftwerken muss beschleunigt werden. Nur wenn Versorgungssicherheit konkret geplant und realisiert wird, lassen sich die Risiken des Transformationsprozesses beherrschbar halten.
- CCUS (CO₂-Abscheidung und -Speicherung) ermöglichen: Die Bundesregierung muss zügig den rechtlichen Rahmen für CO₂-Abscheidung, -Speicherung und -Export schaffen. Besonders energieintensive Unternehmen benötigen diese Technologie, um Klimaziele realistisch und wettbewerbsfähig zu erreichen.
- Digitalisierung der Netzinfrastruktur beschleunigen: Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) muss zügig novelliert und entbürokratisiert werden. Der derzeitige Entwurf ist zu kleinteilig – eine praxistaugliche, beschleunigte Umsetzung auf Verteilnetzebene ist entscheidend für Stabilität und Effizienz.
- Herkunftsnachweise vereinfachen: Für die Nutzung von Grünstrom in der Industrie müssen Herkunftsnachweise unkompliziert zugänglich und standardisiert werden. Ein generisches Zertifikat des Stromerzeugers sollte ausreichen, um Förderfähigkeit und Herkunft zu belegen.
- Handlungsfeld 3: Steuerliche Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen
Unsere Forderungen:
- Degressive Abschreibung und Investitionsanreize ausweiten: Die degressive Abschreibung (AfA) sollte rückwirkend zum 1. Januar 2025 auf 30 % erhöht und dauerhaft etabliert werden. Zusätzlich braucht es beschleunigte Abschreibungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie realitätsnahe Abschreibungsdauern.
- Körperschaftsteuer reformieren – Gesamtbelastung auf max. 25 % begrenzen: Die Körperschaftsteuer muss auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. Die angekündigte Reduzierung ab 2028 sollte schon jetzt gesetzlich fixiert werden, um Investitionssicherheit zu schaffen.
- Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen verbessern: Einbehaltene Gewinne von Einzel- und Personengesellschaften müssen steuerlich bessergestellt werden. Eine einfache und praxisnahe Regelung würde Liquidität sichern und die Eigenkapitalbasis stärken – ein entscheidender Hebel für 90 % der Unternehmen.
- Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen: Die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags untergräbt die Glaubwürdigkeit des Steuerrechts. Die vollständige Abschaffung ist ein längst überfälliger Schritt zu mehr Vertrauen und Nettoentlastung.
- Gewerbesteuer durch kommunalen Zuschlag ersetzen: Die komplexe und konjunkturanfällige Gewerbesteuer sollte perspektivisch durch einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer ersetzt werden. Das würde Verwaltungskosten senken und das Steuerrecht vereinfachen.
- Unternehmensnachfolgen steuerlich erleichtern: Die Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen sollte entfallen oder durch ein einfaches Flat-Tax-Modell mit niedrigen Sätzen ersetzt werden. Das würde Nachfolgen erleichtern und die Fortführung von Familienunternehmen sichern.
- Handlungsfeld 4: Investitionen fördern – Infrastruktur modernisieren
Unsere Forderungen:
- 500-Milliarden-Infrastrukturfonds zügig umsetzen: Der angekündigte Infrastrukturfonds der Bundesregierung muss noch 2025 gesetzlich beschlossen und aktiv in die Umsetzung gebracht werden. Er ist zentral, um den Investitionsstau bei Verkehrswegen, Energieinfrastruktur und digitalen Netzen aufzulösen und die wirtschaftliche Basis in der Fläche zu sichern.
- Breitband, Mobilfunk und Rechenzentren flächendeckend ausbauen: Der Ausbau von Glasfaser, 5G und digitalen Kapazitäten wie Rechenzentren ist für die Wettbewerbsfähigkeit unverzichtbar. Staatliche Förderprogramme müssen mit privatwirtschaftlichen Initiativen verzahnt und Beschleunigungspotenziale genutzt werden.
- Telekommunikationsgesetz modernisieren – Investitionsanreize schaffen: Das Telekommunikationsgesetz (TKG) muss Investitionsanreize für den Infrastrukturausbau enthalten und unnötige Bürokratie abbauen. Der Ausbau darf nicht durch langwierige Genehmigungsverfahren oder Überregulierung verzögert werden.
- Sicheren Datenaustausch ermöglichen und Reallabore fördern: Für digitale Geschäftsmodelle sind vertrauenswürdige Datenräume notwendig. Die Bundesregierung sollte Pilotprojekte initiieren und Reallabore für KI und Datenökonomie fördern – insbesondere für KMU mit begrenzten Ressourcen.
- Umsetzung des AI Act praxistauglich gestalten: Die Bundespolitik muss schnell eine zentrale Stelle für die Umsetzung des EU-AI Acts benennen. Unternehmen brauchen Klarheit, wie sie KI rechtskonform einsetzen können, ohne in neue bürokratische Fallstricke zu geraten.
- NIS2-Richtlinie unbürokratisch umsetzen – Cybersicherheit stärken: Der Schutz vor Cyberangriffen ist zentral, insbesondere für vernetzte Unternehmen. Die Umsetzung der EU-NIS2-Richtlinie muss realitätsnah und bürokratiearm erfolgen – mit niedrigschwelliger Unterstützung für KMU.
- Wasserstoffinfrastruktur gezielt und lückenlos ausbauen: Industriebetriebe müssen an das nationale Wasserstoffnetz angeschlossen werden. Die öffentliche Hand muss die Planung proaktiv begleiten und eine industrienahe Verteilung sicherstellen.
- Genehmigungsverfahren für Energie- und Verkehrsprojekte beschleunigen: Das BImSchG und das Bundesfernstraßengesetz sind so zu reformieren, dass Infrastrukturprojekte deutlich schneller genehmigt und realisiert werden können – ob für Mobilfunkmasten, Ladeinfrastruktur oder Wasserstoffanlagen.
- Ausbau und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Thüringen beschleunigen: Der Wirtschaftsstandort Thüringen ist auf eine leistungsfähige, zuverlässige und multimodale Infrastruktur angewiesen – sowohl für Güterverkehr als auch für Fachkräftemobilität. Dazu zählen insbesondere eine bessere Anbindung der Mittelzentren an das Bundesfernstraßennetz, Planungssicherheit für kommunale Infrastrukturprojekte sowie der Abbau des Sanierungsstaus bei Bahnhöfen im ländlichen Raum.
- Schieneninfrastruktur für Personen- und Güterverkehr stärken: Die im Bundesverkehrswegeplan und im Thüringer Masterplan Schiene vorgesehenen Projekte müssen prioritär umgesetzt werden. Nur mit durchgängig leistungsfähigen Bahnverbindungen kann die Verkehrswende gelingen. Um Verkehrsverlagerung, Klimaschutz und Standortbindung zu ermöglichen, müssen Regionalstrecken wie Erfurt–Sömmerda–Sangerhausen elektrifiziert und Logistik-Hubs für Unternehmen ausgebaut werden. Die Anbindung Westthüringens an den Fernverkehr muss gesichert und Planungsvereinfachungen für kommunale Schienenprojekte umgesetzt werden.
- Förderung klimafreundlicher Mobilität – wirtschaftsverträglich und technologieoffen gestalten: Logistikunternehmen, Mittelstand und Handwerk benötigen technologieoffene Förderangebote – insbesondere für E-, H2- und synthetisch betriebene Fahrzeuge. Der Ausbau öffentlicher Lade- und Betankungsinfrastruktur im ländlichen Raum sowie die Entbürokratisierung von Förderprogrammen müssen vorangetrieben werden.
- Verkehrspolitische Flankierung der Fachkräftesicherung gewährleisten: Mobilität ist ein Schlüssel zur Fachkräftesicherung – insbesondere in ländlichen Regionen. Die Erreichbarkeit von Berufsschulen, Ausbildungsstätten und Azubiwohnheimen muss über eine bessere ÖPNV-Taktung, Azubi-Tickets und innovative Modelle wie Rufbusse gesichert werden.
- Handlungsfeld 5: Fachkräfte gewinnen und sichern
Unsere Forderungen:
- Arbeitszeitgesetz modernisieren – mehr Flexibilität ermöglichen: Das Arbeitszeitgesetz sollte auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden – statt starrer täglicher Grenzen. Vertrauensarbeitszeit und freiwillige Mehrarbeit müssen rechtlich möglich sein, um die Arbeitswirklichkeit der Unternehmen besser abzubilden.
- Beschäftigung Älterer fördern – Rentenübergänge flexibilisieren: Die befristete Weiterbeschäftigung im Rentenalter beim selben Arbeitgeber sollte unbürokratisch ermöglicht werden. So kann Erfahrung erhalten und Fachkräfteengpässen wirksam begegnet werden.
- Leistungsanreize stärken - Zuverdienstgrenzen reformieren: Zuverdienste – insbesondere im Bereich der Altersarbeit und Minijobs – dürfen nicht pauschal zu Kürzungen anderer Einkünfte führen. Stattdessen braucht es einen deutlich höheren Freibetrag sowie transparente und unbürokratische Regeln zur Einkommensanrechnung. Erwerbsarbeit im Ruhestand sowie in Übergangsphasen muss attraktiver, steuerlich und sozialrechtlich gefördert, nicht bestraft werden.
- Entgeltfortzahlungskosten absenken: Gerade kleinere Unternehmen leiden unter hohen Kosten durch Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit. Die Entgeltfortzahlung sollte für alle Unternehmen auf mindestens 80 Prozent ab dem ersten Krankheitstag herunterskaliert werden, um Betriebe finanziell zu entlasten. Um weitere Entlastungen bei den zu hohen Arbeitskosten zu erwirken, müssen gesetzliche Feiertage im Sinne gleicher Wettbewerbsbedingungen harmonisiert und reduziert werden.
- Berufliche Bildung stärken – Aufstieg durch Ausbildung fördern: Das Aufstiegs-BAföG muss weiterentwickelt werden – durch vereinfachte Antragsverfahren und mehrfache Fördermöglichkeiten auf einer Stufe. Zudem braucht es eine Stärkung der beruflichen Erstausbildung und der Höheren Berufsbildung durch gezielte Kampagnen, moderne Ausstattung und attraktive Rahmenbedingungen.
- Bildungsstandards bundesweit anheben: Die Bundesregierung muss gemeinsam mit den Ländern verbindliche, bundesweite Bildungsstandards entwickeln – insbesondere in Mathematik, Naturwissenschaften und Digitalisierung. Ziel ist eine höhere Vergleichbarkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bildungsabschlüsse („Bildungsagenda 2035“).
- Zuwanderung praxisnah gestalten – Anerkennung vereinfachen: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss entbürokratisiert werden: Aufenthaltstitel sollen nach Ausbildung oder Studium automatisch vergeben werden. Gehaltsgrenzen sind zu senken, Beschäftigung in der Zeitarbeit zu ermöglichen und Anerkennungsverfahren zu beschleunigen. Bestehende Strukturen und Prozesse müssen besser miteinander vernetzt und Doppelstrukturen vermieden werden. Ferner müssen im Sinne einer schnelleren und besseren Arbeitsmarktintegration die Berufssprachkurse – insbesondere die berufsbegleitenden und digitale Angebote – ausgebaut und der Zugang erleichtert werden.
- Bürokratische Hürden bei der Beschäftigung von Zuwanderern abbauen: Ausländische Beschäftigte und deren Arbeitgeber sehen sich mit zahlreichen Barrieren konfrontiert. Ein Beispiel ist die nach wie vor fehlende Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse. Mit dem Verlust der Gültigkeit der Fahrerlaubnis nach sechs Monaten aufgrund einer EU-Regelung wird die Mobilität und Einsatzfähigkeit der Zuwanderer deutlich eingeschränkt bzw. unmöglich.
- Teilzeitrecht an betriebliche Realität anpassen: Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sollte überarbeitet werden: Das pauschale Recht auf Teilzeit muss wieder an begründbare Anlässe (z. B. Pflege) geknüpft werden, um Planbarkeit und Flexibilität in Unternehmen zu sichern.
- Inländisches Erwerbspotenzial aktivieren – Arbeit statt Bürgergeld fördern: Das Bürgergeld muss reformiert werden: Sanktionen bei Arbeitsverweigerung sind konsequent anzuwenden, das Prinzip des „Forderns und Förderns“ muss wieder gelten. Gleichzeitig sollten Hinzuverdienstgrenzen und Steueranreize so angepasst werden, dass der Weg in Arbeit attraktiver wird.
- Handlungsfeld 6: Innovation und Industrie stärken
Unsere Forderungen:
- Forschungszulage ausweiten und anwendbarer machen: Die steuerliche Forschungsförderung muss deutlich attraktiver und regional gleichwertiger werden – durch höhere Fördersätze und die Möglichkeit zur Verrechnung mit der Vorsteuer. So wird sie auch für kleinere und nicht-profitorientierte Einrichtungen nutzbar.
- Vorzeitigen Maßnahmenbeginn bei Förderprogrammen ermöglichen: Forschungseinrichtungen und Unternehmen sollen bei Programmen wie IGF, InnoKom oder ZIM Projekte auf eigenes Risiko starten können – etwa auf Basis von Absichtserklärungen (LOIs). Nur so kann der Verlust von Forschungskapazitäten und Know-how verhindert werden.
- AI Act zügig und anwendungsnah umsetzen – mit Testmöglichkeiten: Die EU-KI-Verordnung muss rasch und praxisnah in deutsches Recht überführt werden. Unternehmen benötigen Reallabore und Experimentierklauseln, um KI-Technologien risikolos testen und weiterentwickeln zu können.
- Digitalisierung im Mittelstand gezielt und praxisnah fördern: Die digitale Transformation stellt insbesondere KMU vor große Herausforderungen. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, bedarf es passgenauer, niedrigschwelliger Förderinstrumente, z.B. für Cloud-Computing, IT-Sicherheit sowie digitale Vertriebs- und Kommunikationskanäle sowie praxisnaher Begleitstrukturen, und Unterstützungsangeboten, z.B. bei Technologieberatung, Qualifizierung und Transfer zwischen Hochschule und Praxis.
- Wirtschaftsförderung stärken und entbürokratisieren: Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist ein zentrales Instrument für Investitionen im strukturschwachen Raum. Die Förderung muss auf hohem Niveau bleiben – das Arbeitsplatzkriterium gehört abgeschafft, um auch technologische Investitionen zu ermöglichen. Darüber hinaus braucht es auch niedrigschwellige Förderprogramme, etwa für Gründungen und Kleinstunternehmer, über Mikrokredite, Coaching-Programme für Soloselbstständige, etc.
- Investitionen in Wagniskapital durch Versicherer ermöglichen: Das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) sollte reformiert werden, damit Versicherungen und Pensionsfonds verstärkt in Innovations- und Wachstumsfinanzierungen investieren können. Dies würde die Eigenkapitalbasis innovativer Unternehmen stärken.
- Unternehmertum stärken – Finanzierungsspielräume für KMU erweitern: Um Gründungen, Unternehmensübernahmen und unternehmerisches Engagement gezielt zu fördern, braucht es einen vereinfachten Zugang zu kurzfristigen Liquiditätsmitteln. Dabei sollten auch alternative Finanzierungsinstrumente wie Crowdfunding-Plattformen oder fintech-basierter Lösungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind erweiterte Spielräume bei bestehenden Förderprogrammen notwendig, z.B. verlängerte Tilgungsaussetzungen oder flexible Stundungsregelungen.
- Regionale Wirtschaftskraft stärken – Wertschöpfung vor Ort sichern: Die öffentliche Hand sollte durch kluge Förderstrategien und eine mittelstandsfreundliche Vergabepraxis regionale Wertschöpfungsketten und Impulse für die Wiederbelebung leerstehender Gewerbeflächen und Geschäftsräume sichern. Ein weiterer Schlüssel liegt in der Förderung von regionalen Kooperationsnetzwerken zwischen KMU sowie mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
- Handlungsfeld 7: Internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern
Unsere Forderungen:
- Neue Handelsabkommen abschließen – Mittelstand mitdenken: Deutschland und die EU müssen Handelsabkommen wie mit Mercosur, Indien und ASEAN zügig zum Abschluss bringen. Nachhaltigkeitsziele sind wichtig, dürfen jedoch nicht zur Überregulierung führen. Die Verträge müssen mittelstandsgerecht ausgestaltet sein – mit verständlichen Regeln, praktikablen Ursprungsnachweisen und KMU-Kapiteln.
- Binnenmarkt vertiefen – Dienstleistungen und Datenströme erleichtern: Das größte ungenutzte Wachstumspotenzial liegt in der EU selbst. Hemmnisse im Binnenmarkt – etwa bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen, Entsendevorgaben oder beim Datenschutz – müssen konsequent abgebaut werden.
- Exportkontrollen vereinfachen – Ausfuhrgenehmigungen beschleunigen: Wirtschaftlich tragfähiger Export braucht schnelle Verfahren. Die Bundesregierung sollte auf auditierte Eigenverantwortung von Unternehmen setzen und z. B. Allgemeingenehmigungen für Wiederholausfuhren einführen.
- CO₂-Grenzausgleich (CBAM) praxisgerecht umsetzen: Die neue CO₂-Grenzsteuer darf nicht zu einem Bürokratiemonster werden. Standardwerte sollten über 2024 hinaus nutzbar sein, Bagatellgrenzen angehoben und Exporte von der CO₂-Bepreisung befreit werden. Einheitliche Standards sind notwendig, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
- Europäische Digitalstrategie stärken – Datensouveränität sichern: Europa braucht eine durchgängige Digitalstrategie – von Infrastruktur bis zur Nutzung. Um technologische Souveränität zu sichern, müssen Investitionen in europäische Hardware, Cloud-Lösungen und Softwarearchitekturen strategisch gebündelt werden.
- Handlungsfeld 8: Sozialsysteme reformieren – Leistungsgedanke stärken
Unsere Forderungen:
- Gesamtsozialversicherungsbeitrag unter 40 % stabilisieren: Um Beschäftigung zu sichern und Planungssicherheit zu schaffen, muss der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung dauerhaft unter 40 % gehalten werden. Der Staat darf sich nicht auf Steuerzuschüsse verlassen, sondern muss strukturelle Reformen einleiten.
- Versicherungsfremde Leistungen identifizieren und abbauen: Leistungen der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, die nicht beitragsäquivalent sind (z. B. familienpolitische Maßnahmen), sollten aus dem Sozialgesetzbuch ausgegliedert und steuerfinanziert oder gestrichen werden.
- Arbeitgeberanteile gezielt entlasten – Beitragsdeckelungen prüfen: Besonders in arbeitsintensiven Branchen führen steigende Lohnnebenkosten zu Wettbewerbsnachteilen. Beitragsdeckelungen oder temporäre Senkungen der Arbeitgeberanteile können helfen, Investitionsspielräume zu sichern.
- Mindestlohnkommission stärken – Lohnfindung entpolitisieren: Die Entscheidungen über die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns müssen wieder allein durch die Mindestlohnkommission getroffen werden. Politisch motivierte Eingriffe untergraben die Tarifautonomie und erschweren differenzierte Lohnstrukturen – vor allem in strukturschwachen Regionen. Zudem könnte eine Senkung der Steuern für Geringverdiener stärkere Arbeitsanreize setzen, als ständige Forderungen nach Lohnerhöhungen.