Bewertung Koalitionsvertrag

Koalitionsvertrag zwischen CDU Düsseldorf und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Düsseldorf: Fortschritte mit Nachbesserungsbedarf.

Die IHK Düsseldorf hat sich im Vorfeld der diesjährigen Kommunalwahl intensiv für die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen eingesetzt und ordnet den neuen Koalitionsvertrag mit Blick auf zentrale Standortfaktoren ein. Eine prosperierende Wirtschaft sichert den Wohlstand der Landeshauptstadt und nimmt daher einen relevanten Stellenwert des Koalitionsvertrags in Düsseldorf ein. Während in vielen Bereichen wirtschaftsfreundliche Signale gesetzt werden, sieht die IHK bei einigen Punkten auch konkreten Verbesserungsbedarf.

Finanzen: Lob für Haushaltsdisziplin – Transparenz bei Investitionen gefordert

Die IHK begrüßt das Bekenntnis zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt und zur Beibehaltung des Gewerbesteuerhebesatzes. Damit hält OB Dr. Keller sein Versprechen aus dem Videointerview mit der IHK Düsseldorf. Kritisch ist jedoch die fehlende Investitionsstrategie: Es bleibt offen, wie geplante Großprojekte dauerhaft finanziert werden können, ohne die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.

Infrastruktur, Verkehr und Mobilität: Positive Ansätze durch Mobilität für alle

Die Übernahme des von der IHK entwickelten 150 Kilometer langen Kernstraßennetzes in den Koalitionsvertrag ist ein Fortschritt für die Verkehrsplanung. Auf dieser Basis wird sich die IHK auch beim Radverkehr weiterhin konstruktiv und kritisch einbringen. Beschlossene Maßnahmen müssen zügig umgesetzt werden, damit Effizienzsteigerungen im Verkehrssystem schneller nutzbar werden. Das gilt auch für den neuen Radweg auf der Königsallee und für die alternative Radverkehrsführung um die Schadowstraße.
Auch die geplante digitale Baustellenkoordination und die smarte Ampelsteuerung sind sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, vor allem bei Umleitungen im Zuge von Baustellen. Denn drei Rheinbrücken, die „Neue Mitte Heerdt” (Überbauungen der B7) und zahlreiche weitere Bauwerke müssen neu gebaut werden. Hinzukommen sollen sinnvollerweise die schon lange vorgesehenen Entlastungsstraße Derendorf und die Ortsumgehung Oberbilk. Die IHK fordert hier eine zügige Planung und realistische Zeitpläne.
Auch die zweite Stufe des Rheintakts, Investitionen in den Rheinbahn-Fuhrpark sowie die Umsetzung des Zielkonzepts „Stadtbahn und Straßenbahn“ ist grundsätzlich positiv zu werten. Das gilt ebenso für die wichtigen Kooperationen mit den Nachbarkommunen, die nun endlich intensiviert werden sollen.

Flächennutzung: Gute Ansätze, aber zu wenig Verbindlichkeit

Die Aufnahme des Masterplans Industrie in den Vertrag wertet die IHK als wichtiges Bekenntnis zum Industriestandort. Auch die Sicherung der bestehenden Kernzonen für Gewerbe und Industrie begrüßet die IHK nachdrücklich.
Die vorgesehene Zwischen- und Dauernutzung von Industrie- und Gewerbehallen als Sportanlagen lehnt die IHK mit Blick auf die ohnehin bereits knappen Gewerbeflächen ab. Eine Netto-Null-Strategie beim Flächenverbrauch ist unrealistisch. Wachstum braucht Fläche und einen verantwortungsvollen Umgang mit den wenigen Flächen der Stadt. Die IHK unterstützet daher ein dem Standort angepasstes Flächenrecycling.

Bauen und Wohnen

Dass das wichtige Thema „Wohnen“ weiterhin in den Fokus der Kommunalpolitik gerückt werden soll, hält die IHK mit Blick auf mögliche Entwicklungen wie das „Werks- und Beschäftigtenwohnungen“ oder „Azubi-Wohnen“ für sinnvoll und richtig.

Stadtentwicklung: Strategie überzeugt – Umsetzung muss folgen

Die IHK begrüßt den integrierten Ansatz der Stadtentwicklung, insbesondere die Fortsetzung des Raumwerk D, das die IHK intensiv begleitet hat. Die geplante Umsetzung konkreter Aktionspläne und insbesondere die Fokussierung auf die Schlüsselräume ist zu unterstützen, muss aber auch zügig erfolgen. Die fehlende Berücksichtigung der IHK-Forderung nach einer systematischen Flächenvorsorge für betriebliche Nutzungen wird kritisch gesehen.
Dass die Verlängerung der Rheinuferpromenade nicht aufgegriffen wurde, ist angesichts begrenzter Haushaltsmittel nachvollziehbar, aber bedauerlich. Positiv zu bewerten ist die geplante (teilweise) Realisierung des Blaugrünen Rings, wenngleich ein vollständiger Ring die für Düsseldorf angemessenere Lösung wäre.
Beim Neubau der Oper am von der IHK favorisierten innerstädtischen Standort mahnen wir eine konsequente Einhaltung von Zeit- und Kostenrahmen an, Eine ausufernde Beteiligung wäre dabei nicht förderlich. Kulturbesuchende für weitere Nutzungen der Innenstadt zu begeistern, bietet hingegen große Chancen.
Die Umwandlung von Büro- und Gewerbeflächen für Wohnen bedeuten große statische und energetische Herausforderungen. Die IHK unterstützt das städtische Engagement nur an Orten, die planungsrechtlich keine Gewerbe-, Industrie- oder Mischgebiete mit starker gewerblicher Prägung sind. Eine Umfeldveränderung, die gewerbliche Tätigkeiten einschränkt, muss verhindert werden.
Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass Themen wie die Stadtsauberkeit und -sicherheit sowohl Einheimische als auch auswärtige Gäste anzuziehen. Sowohl Unternehmer als auch Passanten sehen Sicherheit und Sauberkeit als wichtigste Standortfaktoren an Mit den Projekten SiDi und SiBu sind die richtigen Wege eingeschlagen worden. Neben dem Bahnhofsumfeld gebührt auch der Altstadt richtigerweise besonderes Augenmerk. Klare Bekenntnisse zu weiteren städtebaulichen Themen und Projekten - etwa der Umsetzung des Rheinboulevards, einer Umgestaltung der Graf-Adolf-Straße oder der Förderung der Immobilien- und Standortgemeinschaft Graf-Adolf-Straße e.V. - fehlen.,

Klimaschutz: Wirtschaft fordert realistische Rahmensetzung

Die Zielsetzung der Klimaneutralität bis 2035 findet Unterstützung in der Wirtschaft. Allerdings mahnt die IHK an, Maßnahmen mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu verknüpfen. Bisher fehlen im Vertrag klare Aussagen zur Finanzierung und zu einer verlässlichen Datengrundlage für Monitoring und Steuerung. Die IHK fordert ein klimabezogenes Standortprofil, das Fortschritte transparent und objektiv darstellt. Hier kann sich die Landeshauptstadt an anderen Vorreiterkommunen orientieren.

Wirtschaftsförderung: Innovationsförderung ja – aber auch Bestand sichern

Die geplanten Maßnahmen zur Förderung von Start-ups, Hochschulausgründungen und Zukunftsbranchen sind richtig. Bei einer ausgewogenen Strategie dürfen aber auch etablierte Unternehmen nicht vergessen werden. Unklar bleibt zudem, wie die angekündigte Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung unter dem Fokus von Gemeinwohl und Nachhaltigkeit konkret ausgestaltet wird – hier mahnt die IHK Wirtschaftsnähe und Effizienz an.

Hotel, Gastro, Kultur, Kreativ

Das Potenzial der Unternehmer aus Kultur- und Kreativwirtschaft zu nutzen und sie gezielt in den Fokus zu rücken, ist richtig. Mit dem Verein Kreativwirtschaft Düsseldorf e.V. hat sich eine starke Plattform gegründet, die den engen Austausch mit Politik und Verwaltung forcieren möchte.
Die IHK begrüßt außerdem, dass keine kommunale Verpackungssteuer eingeführt werden soll und stattdessen eine Mehrwegoffensive im Dialog mit Handel und Gastronomie angestoßen wird. Davon unabhängig ist die IHK gespannt auf die Evaluation der Beherbergungssteuer, die Anfang 2026, also nach zwei Jahren, erfolgen soll.

Internationalisierung: Gute Ansätze, aber Detailtiefe fehlt

Der geplante Ausbau des Expat Service Desk sowie neue Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung sind richtige Signale. Die IHK begrüßt auch die internationale Ausrichtung der Ansiedlungspolitik. Kritisch bewertet sie allerdings, dass konkrete Maßnahmen zur Fachkräftesicherung in der Breite fehlen – insbesondere für mittelständische Unternehmen, die nicht von zentralen Programmen profitieren.