Recht

Offenlegung von Jahresabschlüssen

Allgemeines

Seit 1986 müssen Kapitalgesellschaften in Deutschland ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Die Offenlegung dient insbesondere dem Gläubigerschutz, aber auch dem Funktionsschutz des Marktes. Die Sicherheit des Handelsverkehrs soll nämlich dadurch verbessert werden, dass sich der interessierte Geschäftsverkehr durch Einsicht in die Unternehmensergebnisse von der Solvenz eines Unternehmens überzeugen kann. Dieser dem deutschen Rechtssystem bis dahin fremde Gedanke wurde durch verschiedene EWG-Richtlinien in der gesamten Europäischen Union eingeführt.  Durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) wurden die Sanktionsvorschriften, die zuvor gering waren, wesentlich verschärft.
Rechnungsunterlagen mit einem Geschäftsjahresbeginn vor dem 01.01.2022 sind beim Bundesanzeiger einzureichen, während Unterlagen ab dem Geschäftsjahr 2022 direkt an das Unternehmensregister zu übermitteln sind. Betreiber des Bundesanzeigers und des Unternehmensregisters ist jeweils die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln.

Offenlegung

Im Regelfall müssen veröffentlichungspflichtige Unternehmen ihre Jahresabschlüsse spätestens zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahrs einreichen. In Ausnahmefällen – etwa bei bestimmten kapitalmarktorientierten Unternehmen - gilt sogar eine verkürzte Frist von vier Monaten. 
Von der Pflicht erfasst sind insbesondere:
  • Kapitalgesellschaften, wie die GmbH, die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien
  • offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person oder eine OHG, KG oder andere Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist; das trifft vor allem die GmbH & Co. KG.
  • die nach dem Publizitätsgesetz zur Offenlegung verpflichteten Unternehmen, also Unternehmen (zum Beispiel auch Einzelkaufleute), die in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der drei folgenden Merkmale erfüllen: Bilanzsumme über 65 Mio. Euro, Umsatzerlöse über 130 Mio. Euro, durchschnittlich 5.000 Mitarbeiter
Je nach Größe des Unternehmens gibt es für Kleinstgesellschaften, kleine Kapitalgesellschaften und mittelgroße Kapitalgesellschaften größenabhängige Erleichterungen bei der Erstellung und Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen. Für bestimmte Unternehmen gelten zudem Besonderheiten. So können Kleinstgesellschaften etwa wählen, ob sie den Jahresabschluss veröffentlichen oder nur hinterlegen wollen. Bei der Hinterlegung können Dritte lediglich eine kostenpflichtige Kopie der Bilanz anfordern, diese aber nicht online abrufen.

Kleinstkapitalgesellschaften
sind kleine Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschreiten:
  • 350.000 Euro Bilanzsumme,
  • 700.000 Euro Umsatzerlöse,
  • im Jahresdurchschnitt zehn Arbeitnehmer.
Kleine Kapitalgesellschaften
sind solche, die an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:
  • 6 Millionen Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags,
  • 12 Millionen Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag,
  • im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.
Kleine Gesellschaften müssen nach wie vor nur die Bilanz und den Anhang einreichen und bekanntmachen. Eine Abschlussprüfung muss nicht vorgenommen werden.
Als mittelgroße Kapitalgesellschaften
gelten Unternehmen, die an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen zwei Werte für kleine Gesellschaften übertreffen, aber mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:
  • 20 Millionen Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags,
  • 40 Millionen Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag,
  • im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer.
Große Kapitalgesellschaften
überschreiten an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen mindestens zwei der Grenzwerte für mittelgroße Gesellschaften. Kapitalmarktorientierte Unternehmen im Sinn des § 264d HGB sind stets als groß zu klassifizieren.
Große und mittelgroße Gesellschaften müssen grundsätzlich alle in § 325 HGB genannten Unterlagen (den festgestellten oder gebilligten Jahresabschluss, den Lagebericht und den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über dessen Versagung sowie den Bericht des Aufsichtsrats und die nach § 161 des Aktiengesetzes vorgeschriebene Erklärung zum Corporate Governance Kodex) offenlegen. Die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, der das Bundesministerium der Justiz die Führung des Unternehmensregisters übertragen hat, stellt den Jahresabschluss zusammen mit den weiteren in § 325 HGB genannten Unterlagen in das Unternehmensregister ein. Das offenlegungspflichtige Unternehmen trifft insofern keine weitere Übermittlungs- oder Offenlegungspflicht. Es hat neben den Veröffentlichungskosten nur die Jahresgebühr für die Führung des Unternehmensregisters zu entrichten (drei Euro für kleine und sechs Euro für große und mittelgroße Unternehmen). Besonderheiten gelten für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften.
Offenlegung bei "Ruhen", Liquidation oder Insolvenz
Die Offenlegungspflicht gilt auch für (nach einer Gewerbe-Abmeldung) "ruhende" Gesellschaften und solche, die sich in Liquidation oder Insolvenz befinden. Nach § 155 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) bleiben handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung unberührt. In Bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen. Nach § 155 Abs. 2 InsO beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr, so dass sich der Zeitpunkt der Offenlegung verschiebt. Jedoch wird die Zeit bis zum Berichtstermin in gesetzliche Fristen für die Aufstellung oder die Offenlegung eines Jahresabschlusses nicht eingerechnet.
Der Bundesanzeiger ist wie folgt zu erreichen:
Bundesanzeiger Verlag GmbH,
Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Tel. 02 21/9 76 68-0, Fax 02 21/9 76 68-278 (Vertrieb), E-Mail: service@bundesanzeiger.de
Weitere Informationen finden Sie hier.

Sanktionen

Nach den Vorschriften des EHUG werden Verstöße gegen die Offenlegungspflicht vom Bundesamt für Justiz nun von Amts wegen durch Festsetzung von Ordnungsgeld geahndet, sobald das Bundesamt "glaubhafte Kenntnis" davon erhält, dass ein Unternehmen seinen Jahres- oder Konzernabschluss nicht offengelegt hat. Der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers ist in diesem Zusammenhang verpflichtet, die fristgerechte und vollständige Einreichung der Unterlagen zu prüfen und Verstöße dem Bundesamt zu melden. Das Bundesamt fordert das Unternehmen dann schriftlich unter Androhung eines Ordnungsgeldes in bestimmter Höhe (zwischen 2.500 Euro und 25.000 Euro) zur Offenlegung innerhalb von sechs Wochen oder zur Einlegung eines begründeten Einspruchs auf. Bei Offenlegung innerhalb dieser Frist entfällt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Es werden aber Verfahrensgebühren in Höhe von 100 Euro zzgl. 3,50 Euro Zustellungsauslagen erhoben.
Haben die Beteiligten die gesetzliche Pflicht erst nach Ablauf der Sechswochenfrist (aber vor der Entscheidung über die Festsetzung des Ordnungsgelds) erfüllt, hat das Bundesamt das Ordnungsgeld wie folgt herabzusetzen:
  1. auf einen Betrag von 500 Euro, wenn die Beteiligten von dem Recht einer Kleinstkapitalgesellschaft nach § 326 Absatz 2 Gebrauch gemacht haben;
  2. auf einen Betrag von 1.000 Euro, wenn es sich um eine kleine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 Absatz 1 handelt;
  3. auf einen Betrag von 2.500 Euro, wenn ein höheres Ordnungsgeld angedroht worden ist und die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 nicht vorliegen, oder
  4. jeweils auf einen geringeren Betrag, wenn die Beteiligten die Sechswochenfrist nur geringfügig überschritten haben.
Wird weder der Abschluss offengelegt noch ein begründeter Einspruch eingelegt, setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld fest. Gegen die Festsetzung ist die Beschwerde zulässig. Das Ordnungsgeld entfällt nicht, wenn die Offenlegung später erfolgt. Außerdem können Verstöße gegen die Offenlegungspflicht als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.