Fit für den Green Deal

Green und Sustainable Finance

Zur Erreichung der europäischen klima- und energiepolitischen Ziele geht die EU von einem zusätzlichen Investitionsbedarf in Höhe von etwa 180 Milliarden Euro jährlich aus. Mit einer nachhaltigen Regulierung des Finanzsektors sollen Investitionen in Umweltschutz, Emissions- und Abfallreduzierung sowie einer verbesserten Ressourceneffizienz forciert werden. Für den Finanz- und Immobilienmarkt wird dies eine neue Bewertung von Investitionen zur Folge haben. Eine Darstellung der nachhaltigen Unternehmensführung gewinnt damit weiter an Bedeutung. 

Rahmenbedingungen

Als Teil des Green Deal hat die Kommission im Jahr 2020 den europäischen Green-Deal-Investitionsplan vorgestellt, der in den nächsten zehn Jahren mindestens 1 Billion Euro an nachhaltigen Investitionen mobilisieren soll. Der Investitionsplan soll einen Rahmen ermöglichen, um öffentliche und private Investitionen zu erreichen, die für den Übergang zu einer klimaneutralen, wettbewerbsfähigen und integrativen Wirtschaft erforderlich sind. Allein für das Erreichen der aktuellen Klima- und Energieziele für 2030 geht die Kommission von zusätzlichen Investitionen in Höhe von rund 260 Milliarden Euro pro Jahr aus.  
Um die Ziele des Green Deal zu erreichen, sieht die Kommission im Finanzsektor eine Schlüsselrolle. Der Finanzsektor soll im Rahmen einer zukünftigen Green and Sustainable Finance Strategie zum Green Deal beitragen indem:
  1. Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umorientiert werden sollen.
  2. Das Wachstum langfristig auf nachhaltige Weise finanziert wird.
  3. Ein Beitrag zur Schaffung einer kohlenstoffarmen, klimaresistenten und kreislauforientierten Wirtschaft gegeben ist.
Ein zentrales Instrument zur nachhaltigen Regulierung des Finanzsektors ist die sogenannte Verordnung zur EU-Taxonomie. Die Taxonomie legt den Rahmen für die Entwicklung und die Anwendung einer einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten in der EU fest. Konkret werden Finanzmarktteilnehmer wie Kreditinstitute, Wertpapierfirmen oder Versicherungen verpflichtet offenzulegen, inwiefern durch ein als nachhaltig vertriebenes Finanzprodukt (OGAW, IBIP, AIF, Altersvorsorgeprodukt etc.) in Wirtschaftstätigkeiten investiert wird, die den Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie entsprechen.
Als “nachhaltig” im Sinne der EU-Taxonomie gelten wirtschaftliche Tätigkeiten, die zu mindestens einem der sechs Umweltziele der EU erheblich beitragen, ohne dabei einem anderen Ziel signifikant zu schaden.  
  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen
Berücksichtigt werden sollen einerseits Tätigkeiten, die durch ihre eigene Leistung einen direkten Beitrag haben (beispielsweise CO2-arme Strombereitstellung) oder andererseits einen positiven Beitrag einer anderen Tätigkeit ermöglichen (beispielsweise Herstellung einer Windkraftanlage). 
Die Erarbeitung der Nachhaltigkeitskriterien für die sechs genannten Umweltziele obliegt der Sustainable Finance Plattform, welche im November 2023 alle Kriterien (sogenannte “screening criteria”) für die Bewertung wirtschaftlicher Tätigkeiten festgeschrieben hat. 

Handlungsfelder, Risiken und Chancen

Im Rahmen von Green und Sustainable Finance zeichnen sich aktuell drei Handlungsfelder ab, die dazu führen, dass sich alle Unternehmen zukünftig verstärkt mit dem Thema einer nachhaltigen Berichterstattung auseinandersetzen müssen. 
  1. Neue Gesetze und Verordnungen verpflichten Unternehmen direkt und unmittelbar zu einer nachhaltigen Berichterstattung. So müssen größere, kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen, die unter den Anwendungsbereich der Corporate Social Responsibility (CSR)-Richtlinie fallen, seit 2022 in ihrem Lagebericht angeben, inwiefern ihre Tätigkeiten den neuen Taxonomie-Kriterien entsprachen.
  2. Es ist zu erwarten, dass große Unternehmen die neuen Anforderungen in der Berichtspflicht in der Lieferkette weitergeben. Für Unternehmen, die nicht direkt unter den Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung oder der CSR-Richtlinie fallen, bedeutet dies mittelbar ebenfalls Auskunft über ihre Tätigkeiten mit Blick auf Nachhaltigkeits-Kriterien geben zu können.  
  3. Kreditinstitute sind in diesem Kontext angehalten, Nachhaltigkeitsrisiken, inklusive Klimarisiken und Risiken aus dem Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft, in angemessener Weise zu berücksichtigen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass Kreditinstitute und Versicherungen verstärkt Kundebeziehungen auf Transformationsrisiken hin überprüfen und entsprechende Berichte von Unternehmen bei der Unternehmensfinanzierung einholen werden. Im schlimmsten Fall werden an Betriebe, deren Geschäftszweck die oben benannten Ziele nicht eindeutig befördert, keine Kredite mehr vergeben.
Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass alle Unternehmen zukünftig Angaben zur Nachhaltigkeit ihres Unternehmens machen müssen. Unternehmen die sich frühzeitig darauf einstellen, haben die Chance neue Kunden zu gewinnen, die sich abzeichnenden Bürokratiekosten zu begrenzen und gute Konditionen bei der Unternehmensfinanzierung zu erzielen.

Best Practice

Um die Bürokratiekosten zu reduzieren, ist es für Unternehmen empfehlenswert, auf bestehende und im Betrieb etablierte Berichte und Audits zurückzugreifen und diese in einem übergeordneten Nachhaltigkeitsbericht zusammenzuführen. In vielen Fällen bestehen bereits Zertifizierungen und Audits, welche sich den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie und Soziales) zuordnen lassen. So ist etwa der ganze Bereich des Arbeitsschutzes und der Mitarbeiterförderung der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit zuzuordnen. Maßnahmen und Managementinstrumente, wie beispielsweise EMAS (Eco Management and Audit Scheme) im Themenfeld der Energie- und Ressourceneffizienz, sind hingegen Bestandteil der ökologischen Perspektive. Aber auch europäische Vorgaben wie beispielsweise mit Blick auf die Informationspflichten nach REACH Artikel 33 können der ökologischen Dimension zugeordnet werden. Letztlich sind insbesondere auch die wirtschaftlichen Kennzahlen von Interesse für die ökonomische Perspektive, denn nur ein wirtschaftlich gut aufgestelltes Unternehmen kann in die sozialen und ökologischen Dimensionen von Nachhaltigkeit dauerhaft investieren.  
Die vorhandenen Informationen können anschließend in einem gebündelten Bericht zusammengeführt werden, welcher zukünftig gegenüber Kunden, Banken und Versicherungsinstituten als Nachhaltigkeitsbericht zur Verfügung gestellt werden kann. 
Für manche Unternehmen kann es sinnvoll sein, ihr Engagement darüber hinaus im Rahmen einer CO2-Bilanz, einem externen Auditing nach ISO 14064 zur Reduktion von Treibhausgasen oder im Rahmen eines anerkannten Kodex wie dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) zu verdeutlichen. Eine kostenfreie Möglichkeit, um eine CO2-Bilanz für das Unternehmen oder einzelne Produkte zu erstellen, bietet das Online-Tool: Ecocockpit.
Wir danken der IHK Darmstadt für ihr Engagement zum Thema Sustainable Finance. Im Folgenden finden Sie einen „Beratungsleitfaden für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“ um Chancen aus dem „Green Deal“ zu identifizieren. Weiterhin wurden die Auswirkungen auf die Finanzierungssituation kleiner und mittlerer Unternehmen analysiert und in einem Report zusammengefasst.