Freihandelsabkommen EU-Mercosur
Allgemeines
Am 6. Dezember 2024 wurde das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) nach 25 Jahren Verhandlungen unterzeichnet.
Ob das Mercosur Abkommen auch zur Anwendung kommen wird, hängt davon ab, ob es im Rat und im Europäischen Parlament entsprechende Mehrheiten geben wird.
Einige Mitgliedstaaten stehen dem Abkommen ablehnend gegenüber und versuchen eine Sperrminorität im Rat zu organisieren. Im Falle, dass eine Sperrminorität zu Stande käme, wäre das Abkommen endgültig gescheitert.
Aktuelle Entwicklungen und zukünftige Schritte
Nach Abschluss der Verhandlungen im Dezember 2024 wurde das EU-Mercosur-Abkommen zunächst durch die Europäische Kommission juristisch geprüft und in die einzelnen EU-Amtssprachen übersetzt. Am 9. September 2025 hat die Europäische Kommission nach eingehender Prüfung den im Rat der Europäischen Union vertretenen Mitgliedstaaten ihre Vorschläge für die Unterzeichnung des Handelsteils des Abkommens zur Zustimmung vorgelegt. Die nächsten Schritte gestalten sich wie folgt:
- Nunmehr wird das Abkommen dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Erst wenn diese beiden Institutionen zugestimmt haben, kann der Ratifizierungsprozess starten.
- Um die Verabschiedung des Abkommens zu begünstigen, hat die EU-Kommission das Assoziierungsabkommen in einen politischen Teil und einen Handelsteil aufgespalten. Die Folge ist, dass das Mercosur-Handelsabkommen nicht der Zustimmung aller nationalen Parlamente bedarf, sondern zur Ratifizierung allein die Zustimmung des Europäischen Parlaments sowie einer qualifizierten Mehrheit im Rat der EU (also der Vertreter der mitgliedstaatlichen Regierungen) nötig ist.
Die EU-Kommission hofft, dass der Rat dem Handelsteil des Mercosur-Abkommens noch bis Ende des Jahres 2025 zustimmt. Voraussichtlich soll das Abkommen dem EU-Parlament im ersten Quartal 2026 zur Abstimmung vorgelegt werden. Zur Unterzeichnung des Abkommens soll es am 20. Dezember 2025 in Brasilien kommen.
Während die deutsche Bundesregierung den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens begrüßt, haben andere Mitgliedstaaten der EU wie zum Beispiel Österreich im Vorfeld eine ablehnende Haltung signalisiert. Demgegenüber haben sich zunächst skeptische Mitgliedstaaten wie Frankreich oder Polen jüngst wieder positiv über das Abkommen geäußert, was eine Zustimmung im Rat wahrscheinlicher erscheinen lässt.
Ungewiss erscheint derzeit indes die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Das Parlament hat im Oktober 2025 einen Entschließungsantrag zur politischen Strategie der EU in Lateinamerika, in welchem der Abschluss des Mercosur-Freihandelsabkommens ausdrücklich gelobt wurde, überraschend mehrheitlich abgelehnt.
Ende November 2025 starteten 145 Mitglieder des EU-Parlaments zusätzlich den Versuch, das Mercosur-Handelsabkommen durch Parlamentsbeschluss vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzufechten, was aus verfahrensrechtlichen Gründen von den Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen blockiert wurde. Mit einer Zustimmung des Parlaments kann vor dem Hintergrund dieser jüngsten Entwicklungen nicht sicher gerechnet werden.
Bedeutung für die Wirtschaft
Warum wäre eine erfolgreiche Ratifizierung für die Wirtschaft so wichtig?
Bei dem Mercosur handelt es sich um die fünftgrößte Wirtschaftsregion der Welt. Durch erfolgreiche Ratifizierung des Freihandelsabkommens entstünde eine der größten Freihandelszonen weltweit, die über 700 Millionen Menschen und ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung umfassen würde.
Rund 12.500 deutsche Unternehmen exportieren bereits in die Mercosur-Länder, wobei fast 75 Prozent davon kleine und mittlere Betriebe sind. Derzeit aber erhebt Mercosur hohe Außenzölle, die teilweise zu den höchsten weltweit zählen. Geschätzt wird, dass ein Abbau der Zollhemmnisse europäischen Unternehmen eine Entlastung um etwa vier Mrd. Euro im Jahr bringen könnte. Vom Abkommen profitieren insbesondere Branchen wie:
- Automobile (35 Prozent Zoll)
- Maschinen (14 bis 18 Prozent)
- Chemikalien (bis zu 18 Prozent)
- Wein (27 Prozent)
- Schokolade und Süßwaren (20 Prozent)
- Pharmazeutika (bis zu 14 Prozent)
- Kleidung und Schuhe (35 Prozent)
- Wein (27 Prozent)
- Spirituosen (20 bis 35 Prozent)
- Milcherzeugnisse (28 Prozent)
Auch geopolitisch wäre das Abkommen ein enormer Gewinn für die EU und ihre Unternehmen, um ein deutliches Zeichen gegen den weltweit wachsenden Protektionismus und für eine multilaterale Freihandelspolitik zu setzen.
Wortlaut des Handelsabkommens EU-Mercosur
Der englische Wortlaut des Handelsabkommens einschließlich aller Anhänge wurde von der EU-Generaldirektion Handel veröffentlicht.
Da Teile des Abkommens bereits 2019 ausverhandelt waren, mussten einzelne Anhänge bereits überarbeitet werden. Dies erkennt man am Hinweis “revised”.
Zollabbau/Ursprungsregeln und -nachweis
Zollabbau
Mit dem Abkommen werden schrittweise rund 90 Prozent aller auf EU-Waren anfallenden Zölle bei der Wareneinfuhr in den Mercosur abgebaut.
Die übrigen Waren folgen schrittweise. Die generellen Abbaustufen sind in Annex on tariff elimination schedule enthalten.
Die Dauer wird durch Buchstaben/Zeichen abgebildet, die sich dann in den Tabellen zu den wechelseitigen Tarifzugeständnissen wiederfinden.
Abbaustufen Mercosur
Die vorgesehenen Abbaustufen der Mercosur-Zölle auf EU-Ursprungswaren sind unter
- Appendix on tariff elimination schedule for Mercosur
- bzw. die Änderungen dazu unter
Annex: Changes to tariff elimination schedule for Mercosur
veröffentlicht.
Über Access2Markets können Sie prüfen, wie hoch die Zölle für Ihre Waren bei der Einfuhr in die einzelnen Mercosur-Staaten aktuell sind.
Abbaustufen EU
Die vorgesehenen Abbaustufen der EU-Zölle für Ursprungswaren aus dem Mercosur sind im Appendix on tariff elimination schedule for the European Union veröffentlicht.
Ursprungsregeln
Voraussetzung für die zollfreie Einfuhr in einer der beiden Blöcke ist der (präferenzielle) Ursprung der Ware.
Dafür müssen Waren entweder vollständig in der EU hergestellt (gemäß Ursprungsprotokoll Protocol on rules of origin) oder entsprechend der in Annex II gelisteten produktspezifischen Ursprungsregeln (Product-specific rules of origin (revised 2024)) be- bzw. verarbeitet worden sein.
Die Ursprungsregeln ähneln jenen der zuletzt von der EU abgeschlossenen Handelsabkommen.
Ursprungsregeln nach Kapiteln:
| Kapitel | Ursprungsregel |
|---|---|
| Tiere, landwirtschaftliche Erzeugnisse (Kapitel 1-24) |
hauptsächlich in der EU hergestellt, Positions (Vierstellerebene)- oder Unterpositionswechsel (Sechsstellerebene) |
| Chemie, Pharmazeutika (Kapitel 25-38) |
hauptsächlich Positions- oder Unterpositionswechsel, chemische Reaktion oder Wertschöpfungsregel von 50 Prozent ex works |
| Kunststoffe, Leder- und Holzwaren (Kapitel 39-49) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 50 Prozent ex works oder Kombination |
| Textil, Bekleidung (Kapitel 50-67) |
produktspezifische Regeln |
| Steine, Keramik, Porzellan etc. (Kapitel 68-83) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 50 Prozent ex works |
| Maschinen, Elektronik (Kapitel 84-85) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 45-50 Prozent ex works |
| Beförderungsmittel (Kapitel 86-89) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 40-50 Prozent ex works |
| Instrumente, Messgeräte (Kapitel 90-93) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 45-55 Prozent ex works |
| Möbel, Sonstiges (Kapitel 94-97) |
hauptsächlich Positionswechsel oder Wertschöpfungsregel von 45-50 Prozent ex works |
Ursprungsnachweis
Als Ursprungsnachweis wird die Erklärung zum Ursprung auf Handelsdokumenten dienen.
Für Sendungen mit einem Wert über 6.000 Euro an präferenzberechtigten Waren ist eine Registrierung als REX vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass bestehende Registrierungen verwendet werden können.
Ab Inkrafttreten beziehungsweise vorläufiger Anwendbarkeit des Abkommens können dann auch die Mercosurstaaten auf Lieferantenerklärungen genannt werden. Dies wird nach den Erfahrungen mit anderen Abkommen allerfrühestens 2026 oder 2027 der Fall sein.
Weitere Vorteile für europäische Unternehmen
Über den Abbau von Zollhemmnissen hinaus würde ein Inkrafttreten des Abkommens deutschen und europäischen Unternehmen auch einen freien Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den Mercosur-Staaten mit Ausnahme des Gesundheitssektors ermöglichen. Hinzu kommt ein Abbau der technischen Handelshemmnisse.
Bestehen Risiken für Landwirte in der EU?
Kritiker des Abkommens befürchten insbesondere, dass die Absenkung der Ausfuhrabgaben im Agrarsektor eine stärkere Konkurrenz für EU-Landwirte durch Importe aus den Mercosur-Staaten nach sich ziehen müsste. Tatsächlich werden die Ausfuhrabgaben für landwirtschaftliche Produkte weitgehend abgeschafft oder abgesenkt. Um die europäische Landwirtschaft vor einem übermäßigen Konkurrenzdruck zu schützen, sieht das EU-Mercosur-Abkommen zum Ausgleich feste Importquoten für landwirtschaftliche Erzeugnisse wie zum Beispiel Rindfleisch oder Zucker vor.
Weitere Informationen/vorläufiger Anwendungsstart
Der Abschluss der Verhandlungen ist der erste wichtige Schritt für das Handelsabkommen EU-Mercosur.
Nun folgen politische Abstimmungen und die Fehlerbereinigung des Verhandlungsergebnisses durch Spezialisten aus dem Mercosur und der EU (legal scrub).
Falls alles planmäßig läuft, kann eine vorläufige Anwendung 2026 oder 2027 erfolgen.
Letzte Aktualisierung: 26. November 2025