Produkthaftung in den USA - Was Unternehmen wissen sollten
Einleitung
In Deutschland ansässige Unternehmen, die ihre Produkte in die Vereinigten Staaten exportieren, sehen sich zwangsläufig mit dem Thema der Produkthaftung in den USA konfrontiert.
Medienberichte über exorbitante Schadensersatzsummen, die erheblichen Anwaltskosten und die beträchtliche öffentliche, teils mediale Aufmerksamkeit in den Vereinigten Staaten üben hier häufig eine abschreckende Wirkung aus.
Allerdings können Unternehmen, die in die USA verkaufen möchten, eine Vielzahl an vorbereitenden Maßnahmen ergreifen, um langwierigen und kostenintensiven Produkthaftungsprozessen vorzubeugen. Die nachfolgende Übersicht vermittelt einen Überblick über die Grundzüge des US-Produkthaftungsrecht und die möglichen Strategien für Unternehmen, um einer Haftung in den USA entgegenzuwirken.
1. Grundzüge des US-Produkthaftungsrechts
Gibt es ein einheitliches Produkthaftungsrecht in den USA?
In den Vereinigten Staaten folgt das Produkthaftungsrecht überwiegend aus dem Recht der Einzelstaaten; ein einheitliches Produkthaftungsgesetz existiert nicht. Der Zugehörigkeit zum angelsächsischen Rechtskreis des „common law“ entsprechend, folgen die Grundsätze des einzelstaatlichen Produkthaftungsgesetz auch nicht – wie im deutschen Recht üblich – aus geschriebenen Rechtsgrundlagen, sondern werden vielmehr weitgehend dem gerichtlichen „case law“ (Fallrecht) entnommen.
Durch den Erlass sog. Uniform Laws, das heißt von den verschiedenen Einzelstaaten übereinstimmend angenommener Gesetze, ist es allerdings teilweise zu einer Vereinheitlichung der Grundsätze des Produkthaftungsrechts der Bundesstaaten gekommen.
Eine bedeutende Rolle kommt hierbei dem Uniform Commercial Code (UCC) zu, welcher Vorgaben über die Anforderungen an bewegliche Gegenstände normiert. Zwar stellt der UCC keine eigenständige Rechtsgrundlage für Produkthaftungsansprüche gegen die hiervon erfassten Unternehmen dar; ein Verstoß gegen die Vorgaben des UCC kann aber eine Indizwirkung für eine Produkthaftung nach den hierfür geltenden einzelstaatlichen Grundsätzen haben.
Quellen und weiterführende Links:
Aufgrund welcher Anspruchsgrundlagen kann es zu einem Produkthaftungsanspruch in den USA kommen?
Im US-amerikanischen Produkthaftungsrecht bestehen drei Anspruchsgrundlagen für eine Haftung des Herstellers eines Produktes. Unterschieden wird zwischen der deliktischen Haftung aufgrund von Fahrlässigkeit (negligence), der Gefährdungshaftung (strict liability) und der vertraglichen Gewährleistungshaftung (warranty). Zentrale Voraussetzung der Haftung ist dabei stets ein Defekt des Produktes. Dieser kann wahlweise aus einer fehlerhaften Herstellung, einem Fehler bei der Produktentwicklung, einer Gefährlichkeit des Produktes oder aus einem unzureichenden Hinweis auf die Gefahren eines Produktes resultieren.
Fahrlässigkeit
Der Hersteller eines Produktes haftet wegen Fahrlässigkeit (negligence), wenn er eine Sorgfaltspflicht verletzt und diese Pflichtverletzung kausal den Eintritt eines Schadens bei dem Kläger bewirkt. Dies setzt voraus, dass eine Handlung nicht so vorgenommen wurde, wie sie eine vernünftig handelnde Person in derselben Situation vorgenommen hätte, und dass der Schaden ohne Zutun des Beklagten nicht eingetreten wäre. Dabei muss vorhersehbar gewesen sein, dass die Pflichtverletzung zu einem Schaden des Klägers führen würde. Erfasst werden Fehler des Herstellers bei der Planung und bei der Herstellung des Produktes.
Gefährdungshaftung
Als besonders weitgehend erweist sich in den USA die Gefährdungshaftung (strict liability) des Herstellers. Sie ist unabdingbar und ihre Geltendmachung setzt keine rechtsgeschäftliche Beziehung des Klägers zu dem Hersteller voraus. Der Kläger muss allerdings nachweisen, dass das Produkt fehlerhaft war, dieser Fehler das Produkt unangemessen gefährlich gemacht hat und durch den Fehler ein Schaden verursacht worden ist. Dabei muss das Produkt ohne wesentliche Veränderungen in den Besitz des Klägers gelangt sein.
Vertragliche Gewährleistungshaftung
Die vertragliche Gewährleistungshaftung (warranty) beruht auf Bestimmungen des Uniform Commercial Code (UCC). Sie kann sich aus ausdrücklichen oder stillschweigenden Gewährleistungen des Verkäufers oder Herstellers eines Produktes ergeben. Ausdrückliche Zusicherungen ergeben sich beispielsweise aus verbreiteten Prospekten eines Verkäufers oder Herstellers. Als implizite Gewährleistung wird darüber hinaus die Eignung des Produktes zur handelsüblichen Verwendung sowie – nach den Umständen des Einzelfalls – auch zu einer individuellen Verwendung angesehen.
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Für welche Schäden haftet der Anspruchsgegner nach US-amerikanischem Produkthaftungsrecht?
Welche einzelnen Schadenspositionen einer Produkthaftung in den USA unterfallen, ist abhängig von der einschlägigen Anspruchsgrundlage.
Ein Ersatz für Personenschäden (personal injuries) ist auf Grundlage aller drei möglichen Anspruchsgrundlagen (negligence, strict liability, warranty) zu leisten. Dieser Schadensposten erfasst vor allem Heilbehandlungskosten, unter Umständen auch für psychische Beeinträchtigungen. Haftet der Beklagte aufgrund von Fahrlässigkeit (negligence) oder aufgrund einer Gefährdungshaftung (strict liability), ist zudem ein Ersatz für Sachschäden (property damages) zu leisten.
In den meisten Schadensersatzansprüche in US-Produkthaftungsprozessen wird indes um den Ersatz von Vermögensschäden (pure economic loss) gestritten. Dem Kläger geht es hierbei etwa um den Ersatz des mangelbedingten Minderwertes eines Produktes, um die Kosten eines Ersatzgeschäfts oder um wirtschaftliche Folgeschäden. Nach einer verbreiteten Auffassung in der US-amerikanischen Rechtsprechung kann Ersatz für solche Schäden nur aufgrund der vertraglichen Gewährleistungshaftung (warranty) gefordert werden.
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Wer haftet nach den Grundsätzen des US-amerikanischen Produkthaftungsrechts?
Die Produkthaftung nach US-amerikanischem Recht kann nicht nur den Hersteller eines Produktes, sondern auch viele weitere an der Lieferkette Beteiligte treffen, etwa Zulieferer, Groß- und Einzelhändler, Importeure sowie auch Lieferanten von Einzelteilen und Zubehör. Haftungsbegründend wirkt nicht lediglich der Verkauf, sondern auch ein sonstiges Inverkehrbringen des Produkts, etwa durch Leasinggeber, Lizenzgeber oder Werkunternehmer. Ob der Beklagte die Möglichkeit hatte, auf die Entwicklung oder Herstellung des Produktes Einfluss zu nehmen, ist dabei grundsätzlich unerheblich. Nichtsdestotrotz sieht das Recht vieler Bundesstaaten eine primäre Haftung des Herstellers vor. Ob der Beklagte seinen Sitz in den Vereinigten Staaten oder im Ausland – etwa in Deutschland – hat, ist demgegenüber für die Haftung unerheblich.
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2. Produkthaftungsklagen vor US-Gerichten
In den Vereinigten Staaten sind Produkthaftungsprozesse häufig mit einem großen medialen Interesse verbunden, wenn es infolge von Produktfehlern zu Sach- oder Personenschäden gekommen ist. Zumeist wird allerdings medial bloß über den Beginn eines Prozesses berichtet, nicht aber über eine eventuell erfolgreiche Verteidigung des beklagten Herstellers. Auch trotz vollständiger Klageabweisung droht damit ein beträchtlicher Imageschaden für den Hersteller und das Produkt. Es empfiehlt sich daher, US-Anwälte zu mandatieren, die in der öffentlichen Kommunikation in Produkthaftungsfällen erfahren sind.
Mit welchen Prozesskosten ist zu rechnen, wenn aufgrund von Produkthaftungsklagen Zivilprozesse in den USA geführt werden müssen?
Produkthaftungsprozesse in den USA sind für die Beklagten mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden. Dies folgt insbesondere aus den eigenen Anwaltskosten, die der Beklagte zu tragen hat. Anders als das deutsche Zivilprozessrecht sieht das US-Prozessrecht generell nicht vor, dass die vollständig unterliegende Partei der obsiegenden Partei die Kosten für die Rechtsverfolgung gänzlich erstatten muss. Auch im Falle einer vollständigen Abweisung einer Produkthaftungsklage erhält der Beklagte lediglich die verhältnismäßig geringen Gerichtskosten erstattet, nicht aber seine eigenen Anwaltskosten.
Anders als in Deutschland existiert in den USA auch kein gesetzlicher Rahmen für die Höhe der Anwaltskosten, die vielmehr zwischen der Partei und ihrem Prozessvertreter frei vereinbart werden. Selbst im Falle eines vollständigen Obsiegens sind Produkthaftungsklagen für den Beklagten daher mit erheblichen Kostennachteilen versehen. Demgegenüber wiegt das Prozessrisiko des Klägers weitaus weniger schwer, da dieser mit seinem Prozessbevollmächtigten oftmals bloß ein Erfolgshonorar in Form eines Anteils an der erstrittenen Schadensersatzsumme vereinbart.
Besondere Beachtung ist der Beweisermittlung zwischen Klageerhebung und mündlicher Verhandlung (pretrial discovery) zu schenken, da die Ermittlungsmethoden, die Vorlageverlangen und die in diesem Zeitraum durch Anwälte durchgeführten Vernehmungen erheblich über das nach deutschem Recht Übliche hinausgehen und äußerst zeit- und kostenintensiv sind.
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Kann ein in Deutschland ansässiger Beklagter im Produkthaftungsprozess die Einrede erheben, dass US-amerikanische Gerichte international unzuständig seien?
Prinzipiell kann ein in Deutschland ansässiger Beklagter, der vor einem Gericht in den Vereinigten Staaten auf Zahlung von Schadensersatz für einen Produktfehler verklagt wird, die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit (personal jurisdiction) des angerufenen Gerichts erheben. Die internationale Zuständigkeit von US-Gerichten setzt nach den Grundsätzen des US-Zivilprozessrechts einen „minimum contact“ zwischen dem Hersteller und den USA voraus. Es besteht aber kein Konsens darüber, ob ein „minimum contact“ nur dann besteht, wenn der Hersteller eine bestimmte Beziehung zu den USA bzw. dem betreffenden Bundesstaat aufweist, oder ob es vielmehr genügt, dass ein Schaden innerhalb des Staatsgebiets der USA bzw. des jeweiligen Bundesstaates eintritt (sog. Erfolgsort). Eine Auseinandersetzung über diese Frage kann daher ebenfalls zu einem zeit- und kostenintensiven Rechtsstreit in den USA führen.
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Kann die internationale Zuständigkeit von US-Gerichten durch eine Gerichtsstandsklausel ausgeschlossen werden?
Es ist grundsätzlich möglich, vertraglich einen ausschließlichen Gerichtsstand in einem anderen Staat – etwa Deutschland – zu vereinbaren, um die internationale Zuständigkeit von US-Gerichten auszuschließen. Entsprechende Gerichtsstandsvereinbarungen werden von US-Gerichten zumeist anerkannt, sofern keine besonderen Gründe für eine Abweichung von der Gerichtsstandsklausel (zum Beispiel eine Körperverletzung oder der Tod eines Menschen infolge des Produktfehlers) vorliegen.
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In welcher Höhe muss Schadensersatz geleistet werden, wenn der Beklagte einen Produkthaftungsprozess in den USA verliert?
Ein Unterliegen in einem Produkthaftungsprozess in den USA führt in aller Regel zu einer deutlich höheren Schadensersatzsumme, als dies in vergleichbaren Prozessen in Deutschland üblich ist. Dies gilt zunächst für den sog. kompensierenden Schadensersatz (compensatory damages), durch den die tatsächlich erlittenen Schäden ausgeglichen werden sollen. Dieser Ausgleich bezieht sich sowohl auf materielle Schäden des Klägers (pecuniary loss) als auch auf immaterielle Schäden (non-pecuniary loss).
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Worin bestehen die Besonderheiten sog. „class actions“ im US-Produkthaftungsrecht?
Das Zivilprozessrecht der US-Bundesgerichte sowie der meisten Bundesstaaten ermöglicht in vielen Fällen die Erhebung von Verbands- oder Gruppenklagen (class actions), durch die eine Vielzahl von Einzelklägern ihre Forderungen gemeinsam geltend machen können. Im Ergebnis führt dies zu einer beträchtlichen Höhe der Gesamtklageforderung, die sich aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt. Entsprechend wird eine Entlohnung auf Erfolgsbasis für den Prozessbevollmächtigten der Kläger finanziell attraktiv.
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3. Was ist der Strafschadensersatz (punitive damages) nach US-Produkthaftungsrecht?
Hinzu kommt die Gefahr einer Verurteilung des Klägers zur Leistung von Strafschadensersatz (punitive damages). Diese erfolgt allerdings nur in Ausnahmefällen, sofern eine individuelle Bestrafung des Haftenden für ein besonders verwerfliches Verhalten angebracht erscheint. Voraussetzung ist eine grob sorgfaltswidrige oder vorsätzliche Verursachung eines Schadens, die als böswillig oder arglistig eingestuft wird. In entsprechenden Fällen schließen allerdings die Parteien häufig bereits vor der mündlichen Verhandlung einen Vergleich, um das Kosten- und Prozessrisiko zu vermeiden.
Sind „punitive damages“ in Deutschland vollstreckbar?
Grundsätzlich besteht hier Entwarnung für deutsche Unternehmen: Sollte ein in Deutschland ansässiger Hersteller eines Produktes von einem Gericht in den USA zur Leistung von Strafschadensersatz (punitive damages) verurteilt werden, könnte aus einem entsprechenden Urteil in Deutschland in der Regel nicht vollstreckt werden. Dies liegt darin begründet, dass die Verurteilung zu einer über den tatsächlichen Schaden hinausgehenden Strafe den Grundsätzen des deutschen Schadensersatzrechts zuwiderläuft. Allerdings wäre eine Vollstreckung in den USA möglich, wenn das deutsche Unternehmen dort über Vermögenswerte verfügt.
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4. Wie können Produkthaftungsrisiken minimiert werden?
Kann ein deutsches Unternehmen das Prozessrisiko in den USA durch Gründung einer US-Kapitalgesellschaft minimieren?
Durch die Gründung einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft kann das Prozessrisiko eines deutschen Unternehmens nur vermindert werden, wenn die US-Tochtergesellschaft selbst Herstellerin des Produktes wird. Bleibt hingegen die deutsche Muttergesellschaft die Herstellerin, so kann diese trotz der Gründung einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft weiterhin nach US-Produkthaftungsrecht in Anspruch genommen werden. In dieser Konstellation steigert die Gründung der US-Tochtergesellschaft gar das Prozessrisiko in den USA, da die Zustellung einer Klageschrift erleichtert wird.
Ist die US-Tochtergesellschaft selbst Herstellerin des Produktes, so muss weiterhin eine Durchgriffshaftung der Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft verhindert werden. Zu diesem Zweck müssen die Verbindungen zwischen der Tochter- und der Muttergesellschaft so gering wie möglich gehalten werden. Insbesondere sollten keine Lizenzverträge zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft geschlossen werden.
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Wie kann das Risiko einer Produkthaftung bei der Entwicklung des Produktes minimiert werden?
Bereits im Rahmen der Entwicklung des Produktes kann eine künftige Haftung in den USA durch entsprechende Vorkehrungen minimiert werden.
Zunächst sollten der rechtliche Rahmen und die branchenspezifischen Industriestandards analysiert werden. Hierzu sollten bereits vor dem Einstieg in den US-Markt technische und juristische Sachverständige alle Informationen zusammenstellen, um sicherzustellen, dass das Produkt den rechtlichen Anforderungen und den technischen Standards entspricht.
Weiterhin sollten die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher durch Marktforschung ermittelt werden, um sicherzustellen, dass das Produktdesign aus der Sicht eines durchschnittlichen Geschworenen als angemessen erscheint. Weiterhin sollte ein Vergleich mit entsprechenden Produkten anderer Hersteller vorgenommen werden, um einen Maßstab für die zu beachtenden Sicherheitsstandards zu gewinnen.
Weitere Maßnahmen zur Prävention von Produkthaftungsprozessen betreffen die unternehmensinterne Kommunikation. Diese kann in vielen Fällen ein Einfallstor für Produkthaftungsklagen bilden, wenn die Mitarbeiter einzelner Abteilungen eines Unternehmens ihre Bedenken gegen die Sicherheit des Produktes in überzogener Weise vortragen. Zu diesem Zweck sollte darauf geachtet werden, dass in der internen Kommunikation stets sachlich und lösungsintern formuliert wird. Als nützlich kann sich hierfür die Ernennung eines Produktsicherheitsbeauftragten erweisen.
Wie kann das Risiko einer Produkthaftung im Zuge der Herstellung des Produktes minimiert werden?
Der Hersteller eines Produktes kann das Risiko einer künftigen Haftung durch vielfältige Sorgfaltsmaßnahmen während des Herstellungsprozesses minimieren. In Betracht kommen insbesondere kontinuierliche Tests des Produktes im Rahmen des Herstellungsprozesses. Hierdurch kann der Hersteller etwaige Fehler und Gefahren des Produktes bereits frühzeitig erkennen und beheben. Durch eine Dokumentation dieser Tests kann der Hersteller außerdem in einem Prozess überzeugend darlegen, das Produkt ausreichend auf seine Sicherheit überprüft zu haben. Entsprechende Tests sind gerade dann anzuraten, wenn Teile des Produktes von Zulieferern hergestellt worden sind und der Hersteller in deren Entwicklung nicht einbezogen war.
Welchen Beitrag können Warnhinweise und eine Gebrauchsanweisung zur Reduzierung des Haftungsrisikos leisten?
Eine weitere Methode zur Minimierung des Haftungsrisikos des Herstellers bilden Warnhinweise. Diese Warnhinweise, die dem Produkt beigefügt werden, sollten sowohl auf den Ergebnissen der eigenen Tests als auch auf den Warnhinweisen von Konkurrenten, die vergleichbare Produkte anbieten, beruhen. In den Warnhinweisen sollte insbesondere auf nicht oder nur schwer vermeidbare Gefahren (etwa Nebenwirkungen bei Arzneimitteln, für die weiter reichende Vorgaben gelten als in Europa), auf bei ordnungsgemäßer Verwendung vermeidbare Gefahren sowie auf Gesundheitsgefahren (z.B. für Allergiker) verwiesen werden. Werden nach erstmaligem Inverkehrbringen des Produktes bisher ungeahnte Gefahren und Nebenwirkungen bekannt, müssen die Warnhinweise angepasst werden.
Darüber hinaus sollte der Hersteller dem Produkt eine Gebrauchsanweisung beifügen. Dabei muss es sich um eine Produktdokumentation handeln, die sicherstellt, dass ein uninformierter Verbraucher das Produkt sicher handhaben kann.
Formulierung von Warnhinweisen
Die Gestaltung von Warnhinweisen (warnings) ist im Wesentlichen von den tatsächlichen, mit dem jeweiligen Produkt verknüpften Gefahren sowie dem Kreis der möglichen Produktbenutzer abhängig. Eine Warnung muss auffällig gestaltet sein. Sie muss so detailliert sein, dass sie die für die sichere Handhabung des Produkts notwendigen Informationen sowohl den potentiellen Benutzern als auch denjenigen übermittelt, von denen der Hersteller in angemessener Weise annehmen muss, dass sie mit dem Produkt in Berührung kommen werden.
Warnungen sollten unbedingt durch Symbole gekennzeichnet sein und dem Klarheitsgebot genügen, sowohl in Englisch, Spanisch als auch gegebenenfalls in Chinesisch erfolgen und in leicht verständlicher Sprache geschrieben und deutlich hervorgehoben sein (Signalwörter).
Zur Identifizierung der verschiedenen Gefahren sind drei Bezeichnungen üblich:
Danger (Gefahr des Todes oder einer erheblichen Körperverletzung), Warning und Caution (einfache Verletzungsgefahr).
Quellen und weiterführende Links:
Bedienungsanleitungen für die USA richtig formulieren
Die falsche oder unverständliche Bedienungsanleitung kann in den USA auch zu einer Haftung führen. Deshalb dürfen deutsche Bedienungsanleitungen nicht einfach übersetzt werden, sondern müssen dem amerikanischen Markt angepasst werden.
Für Bedienungsanleitungen relevant ist die Norm ANSI Z535.6 ("Product Safety Information in Product Manuals, Instructions, and Other Collateral Materials"). Diese Norm wird für Begleitinformationen wie Betriebsanleitungen, Bedienungsanleitungen, Montageanleitungen und Gebrauchsanweisungen verwendet. Sie findet keine Anwendung, sofern speziellere Normen greifen, die etwa für ein Produkt direkt gelten. Die Norm ANSI Z535.6 ist die wichtigste Norm für Sicherheitshinweise in den USA. Dort werden verschiedene Warnzeichen festgelegt, die in einer Bedienungsanleitung eingebracht werden können. Ein solches Zeichen besteht aus fünf Komponenten: einem Gefahrzeichen, einer Warnstufe, der Angabe der Art und Quelle der Gefahr („type of hazard”), der Angabe der Folgen („potential consequences of the hazard”) sowie der Angabe von Maßnahmen, Verboten und Geboten („evasive/avoidance actions to be taken”). Es gibt vier Ebenen der Warnstufen: „Notice” (Hinweis), „Caution” (Vorsicht), „Warning” (Warnung) und „Danger” (Gefahr). In der Norm ist genau festgelegt in welcher Farbe und in welchem Layout diese verwendet werden dürfen.
Welche Maßnahmen sollten zur Produktbeobachtung ergriffen werden?
Prinzipiell besteht nach US-Produkthaftungsrecht keine allgemeine Pflicht zur Produktbeobachtung. Allerdings ergeben sich in manchen Fällen aus bundesstaatlichem Recht spezifische Pflichten zur Produktbeobachtung nach dem Verkauf bzw. zur Berichtspflicht gegenüber Verbraucherschutzbehörden. Zu diesem Zweck sollten ein Kundenservice unterhalten und der Kontakt zu Vertragshändlern gepflegt werden.
Überdies kann eine ständige Produktkontrolle bei der Minimierung künftiger Haftungsrisiken beitragen. Nach Inverkehrbringen des Produktes sollte der Hersteller sowohl das Design als auch die Herstellung mindestens zweimal jährlich, ggf. auch öfter, einer Überprüfung unterziehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob sich der rechtliche Rahmen oder die branchenspezifischen Standards geändert haben.
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Welche Haftungsrisiken ergeben sich aus Werbung und Marketing?
Ein weiteres Haftungsrisiko kann sich auf das Marketing und sonstige öffentliche Äußerungen über das Produkt beziehen. Dies folgt daraus, dass irreführende Aussagen über das Produkt in der Werbung ebenfalls eine Haftung begründen können. Zu diesem Zweck sollte das Marketing stets mit der Entwicklungsabteilung abgestimmt werden, damit alle öffentlichen Beschreibungen des Produktes mit dessen tatsächlichem Design übereinstimmen.
Ist es möglich, einen Haftungsausschluss zu vereinbaren?
Es besteht die Möglichkeit, die Haftung für Produktfehler und daraus resultierende Folgeschäden durch verschiedene Einreden im Prozess zu beschränken oder ganz auszuschließen. Etwa kann im Rahmen der Gefährdungshaftung (strict liability) die Einrede erhoben werden, dass dem Kläger das Risiko bewusst war und er dieses freiwillig in Kauf genommen hat (assumption of the risk). Dies kann zuvor vertraglich festgelegt werden, indem geeignete Klauseln in die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden. Als hilfreich erweist sich auch der Abschluss von Schiedsvereinbarungen, welche entsprechende Klauseln enthalten.
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Wie kann das Feedback von Kunden genutzt werden, um Haftungsrisiken zu reduzieren?
Unternehmen sollten von der Möglichkeit Gebrauch machen, künftige Haftungsschäden durch eine Analyse des Feedbacks ihrer Kunden zu vermeiden. Das Feedback der Verbraucher bietet einen guten Anlass, beanstandete Mängel oder verbesserungswürdige Aspekte eines Produktes frühzeitig zu identifizieren. Um diese Möglichkeit zu nutzen, bietet sich die Einrichtung einer Hotline für Kunden und/oder eines Internetforums an.
Falls es tatsächlich zu einer Produkthaftungsklage kommt, können die dargestellten Vorsorgemaßnahmen bei einem Prozess von großem Nutzen sein. Sie ermöglichen es dem Hersteller, im Prozess substantiiert einzuwenden, dass er das Produkt in jeder Hinsicht sicher entwickelt und hergestellt habe, und indizieren, dass auf jeden Fall kein schweres Verschulden des Herstellers vorliegt, sodass die Verurteilung zu Strafschadensersatz (punitive damages) verhindert werden kann.
5. Produkthaftung und Produkthaftpflichtversicherung
Produkthaftpflichtversicherungen sollten auf einer occurrence Basis abgeschlossen werden: Der Versicherer haftet in diesem Fall ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens, wenn der Schaden innerhalb der Versicherungslaufzeit eintritt. Da die meisten Produkthaftpflichtklagen erhebliche Verteidigungskosten verursachen, ist beim Abschluss der Versicherung darauf zu achten, dass auch Anwalts- und Gerichtskosten durch die Versicherung gedeckt werden. Bei Einschaltung eines amerikanischen Vertriebsunternehmens sollte geprüft werden, ob eine über den amerikanischen Vertreter abgeschlossene Produkthaftpflichtversicherung kostengünstiger ist. Oftmals haben amerikanische Vertriebsfirmen bereits Produkthaftpflichtpolicen, in die - wenn auch mit einer Prämienerhöhung verbunden - das Produkt des ausländischen Unternehmens zusätzlich neu aufgenommen werden kann.
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Hinweis: Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Kammer – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: November 2025